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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.12.2006
Aktenzeichen: 6 NG 1645/06
Rechtsgebiete: GKG, VwGO


Vorschriften:

GKG § 40
GKG § 52 Abs. 1
GKG § 53 Abs. 3 Nr. 2
VwGO § 161 Abs. 2
VwGO § 47 Abs. 6
VwGO § 91
Bei einer einseitigen Erledigungserklärung bemisst sich der Streitwert nach dem Wert der für erledigt erklärten Hauptsache.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

Az.: 6 NG 1645/06

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Wirtschafts- u. Wirtschaftsverwaltungsrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 6. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Schulz, Richterin am Hess. VGH Fischer, Richter am VG Dr. Schütz

am 20. Dezember 2006

beschlossen:

Tenor:

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Der Streitwert wird auf 250.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist zulässig und begründet.

Die Antragsgegnerin hat es mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2006 abgelehnt, sich der Erledigungserklärung der Antragstellerin vom 21. November 2006 anzuschließen. Erklärt alleine der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, dann ist das Verfahren als Streit über die Erledigung fortzusetzen. Mit der einseitig bleibenden Erledigungserklärung nimmt der Kläger von seinem bisherigen Klagebegehren Abstand und begehrt stattdessen die gerichtliche Feststellung, dass die Hauptsache erledigt ist. An die Stelle des durch den ursprünglichen Klageantrag bestimmten Streitgegenstandes tritt der Streit über die Behauptung des Klägers, seinem Klagebegehren sei durch ein nachträgliches Ereignis die Grundlage entzogen worden. Dieser Austausch des Klagebegehrens führt zu einer Änderung des Streitgegenstandes und stellt damit der Sache nach eine Klageänderung dar. Als Klageänderung eigener Art ist der Wechsel vom ursprünglichen Klageantrag zum Erledigungsfeststellungsantrag nicht den Einschränkungen des § 91 VwGO unterworfen und bedarf auch nicht der Einwilligung des Beklagten. Das Interesse des Klägers an der Erledigungsfeststellung ergibt sich ohne weiteres daraus, dass er keine andere Möglichkeit zur Vermeidung der Kostenlast hat. Erweist sich das Vorbringen des Klägers, die Hauptsache sei erledigt, als richtig, dann ist dem veränderten Klageantrag stattzugeben; anderenfalls ist die auf Feststellung der Erledigung gerichtete Klage abzuweisen. Diese Grundsätze gelten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechend (vgl. Clausing in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Loseblatt, Stand: April 2006, § 161, Rdnrn. 28, 35 m.w.N.).

Mit zwischenzeitlichem Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Senats vom 27. September 2006 in der Hauptsache 6 N 1388/05 ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin für den vorliegenden Antrag entfallen, da die von ihr beanstandete Verteilungsregelung der Börsenordnung mit diesem Urteil für unwirksam erklärt worden ist. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nach § 47 Abs. 6 VwGO hätte die Antragstellerin demgegenüber nur eine vorläufige Außervollzugsetzung der beanstandeten Regelungen erreichen können. Ist dementsprechend objektiv eine Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache eingetreten, so entspricht die abgegebene Erledigungserklärung der prozessualen Lage (vgl. Neumann in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl. 2006, § 161, Rdnr. 184). Für die von der Antragsgegnerin angeregte Umdeutung der Erledigungserklärung in eine Antragsrücknahme bleibt mithin kein Raum.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Dabei setzt der Senat den Streitwert der einseitig für erledigt erklärten Hauptsache an.

Allerdings ist nach einer weit verbreiteten Auffassung in Rechtsprechung und Literatur bei einer einseitig gebliebenen Erledigungserklärung der Streitwert lediglich in Höhe der bis zur Erledigungserklärung angefallenen Kosten festzusetzen (vgl. die Fundstellen bei Neumann, a.a.O., Rdnr. 193; vgl. jeweils ausführlich zum Meinungsstand: OLG Hamm, Beschl. v. 12. Mai 2005 - 24 U 7/05 -; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl. 2006, Anh. I nach § 48 GKG, Rdnr. 45; Schneider/Herget, Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 11. Aufl. 1996, Rdnr. 1505 ff., jeweils m.w.N.). Zutreffend an dieser Auffassung ist, dass die Antragstellerin keine Entscheidung über den ursprünglich geltend gemachten Anspruch mehr begehrt. Mit ihrem auf Feststellung der Erledigung gerichteten Antrag verfolgt sie nur noch das Interesse, aus dem Prozess ohne (einseitige und zwingende) Kostenlast aussteigen zu können. Dies führt jedoch nicht dazu, dass sich der Streitwert auf das Kosteninteresse reduziert. Nach § 40 GKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung entscheidend, die den Rechtszug einleitet. Eine durch eine Klageänderung eingetretene Verringerung des Wertes kann aufgrund dieser eindeutigen Regelung bei der Bemessung des Streitwertes keine Berücksichtigung finden (vgl. Hartmann, a.a.O., § 40 GKG, Rdnr. 5 m.w.N.). Diese Anknüpfung an das ursprüngliche Interesse entspricht auch der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens, kommt es doch oftmals erst zu einem prozessual späten Zeitpunkt zu einer Erledigungserklärung, so dass es nicht gerechtfertigt erscheint, den Streitwert trotz weitgehender Förderung des Verfahrens durch das Gericht und die Beteiligten zu reduzieren (so im Ergebnis auch Hartmann, a.a.O., Anhang I nach § 48 GKG, Rdnr. 45; Herget in Zöller, Zivilprozessordnung, 26. Aufl. 2007, § 3, Rdnr. 16, "Einseitige Erledigungserklärung" jeweils m.w.N.).

Bei der Berechnung des Streitwertes misst der Senat dem ursprünglichen Antragsverfahren einen Streitwert von 250.000,00 € bei. Dabei lässt er sich von der Überlegung leiten, dass das Interesse der Antragstellerin dem Gewinnausfall auf Grund des Wegfalls der Skontroführung für den Rest der laufenden Zuteilungsperiode entspricht, der zum Zeitpunkt der Antragstellung noch etwas mehr als fünf Monate betrug. Nach ihren eigenen Angaben erwirtschaftete die Antragsstellerin auf Grund des Wegfalls der Skontroführung monatlich einen Verlust von etwa 100.000,00 €, was zu einem Verlust von etwa 500.000,00 € bis zum Ende der Zuteilungsperiode führt. Dieser Betrag ist auf Grund der geringeren Bedeutung des Eilverfahrens und der lediglich begehrten vorläufigen Aussetzung auf die Hälfte zu reduzieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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