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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 19.06.2008
Aktenzeichen: 5 UE 1146/07
Rechtsgebiete: BauGB, EBS der Stadt Hanau, GG


Vorschriften:

BauGB § 131 Abs. 1
BauGB § 135 Abs. 5
EBS der Stadt Hanau § 6 Abs. 2 c
GG Art. 3 Abs. 1
Eine Regelung in einer Erschließungsbeitragssatzung, die die Ermäßigung für mehrfach erschlossene Grundstücke auf den Flächenanteil des mehrfach erschlossenen Grundstücks beschränkt, der der durchschnittlichen Grundstücksgröße der nicht mehrfach erschlossenen Grundstücke im Abrechnungsgebiet entspricht, verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz und ist unwirksam.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 UE 1146/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Erschließungsbeiträgen

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof -5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider, den ehrenamtlicher Richter Janda, den ehrenamtlicher Richter Gudehus

nach Verzicht der Beteiligten auf mündliche Verhandlung

am 19. Juni 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 30. November 2005 - 12 E 42095/02 (3) - abgeändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 23. März 2001 über die Heranziehung zu Vorausleistungen für einen Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage Goethestraße in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2002 wird aufgehoben, soweit er Vorausleistungen von mehr als 151.060,56 € erhebt.

Der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2007 über die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage F-Weg wird aufgehoben, soweit er einen Beitrag von mehr als 34.360,26 € erhebt.

Die Kosten des gesamten Verfahrens trägt die Klägerin zu einem Anteil von 7/8, die Beklagte zu einem Anteil von 1/8.

Das Urteil ist hinsichtlich der festzusetzenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine kirchliche Stiftung öffentlichen Rechts, ist Eigentümerin des Grundstücks Flur 84, Flurstück 746, C-Weg 2, im Stadtteil Großauheim der beklagten Stadt. Das Grundstück grenzt im Norden an die D-Straße, im Osten an den C-Weg, im Süden an den E-Weg und im Westen an den F-Weg. Es ist 4.802 m² groß und liegt im Bereich des Bebauungsplans Nr. 901.1 "In den Waldwiesen". Der Bebauungsplan sieht für das Grundstück an der D-Straße und entlang des C-Wegs bis zum E-Weg durchgehende drei bis viergeschossige Bebauung vor. Für die dem F-Weg zugewandte Grundstücksseite sind Garagen vorgesehen. Das Grundstück wurde der Klägerin im Rahmen eines Umlegungsverfahrens mit Umlegungsbescheid vom 28. März 1994 zugeteilt. Auf dem Grundstück sollte in Absprache zwischen der Klägerin und der Beklagten eine öffentlich geförderte Wohnanlage errichtet werden. Nachdem die Beklagte Ende 1999 mitgeteilt hatte, dass ihrerseits kein Bedarf mehr an sozialem Wohnungsbau in Großauheim gesehen werde und sie deshalb eine Förderung des Bauvorhabens ablehne, mussten bereits zur Verfügung gestellte Landesfördermittel zurückgegeben werden. Das Bauvorhaben wurde nicht verwirklicht.

Mit Bescheiden vom 23. März 2001 zog die Beklagte die Klägerin zu Vorausleistungen auf einen Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage F-Weg in Höhe von 70.674,09 DM (36.135,09 €) und für die Erschließungsanlage D-Straße in Höhe von 343.320,44 DM (175.536,95 €) heran. Eine Ermäßigung für die Mehrfacherschließung des Grundstücks gewährte die Beklagte gemäß § 6 Abs. 2 c ihrer Erschließungsbeitragssatzung nur für eine Fläche des Grundstücks, die der durchschnittlichen Grundstücksfläche der nicht mehrfach durch die betreffende Erschließungsanlage erschlossenen Grundstücke entsprach.

