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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.10.2009
Aktenzeichen: 6 B 2668/09
Rechtsgebiete: BImSchG, TA Lärm


Vorschriften:

BImSchG § 5 Abs. 1 Nr. 1
TA Lärm Nr. 6.1 Buchst. d)
TA Lärm Nr. 6.1 Buchst. e)
Der Eigentümer eines in einem faktischen reinen Wohngebiet an der Grenze zum Außenbereich gelegenen Grundstücks kann grundsätzlich nicht verlangen, dass eine Windkraftanlage, die in diesem Außenbereich errichtet werden soll, zu seinem Schutz die Immissionsrichtwerte für reine Wohngebiete nach Nr. 6.1 Buchst. e) der TA Lärm einhält.

Dem durch die besondere Lage seines Grundstücks bedingten verminderten Schutzbedürfnis des Eigentümers ist in der Regel durch die Einhaltung des Immissionswertes für allgemeine Wohngebiete nach Nr. 6.1 Buchst. d) TA Lärm genügt.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

6 B 2668/09

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Immissionsschutzrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 6. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Igstadt, Richterin am Hess. VGH Fischer, Richter am Hess. VGH Bodenbender

am 30. Oktober 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 7. September 2009 - 8 L 2152/09.F(1) - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen den Vollzug der der Beigeladenen mit Bescheid vom 12. Januar 2009 des Regierungspräsidiums Darmstadt unter Anordnung der sofortigen Vollziehung erteilten Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windkraftanlagen vom Typ Enercon (Nennleistung jeweils 2 MW) mit einer Spitzenhöhe von 179 m, einer Nabenhöhe von 138 m und einem Rotordurchmesser von 82 m auf den im Außenbereich gelegenen Grundstücken der Gemarkung ............., Flur XX, Flurstücke xx und x, xx, xx. Das Grundstück der Antragstellerin befindet sich im unbeplanten Innenbereich des Gemeindegebiets A-Stadt-............. an der Grenze zum Außenbereich, in dem die Windkraftanlagen errichtet werden sollen. Die Entfernung zur nächstgelegenen Anlage WEA 3 beträgt ca. 970 m.

Die Antragstellerin erhob gegen den ihr nicht zugestellten Genehmigungsbescheid bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 23. Februar 2009 Klage und stellte am 14. August 2009 den Antrag, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen.

Der Eilantrag der Antragstellerin wurde durch das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 7. September 2009, den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zugestellt am 9. September 2009, abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die am 22. September 2009 eingelegt und mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2009, eingegangen am 8. Oktober 2009, begründet wurde.

II.

Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere innerhalb der gesetzlichen Fristen gemäß § 147 Abs. 1 und § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingelegte und begründete Beschwerde der Antragstellerin gegen die im Tenor des vorliegenden Beschlusses näher bezeichnete erstinstanzliche Entscheidung ist unbegründet. Die zur Begründung des Rechtsmittels vorgetragenen Gründe, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, vermögen die Richtigkeit der ablehnenden Entscheidung erster Instanz nicht in Frage zu stellen.

Auch unter Berücksichtigung des - im obengenannten gesetzlichen Rahmen zu prüfenden - Vorbringens der Antragstellerin im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist mit Blick auf die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens davon auszugehen, dass bei Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen das Interesse der Beigeladenen, baldmöglichst von der ihr erteilten Genehmigung Gebrauch machen zu können, das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt. Nach dem für den Senat erkennbaren Sachverhalt steht zu erwarten, dass die Antragstellerin mit ihrer gegen den Genehmigungsbescheid vom 12. Januar 2009 erhobenen Klage nicht durchdringen wird.

