Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 16.04.2008
Aktenzeichen: 6 UE 142/07
Rechtsgebiete: BörsG 2002, BörsO-FWB 2004


Vorschriften:

BörsG 2002 § 20 Abs. 2 Nr. 1
BörsG 2002 § 24 Abs. 2 S. 1
BörsO-FWB 2004 § 27 Abs. 3
BörsO-FWB 2004 § 32 Abs. 3
Börsenrechtliche Vorschriften im Sinne der Sanktionsnorm gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BörsG (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F.) sind auch von Börsenorganen erlassene Richtlinien und sonstige Bestimmungen ohne Rechtsnormqualität (hier: als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften erlassene Regeln für die Börsenpreisfeststellung im Präsenzhandel an der Frankfurter Wertpapierbörse).

Die Auferlegung einer Sanktion wegen des Verstoßes gegen eine börsenrechtliche Vorschrift setzt voraus, dass sich aus der börsenrechtlichen Vorschrift oder aus ergänzenden oder präzisierenden Bestimmungen oder Anordnungen das von dem Handelsteilnehmer verlangte Verhalten eindeutig ergibt. Wird eine Pflicht oder Verhaltensweise des Handelsteilnehmers nicht in diesem Sinn klar und eindeutig festgelegt, sondern erweisen sich die börsenrechtlichen Vorschriften bezüglich des vom Handelsteilnehmer Verlangten als interpretations- und ausfüllungsbedürftig, kann der Sanktionsausschuss grundsätzlich nicht schon deshalb eine Sanktion verhängen, weil er selbst, ein anderes Börsenorgan oder die Börsenaufsichtsbehörde die Vorschrift in einer Weise auslegt, die einen Verstoß des Handelsteilnehmers nahelegt.

Bei börsenrechtlichen Vorschriften, die einen Interpretationsspielraum und/oder dem Handelsteilnehmer unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten eröffnen, kann eine gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BörsG, § 20 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. sanktionsfähige Zuwiderhandlung allenfalls dann gegeben sein, wenn sich der Handelsteilnehmer eindeutig außerhalb des durch die börsenrechtliche Vorschrift eröffneten Interpretations- oder Handlungsspielraums bewegt, etwa weil er die in der Bestimmung enthaltenen Tatbestandsmerkmale offensichtlich falsch auslegt und/oder in einer mit dem Zweck der Vorschrift offenkundig nicht vereinbaren Weise oder aus eindeutig sachfremden Gründen tätig wird.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 UE 142/07

Verkündet am: 16. April 2008

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Wirtschafts- und Wirtschaftsverwaltungsrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 6. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Igstadt, Richterin am Hess. VGH Fischer, Richter am Hess. VGH Bodenbender, ehrenamtlichen Richter Schneider von Lepel, ehrenamtliche Richterin Kerber

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. April 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Februar 2006 und der Beschluss des Sanktionsausschusses der Frankfurter Wertpapierbörse vom 18. Mai 2005 - Az.: 4/2004 - Handel - aufgehoben.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Beschluss des Sanktionsausschusses der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) vom 18. Mai 2005, mit dem die Klägerin, ein bei der FWB als Skontroführerin zugelassenes Unternehmen, mit einem Ordnungsgeld von 3000 Euro belegt wurde.

In dem vorgenannten Beschluss vom 18. Mai 2005 wird zur Begründung für die Auferlegung der ausgesprochenen Sanktion dargelegt, die Klägerin habe bei der Preisfeststellung bezüglich verschiedener Aktiengattungen in der Zeit vom 19. Juli 2004 bis 23. September 2004 mehrfach gegen Bestimmungen der von der Geschäftsführung der FWB als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften erlassenen Preisfeststellungsregeln verstoßen. In fünf Fällen habe die Klägerin entgegen der Vorschrift in Nr. 3.3.1 trotz einer aus dem Orderbuch für sie erkennbar werdenden wesentlichen Änderung der Auftragslage eine zeitnahe Anpassung der Taxe unterlassen. In einem weiteren Fall habe die Klägerin durch einen Selbsteintritt auf der Briefseite dem in Nr. 3.3.4 der Preisfeststellungsregeln niedergelegten Grundsatz zuwidergehandelt, wonach die Vermittlung der dem Skontroführer erteilten Aufträge grundsätzlich Vorrang vor einem Selbsteintritt habe. Da es sich um fünf leichtfertig begangene Zuwiderhandlungen gegen die Pflicht zur Anpassung der Taxe wegen wesentlich veränderter Auftragslage und um einen ebenfalls leichtfertig begangenen Verstoß gegen das Vorrangprinzip in Nummer 3.3.4 der Preisfeststellungsregeln handele, erscheine ein bloßer Verweis nicht ausreichend. Sanktionen sollten für ein korrektes berufliches Verhalten sorgen und von künftigem Fehlverhalten abschrecken. Andererseits hätten sich die in diesem Verfahren ergebenden Probleme durch den Einsatz des weitaus wirksameren Limit-Kontrollsystems im Wesentlichen erledigt. Zu Gunsten der Klägerin sei überdies zu berücksichtigen, dass die Beanstandungen in erster Linie die Taxenqualität und nicht die Preisqualität tangiert hätten. Im Wesentlichen habe es sich um leichtere und nicht um schwerwiegende Verstöße gehandelt. Ein Ordnungsgeld in Höhe von 3000 Euro sei daher angemessen und ausreichend. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 18. Mai 2005 (Blatt 4 bis 16 der Gerichtsakten) verwiesen.

Gegen den ihr am 25. Mai 2005 zugestellten Beschluss des Sanktionsausschusses erhob die Klägerin am 27. Juni 2005 bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Klage.