Mit Schreiben vom 5. April 2001 legte die Klägerin gegen die Bescheide Widerspruch ein. Durch die Heranziehung zu Vorausleistungen für insgesamt drei zur gleichen Zeit durchgeführte Erschließungsmaßnahmen in Höhe von ca. 600.000,00 DM sei die finanzielle Belastung so groß, dass der Wert des Grundstücks nahezu aufgezehrt werde. Im Übrigen verstoße die Beklagte gegen Treu und Glauben, da die Klägerin im Umlegungsverfahren der Zuweisung eines so kostenträchtigen und problematischen Grundstücks nicht zugestimmt hätte, wären ihr seitens der Beklagten keine Vorteile bei der Errichtung von Sozialwohnungen versprochen worden. Sie sei auch wirtschaftlich nicht in der Lage, die erhobenen Beiträge zu begleichen. Vor diesem Hintergrund beantragte sie gleichzeitig die Stundung.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 17. Juni 2002 - der Klägerin zugestellt am 20. Juni 2002 - wies die Beklagte die Widersprüche mit der Begründung zurück, durch die Herstellung der Erschließungsanlagen werde die bauliche Nutzung des Grundstücks ermöglicht, so dass die Heranziehung zu Vorausleistungen rechtmäßig sei. Dass das Grundstück von mehreren Erschließungsanlagen erschlossen werde, spiele insofern keine Rolle. Die gebotene Vergünstigung für mehrfach erschlossene Grundstücke sei der Klägerin gewährt worden. Der Wert des in Rede stehenden Grundstücks werde durch die Erhebung der Vorausleistungen auf den Beitrag nicht aufgezehrt. Auch nach Abzug der Gesamterschließungskosten für alle um das Grundstück der Klägerin liegenden vier Erschließungsanlagen verbleibe nach dem Bodenrichtwert noch immer ein Grundstückswert von 1.203.793,87 €. Hinsichtlich der Vorgeschichte werde auf die Unanfechtbarkeit der Zuteilung des Grundstücks im Umlegungsplan verwiesen.

Mit Schreiben vom 28. Juni 2002 - eingegangen beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am selben Tag - hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie hat vorgetragen, die in § 6 Abs. 1 der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vorgesehene Ermäßigung für mehrfach erschlossene Grundstücke sei nicht vorgenommen worden. Soweit im Rahmen der Heranziehung zu Vorausleistungen für die Erschließungsanlage F-Weg 171 m² und für die Erschließungsanlage D-Straße 155 m² als zu ermäßigende Fläche in Ansatz gebracht worden sei, sei dies nicht nachzuvollziehen. Nicht nachzuvollziehen seien auch die für Grunderwerb und Freilegung in Ansatz gebrachten Kosten. Ihre Argumente in Bezug auf einen Billigkeitserlass gemäß § 135 Abs. 5 BauGB seien seitens der Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Sie hat beantragt,

die Heranziehungsbescheide der Beklagten vom 23 März 2001 betreffend die Erschließungsanlage D-Straße sowie betreffend die Erschließungsanlage F-Weg jeweils i.d.F. der Widerspruchsbescheide vom 17. Juni 2002 aufzuheben,

hilfsweise Beweis zu erheben über die Tatsache, dass der Verkehrswert des streitbefangenen Grundstücks nicht mehr als 600.000 € betrage.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ausgeführt, ihre Vorausleistungsbescheide seien rechtmäßig. zu Gunsten der Klägerin seien die Vergünstigungsregelungen für mehrfach erschlossene Grundstücke gemäß § 6 Abs. 1 und Abs. 2 c) EBS zur Anwendung gekommen. Der Wert des Grundstücks werde durch die festgesetzten Vorausleistungen für die Erschließungsanlagen auch nicht aufgezehrt. Selbst bei Abzug aller festgesetzten Vorausleistungen von insgesamt 269.340,31 € verbleibe ein Grundstückswert von 1.203.817,25 €. Unerheblich sei auch, dass nicht die Gesamtfläche des Grundstücks voll baulich genutzt werden könne. Das Baurecht lasse fast nie die volle Überbaubarkeit eines Grundstücks zu, dennoch gelte die gesamte im Plangebiet eines Bebauungsplans gelegene Fläche als erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB.

