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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 23.11.2005
Aktenzeichen: 5 UE 2557/04
Rechtsgebiete: GG, KAG, ZwstS der Gemeinde Wehrheim


Vorschriften:

GG Art. 20
GG Art. 105 Abs. 2a
KAG § 7 Abs. 2
ZwstS der Gemeinde Wehrheim
1. Eine kommunale Zweitwohnungssteuersatzung kann zur Bemessung der Steuer zulässigerweise auf einen Preisindex verweisen, der bereits vor Entstehen der Steuerschuld feststeht und aus öffentlichen Quellen entnommen werden kann.

2. Der Verweis der Satzungsregelung muss eine eindeutige Bestimmbarkeit des in Bezug genommenen Indexes ermöglichen.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 UE 2557/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Kommunale Steuern

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof -5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider, ehrenamtlicher Richter Lecke, ehrenamtlicher Richter Mauch

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts A-Stadt vom 9. September 2003 - 10 E 2431/99(1) - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit sie sich gegen den Steuerbescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 1999 richtet.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens zu einem Anteil von 1/3, die Beklagte zu einem Anteil von 2/3.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Aufhebung ihrer Zweitwohnungssteuerbescheide gegenüber der Klägerin durch das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Wochenendhauses im Ortsteil der Beklagten Pfaffenwiesbach, .........................

Mit Bescheiden vom 20. Oktober 1995, 15. Januar 1996 und 9. Januar 1997 zog die Beklagte die Klägerin aufgrund ihrer Zweitwohnungssteuersatzung vom 12. Juni 1992 zu Zweitwohnungssteuer für die Jahre 1995 in Höhe von 1.777,-- DM, 1996 in Höhe von 1.839,-- DM und 1997 in Höhe von 1.889,-- DM heran. Dagegen wandte sich die Klägerin mit jeweils fristgerecht eingelegten Widersprüchen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 1999 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin gegen die drei Steuerbescheide zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 6. Juli 1999 zugestellt.

Mit Schreiben vom 6. August 1999 - eingegangen beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am selben Tag - hat die Klägerin Klage erhoben.

Zur Begründung hat sie vorgebracht, die Beklagte habe nicht erklärt, aufgrund welcher Kriterien der jeweilige Jahresrohmietwert errechnet worden sei. Auch sei hinsichtlich der Indexgestaltung nicht darauf hingewiesen worden, welcher Preisindex Anwendung finde. Einen vom Hessischen Statistischen Landesamt veröffentlichten Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet gebe es nicht, wobei allerdings darauf hinzuweisen sei, dass die Beklagte zwischenzeitlich eine Änderung der Satzung vorgenommen habe, wodurch dieser Punkt allerdings noch nicht hinreichend konkretisiert sei. Hinsichtlich sämtlicher Zweitwohnungssteuerbescheide seien für den Lebenshaltungskostenindex 1964 unterschiedliche Zahlen in Ansatz gebracht worden, obwohl zumindest die Zahl für den Lebenshaltungsindex 1994 als Basis für die Hochrechnung immer einheitlich sein müsste. Ferner habe das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main in einem Beschluss festgestellt, dass sich eine Jahresrohmiete nicht anhand des Preisindexes für die Wohnungsmieten im gesamten Bundesgebiet hochrechnen lasse.

Die Klägerin hat beantragt,

die Zweitwohnungssteuerbescheide vom 20. Oktober 1995, vom 15. Januar 1996 und vom 9. Januar 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 1999 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, auf der Grundlage der Auskunft des zuständigen Finanzamts Bad Homburg und unter Anwendung des § 4 Abs. 2 ihrer Zweitwohnungssteuersatzung habe sie die Klägerin zu den einzelnen Steuerbeträgen veranlagt. Die satzungsgemäßen Voraussetzungen für den Steuerbescheid seien erfüllt, weil die Klägerin mit ihrem Wochenendhaus im Gemeindegebiet der Beklagten eine Zweitwohnung für ihren persönlichen Lebensbedarf im fraglichen Zeitraum innegehabt habe. Die Steuer sei auch zutreffender Weise unter Anwendung des Preisindexes der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im gesamten Bundesgebiet, der vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht werde, berechnet worden. Insoweit werde auf die Darlegung im Widerspruchsbescheid verwiesen.

