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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.04.2008
Aktenzeichen: 5 A 541/08.Z
Rechtsgebiete: AWS, KAG, WBGS der Stadt Friedberg


Vorschriften:

AWS § 10 Abs. 2
KAG § 12
WBGS der Stadt Friedberg § 14
Erbringt eine Gemeinde gegenüber einem Anschlussnehmer an die Wasserversorgung Arbeiten an dessen Wasserhausanschluss, kann sie in dem Erstattungsbescheid als Teil der erstattungsfähigen Kosten den Steuersatz zugrunde legen, den die Finanzverwaltung ihr gegenüber zugrunde legt.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 A 541/08.Z

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Hausanschlusskosten

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 8. April 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf Antrag der Beklagten wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 14. Januar 2008 - 10 E 4095/07 - insoweit zugelassen, als das Urteil den Bescheid der Beklagten vom 5. August 2007 i.d.F. ihres Widerspruchsbescheides vom 7. November 2007 aufgehoben hat.

Das Verfahren wird als Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen 5 A 876/08 fortgeführt.

Gründe:

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 14. Januar 2008 ist zulässig und begründet.

Die Ausführungen der Bevollmächtigten der Beklagten zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) wecken auch beim Senat derartige Zweifel.

Der Kläger wandte sich mit seiner Klage gegen die Heranziehung für die Kosten der Umbindung seines Wasserhausanschlusses in Folge der Erneuerung der Wasserversorgungsleitung im Zuge von Straßenbauarbeiten. Das Verwaltungsgericht wies die Klage zum überwiegenden Teil als unbegründet ab, hob jedoch den streitigen Kostenbescheid der Beklagten insoweit auf, als diese darin Mehrwertsteuer in Höhe von 19% an Stelle eines verminderten Steuersatzes von 7% angesetzt hatte. Da es sich um eine Nebenleistung der Wasserlieferung, die mit 7% zu versteuern sei, handele, gelte auch insoweit der verminderte Steuersatz.

Die Bevollmächtigte der Beklagten hat zu dieser Frage eine Stellungnahme der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 23. Januar 2002 sowie eine Stellungnahme der Oberfinanzdirektion München vom 28. Mai 2001, auf die die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main Bezug nimmt, vorgelegt. Aus diesen ergibt sich, dass von Seiten der Finanzbehörden unter Zugrundelegung des Erlasses des Bundesministers für Finanzen vom 4. Juli 2000 (BStBl. 2000, 1185) für die Verlegung und Reparatur von Hausanschlüssen der volle Mehrwertsteuersatz zugrunde gelegt wird. Aufgrund dessen hat auch der Senat ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts.

Gemäß § 12 Kommunalabgabengesetz - KAG - können Gemeinden und Landkreise bestimmen, dass ihnen die Aufwendungen für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung eines Grundstücksanschlusses an Versorgungsleitungen und Entwässerungsanlagen in der tatsächlich entstandenen Höhe oder nach Einheitssätzen erstattet werden. Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte in den §§ 10 Abs. 2 Satz 2 ihrer Allgemeinen Wasserversorgungssatzung und 14 Wasserbeitrags- und -gebührensatzung - WBGS - Gebrauch gemacht und sich für die Alternative der Erstattung der ihr im Einzelfall jeweils entstandenen tatsächlichen Aufwendungen entschieden (§ 14 Abs. 3 WBGS). Zu den erstattungsfähigen tatsächlichen Aufwendungen gehören anerkanntermaßen auch die aus Anlass der Vornahme der Arbeiten an der Anschlussleitung von der Kommune selbst abzuführenden Steuern, wie etwa die Mehrwertsteuer. Beauftragt deshalb die Gemeinde mit den Arbeiten ein privates Bauunternehmen, dessen Leistungen sie mit dem vollen Mehrwertsteuersatz vergüten muss, kann sie diese tatsächlich entstandenen (Mehrwertsteuer) Kosten gegenüber dem erstattungspflichtigen Grundstückseigentümer geltend machen. Erbringt sie die Arbeiten an der Anschlussleitung dagegen selbst, kann sie die ihr als Steuerpflichtiger entstehende Steuerlast in dem Kostenbescheid gegenüber dem erstattungspflichtigen Grundstückseigentümer als ihr entstandene Kosten geltend machen (vgl. § 15 WBGS). Dabei ist sie berechtigt, von dem Steuersatz auszugehen, den die Finanzbehörden ihr gegenüber geltend machen. Auch wenn die Berechtigung der Höhe des von den Finanzbehörden geltend gemachten Steuersatzes im Verhältnis zwischen manchen öffentlichrechtlichen Körperschaften und der Finanzverwaltung umstritten sein mag (vgl. etwa: Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs vom 23. November 2005 - V R 61/03 - an den Europäischen Gerichtshof, BStBl. II 2006, 149, dort anhängig unter dem Aktenzeichen C-442/05, ABl EU 2006, Nr C 60, 18), ist eine Kommune nicht verpflichtet, nur den geringeren Steuersatz gegenüber dem Erstattungspflichtigen geltend zu machen und gegen die betreffende Steuerveranlagung vorzugehen, letztlich also das Ausfallrisiko zu tragen. Dies entspricht auch der in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur im Zusammenhang mit der Kalkulation von Beiträgen und Gebühren vertretenen Auffassung. Auch dort ist die Kommune berechtigt, ihr gegenüber im Zusammenhang mit der erbrachten Leistung festgesetzte öffentliche Abgaben in den zu berücksichtigenden Kostenaufwand einzustellen und nicht verpflichtet, mit Rechtsbehelfen gegen diese Festsetzungen vorzugehen (vgl. Schulte/Wiesemann in: Driehaus [Hrsg.], Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2007, § 6 Rdnr. 192).

Hier ergibt sich aus der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 23. Januar 2002 in Verbindung mit der in Bezug genommenen Stellungnahme der Oberfinanzdirektion München, dass die Arbeiten an Hauswasseranschlüssen von Seiten der Finanzbehörden als selbstständige Hauptleistungen angesehen und deshalb mit dem vollen Mehrwertsteuersatz von 19% veranlagt werden. Damit konnte die Beklagte von diesem Steuersatz ausgehen und in ihrem Kostenerstattungsbescheid gegenüber dem Kläger zu Grunde legen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens folgt der Kostenentscheidung im Berufungsverfahren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Es wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 124a Abs. 6 VwGO die nunmehr zugelassene Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen ist. Die Begründung ist beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen. Die Begründung kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag und im Einzelnen anzuführende Berufungsgründe enthalten. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Ende der Entscheidung

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