Mit Urteil vom 30. November 2005 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 30. März 2001 betreffend die Erschließungsanlage D-Straße aufgehoben soweit er einen Betrag von 175.051,27 € übersteigt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Vorausleistungsbescheide seien mit Ausnahme eines geringen Betrages hinsichtlich der D-Straße rechtmäßig. Die innerhalb des umlegungsfähigen Aufwands berücksichtigten Kosten für Rodung und Kampfmittelräumung sowie die mit Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 17. Juni 1996 festgesetzte naturschutzrechtliche Ausgleichsabgabe und die Kosten für die mit Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 10. März 1997 ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten zur Neuaufforstung einschließlich der hierfür angefallenen Gebühren seien nicht zu beanstanden. Der Erschließungsaufwand nach § 128 Abs. 1 Nr. 1 BauGB umfasse nach § 127 BauGB die Kosten für den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen, wozu alles zu rechnen sei, was die Gemeinde aufwenden müsse, um die für die Erschließungsanlage notwendigen Flächen von Hindernissen zu befreien, die der Herstellung der Erschließungsanlage entgegenständen. Nicht zu den Kosten der Freilegung der Flächen, aber zu den Kosten der erstmaligen Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 128 Abs. 1 Nr. 2 BauGB gehörten die Aufwendungen, die eine Gemeinde zum Ausgleich eines durch die erstmalige Herstellung einer solchen Anlage bewirkten Eingriffs in Natur und Landschaft zu erbringen habe. Eine eindeutige Zuordnung der von der Beklagten berücksichtigten Kosten für Aufforstungsmaßnahmen inklusive Grunderwerb folge hier aus dem Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10. März 1997. Rechtlich zu beanstanden sei die Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwandes nur zu einem geringen Teil bezüglich der D-Straße. Dies liege in einem Fehler hinsichtlich der Berechnung der durchschnittlichen Grundstücksgröße der nicht mehrfach erschlossenen Grundstücke im Abrechnungsgebiet, was nach § 6 Abs. 2 c) EBS für die zu gewährende Ermäßigung für mehrfach erschlossene Grundstücke erheblich sei. Auch habe die Beklagte zu Recht die gesamte Fläche des streitigen Grundstücks der Ermittlung der Beitragspflicht zugrunde gelegt und etwaige bestehende Baugrenzen unberücksichtigt gelassen. Bei Grundstücken in beplanten Gebieten sei regelmäßig die gesamte im Plangebiet gelegene Fläche als erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB anzusehen und bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwand zu berücksichtigen. Ausnutzungsbehinderungen durch öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen hätten grundsätzlich keinen Einfluss auf den Umfang der erschlossenen Grundstücksfläche. Die von der Klägerin vorgebrachten Gründe für einen Billigkeitserlass seien nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Zwar sei die Gemeinde von Amts wegen verpflichtet, bereits bei der Heranziehung sachliche Billigkeitsgründe zu berücksichtigen, wenn sie ihr offensichtlich erkennbar seien. Die Nichtberücksichtigung derartiger Umstände und die fehlende Entscheidung über einen Beitragserlass führten allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit eines Beitragsbescheides und zu dessen Aufhebung. Insofern sei auch der hilfsweise gestellte Beweisantrag nicht erheblich.

Mit Beschluss vom 29. Mai 2007 (5 UZ 489/06) hat der Senat auf Antrag der Klägerin die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, da er ernstliche Zweifel an der rechtlichen Wirksamkeit der Beschränkung der einer Ermäßigung wegen Mehrfacherschließung zugänglichen Fläche in § 6 Abs. 2 c) EBS habe.

Mit Bescheid vom 20. April 2007 hat die Beklagte die Klägerin für das streitige Grundstück endgültig zu einem Erschließungsbeitrag für den F-Weg in Höhe von 40.365,91 € herangezogen. Hinsichtlich des C-Wegs und des E-Wegs sind inzwischen ebenfalls Vorausleistungsbescheide für einen Erschließungsbeitrag für das streitige Grundstück gegenüber der Klägerin ergangen. Beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main ist weiterhin eine gesonderte Klage der Klägerin auf Gewährung eines Billigkeitserlasses anhängig.

Zur Begründung der Berufung hat der Bevollmächtigte der Klägerin seine Bedenken gegen die Einbeziehung des Aufwands der Beklagten für den Ausgleich des durch die erstmalige Herstellung der Anlage bewirkten Eingriffs in Natur und Landschaft aus dem Zulassungsantrag wiederholt. Die Frage eines Verstoßes der Beklagten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Vorgeschichte des Grunderwerbs durch die Klägerin sowie die Frage einer ruinösen Inanspruchnahme hätten bereits im Hauptsacheverfahren und nicht erst in einem Erlassverfahren überprüft werden müssen. Darüber hinaus sei auch die Regelung in § 6 Abs. 2 c) EBS rechtswidrig, da sie ungerechtfertigt an die durchschnittliche Grundstücksgröße der übrigen Grundstücke anknüpfe. Die Erschließungsbeitragssatzung sehe für 95% des streitgegenständlichen Grundstücks keinerlei Ermäßigung vor, obwohl das Grundstück von mindestens vier Erschließungsanlagen umgeben sei. Vor diesem Hintergrund sei unter Gleichheitsgesichtspunkten - unabhängig von der Grundstücksgröße - eine Reduzierung vorzunehmen. Das Bundesverwaltungsgericht habe in der von Beklagtenseite genannten Entscheidung bei dieser Frage auf die Umstände des Einzelfalles abgestellt.