Mit Urteil vom 9. September 2003 hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main die angefochtenen Steuerbescheide der Beklagten aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Vorschrift des § 4 Abs. 2 der Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten vom 4. Juli 1995 in der Fassung der Änderungssatzung vom 10. September 1996, die rückwirkend zum 5. Juli 1992 in Kraft getreten sei, sei nichtig und dürfe daher der Steuerforderung nicht zugrunde gelegt werden. Der Steuermaßstab der Beklagten erlaube keine nachvollziehbare Berechnung der Steuerschuld, so dass eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots vorliege. Es werde auf den Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 21. September 1998 (10 G 2484/97) verwiesen. In diesem Beschluss habe das Gericht ausgeführt, die von der Antragsgegnerin in den angefochtenen Bescheiden gewählte Berechnungsmethode decke sich nicht mit der Regelung ihrer Satzung. Sie habe den Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte im früheren Bundesgebiet, Hauptgruppe Wohnungsmieten, zugrunde gelegt. Die Satzung bestimme aber, dass der Preisindex der Wohnungsmieten aller privaten Haushalte im Bundesgebiet und nicht nur derjenigen in den alten Bundesländern anzuwenden sei. Bei der Auslegung der Formulierung "aller privaten Haushalte im Bundesgebiet" sei zu berücksichtigen, dass die Steuersatzung in den Jahren 1995/1996 beschlossen worden sei, als die Wiedervereinigung bereits einige Jahre zurückgelegen habe. Die Satzung sei auch nach der Beseitigung der Formfehler in § 4 nichtig, weil der Verweis auf andere - als aus der Satzung selbst zu entnehmende - Kalkulationsgrundlagen nur dann zulässig sei, wenn diese Grundlagen - hier der jeweilige Preisindex - für den betroffenen Steuerpflichtigen in der gleichen Weise zugänglich sei, wie es die den Steuertatbestand begründende Norm sei. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die der Veranlagung zugrunde liegende Norm erweise sich insbesondere wegen der in § 4 Abs. 2 Satz 2 ZwStS enthaltenen dynamischen Verweisung auf die Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes als nichtig. Das im Rechtsstaatsprinzip begründete Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze zwinge den Gesetzgeber zwar nicht, den Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben, er sei aber gehalten, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich sei. Es genüge, wenn die betroffenen Normadressaten die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten könnten. Diesen Anforderungen werde § 4 Abs. 2 Satz 2 ZwStS nicht gerecht, denn die dort bezeichnete Hochrechnung sei nur dann bestimmt (nachvollziehbar), wenn anhand des genannten Monatsindexes die Steigerung der Wohnungsmieten berechnet werden könne. Den Steigerungsbetrag selbst zu ermitteln, um ihn mit der Jahresrohmiete entsprechend zu kombinieren und mit einer Rechnung zu dem Steuerbetrag zu kommen, sei für die Steuerpflichtigen zwar nicht unmöglich, aber nicht zumutbar.

Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 17. August 2004 - 5 UZ 58/04 - die Berufung zugelassen.

Zur Begründung trägt die Beklagte vor, die Klage sei unbegründet, da die angegriffenen Bescheide rechtmäßig seien. Es seien die satzungsgemäßen Voraussetzungen für die Steuerbescheide erfüllt. Die Steuer sei auch zutreffender Weise gemäß § 4 Abs. 2 ZwStS festgesetzt worden, denn ausweislich der Auskunft des zuständigen Finanzamts Bad Homburg liege eine Jahresrohmiete fest. Die Steuer sei auch richtigerweise unter Anwendung des Preisindexes der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im gesamten Bundesgebiet, der vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht werde, berechnet worden. Dies habe sie im Verwaltungsverfahren, letztmals im Widerspruchsbescheid, sowie im Klageverfahren eingehend dargelegt. Soweit die Satzungsregelung hinsichtlich der Berechnung der Steuer auf eine Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts verweise und aufgrund dessen eine Jahresrohmiete mit einem Preisindex hochgerechnet werde, erweise sich die Regelung wegen der dynamischen Verweisung nicht als nichtig. Die Regelung genüge den Anforderungen der Grundsätze des Rechtsstaatsprinzips und die entsprechende satzungsrechtliche Regelung sei auch hinreichend bestimmt und begrenzbar. Insoweit werde auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1989 (2 BvR 436/88) verwiesen, die sich mit einer Satzungsbestimmung zur Hochrechnung der Jahresrohmiete befasst habe, deren Regelung im Wesentlichen gleich und fast identisch mit der Regelung der Beklagten sei. Entsprechendes habe aber auch der erkennende Senat in seinem Beschluss vom 4. Juni 2003 (5 TG 1749/02) ausgeführt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 9. September 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie bleibt bei ihrer Rechtsauffassung, wonach die erlassene Satzung nicht den Kriterien genüge, dass die Steuerpflicht nach Inhalt, Gegenstandszweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzbar sein müsse.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der Auskünfte des Statistischen Bundesamtes vom 24. Mai 2005 und vom 10. Oktober 2005 sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (1 Hefter) verwiesen, die insgesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat mit Beschluss vom 17. August 2004 - 5 UZ 58/04 - zugelassene Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht begründet worden.

