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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.02.2008
Aktenzeichen: 5 UZ 1800/07
Rechtsgebiete: BauGB, Erschließungsbeitragssatzung


Vorschriften:

BauGB § 127
BauGB § 129 Abs. 1 S. 1
Erschließungsbeitragssatzung der Stadt Maintal, Fassungen v. 26.06.1987 u. v. 31.03.1992
Für die Annahme eines "unerlässlichen" Ausbauumfangs, der es bei nur einseitig anbaubaren Straßen rechtfertigt, den insoweit anfallenden Erschließungsaufwand ohne "Halbteilung" allein auf die Grundstücke der erschließenden Straßenseite umzulegen, reicht es noch nicht aus, dass die in der Beitragssatzung vorgesehene beitragsfähige Höchstbreite für solche Straßen eingehalten wird; erforderlich ist vielmehr die Einhaltung der Unerlässlichkeitsgrenze, die sich aus der örtlichen Erschließungssituation und den konkreten Verkehrsverhältnissen für die jeweilige Erschließungsanlage ergibt.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 UZ 1800/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Erschließungsbeiträge

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 25. Februar 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf den Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juli 2007 - 12 E 2078/06(2) - zugelassen.

Das Verfahren wird als Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen 5 A 538/08 fortgeführt.

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist zulässig und auch begründet. Sein Bevollmächtigter hat ausreichend dargelegt, dass an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, mit der das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die Herstellung der Erschließungsanlage "D-Straße" im Baugebiet Weinbergstraße der Beklagten in vollem Umfang abgewiesen hat, ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - bestehen.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruht auf der Annahme, dass sich der Ausbau der nur auf einer Straßenseite anbaubaren Erschließungsanlage auf das für die Erschließung der anbaubaren Straßenseite "Unerlässliche" beschränke, weshalb nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der gesamte Aufwand auf die Grundstücke der anbaubaren Straßenseite habe umgelegt werden dürfen. Das Vorbringen des Bevollmächtigten des Klägers in der Begründung seines Zulassungsantrags löst ernstliche Zweifel an der Berechtigung dieser Annahme aus. Ausgehend von der konkreten Erschließungssituation, auf die es für die Beurteilung der bei einseitiger Anbaubarkeit unerlässlichen Ausbaubreite ankommt, liegt die abgerechnete Straßenbreite von 10,50 m, die der beitragsfähigen Höchstbreite von einseitig anbaubaren Straßen nach dem Satzungsrecht der Beklagten entspricht (§ 2 Abs. 1 Ziff. I 3 Buchst. a ihrer Erschließungsbeitragssatzungen vom 26. Juni 1987 und vom 31. März 1992), nicht mehr in dem Bereich des hier anzunehmenden unerlässlichen Ausbauumfangs.

Allein die Einhaltung der in der Erschließungsbeitragssatzung festgelegten beitragsfähigen Höchstbreite für einseitig anbaubare Straßen rechtfertigt noch nicht den Schluss auf das Vorliegen eines im konkreten Fall unerlässlichen Ausbaus (Bundesverwaltungsgericht, U. v. 03.03.2004 - 9 C 6.03 - KStZ 2004, 217, 218). Insoweit gilt nichts anderes als für beidseitig anbaubare Straßen im Hinblick auf das hier geltende Maß des "Erforderlichen" gem. § 129 Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuchs - BauGB - (dazu, bezogen noch auf das Bundesbaugesetz: Bundesverwaltungsgericht, U. v. 08.08.1975 - IV C 74.73 - DÖV 1976, 347, 349). Zu ermitteln ist jeweils das in der konkreten Erschließungssituation "Erforderliche" bzw. "Unerlässliche". Für die Bestimmung der durch diese Begriffe gekennzeichneten Grenzen des Ausbauumfangs ist der Gemeinde kein Ermessen eingeräumt. Sie verfügt jedoch auf Grund ihres Sachverstandes und ihrer praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet des Straßenbaus über einen gewissen Einschätzungsspielraum. Diesen Spielraum, den das überprüfende Gericht zu respektieren hat, meint wohl auch das Bundesverwaltungsgericht, soweit es in seinem Urteil vom 3. März 2004 im Zusammenhang mit dem Begriff der Unerlässlichkeit von einer "Entscheidungsprärogative" der Gemeinde spricht (a.a.O. S. 218).