Nachdem die Klägerin zuerst auch im Berufungsverfahren hinsichtlich des F-Wegs wie in erster Instanz die Aufhebung des Vorausleistungsbescheides vom 23. März 2001 begehrt hatte, hat sie diesen Antrag nach Erlass des endgültigen Beitragsbescheides im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 5. März 2008 geändert, und begehrt nun dessen Aufhebung. Die Beklagte hat ihr Einverständnis mit dieser Klageänderung erklärt.

Die Klägerin beantragt,

in Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom 30. November 2005 den Bescheid der Beklagten über die Heranziehung zu Vorausleistungen vom 23. März 2001 betreffend die Erschließungsanlage D-Straße in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 20. April 2007 über die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag betreffend die Erschließungsanlage F-Weg aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zum einen auf ihren bisherigen Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie im Verfahren über die Zulassung der Berufung. Die Regelung für eine Eckgrundstücksvergünstigung des § 6 und insbesondere des § 6 Abs. 2 c) EBS widerspreche nicht dem Gleichheitssatz und sei rechtmäßig und unverändert anwendbar. Nach Abs. 1 der Vorschrift werde bei mehrfach erschlossenen Grundstücken die Grundstücksfläche des betroffenen Grundstücks nur mit zwei Dritteln angesetzt. Abs. 2 der Vorschrift regele die Ausnahmen von dieser Grundregel. Gemäß Abs. 2 c) sei einer Ermäßigung nicht zu gewähren für die Flächen der Grundstücke, die die durchschnittliche Grundstücksgröße der nicht mehrfach erschlossenen Grundstücke im Abrechnungsgebiet über stiegen. Die Rechtmäßigkeit dieser Regelung ergebe sich aus den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinen Urteilen vom 4. September 1970, vom 8. Oktober 1976 und vom 3. Februar 1989. Die Verringerung des Erschließungsvorteils dürfe sich bei besonders großen Eckgrundstücken nicht auf das gesamte Grundstück auswirken. Gerade die gewählte Begrenzung auf die durchschnittliche Größe der übrigen Grundstücke verhindere nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts eine sachlich ungerechtfertigte Bevorzugung der Eigentümer übergroßer Eckgrundstück. Sollte das Gericht dennoch zu dem Ergebnis kommen, dass die Regelung unwirksam und damit nicht anwendbar sei, müsse allerdings ebenso § 6 Abs. 1 EBS für unwirksam und nicht anwendbar erklärt werden. Ohne Einschränkung der Ermäßigung der Regelung käme es bei dem übergroßen Grundstück der Klägerin zu einer sachlich ungerechtfertigten Bevorzugung gegenüber den anderen beitragspflichtigen Grundstückseigentümern.

Auf Anforderung des Berichterstatters hat die Beklagte eine Vergleichsberechnung hinsichtlich der Höhe der streitigen Beiträge für das Grundstück der Klägerin unter Außerachtlassung der Regelung des § 6 Abs. 2 c) EBS vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (zwei Bände) sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (zwei Ordner, zwei Hefter, ein Bebauungsplan) Bezug genommen. Diese Unterlagen sind insgesamt Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin - über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet - ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere den gesetzlichen Anforderungen entsprechend begründet worden. Sie ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die zu Grunde liegende Anfechtungsklage ist zulässig. Dies gilt insbesondere auch für die im Berufungsverfahren geänderte Anfechtungsklage hinsichtlich der Heranziehung für einen Erschließungsbeitrag für den F-Weg. Mit Erlass des endgültigen Heranziehungsbescheides vom 20. April 2007 für diese Erschließungsanlage hat sich der ursprünglich angefochtene Bescheid über die Heranziehung zu Vorausleistungen erledigt. Die Klageänderung ist mithin sachdienlich im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO. Im Übrigen hat auch die Beklagte ihr Einverständnis mit der Klageänderung gemäß § 91 Abs. 2 VwGO erklärt.