Was die von der Antragstellerin in ihrer Antragsschrift vom 14. August 2009 geltend gemachten bauplanungsrechtlichen Gründe für die Unzulässigkeit des Vorhabens und die von ihr in der Begründung des Eilantrags ferner gerügte unzumutbare Sichtbehinderung durch die geplante Windkraftanlage anbelangt, ist die Antragstellerin auf diese Einwände mit der Beschwerde nicht mehr zu sprechen gekommen, sondern hat diese in ihrem nachgereichten Schriftsatz vom 23. Oktober 2009 lediglich beiläufig erwähnt. Ebenso wenig hat sich die Antragstellerin mit der von dem Verwaltungsgericht in seinem Beschluss weiter abgehandelten Problematik einer optischen Beeinträchtigung durch den wechselnden Einfall des Sonnenlichts in Folge der Rotorbewegungen der Anlage und der von ihr ausgehenden, auf das Grundstück der Antragstellerin einwirkenden Licht-Reflexion (Disco-Effekt) auseinandergesetzt. Auf diese Fragen ist folglich mit Rücksicht auf die eingeschränkte Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im vorliegenden Rechtsmittelverfahren nicht weiter einzugehen.

Die von der Antragstellerin mit der Beschwerde in den Vordergrund gestellte Rüge, durch den angefochtenen Genehmigungsbescheid seien für den Bereich ihres Grundstücks unzulässig hohe Lärmimmissionen durch die Anlage der Beigeladenen zugelassen worden, vermag die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 12. Januar 2009 und damit auch die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht zu belegen.

Der für den Senat ersichtliche Sachverhalt enthält keine Hinweise darauf, dass in Abschnitt 6.1 des angefochtenen Bescheides für das hier in Frage stehende Gebiet "................, XY-straße 9" mit einem Immissionsrichtwert von nachts 40 d(b)A Geräuschimmissionen durch die geplante Windkraftanlage zugelassen worden sind, die die Antragstellerin auf Grund ihres aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG folgenden subjektiven Rechts auf Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen nicht hinzunehmen braucht.

Die Antragstellerin beanstandet, dass sich das Verwaltungsgericht die Einschätzung der Gemeinde A-Stadt bezüglich des Gebietscharakters des oben genannten Bereichs als allgemeines Wohngebiet, die auch der Bewertung des Antragsgegners und der Festlegung des vorgenannten Immissionsrichtwertes im Genehmigungsbescheid vom 12. Januar 2009 zu Grunde liegt, zu eigen gemacht und folglich bezüglich der beanstandeten Festsetzung keine durchgreifenden Zweifel geäußert habe. Ob die von der Vorinstanz als zutreffend erachtete Einordnung der das Wohngebäude der Antragstellerin umgebenden Bebauung als allgemeines Wohngebiet, die wesentlich mit Rücksicht auf verschiedene gewerbliche Nutzungen in diesem Gebiet vorgenommen wurde, tragfähig oder aber - wie die Antragstellerin mit der Beschwerde geltend macht - deshalb unrichtig ist, weil von den (angeblichen) Gewerbetrieben keine die Wohnnutzung beeinträchtigenden gewerbetypischen Vorbelastungen ausgehen und deshalb ein reines Wohngebiet als richtiger Gebietstypus hätte berücksichtigt werden müssen, kann offenbleiben. Einer Feststellung des Gebietscharakters, die der Senat auf Grund der unterschiedlichen Angaben der Beteiligten und mit Rücksicht auf die begrenzten Erkenntnismöglichkeiten im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ohnehin nicht mit ausreichender Verlässlichkeit treffen könnte, bedarf es deshalb nicht, weil der Antragstellerin selbst bei Annahme eines (faktischen) reinen Wohngebiets der von ihr geltend gemachte Abwehranspruch gegen das Vorhaben der Beigeladenen nicht zustünde.

Der mit der Beschwerde aufrechterhaltenen und bekräftigten Rechtsauffassung der Antragstellerin, sie könne wegen der Lage ihres Grundstücks in einem faktischen reinen Wohngebiet im Sinne von § 3 der Baunutzungsverordnung - BauNVO - die Einhaltung des für diesen Gebietstyp in Nr. 6 Satz 1 Buchst. e) der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - bestimmten Immissionsrichtwertes von nachts 35 dB (A) verlangen, kann auch der Senat nicht folgen. Zu Unrecht misst die Antragstellerin dem Umstand keine maßgebliche Bedeutung zu, dass ihr Wohngrundstück nicht inmitten des von ihr in die Gebietskategorie nach § 3 BauNVO eingestuften Wohngebietes gelegen ist, sondern an dessen Außenrand an der Grenze zum Außenbereich, in dem das von ihr angegriffene Vorhaben verwirklicht werden soll.