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die von der Beklagten abgerechnete Ausbaubreite von 10,50 m auch unter Berücksichtigung des vorgenannten Einschätzungsspielraums das für die Erschließung der Grundstücke auf der anbaubaren Straßenseite Unerlässliche übersteigt. Der Bevollmächtigte des Klägers verweist zu Recht auf die drei bis vier Meter breiten Pflanzinseln, mit denen die Beklagte den neben dem Bürgersteig auf der anbaubaren Seite verbleibenden Flächenbereich für die Fahrbahn auf eine deutlich geringere Breite reduziert hat. An der damit verbundenen Verschmälerung ist zu ersehen, dass die Beklagte selbst davon ausging, dass die verbleibende Fläche der Straßenparzelle 161 immer noch zu großzügig bemessen sei, um als für den Fahrbahnbereich unerlässliche Breite bei nur einseitiger Anbaubarkeit der Straßenanlage angesehen werden zu können. Für eine in der beitragsfähigen Höchstbreite der Satzung angelegte Fahrbahn konnten das zu erwartende Verkehrsaufkommen und die konkrete örtliche Erschließungssituation keine Rechtfertigung liefern, denn die Straße "D-Straße" verläuft als einseitig anbaubare Straße am Rande der bebauten Ortslage und endet im Westen als Stichstraße ohne Wendehammerabschluss. Damit hätte die Beklagte, um im Rahmen des Unerlässlichen zu bleiben, die Fahrbahn von vornherein in geringerer Breite dimensionieren müssen. Es ist unter den gegebenen Umständen auch nicht zu erkennen, wie unabhängig von der Fahrbahn ein Bedürfnis für die zusätzliche Anlegung besonderer Pflanzinseln bestanden haben sollte. Für Begrünung war schon durch die im Flächennutzungsplan ausgewiesene "Grünfläche" entlang der nicht anbaubaren Straßenseite gesorgt, und für bauliche Maßnahmen der Verkehrsberuhigung auf einer als Stichstraße endenden relativ kurzen Anliegerstraße mit geringem und zwangsläufig nicht besonders schnellen Verkehr gab es keine einleuchtenden Gründe.

Soweit die Beklagte bei den Pflanzinseln die Kosten für das Aufsetzen der Betonrandsteine auf der bereits angelegten Fahrbahn, das Auffüllen mit Erde und die Bepflanzung übernommen hat, reicht das, wie der Bevollmächtigte des Klägers zu Recht geltend macht, für eine Senkung des Aufwands auf das Maß eines unerlässlichen Ausbaus der nur einseitig anbaubaren Straße nicht aus; denn auch die ins Gewicht fallenden Kosten für die Herstellung der unter den Pflanzinseln befindlichen Fahrbahnfläche mit Unterbau hätten insoweit herausgerechnet werden müssen. Dass die Fahrbahn in der gesamten Breite bereits fertig gestellt war, als die "Abweichungssatzung" der Beklagten zur Herstellung von Pflanzinseln erlassen wurde, kann in diesem Zusammenhang - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - keine Rolle spielen.

Die Entscheidung über die Kosten des Zulassungsverfahrens folgt der Kostenentscheidung im Berufungsverfahren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Es wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 124a Abs. 6 VwGO die nunmehr zugelassene Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen ist. Die Begründung ist beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen. Die Begründung kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag und im Einzelnen anzuführende Berufungsgründe enthalten. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Ende der Entscheidung

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