Die Anfechtungsklage ist allerdings nur teilweise begründet. Bezüglich des Bescheids der Beklagten vom 23. März 2001 über die Heranziehung zu Vorausleistungen auf einen Erschließungsbeitrag für die D-Straße ist sie begründet, soweit ein Betrag von mehr als 151.060,56 € erhoben wird, bezüglich des Bescheids vom 20. April 2007 über die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für den F-Weg, soweit ein Betrag von mehr als 34.360,26 € erhoben wird.

Zu Unrecht rügt der Bevollmächtigte der Klägerin allerdings die Beitragsfähigkeit einzelner von der Beklagten in den umgelegten Kostenaufwand für die Herstellung der Erschließungsanlagen einbezogenen Positionen, wie der Senat bereits in seinem Beschluss über die Zulassung der Berufung ausgeführt hat. Er hat dort ausgeführt:

"Hinsichtlich der Beitragsfähigkeit der für Ausgleichsmaßnahmen entstandenen Kosten weist der Bevollmächtigte der Klägerin zunächst zu Recht darauf hin, dass diese Kosten hinreichend bestimmt der betreffenden Erschließungsanlage zurechenbar sein müssen. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin diese Zurechenbarkeit in Zweifel zieht, weil die konkreten Ausgleichsmaßnahmen nicht gemäß § 9 Abs. 1a BauGB im Bebauungsplan den einzelnen Erschließungsanlagen zugeordnet seien und sich die Zurechenbarkeit im Sinne des § 128 Abs. 1 BauGB auch nicht aus der Begründung des Bebauungsplans oder den Verteilungsmaßstäben einer Ausgleichssatzung ergebe, greift dieser Einwand jedoch nicht durch. Denn eine hinreichende Zuordnung der Kosten folgt aus dem naturschutzrechtlichen Befreiungsbescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 17. Juni 1996.

Die vom Bevollmächtigten der Klägerin in Bezug genommenen Zuordnungsfestsetzungen in Bebauungsplänen zum Ausgleich von zu erwartenden Eingriffen in Natur und Landschaft haben ihre Grundlage in §§ 1a Abs. 3, 9 Abs. 1a BauGB seit der Fassung des BauGB vom 1. Januar 1998. Danach findet ein Ausgleich eines durch Bebauung erwarteten Eingriffs in die Natur auf der Ebene des Bebauungsplans und nicht (mehr) auf der Ebene der Bauausführung statt ("Hochzonung der Eingriffsregelung", vergleiche dazu Franz, Recht des Naturschutzes in Hessen, Band I, 9. Ergänzungslieferung, Stand: Juli 1999, § 6c Rdnr. 9). Dieses mit § 8a Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG - zum 1. Mai 1993 eingeführte System hat das BauGB in seiner Fassung ab dem 1. Januar 1998 übernommen. Nach § 6c Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des hessischen Naturschutzgesetzes vom 19. Dezember 1994 (GVBl I 1994, Seite 775 ff.) - HENatG -, der auf der bundesgesetzlichen Ermächtigung des § 8b Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG beruht, sind jedoch bei Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen, die vor dem 1. Mai 1993 in Kraft getreten sind, erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes durch eine Ausgleichsabgabe auszugleichen; § 6 Abs. 2 und die §§ 6b und 8 finden entsprechende Anwendung. Vor diesem Hintergrund hat das Regierungspräsidium Darmstadt mit Bescheid vom 17. Juni 1996 der Beklagten die naturschutzrechtliche Befreiung gemäß § 23 Abs. 4 HENatG für die Errichtung von Erschließungsanlagen im Geltungsbereich des seit dem Oktober 1992 bestandskräftigen Bebauungsplanes 901.1 "In den Waldwiesen" der Beklagten erteilt und auf der Grundlage der dort genannten Unterlagen die Ausgleichsabgabe bestimmt. Den in diesem Bescheid bestimmten Ausgleichsbeitrag hat die Beklagte dann anteilig nach der Quadratmeter-Größe auf die im Bebauungsplan festgesetzten Erschließungsanlagen verteilt. Dies ist nach Ansicht des Senats nicht zu beanstanden, denn die gesamte Eingriffsfläche ist offensichtlich einem einheitlichen Biotoptyp zugeordnet worden, so dass sich einheitliche Biotopwerte pro Quadratmeter Vollversiegelung ergeben. Die Verpflichtung zur Aufforstung ergibt sich - worauf das Verwaltungsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat - aus Ziffer 1 der Rodungsgenehmigung des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 10. März 1997 für den Bereich des Bebauungsplans "In den Waldwiesen" der Beklagten. Da insoweit eine flächenbezogene Neuaufforstung zu erbringen ist, bestehen auch insoweit keine Bedenken, diese Kosten anteilig nach der Quadratmeter-Größe auf die im Bebauungsplan festgesetzten Erschließungsanlagen zu verteilen."