Die Berufung ist jedoch nur zum Teil begründet. Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1995 über die Heranziehung der Klägerin zu einer Zweitwohnungssteuer für das Jahr 1995 aufgehoben. Die Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 15. Januar 1996 über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer gegenüber der Klägerin für das Jahr 1996 und vom 9. Januar 1997 für das Jahr 1997 ist dagegen im Ergebnis zu Recht erfolgt. Für diese Jahre verfügen die Bescheide nicht über eine wirksame satzungsrechtliche Grundlage.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 349, Kammerbeschlüsse vom 15. Dezember 1989 - 2 BvR 436/88 -, NVwZ 1990, 356, und vom 29. Juni 1995 - 1 BvR 1800/94 und 2480/94 -, GemHH 1995, 237 = NVwZ 1996, 97) und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 10. Oktober 1995 - 8 C 40.93 -, BVerwGE 99, 303, vom 6. Dezember 1996 - 8 C 49.95 -, NVwZ 1998, 178, vom 12. April 2000 - 11 C 12.99 -, BVerwGE 111, 122 und vom 29. Januar 2003 - 9 C 3.02 -, BVerwGE 117, 345; Beschlüsse vom 26. Oktober 1989 - 8 B 36.89 -, NVwZ 1990, 568 = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 5 und vom 27. Oktober 2003 - 9 B 102.03 -, Juris), dass eine Zweitwohnungssteuer als örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz - GG - erhoben werden kann. Es handelt sich damit um eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird. Örtliche Aufwandsteuern erfassen den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung. Sie besteuern die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Dabei kommt es schon aus Gründen der Praktikabilität nicht darauf an, dass diese Leistungsfähigkeit in jedem einzelnen Fall konkret festgestellt wird. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Diese grundsätzliche Zulässigkeit der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer ist auch von Klägerseite her nicht in Zweifel gezogen worden.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts bestehen auch keine Bedenken gegen die Bemessung der Steuer nach dem Mietwert der Wohnung, der durch die Jahresrohmiete bestimmt wird und nach einem der Steigerung der Wohnungsmieten folgenden Preisindex jeweils für das Erhebungsjahr auf den September des Vorjahres hochgerechnet wird. Zwar ist es richtig, dass nach dem aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Bestimmtheitsgebot steuerbegründende Tatbestände einschließlich der Bemessungsgrundlage nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß so bestimmt gefasst und begrenzt sein müssen, dass die Steuerlast für den Steuerpflichtigen voraussehbar und berechenbar ist. Diesen Anforderungen genügt jedoch grundsätzlich der Maßstab einer nach der Mietpreisentwicklung indexierten Jahresrohmiete (vgl. dazu: BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 1989, a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 29. Januar 2003 - 9 C 3.02 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 20, S. 24, vom 6. Dezember 1996 - 8 C 49.95 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 12, S. 20). Bedenken gegen eine derartige Regelung mit Blick auf § 3 Satz 2 Währungsgesetz als Ausdruck des Nominalwertprinzips, §§ 1 und 16 Abs. 1 Stabilitätsgesetz und das aus Art. 109 Abs. 2 GG folgende Gebot, die Belange des gemeinwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten, hat das Bundesverwaltungsgericht, bestätigt durch das Bundesverfassungsgericht, zurückgewiesen (BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 1988 - 8 B 162.87 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 3, S. 1; BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 1989, a.a.O.). Verweist die kommunale Steuersatzung zur Bemessung der Steuer auf die Hochrechnung nach einem Preisindex, der bereits vor der Entstehung der Steuerschuld feststeht und aus öffentlichen Quellen entnommen werden kann, kann der Steuerpflichtige seine Steuerschuld hinreichend deutlich der Satzung über die Zweitwohnungssteuer entnehmen. Ein Verstoß gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Bestimmtheitsgebot liegt nicht vor (BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 1989, a.a.O.).

