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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.08.2006
Aktenzeichen: 5 UZ 3280/05
Rechtsgebiete: GG, Jagdsteuersatzung des Landkreises Kassel


Vorschriften:

GG Art. 20a
Jagdsteuersatzung des Landkreises Kassel § 2
Jagdsteuersatzung des Landkreises Kassel § 3 Abs. 1
Die Ermächtigung von Landkreisen und kreisfreien Städten zur Erhebung einer Jagdsteuer wird nicht durch die Staatszielbestimmung "Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen" des Art. 20a des Grundgesetzes beschränkt.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 UZ 3280/05

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Jagdsteuern

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 10. August 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 23. November 2005 - 6 E 3386/03 - wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Zulassungsverfahren auf 318,26 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor des vorliegenden Beschlusses näher bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - statthaft, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Die mit Schriftsatz vom 24. Januar 2006 geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

Aus den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten ergibt sich der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht.

Eine Divergenz ist gegeben, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung eines Divergenzgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht (BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2001 - 9 B 23.01 -, NVwZ-RR 2001, 711 [712]).

Mit der Rüge, das Verwaltungsgericht weiche mit seiner Feststellung, die veranlagte Jagdsteuer werde zu Recht erhoben, von der Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 1995 - 3 K 1299/95 - ab, hat der Bevollmächtigte des Klägers bereits keine Abweichung von einer Entscheidung eines Divergenzgerichts im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO dargelegt. Divergenz kann nur bei einer Abweichung von einer Entscheidung des im Instanzenzug dem Verwaltungsgericht übergeordneten Oberverwaltungsgerichts - hier des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs - vorliegen.

Auch die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten zum Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

Macht ein die Zulassung der Berufung beantragender Beteiligter die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache geltend, muss er - um den gesetzlichen Darlegungserfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO Genüge zu tun - zumindest dartun, welche konkrete und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage oder welche bestimmte und für eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle bedeutsame Frage tatsächlicher Art im Berufungsverfahren geklärt werden soll und inwiefern diese Frage einer (weitergehenden) Klärung im Berufungsverfahren bedarf. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne der vorgenannten verfahrensrechtlichen Bestimmung hat ein Rechtsstreit nämlich nur dann, wenn er eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und die über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung einer Klärung bedarf.

Als klärungsbedürftig wirft der Bevollmächtigte des Klägers die Frage auf, ob bei der geltenden Verfassungsrechtslage Jagdsteuern überhaupt oder gegebenenfalls in welchem Umfang durch Jagdsteuersatzungen erhoben werden dürfen.

Zur Verdeutlichung der Klärungsbedürftigkeit führt er aus, dass auch der Steuergesetzgeber die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG umzusetzen und dabei die rechtsstaatlichen Vorgaben zur Ausgestaltung von Steuergesetzen zu beachten habe. Während Fiskalzwecknormen der Deckung des notwendigen Finanzbedarfs der öffentlichen Haushalte dienten und an das Leistungsfähigkeitsprinzip anknüpften, hätten Sozialzwecknormen lenkende Funktionen. Wer sich "sozial erwünscht" oder "gemeinwohlnützig" verhalte, werde steuerlich entlastet. Die streitgegenständliche Jagdsteuersatzung orientiere sich ausschließlich an fiskalischen Zwecken und verstoße damit gegen die Staatszielbestimmung Umweltschutz, die eine Relativierung zwischen Steuererhebung und Steuerentlastung unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung und Pflege der natürlichen Lebensgrundlagen notwendig gebiete. Seien die Grundsätze des Wechselspiels zwischen Fiskalzwecknormen und Sozialzwecknormen nicht beachtet, erkenne also die Jagdsteuersatzung den Jagdausübungsberechtigten für Umweltpflegemaßnahmen eine Entlastung nicht zu - die sie anderen Naturschutzgruppen selbstverständlich zubillige -, so sei die Satzung verfassungswidrig.

Mit diesen Ausführungen ist die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht dargelegt. Klärungsbedürftig ist die aufgeworfene Frage dann nicht, wenn sie sich unschwer aus dem Gesetz oder auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt (BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 1997 - 4 B 167.96 -, NVwZ-RR 1998, 457).

Zu der als klärungsbedürftig aufgeworfenen Frage hat der Hessische Staatsgerichtshof in seinem Beschluss vom 14. September 2000 (- P.St. 1314 -, NVwZ 2001, 270) ausgeführt, die Ermächtigung von Landkreisen und kreisfreien Städten zur Erhebung einer Jagdsteuer verstoße weder gegen das Grundgesetz noch gegen die Hessische Verfassung. Zu dem für den vorliegenden Fall bedeutsamen Verhältnis einer Jagdsteuererhebung und der Staatszielbestimmung in Art. 20a Grundgesetz - GG - führt der Staatsgerichtshof in dem vorgenannten Beschluss aus:

"Entgegen der Auffassung des Ast. steht die landesrechtliche Möglichkeit der Erhebung von Jagdsteuern nicht im Widerspruch zur bundesrechtlichen Gesamtkonzeption zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Nach Art. 20a GG schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Die gem. § 1 I 2 BJagdG mit dem Jagdrecht verbundene Pflicht zur Hege, deren Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen ist (§ 1 II 1 Halbs. 1 BJagdG), dient dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Der bundesrechtlichen Inpflichtnahme von Jägern zur Hege ist indes weder ausdrücklich noch der Sache nach zu entnehmen, dass der konsumtive Aufwand für die Ausübung der Jagd nicht Anknüpfungspunkt einer landesrechtlichen Steuer sein darf. Dies gilt auch, wenn die Hegepflicht als einfachgesetzlicher Ausdruck der Staatszielverpflichtung des Art. 20a GG zu verstehen ist. Denn Art. 20a GG beinhaltet ebenso wenig wie § 1 I 2 BJagdG einen Rechtssatz, nach dem der Aufwand für die Jagd von einer Besteuerung frei zu stellen ist, weil die Jagdausübung mit der Hegepflicht verbunden ist. Die den Landkreisen und kreisfreien Städten landesgesetzlich eröffnete Möglichkeit, zur Erzielung von Einkünften Jagdsteuern zu erheben, und die bundesrechtliche Inpflichtnahme von Jägern zur Hege bestehen vielmehr nebeneinander und beeinflussen sich gegenseitig nicht."

Die vom Bevollmächtigten des Klägers postulierte zwingende Verknüpfung von Steuererhebung und Steuerentlastung unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung und Pflege der natürlichen Lebensgrundlagen besteht danach gerade nicht. Durch die Pflicht zur Hege wird die Jagdausübung weder im Kern gemeinnützig noch Teil der Daseinsvorsorge; sie dient weiterhin der Verwirklichung von Eigeninteressen, mithin der Befriedigung eines besonderen persönlichen Lebensbedarfes unter Einsatz von Einkommen und Vermögen, die die Steuererhebung rechtfertigt (so auch OVG Brandenburg, Urteil vom 19. Februar 2003 - 2 D 14/02 NE -, Jagdrechtliche Entscheidungen XVI Nr. 80 mit Hinweis auf OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. November 1992 - 22 A 2993/91 -, NWVBl. 1993, 189 [190]).

Vor diesem Hintergrund wecken die Ausführungen des Bevollmächtigten des Klägers zur Verfassungswidrigkeit der Jagdsteuersatzung des Beklagten auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die es rechtfertigten, die Berufung nach Maßgabe dieses Zulassungsgrundes zuzulassen.

Nach allem war der Zulassungsantrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Entscheidung über die Höhe des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 47 Gerichtskostengesetz - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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