An dieser Auffassung hält der Senat fest. Der Bevollmächtigte der Klägerin verfolgt diese Argumentation - wie er im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter hat erkennen lassen - im Berufungsverfahren auch nicht mehr ausdrücklich weiter.

Nicht rechtmäßig ist allerdings die von der Beklagten vorgenommene Verteilung des Erschließungsaufwands auf die durch die abgerechneten Anlagen erschlossenen Grundstücke. Dies liegt darin begründet, dass die die Gewährung der Vergünstigung für mehrfach erschlossene Grundstücke beschränkende Regelung des § 6 Abs. 2 c) der Erschließungsbeitragssatzung - EBS - der Beklagten vom 7. Oktober 1996 den Anforderungen des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG - nicht standhält und deshalb unwirksam ist.

Die Entscheidung des Satzungsgebers, eine sogenannte Eckgrundstücksvergünstigung zu gewähren, rechtfertigt sich grundsätzlich aus der Überlegung, dass mehrere Anbaustraßen von einem Eckgrundstück aus erfahrungsgemäß in einem geringeren Umfang in Anspruch genommen werden als von jeweils an sie angrenzenden "normalen" Grundstücken, so dass die mehrfache Erschließung dem Eckgrundstück nicht den vollen mehrfachen Erschließungsvorteil vermittelt. Zweck der Vergünstigungsregelung ist letztlich eine vorteilsgerechte Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwandes auf die erschlossenen Grundstücke, somit eine Aufwandsverteilung, die dem Gleichheitssatz Rechnung trägt (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage, § 18 Rdnr. 76).

§ 6 Abs. 2 c) EBS nimmt bei der Gewährung der Ermäßigung für mehrfach erschlossene Grundstücke eine Beschränkung vor, die allein an die Grundstücksgröße als solche anknüpft. Die Ermäßigung bleibt auf den Flächenanteil der durchschnittlichen Grundstücksgröße im Abrechnungsgebiet beschränkt und wird für die darüber hinausgehende Fläche versagt. Für eine derartige Beschränkung allein wegen der Größe der Fläche, ohne dass insoweit auf die Auswirkungen einer Tiefenbegrenzung (vgl. § 6 Abs. 2 d) EBS) oder eine begrenzte Erschließungswirkung abgestellt wird, vermag der Senat eine sachliche Rechtfertigung nicht zu erkennen.