Es entspricht - soweit ersichtlich - allgemeiner, an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 19. Januar 1989 - 7 C 77.87 -, BVerwGE 81, 197 [205], mit weiteren Nachweisen) angelehnter Rechtsauffassung, dass der Schutzanspruch des Eigentümers eines an den Außenbereich grenzenden Grundstücks in Ortsrandlage gegen im Außenbereich an sein Grundstück heranrückende Vorhaben, die dort nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert zulässig sind, und gegen von solchen Vorhaben auf sein Grundstück einwirkende Beeinträchtigungen gemindert ist. Mit Rücksicht auf die besondere Lage des Grundstücks am Rand des Außenbereichs muss sich der Eigentümer ohne weiteres auf Veränderungen und Benachteiligungen einstellen, die daraus resultieren, dass bestimmte Vorhaben wegen ihrer im beplanten Innenbereich grundsätzlich nicht hinnehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt und die Nachbarschaft gerade im Außenbereich errichtet werden sollen. Der Eigentümer eines solchen an der Grenze eines Wohngebiets zum Außenbereich gelegenen Grundstücks kann nicht verlangen, dass in seiner Nachbarschaft wiederum nur Wohnnutzung entsteht und dass keine Vorhaben verwirklicht werden, von denen die Wohnnutzung nachteilig beeinflussende Immissionen ausgehen. Sein Schutzanspruch ist auf das Vertrauen beschränkt, dass im Außenbereich keine mit der Wohnnutzung unverträgliche Nutzung entsteht (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1993 - 4 C 5.93 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 120; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Juni 1998 - 3 L 209/96 - Jurisdokument, Rdnr. 68; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 19. August 2002 - 2 W 5/02 -, NVwZ-RR 2003, 260; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 20. Januar 2004 - 1 LA 309/02 -, Jurisdokument, Rdnr. 9). Wann ein solches mit der benachbarten Wohnnutzung nicht mehr vereinbares Vorhaben im Außenbereich vorliegt, ist von den Besonderheiten dieses Vorhabens und dessen Auswirkungen auf die umgebende Wohnbebauung abhängig. Unter Beachtung des für beide Seiten zu beachtenden Gebots der Rücksichtnahme kommt es darauf an, in welchem Umfang es dem Eigentümer des am Ortsrand zum Außenbereich gelegenen Grundstücks nach den spezifischen Gegebenheiten des Einzelfalls zuzumuten ist, die Auswirkungen eines Außenbereichsvorhabens hinzunehmen.