Die Steuersatzung der Beklagten vom 12. Juni 1992 in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 6. September 1996 genügt diesen Bestimmtheitsanforderungen jedoch nur noch für das Steuerjahr 1995, nicht dagegen für die im vorliegenden Verfahren ebenfalls streitigen Steuerjahre 1996 und 1997.

Aus den vom Senat eingeholten Auskünften des Statistischen Bundesamtes ergibt sich folgendes: Seit den 60iger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde in den Monatsberichten der Fachserie 17 vom Statistischen Bundesamt der Teilindex "Wohnungsmiete" aus dem damaligen Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte für das frühere Bundesgebiet veröffentlicht. Inhaltlich gab dieser Teilindex die Entwicklung der Bruttokaltmiete wieder. Nach der Wiedervereinigung wurde dieser Preisindex "Wohnungsmiete" für die "alten Bundesländer" bis zum Dezember 1998 - veröffentlicht im Januar 1999 - fortgesetzt. Für die neuen Bundesländer einschließlich Berlin-Ost hat das Statistische Bundesamt erstmals im Jahresbericht 1991 - im Mai 1992 veröffentlicht - einen Teilindex "Wohnungsmiete" veröffentlicht. Für das gesamte Gebiet des wiedervereinigten Deutschlands veröffentlichte das Statistische Bundesamt ab dem Monatsbericht August 1995 - erschienen im November 1995 - einen Teilindex "Wohnungsmiete". Bis Dezember 1998 wurden neben diesem Index die Teilindizes "Wohnungsmiete" für das Gebiet der "alten" und das Gebiet der "neuen" Bundesländer einschließlich Berlin-Ost veröffentlicht. Bis Januar 1999 wurde auch der Teilindex "Wohnungsmieten" für das gesamte Gebiet des wiedervereinigten Deutschlands allein als "Bruttokaltmiete" veröffentlicht. Ab Februar 1999 wurde stattdessen ein Teilindex "Nettokaltmiete" für das gesamte Bundesgebiet zurück bis Januar 1995 berechnet und veröffentlicht. Neben diesem Teilindex wird seitdem auch ein Index für die "Wohnungsnebenkosten" veröffentlicht, so dass diese beiden Indizes zusammen einen Index für die "Bruttokaltmiete" ergeben.

Nach § 4 Abs. 1 der Zweitwohnungssteuersatzung - ZwStS - der Beklagten vom 12. Juni 1992 in der Fassung der Ersten Änderungssatzung vom 6. September 1996 bemisst sich die Steuer nach dem Mietwert der Wohnung. Als Mietwert gilt nach Abs. 2 dieser Bestimmung die Jahresrohmiete. Diese vom Finanzamt auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 festgestellte Jahresrohmiete wird zur Bemessung der Steuer jeweils für das Erhebungsjahr auf den September des Vorjahres hochgerechnet. Die Hochrechnung erfolgt gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 ZwStS entsprechend der Steigerung der Wohnungsmieten nach dem Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet, der monatlich vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wird. Aus diesen Wortlaut "Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet" ergibt sich nicht eindeutig, auf welches Gebiet sich dieser Index beziehen soll. Der Wortlaut der Satzung wiederholt den bereits vor der Wiedervereinigung im Jahre 1990 in derartigen Steuersatzungen über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer bundesweit üblichen Wortlaut. Dieser bezog sich bis zur Wiedervereinigung ersichtlich allein auf das Gebiet der damaligen Bundesrepublik Deutschland, d.h. das Gebiet der heute sogenannten "alten Bundesländer". Zwar war im Zeitpunkt des Erlasses der Steuersatzung der Beklagten am 12. Juni 1992 das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch den Beitritt der "neuen Länder" bereits erweitert. Der Verweis der Steuerbemessungsregelung auf den vom Statistischen Bundesamt monatlich veröffentlichten Teilindex "Wohnungsmieten" nach dem Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet ermöglichte allerdings solange noch eine eindeutige Berechnung der Steuer - und damit die für den Steuerpflichtigen erforderliche Bestimmbarkeit der ihn treffenden Steuerlast -, als der Verweis auf die Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes eine eindeutige Zuordnung ermöglichte. Dies war nach den oben erläuterten Auskünften des Statistischen Bundesamtes jedoch nur bis zum Steuerjahr 1995 gegeben. Nach der Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 wird die vom Finanzamt auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 festgestellte Jahresrohmiete jeweils für das Erhebungsjahr auf den September des Vorjahres hochgerechnet. Für das Steuerjahr 1995 war deshalb maßgeblich der September 1994. Zu diesem Zeitpunkt veröffentlichte das Statistische Bundesamt noch keinen Index "Wohnungsmieten" für das gesamte neue Bundesgebiet, sondern nur für das Gebiet der "alten Bundesländer" der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland. Somit ermöglichte die Satzungsregelung zu diesem Zeitpunkt noch eine eindeutige Zuordnung des für die Hochrechnung der Jahresrohmiete erforderlichen Preisindexes für den Steuerpflichtigen vor Beginn des Steuerjahres.