Die Beklagte bezieht sich zur Rechtfertigung dieser Regelung in § 6 Abs. 2 c) EBS auf ältere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere auf die Urteile vom 4. September 1970 (IV C 98.69 -, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 4) und vom 8. Oktober 1976 (IV C 56.74 -, BVerwGE 51, 158). Dort hatte das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass bei ungewöhnlich großen Grundstücken es nach Sinn und Zweck der Erschließungsbeitragvorschriften geboten sein k a n n , die Ermäßigung nicht auf das gesamte Grundstück zu erstrecken, sondern nur auf einen Grundstücksteil, der etwa der durchschnittlichen Größe der übrigen von der Anlage erschlossenen Grundstücke entspricht. Dem lag der Gedanke zugrunde, dass der durch die zweite Anlage vermittelte Vorteil im Verhältnis zu dem durch die erste Erschließung vermittelten Vorteil unter Umständen nur für den eigentlichen Eckbereich geringer ist, während er dem übrigen - von der Ecklage weiter entfernt liegenden - Teil des Grundstücks den gleichen Vorteil bietet, wie den anderen Mittelgrundstücken an der Straße. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn ein großes Buchgrundstück mit mehreren selbstständigen Gebäuden an der Erschließungsanlage bebaut ist oder bebaut werden darf und die Anlage den von der Ecklage entfernt liegenden Bauplätzen den gleichen Erschließungsvorteil vermittelt wie selbstständigen Mittelgrundstücken. Allerdings sollte diese Begrenzung der Eckermäßigung bereits damals jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängen, so dass die starre Anwendung, die § 6 Abs. 2 c) EBS vorsieht, schon den damaligen Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht gerecht wird. Auch hat das Bundesverwaltungsgericht diese Rechtsprechung in späterer Zeit zusätzlich im Licht der Rechtsfigur der sogenannten "beschränkten Erschließungswirkung " weiterentwickelt (Urteil vom 3. Februar 1989 - 8 C 78.88 -, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 79 = NVwZ 1989, 1072; vgl. auch: Beschluss vom 26. April 2006 -, Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 117 = NVwZ 2006, 935). Danach ist davon auszugehen, dass ein von zwei (oder mehr) Anbaustraßen erschlossenes Grundstück im beplanten Bereich grundsätzlich durch jede der Anlagen in seiner gesamten Fläche erschlossen wird. Eine Ausnahme kann jedoch geboten sein, wenn sich die Erschließungswirkung der einen Straße eindeutig auf eine Teilfläche beschränkt, d.h. das Grundstück von dieser Anlage nur bis zu einer gewissen Tiefe erschlossen wird. Dies ist auch für die Beantwortung der Frage ausschlaggebend, in welchem Umfang eine in der Beitragsatzung vorgesehene Ermäßigung einem Eckgrundstück zugute kommen soll, sofern dieses Grundstück auffallend groß ist. Maßgebend für die Beantwortung der Frage, wie die Fläche zu ermitteln ist, die in diesem Fall die Eckermäßigung ergibt, ist zunächst die Beantwortung der Vorfrage, bis zu welcher Tiefe das übertiefe Grundstück im Sinne des § 131 Abs. 1 BBauG noch von der abzurechnenden Anlage erschlossen ist. Ist es das nicht mehr, fehlt es an einer Mehrfacherschließung, auf deren beitragsrechtliche Folgen sich die Eckermäßigung beziehen kann. Anhaltspunkte können insofern bei Grundstücken im beplanten Gebieten die Festlegungen eines Bebauungsplans ergeben, etwa wenn verschiedene Bauplätze auf dem übergroßen Grundstück vorgesehen sind.

Legt man diese Rechtsgrundsätze zugrunde, kann die starre Regelung in § 6 Abs. 2 c) EBS der Beklagten, nach der - unabhängig von der Erschließungswirkung der abgerechneten Anlage - bei mehrfach erschlossenen Grundstücken immer nur die durchschnittliche Grundstücksfläche der nicht mehrfach erschlossenen Grundstücke im Abrechnungsgebiet der Ermäßigung zugrunde gelegt wird, keinen Bestand haben. Sie verwehrt mehrfach erschlossenen Grundstücken, die größer als die durchschnittlichen Mittelgrundstücke sind, die nach der Satzung vorgesehene Ermäßigung auch für Flächen, die von der abgerechneten Anlage erschlossenen sind. Dies benachteiligt die für große Grundstücke Beitragspflichtigen gegenüber den übrigen Beitragspflichtigen in einer Weise, die mit den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren ist. Einen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung vermag der Senat nicht zu erkennen.

Damit ist die Regelung des § 6 Abs. 2 c) EBS unwirksam und deshalb die Ermäßigungsregelung des § 6 EBS ohne sie anzuwenden. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch nicht etwa davon auszugehen, dass die Beschränkungsregelung des § 6 Abs. 2 c) EBS ein derart essenzieller Bestandteil der satzungsrechtlich vorgesehenen Ermäßigung für mehrfach erschlossene Grundstücke ist, dass der Satzungsgeber ohne diese Beschränkung keine Ermäßigung vorgesehen hätte. Dafür gibt es keine sachlichen Anhaltspunkte.

Ist demnach der Klägerin für ihr übergroßes Grundstück für die beiden abgerechneten Erschließungsanlagen aufgrund der verbleibenden Regelung des § 6 EBS grundsätzlich eine sogenannte Eckermäßigung zu gewähren, ist allerdings an Hand der oben aufgezeigten Rechtsgrundsätze im Einzelfall der Umfang der Erschließungswirkung der abgerechneten Anlagen zu überprüfen.

