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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.03.2001
Aktenzeichen: 4 TZ 822/01
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 4
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 5
VwGO § 146 Abs. 4
VwGO § 146 Abs. 5 Satz 3
VwGO § 154 Abs. 2
VwGO § 44 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

4 TZ 822/01

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Natur- und Landschaftsschutzes,

hier: Untersagung der Meldung eines FFH-Gebietes

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 4. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Koch, Richter am Hess. VGH Schröder

am 20. März 2001 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Antragstellers auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 2. März 2001 - 3 G 501/01 (1) - wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Zulassungsverfahren auf 80.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag des Antragstellers auf Zulassung der Beschwerde gegen die im Tenor dieses Beschlusses näher bezeichnete Entscheidung der Vorinstanz ist gemäß § 146 Abs. 4 VwGO statthaft, bleibt aber ohne Erfolg.

Der Zulassungsantrag dürfte bereits nicht dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO entsprechen.

Das in der vorgenannten Vorschrift niedergelegte Darlegungserfordernis erfordert zunächst, dass der Antragsteller sich auf einen oder mehrere Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO beruft, wobei es der Senat als hinreichende Bezeichnung eines Zulassungsgrundes ansieht, wenn sich - auch ohne ausdrückliche Benennung eines Zulassungsgrundes - ein entsprechendes Vorbringen einem der in § 124 Abs. 2 Nrn. 1 - 5 VwGO genannten Zulassungsgründe eindeutig zuordnen lässt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 08.08.1997 - 4 TZ 2338/97 -, NVwZ 1998, 649). Darüber hinaus muss, um dem Darlegungserfordernis Genüge zu tun, konkret angegeben werden, warum der Zulassungsgrund vorliegen soll und muss ferner, sofern mehrere Zulassungsgründe angeführt werden, eine eindeutige Zuordnung des Vorbringens zu den geltend gemachten Zulassungsgründen erfolgen. Dem Darlegungserfordernis ist hingegen nicht entsprochen, wenn eine eindeutige Zuordnung des Vorbringens zu den geltend gemachten Zulassungsgründen nicht erfolgt und auch sonst nicht möglich ist. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 08.08.1997 - 4 TZ 2338/97 - a.a.O. bereits ausgeführt hat, ist es nämlich, da das Darlegungserfordernis vor allem der Entlastung der zweiten Instanz dienen soll, nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, aus einer Reihe von Einwendungen gegen die angefochtene Entscheidung die Darlegungen herauszusuchen und zuzuordnen, die einen gesetzlichen Zulassungsgrund betreffen und sein Vorliegen begründen könnten. Vorliegend hat sich der Antragsteller zwar auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 3, 2 und 1 VwGO berufen und damit Zulassungsgründe bezeichnet. Er hat es jedoch verabsäumt, sein Vorbringen den geltend gemachten Zulassungsgründen eindeutig zuzuordnen. Die den Zulassungsantrag begründenden Ausführungen des Antragstellers, untergliedert nach I. bis V., differenzieren nämlich nicht hinreichend zwischen den zuvor geltend gemachten verschiedenen Zulassungsgründen, sondern beziehen sich nur pauschal auf diese und lassen eine eindeutige Zuordnung des Vorbringens zu den Zulassungsgründen nicht erkennen.

Allerdings könnte der Umstand, dass der Antragsteller in den unter I. bis V. gemachten begründenden Ausführungen seines Zulassungsantrages wiederholt davon spricht, dass die von ihm zuvor wiedergegebenen "Wertungen des Gerichts unzutreffend" seien, dafür sprechen, dass sich diese Ausführungen - ob nur oder auch, bleibt allerdings unklar - auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) beziehen sollen. Selbst wenn man aber zugunsten des Antragstellers davon ausgehen wollte, dass das vorgenannte Vorbringen dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hinreichend deutlich zugeordnet werden kann, liegt dieser Zulassungsgrund aus den von dem Antragsteller dargelegten Gründen nicht vor.