Wie oben erläutert veröffentlichte allerdings das Statistische Bundesamt für die Zeit ab August 1995 - veröffentlicht im November 1995 - nunmehr auch einen Teilindex "Wohnungsmieten" für das Gebiet der gesamten Bundesrepublik Deutschland, einschließlich der alten und der neuen Bundesländer, und zwar bis Dezember 1998 neben den entsprechenden Indizes für die Teilgebiete "altes Bundesgebiet" und "neue Bundesländer einschließlich Berlin-Ost". Damit war jedoch für den Steuerpflichtigen aufgrund des Wortlauts der Verweisung des § 4 Abs. 2 Satz 3 ZwStS eine eindeutige Bestimmbarkeit des für die Berechnung seiner Steuerlast maßgeblichen Indexes nicht mehr gegeben. Aufgrund des Wortlauts war nämlich eine Zuordnung zum Teilindex bezogen auf das alte Bundesgebiet, wie er bisher praktiziert worden war, ebenso begründbar, wie die Bezugnahme auf den nunmehr monatlich veröffentlichten Index für das Gebiet der gesamten (vereinigten) Bundesrepublik Deutschland. Damit ist die Steuersatzung der Beklagten ab dem Steuerjahr 1996 wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam geworden (vgl. bereits die Hinweise zu dieser Problematik in OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. März 1999 - 22 A 391/98 -, NVwZ 2000, 223 = ZKF 1999, 181). Es können insofern auch nicht die Auffangmaßstäbe des § 4 Abs. 2 bis 6 ZwStS zugrundegelegt werden. Sie bieten neben dem Hauptmaßstab des § 4 Abs. 2 ZwStS - Jahresrohmiete - keine praktizierbare Lösung zur Gesamtbesteuerung aller Zweitwohnungen. Zum einen setzt auch der Ersatzmaßstab des § 4 Abs. 4 ZwStS u. a. die Hochrechnung nach dem in § 4 Abs. 2 ZwStS genannten Index voraus. Zum anderen gehen alle diese Ersatzmaßstäbe davon aus, dass eine Jahresrohmiete - die eigentliche Besteuerungsgrundlage - vom Finanzamt nicht festgesetzt wurde, was aber bei den Wohnungen, die von § 4 Abs. 2 ZwStS erfasst werden, gerade gegeben ist (vgl, ebenso: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. März 1999, a.a.O.).

Somit verfügt nur der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1995 für das Jahr 1995 noch über eine wirksame satzungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage. Die Bescheide vom 15. Januar 1996 für das Steuerjahr 1996 und vom 9. Januar 1997 für das Steuerjahr 1997 sind dagegen wegen Fehlens einer wirksamen Grundlage rechtswidrig. Aus diesem Grund ist der Berufung der Beklagten nur hinsichtlich des Bescheides vom 20. Oktober 1995 stattzugeben. Im Übrigen ist sie zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2 VwGO und bemisst sich nach den Anteilen der Beteiligten, in denen sie obsiegt haben oder unterlegen sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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