Hinsichtlich der hier in Frage stehenden Lärmimmissionen durch eine im benachbarten Außenbereich geplante Windkraftanlage bedeutet dies, dass ein Eigentümer in der von der Antragstellerin dargelegten Situation eines im reinen Wohngebiet an den Außenbereich angrenzenden Grundstücks mit Rücksicht auf die ihn treffende Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Vorhaben in aller Regel nicht beanspruchen kann, dass dieses den für reine Wohngebiete geltenden Immissionsrichtwert nach Nr. 6.1 Buchst. e) der TA Lärm von 50 dB(A) tags und 35 dB(A) nachts einhält. Eine solch strenge Festlegung ist weder mit Blick auf die auch dem Betreiber der Anlage auferlegte Rücksichtnahmepflicht noch mit Rücksicht auf das Erfordernis einer Verhinderung von mit der Wohnnutzung unverträglichen Auswirkungen von Außenbereichsvorhaben geboten. Dass eine höhere als die in der vorgenannten Bestimmung der TA Lärm für reine Wohngebiete festgelegte Lärmbelastung nicht von vornherein mit einer Wohnnutzung unvereinbar ist, folgt bereits daraus, dass in der TA Lärm für andere, nach der Baunutzungsverordnung ebenfalls dem Wohnen dienende Gebietskategorien (Kleinsiedlungsgebiet nach § 2 BauNVO, allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO, Dorfgebiet nach § 5 BauNVO und Mischgebiet nach § 6 BauNVO) höhere Immissionsrichtwerte festgesetzt sind. Hieraus folgt, dass - abhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls - bereits die Einhaltung des in Nr. 6 Satz 1 Buchst. c) TA Lärm u.a. für Dorf- und Mischgebiete bestimmten Immissionsrichtwertes von tags 60 dB (A) und nachts 45 dB (A) ausreichen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 - 4 CN 6.88 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50). Dem geminderten Schutzbedürfnis dieser Eigentümer gegenüber den Außenbereichsvorhaben wird aber grundsätzlich dann genügt sein, wenn der entsprechende Immissionsrichtwert für allgemeine Wohngebiete nach Nr. 6.1 Buchst. d) der TA Lärm von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts gewahrt ist (vgl. etwa BayVGH, Beschluss vom 2. Februar 2001 - 14 ZS 01.179 - Jurisdokument, Rdnr. 5, und Urteil vom 24. August 2007 - 22 B 05.2870 -, 22 B 05.2870 -, BayVBl. 2008, 405 [407]; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. November 1999 - 13 B 1339/99 -, Jurisdokument, Rdnr. 23; Thüringer OVG, Beschluss vom 22. Februar 2006 - 1 EO 708/05 -, Jurisdokument, Rdnr. 66; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. April 2002 - 10 S 1502/01 -, NVwZ 2003, 365 [366]). Das Vorbringen der Antragstellerin enthält nichts, was zu einer Abweichung von dieser gefestigten, auch von dem Senat geteilten Rechtsauffassung Veranlassung geben müsste.

Anders als die Antragstellerin meint, folgt aus der Heranziehung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm zur Bestimmung der von der Beigeladenen einzuhaltenden Schallschutzanforderungen nicht, dass die in der TA Lärm für die unterschiedlichen Gebietskategorien festgelegten Immissionsrichtwerte unverändert zu Grunde zu legen wären. Der hier in Frage stehende Konflikt eines auf ein Grundstück an der Grenze zum Außenbereich einwirkenden privilegierten Vorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB wird durch die Vorschriften der TA Lärm nicht geregelt, denn die TA Lärm bestimmt für den Außenbereich keine Immissionsrichtwerte. Diese gelten nur für die in Nr. 6.1 TA Lärm aufgeführten Gebietstypen der Baunutzungsverordnung (Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, TA Lärm 3.1, Rdnr. 22 zu Nr. 6 TA Lärm [Stand Dezember 2006]). Die TA Lärm befasst sich folglich auch nicht mit dem durch das Zusammentreffen eines der in Nr. 6. 1 TA Lärm genannten Gebiete mit dem Außenbereich entstehenden Spannungsverhältnis. Nr. 6.7 TA Lärm betrifft nur die Gemengelage bei Aneinandergrenzen von Wohngebieten und gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuschauswirkungen vergleichbar genutzten Gebieten, zu denen der Außenbereich nicht gehört. Allerdings ist Nr. 6.7 TA Lärm Ausfluss des in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 12. Dezember 1975 - BVerwG IV C 71.73 -, BVerwGE 50, 49 [54 f.] aus dem Rücksichtnahmegebot entwickelten allgemeinen Rechtsgedankens, dass in Bereichen, in denen Gebiete von unterschiedlicher Qualität und Schutzwürdigkeit zusammentreffen, die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet ist, die dazu führt, dass der Belästigte Nachteile hinnehmen muss, die er außerhalb eines solchen Grenzbereichs nicht hinzunehmen bräuchte (vgl. Hansmann, a.a.O., Rdnr. 25 zu Nr. 6 TA Lärm). Zum Zwecke des Ausgleichs der wechselseitigen Rücksichtnahmeverpflichtungen wird es in diesen Gemengelagen allgemein der Bildung eines angemessenen Zwischenwertes bedürfen, wie er für den Regelungsbereich der TA Lärm in Nr. 6.7 ausdrücklich vorgeschrieben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1975, a.a.O., Seite 54). Ein Verzicht auf die Bildung eines solchen Zwischenwertes unter Anwendung des - unveränderten - Immissionsrichtwertes nach Nr. 6.1 TA Lärm für das betreffende Gebiet, an dessen Rand sich das fragliche Grundstück befindet, scheidet folglich in der Regel aus.