Bei der Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen, ist das Gericht allein auf die von dem jeweiligen Antragsteller dargelegten Gründe beschränkt und darf nicht, wie in dem angestrebten Beschwerdeverfahren, eine eigene umfassende Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung vornehmen. Für die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung ist es erforderlich, dass der Zulassungsantragsteller sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt und im Einzelnen ausführt, welche Erwägungen er für unzutreffend hält, aus welchen Gründen sich die Unrichtigkeit ergeben soll und warum dies im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Um zur Zulassung der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt des Bestehens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung zu gelangen, genügt es nicht, die Richtigkeit einzelner Begründungselemente in Zweifel zu ziehen. Vielmehr muss dargelegt werden, dass die Entscheidung im Ergebnis fehlerhaft ist. Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere, rechtlich selbständig tragende Gründe gestützt, muss in Bezug auf jeden dieser Gründe das Bestehen ernstlicher Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dargelegt werden.

Das Verwaltungsgericht hat vorliegend den Eilantrag des Antragstellers aus drei Gründen, nämlich wegen fehlender Antragsbefugnis, Fehlens des erforderlichen qualifizierten Rechtsschutzinteresses für die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes sowie schließlich des Eingreifens des § 44 a VwGO, bereits als unzulässig, wegen der nicht erfolgten Glaubhaftmachung des erforderlichen Anordnungsanspruchs zumindest aber als unbegründet angesehen. Jeder dieser Gründe trägt die angegriffene Entscheidung selbständig und für sich. Mit seinen unter I. bis V. gemachten Ausführungen zur Begründung seines Zulassungsantrages hat der Antragsteller zwar die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, es fehle an der erforderlichen Antragsbefugnis bzw. an einem qualifizierten Rechtsschutzinteresse und der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs in Zweifel gezogen. Hingegen hat er nicht dargelegt, warum ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts bestehen sollen, § 44 a VwGO stehe der Zulässigkeit des Antrages entgegen. Ob die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 44 a VwGO sei vorliegend einschlägig, richtig ist, muss und darf vom Senat nicht entschieden werden, da das Gericht, wie dargelegt, bei der Prüfung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf die von dem Antragsteller dargelegten Gründe beschränkt ist. Da das Gericht erster Instanz seine Entscheidung auf einen rechtlich selbständig tragenden Grund gestützt hat, den der Antragsteller mit seinem Zulassungsantrag hinsichtlich seiner Richtigkeit nicht in Zweifel gezogen hat, muss seine Berufung auf das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO schon aus diesem Grund erfolglos bleiben.

Darüber hinaus hat der Senat jedenfalls in Bezug auf die Annahme des Verwaltungsgerichts, dem Antragsteller fehle es an der erforderlichen Antragsbefugnis, aus den von dem Antragsteller dargelegten Gründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung.

