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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.06.2004
Aktenzeichen: 5 UZ 169/04
Rechtsgebiete: HessKAG


Vorschriften:

HessKAG § 11 Abs. 10
HessKAG § 12 S. 2
Die Vorschrift des § 11 Abs. 10 HessKAG, nach der Vorausleistungen auf die Beitragsschuld zur Deckung des Aufwandes für die Schaffung, Erweiterung und Erneuerung öffentlicher Einrichtungen verlangt werden können, ist nicht (in entsprechender Anwendung, § 12 Satz 2 HessKAG) auf die Erstattung der Aufwendungen für Grundstücksanschlüsse anwendbar.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

5 UZ 169/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Hausanschlusskosten

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 8. Juni 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 12. November 2003 - 4 E 860/02(2) - wird abgelehnt.

Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 395,23 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen den im Tenor des vorliegenden Beschlusses näher bezeichneten Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Darmstadt ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - statthaft, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

Die mit Schriftsatz vom 7. Januar 2004 geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Sinne des vorgenannten Zulassungsgrundes sind dann gegeben, wenn der die Zulassung des Rechtsmittels unter Hinweis auf diesen Zulassungstatbestand begehrende Beteiligte einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163).

Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen die Heranziehung zu einer Vorausleistung auf die Anforderung von Anschlusskosten für Wasser vom 22. März 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2002 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, für die Erhebung von Vorausleistungen auf die Erstattung der Kosten für Grundstücksanschlüsse fehle in Hessen die erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.

Dem hält die Beklagte entgegen, gemäß § 12 Satz 2 des Hessischen Kommunalabgabengesetzes - HessKAG - fänden auf die Erstattung der Aufwendungen für Grundstücksanschlüsse die Vorschriften "dieses Gesetzes", also des Kommunalabgabengesetzes, entsprechende Anwendung. Insoweit gelte auch § 11 Abs. 10 HessKAG, der den Städten und Gemeinden die Möglichkeit der Vorausleistungserhebung eröffne.

Mit diesem Vorbringen sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht dargetan. Zwar gelten - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - gemäß § 12 Satz 2 HessKAG für die Erstattung von Aufwendungen nach Maßgabe des Satzes 1 die Vorschriften "dieses Gesetzes", d. h. des HessKAG, entsprechend. Mit der pauschalen Verweisung auf die Vorschriften "dieses Gesetzes" ist zudem das Gesetz in seiner Gesamtheit angesprochen, so dass grundsätzlich auch die materiell-rechtlichen Vorschriften des 2. Teils einer entsprechenden Anwendung zugänglich sind, allerdings - eingeschränkt - nur insoweit, als sie mit dem Wesen des in der Verweisungsnorm genannten Gegenstandes - des Erstattungsanspruchs - im Einklang stehen. Entscheidend für die Frage der Anwendbarkeit des § 11 Abs. 10 HessKAG auf den Erstattungsanspruch im Sinne des § 12 Satz 1 HessKAG ist somit, ob die geregelten Sachverhalte so unterschiedlich sind, dass die Unterschiede der Anwendung des § 11 Abs. 10 HessKAG entgegenstehen (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 1980 - V OE 77/77 -, HessVGRspr 1980, 81 [83], Dietzel in Driehaus, Kommunalabgaberecht, Band II, Stand: März 2004, § 10 Rdnr. 63 f.). Dies ist nach Ansicht des Senats der Fall. § 11 Abs. 10 HessKAG ermöglicht die Heranziehung zu Vorausleistungen auf die Beitragsschuld zur Deckung des Aufwandes für die Schaffung, Erweiterung und Erneuerung öffentlicher Einrichtungen. Die hier geregelte Vorausleistungserhebung bezieht sich also typischerweise auf längerfristige Bauvorhaben, deren bauprogrammgemäße Fertigstellung - zumal bei leitungsgebundenen Einrichtungen, die durch die funktionsbedingte Zusammenfassung eines ganzen Leitungsbestandes und zentraler Einrichtungsteile gekennzeichnet sind - sich über Jahre hinziehen kann. Im Unterschied dazu lassen sich die auf den Anschluss eines einzelnen Grundstücks an eine leitungsgebundene Einrichtung bezogenen Anschlussarbeiten in überschaubaren Zeiträumen von Tagen oder allenfalls wenigen Wochen durchführen und sodann endgültig abrechnen. Das Vorfinanzierungsbedürfnis, an das § 11 Abs. 10 HessKAG in Bezug auf die Aufwandsdeckung bei öffentlichen Einrichtungen erkennbar anknüpft, ist hier nicht zu sehen. Bei § 11 Abs. 10 HessKAG handelt es sich um eine dem Vorfinanzierungsinteresse der Kommune Rechnung tragende Vorschrift des Beitragsrechts, für die es im Regelungskontext des § 12 HessKAG keine Parallelen gibt. Dieser Unterschied schließt die Heranziehung zu einer Vorausleistung zu Aufwendungen für Grundstücksanschlüsse im Wege der entsprechenden Anwendung des § 11 Abs. 10 HessKAG aus.

Die Ausführungen der Bevollmächtigten der Beklagten zu der von ihr aufgeworfenen Frage, ob es in Hessen eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Vorausleistungen auf die Erstattung der Kosten für Grundstücksanschlüsse gibt, legen auch nicht den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in einer die Zulassung der Berufung rechtfertigen Weise dar. Denn die aufgeworfene Frage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie sich unschwer aus dem Gesetz und auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten lässt (BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 1997 - 4 B 167.96 -, NVwZ-RR 1998, 457). Insoweit kann zur weiteren Begründung auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

Da die Beklagte mit ihrem Zulassungsantrag erfolglos bleibt, hat sie die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitswerts für das Antragsverfahren folgt aus §§ 14 Abs. 1 und 3, 13 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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