Das streitige Grundstück der Klägerin ist 4.802 m² groß und liegt im Bereich des Bebauungsplans Nr. 901.1 "In den Waldwiesen". Es grenzt im Norden an die D-Straße, im Osten an den C-Weg, im Süden an den E-Weg und im Westen an den F-Weg. Der Bebauungsplan sieht für das Grundstück an der D-Straße und entlang des C-Wegs bis zum E-Weg eine durchgehende drei bis viergeschossige Bebauung vor. Für die dem F-Weg zugewandte Grundstücksseite sind Garagen vorgesehen. Auf dem gesamten Grundstück sollte eine öffentlich geförderte Wohnanlage errichtet werden. Zugänge für das mit der Wohnanlage bebaute Gesamtgrundstück sind von allen Seiten vorgesehen. Angesichts dieser Festlegungen für das Grundstück im Bebauungsplan ist nicht davon auszugehen, dass das Grundstück der Klägerin hinsichtlich der hier abgerechneten Anlagen D-Straße und F-Weg nur beschränkt erschlossen ist und deshalb eine Ausnahme von dem Grundsatz besteht, dass ein von mehreren Anbaustraßen erschlossenes Grundstück im beplanten Bereich grundsätzlich durch alle Anlagen in seiner gesamten Fläche erschlossen wird. Damit muss die Ermäßigungsregelung des § 6 EBS der gesamten Grundstücksfläche zugute kommen, d.h. die Fläche ist nur mit einem Anteil von zwei Dritteln anzusetzen.

Die Beklagte hat auf Anforderung des Senats entsprechende Vergleichsberechnungen vorgelegt, die die Beschränkungsregelung des § 6 Abs. 2 c) EBS außer Betracht lassen. Richtig ist insofern die vorgelegte Vergleichsberechnung, die § 6 Abs. 2 c) EBS insgesamt, das heißt auch für alle anderen Eckgrundstücke des Abrechnungsgebiets, unberücksichtigt lässt und für alle diese Grundstücke nur zwei Drittel ihrer Fläche ansetzt. Damit vermindert sich automatisch die gesamte Abrechnungsfläche beider Anlagen. Dies widerspricht auch nicht - entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten - etwa der Satzung der Beklagten. Nach § 5 Abs. 1 EBS wird der beitragsfähige Erschließungsaufwand auf die erschlossenen Grundstücke (Abrechnungsgebiet) nach deren Flächen verteilt. Als Grundstücksfläche gilt bei Grundstücken innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans die Fläche, die baulich, gewerblich oder in vergleichbarer Weise genutzt werden kann (§ 5 Abs. 2 EBS). Für Wohnzwecken dienende Grundstücke, die mehrfach erschlossen sind, ist die nach § 5 Abs. 2 EBS ermittelte Grundstücksfläche gemäß § 6 Abs. 1 EBS bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes für jede Erschließungsanlage nur mit zwei Dritteln anzusetzen. Logische Folge dieser Reduzierung der bei der Verteilung des Aufwands anzusetzenden Grundstücksfläche ist eine Verminderung der Gesamtabrechnungsfläche, so dass sich zwangsläufig der Beitragsatz pro Quadratmeter Abrechnungsfläche erhöht. Aus dieser Rechnung ergeben sich für das Grundstück der Klägerin die oben genannten Beträge.

Soweit von Seiten der Klägerin weiterhin Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide in Bezug auf die Billigkeitsregelung des § 135 Abs. 5 BauGB geäußert worden sind, die sich insbesondere auf den Verlauf des Erwerbs in Erwartung einer öffentlichen Förderung der Bebauung beziehen, hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass eine einen Beitrag erhebende Gemeinde offensichtlich erkennbare Umstände, die dazu führen, dass aus sachlichen Gründen ein (gegebenenfalls teilweiser) Billigkeitserlass geboten ist, bereits von Amts wegen im Heranziehungsverfahrens zu berücksichtigen hat. Allerdings führt ein Verstoß gegen diese Pflicht nicht zur Rechtswidrigkeit eines gleichwohl ungekürzt ergehenden Erschließungsbeitragsbescheides. Den Interessen des Beitragspflichtigen wird hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass er für die Gemeinde erkennbare ebenso wie sonstige sachliche und persönliche Billigkeitsgründe selbst nach Bestandskraft des Heranziehungsbescheids durch einen Antrag in einem selbstständigen Erlassverfahren betreiben und gegebenenfalls im Wege der Verpflichtungsklage gerichtlich verfolgen kann, wie es die Klägerin im vorliegenden Fall mit ihrer Klage vor dem Verwaltungsgericht getan hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. August 1986 - 8 C 54.85 - Buchholz 406.11 § 135 BBauG Nr. 27 = NVwZ 1987, 601, mwNw).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und entspricht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus den § 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 167 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf einen Betrag von 211.186,36 € festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 52 Abs. 3, 47 Gerichtskostengesetz - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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