Zwar handelt es sich bei den dargestellten Grundsätzen nicht um eine für alle Fälle verbindliche, stereotyp zu übertragende Richtschnur. Vielmehr hängt das Maß der von dem Eigentümer in dem Grenzbereich zu einem anderen Gebietstyp gelegenen Grundstücks hinzunehmenden Beeinträchtigungen wesentlich von den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1975, a.a.O., Seite 55), so dass in spezifisch gelagerten Fallgestaltungen womöglich auch eine Herabsetzung auf den für das betreffende (Wohn)-Gebiet festgelegten Immissionsrichtwert der TA Lärm in Betracht kommen kann. Um einen solchen besonders gelagerten Fall handelt es sich hier aber erkennbar nicht. Gesichtspunkte, aus denen sich ein erhöhtes Schutzbedürfnis der Antragstellerin gegenüber den durch die vorgesehene Anlage verursachten Lärmimmissionen herleiten ließe, sind von ihr nicht vorgetragen worden und auch ansonsten nicht ersichtlich. Derartige Besonderheiten ergeben sich weder aus einer spezifischen, den erhöhten Schutzbedarf verdeutlichenden Lage des Grundstücks oder seiner Umgebung, noch aus der Art und dem Umfang der voraussichtlichen Lärmimmissionen durch die Windkraftanlage der Beigeladenen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass diese Anlage in einer Entfernung von fast einem Kilometer von dem Wohngrundstück der Antragstellerin errichtet werden soll und nach den - von der Antragstellerin nicht angezweifelten - Feststellungen im vorliegenden Lärmgutachten vom 21. Mai 2008 mit 38 dB(A) nachts den Immissionsrichtwert für allgemeine Wohngebiete von 40 dB(A) deutlich unterschreitet.

Mit Rücksicht hierauf entbehrt auch die Forderung der Antragstellerin, der einzuhaltende Immissionswert müsse, wenn schon nicht der von ihr als zutreffend erachtete Wert für reine Wohngebiete zu Grunde gelegt werde, jedenfalls "weit unter dem für ein WA von nachts 40 dB (A) liegen", der Grundlage. Eine Herabsenkung des von der Beigeladenen einzuhaltenden Immissionswertes noch unter den für allgemeine Wohngebiete geltenden Wert würde die gegenseitige Verpflichtung zur Rücksichtnahme in einer durch das Schutzbedürfnis der Antragstellerin nicht gerechtfertigten unangemessenen Weise zu Lasten der Beigeladenen verschieben.

Aus den dargelegten Gründen bedarf die von den Beteiligten weiter streitig erörterte Frage, ob die durch Windkraftanlagen verursachten Geräusche durch die TA Lärm zutreffend abgebildet werden und die für den Bereich des Wohnorts der Antragstellerin in dem Schallschutzgutachten vom 21. Mai 2008 berechneten Werte bei realistischer Betrachtung des Betriebs der Anlage eher niedriger anzusetzen sind, keiner Beantwortung.

Sonstige Gesichtspunkte, die es trotz erkennbar fehlender Abwehrrechte der Antragstellerin gegen das von der Beigeladenen geplante Vorhaben rechtfertigen könnten, die Betreiberinteressen der Beigeladenen aus vorrangigen privaten Interessen der Antragstellerin an einem Aufschub bis zum Ergehen einer Hauptsacheentscheidung zurückzustellen, sind nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 154 Abs. 3 in Verbindung mit § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese sich durch den auch im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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