Zur Begründung seiner Auffassung, dass es dem Antragsteller an der erforderlichen Antragsbefugnis fehle, hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass von der Meldung der im Eigentum des Antragstellers stehenden Gebiete an den Bundesumweltminister keine unmittelbaren Rechtswirkungen ausgingen und der Antragsteller hierdurch auch nicht mittelbar hinreichend intensiv in seinem Eigentumsgrundrecht betroffen werde. Die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass unmittelbar belastende Rechtswirkungen für sein Grundeigentum von der Gebietsmeldung an den Bund nicht ausgingen, sondern solche Wirkungen frühestens mit der Aufnahme eines Gebietes in die Liste von Gebieten mit gemeinschaftswichtiger Bedeutung der Europäischen Gemeinschaft verbunden seien, hat der Antragsteller mit dem Zulassungsantrag ersichtlich nicht in Zweifel gezogen. Vielmehr hat er ausgeführt, dass unmittelbare Rechtswirkungen weder Vortrag noch Gegenstand des Verfahrens seien. Mit seinem Vortrag im Zulassungsverfahren wendet sich der Antragsteller vielmehr ersichtlich gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach er nicht mittelbar hinreichend intensiv in seinem Eigentumsgrundrecht betroffen sei. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die in der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. S. 3 des Entscheidungsumdrucks) zutreffend zitiert wird, ist davon auszugehen, dass auch mittelbare Beeinträchtigungen des Eigentums abgewehrt werden können, wenn sie schwer und unerträglich sind, also den Eigentümer besonders intensiv treffen. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts zu wecken, dem Antragsteller fehle es unter dem Aspekt einer mittelbaren Beeinträchtigung seines Eigentums an der erforderlichen Antragsbefugnis, hätte der Antragsteller dementsprechend darlegen müssen, dass und warum er bereits durch die Meldung der in seinem Eigentum stehenden Gebiete an den Bundesumweltminister schwer und unerträglich in seinem Eigentum betroffen wird. Hierzu sind in der Begründung des Zulassungsantrages jedoch keine hinreichenden Darlegungen enthalten. Der Antragsteller führt zwar hier u. a. aus, dass die Meldung zu einer vorweggenommenen "Veränderungssperre" für das Gebiet führe. Abgesehen davon, dass schon nicht konkret dargelegt wird, welche Beeinträchtigungen genau für das Eigentum des Antragstellers mit der Gebietsmeldung verbunden sein werden, hat der Antragsteller jedenfalls auch nicht ansatzweise dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass die zu erwartenden faktischen Beeinträchtigungen ihn in seinem Eigentum schwer und unerträglich treffen.

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es Antragstellern hinsichtlich einer begehrten Untersagung der Meldung von in ihrem Eigentum stehenden Gebieten an den Bundesumweltminister als FFH-Gebiet an der erforderlichen Antragsbefugnis und dem für den vorbeugenden Rechtsschutz erforderlichen qualifizierten Rechtsschutzbedürfnis fehle, steht darüber hinaus auch in Übereinstimmung mit der bisher veröffentlichten obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 24.03.2000 und 12.07.2000, NuR 2000, 298 und 711).

Auch die übrigen von dem Antragsteller geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine klärungsbedürftige, verallgemeinerungsfähige Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die für die Beschwerdeinstanz entscheidungserheblich ist und im Interesse der Rechtssicherheit, der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung im Beschwerdeverfahren bedarf, wobei es sich, da das vorläufige Rechtsschutzverfahren nicht der Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen dient, regelmäßig nur um Fragen handeln kann, die gerade für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes von grundsätzlicher Bedeutung sind. Auch das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist darzulegen (§ 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO). Eine konkrete, klärungsbedürftige, verallgemeinerungsfähige und auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bezogene Fragestellung wird mit dem Zulassungsantrag nicht aufgeworfen. Vielmehr heißt es hier nur, dass sich im Zusammenhang mit der nationalen Auswahl und Meldung von FFH-Gebieten Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die sich daraus ergebenden Rechtswirkungen für die betroffenen Eigentümer und deren Möglichkeit, vorbeugenden Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, aufdrängten. Welche klärungsbedürftigen Fragen dies genau sind, wird mit dem Zulassungsantrag jedoch nicht ausgeführt.

Auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht gegeben. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf, wenn sie voraussichtlich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, d. h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., Rdnr. 9 zu § 124 VwGO). Dass und warum die vorliegende Rechtssache überdurchschnittliche Schwierigkeiten verursachen soll, wird mit dem Zulassungsantrag nicht nachvollziehbar dargelegt.

Der Antragsteller hat gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, da er mit seinem Rechtsmittel erfolglos bleibt.

Die Festsetzung des Streitwertes richtet sich nach der Bedeutung der Sache für den Antragsteller (§§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG). Der Senat folgt der erstinstanzlichen Wertfestsetzung auch für das Verfahren auf Zulassung der Beschwerde.

Hinweis: Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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