Zur Begründung führte die Klägerin aus, entgegen der Annahme des Sanktionsausschusses sei ihr in keinem einzigen Fall ein Verstoß gegen börsenrechtliche Vorschriften oder Anordnungen anzulasten, der Grundlage für die Auferlegung einer Sanktion nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BörsG sein könne. An den Voraussetzungen für die Sanktionierung von Verstößen gegen börsenrechtliche Vorschriften mangele es im Übrigen auch deshalb, weil ihr selbst bei Annahme eines solchen Verstoßes jedenfalls kein Vorsatz oder keine Leichtfertigkeit vorgeworfen werden könne. Darüber hinaus fehle es schon an einer ausreichenden Grundlage für die Auferlegung einer Sanktion. Die nähere Ausgestaltung des Preisfeststellungsverfahrens hätte nämlich nicht durch die von dem Ausschuss herangezogenen Preisfeststellungsregeln, sondern nur durch die Börsenordnung selbst erfolgen können. Weder das Börsengesetz noch die Börsenordnung enthielten Vorgaben für den Skontroführer bezüglich der Voraussetzungen für die Anpassung von Taxen nach Änderung der Orderlage und bezüglich des Zeitraums, innerhalb dessen eine solche Anpassung vorzunehmen sei. Abgesehen davon seien die Vorwürfe einer verspäteten Taxenanpassung auch in der Sache unberechtigt. Sie - die Klägerin - sei aufgrund des ihr rechtlich zustehenden Beurteilungsspielraums berechtigt gewesen, zunächst auf neue Orderaufträge in den betreffenden Werten zu warten, um im Anschluss daran auf der Grundlage einer aussagekräftigen Orderlage eine Anpassung der Taxen vorzunehmen. Dies gelte insbesondere dann, wenn - wie es gerade bei illiquiden Werten mit einem knappen, über einen längeren Handelszeitraum verteilten Orderaufkommen besonders häufig vorkomme - die augenblickliche Orderlage nicht mit den wirklichen Marktverhältnissen übereinstimme und eine unmittelbare Taxenanpassung zu erheblichen Marktverzerrungen führen würde. Um in diesen Fällen hohe Preisschwankungen zu verhindern, sei es oftmals geboten, mit der Veröffentlichung weiterer Taxen zunächst zuzuwarten, bis sich das Orderbuch mit einem hinreichend aussagekräftigen Ordervolumen gefüllt habe. Es sei nicht ungewöhnlich, wenn dieses Zuwarten je nach Liquiditätslage des betreuten Wertpapiers 20 Minuten und mehr betrage. Auch der Vorwurf eines Verstoßes gegen Nr. 3.3.4 der Preisfeststellungsregeln gehe fehl. Bereits in der Stellungnahme gegenüber dem Sanktionsausschuss vom 21. Februar 2005 sei dargelegt worden, dass in dem betreffenden Fall die sofortige Ausführung der unlimitierten Kauforder über 400 Stück nur unter Inkaufnahme einer wirtschaftlich nicht sinnvollen Teilausführung möglich gewesen wäre. Im Hinblick hierauf sei es auch nach der vom Sanktionsausschuss herangezogenen Regelung nicht zu beanstanden, dass ein vom Vermittlungsvorrang abweichender Selbsteintritt erfolgt sei, um eine wirtschaftlich wenig sinnvolle Teilausführung zu vermeiden. In keinem Fall habe sie - die Klägerin - aber leichtfertig gegen Preisfeststellungsregeln verstoßen. Der angefochtene Beschluss lasse nicht erkennen, woraus ein leichtfertiges Verhalten im Sinne eines objektiv besonders schweren Sorgfaltspflichtenverstoßes und subjektiv eines besonderen Leichtsinns oder einer besonderen Gleichgültigkeit bei dem von ihr gezeigten Verhalten entnommen werde. Die betreffenden Feststellungen des Ausschusses beruhten überdies auf einer unzureichenden Berücksichtigung entlastender Umstände. Hintergrund des vorliegenden Verfahrens wie auch weiterer gegen sie - die Klägerin - angestrengter Sanktionsverfahren sei im Übrigen die Absicht der Beklagten, die Tätigkeit des Unternehmens als Skontroführerin zu beenden. Die Beklagte verfolge damit ihr Ziel einer Verringerung der Zahl der zugelassenen Skontroführer durch Nichtzuteilung von Skontren auf anderem Weg weiter.

Die Klägerin beantragte,

den Beschluss - 4/2004 - Handel - des Sanktionsausschusses der Beklagten vom 18. Mai 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezog sie sich auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses des Sanktionsausschusses und trug ergänzend vor, die als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften ergangenen Preisfeststellungsregeln seien als für Skontroführer nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BörsG verbindliche börsenrechtliche Vorschriften anzusehen. Die Bedenken der Klägerin gegen die Wirksamkeit der Preisfeststellungsregeln seien nicht stichhaltig. Der Vorbehalt in § 24 Abs. 2 Satz 6 BörsG zu Gunsten einer Regelung in der Börsenordnung beziehe sich nicht auf die Preisfeststellung, sondern ausschließlich auf das Verfahren für die Bekanntgabe von Preisen und Umsätzen. Die Ausgestaltung der Preisfeststellungsregeln sei vom Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz ausdrücklich befürwortet worden. Die Klägerin habe, wie vom Sanktionsausschuss zutreffend angenommen, mehrfach gegen die Preisfeststellungsregeln verstoßen. In mehreren Fällen habe sie die Taxen nicht zeitnah angepasst und damit gegen die Preisfeststellungsregeln verstoßen. In Nr. 3.1.3. sei bestimmt, dass der Skontroführer nach Eintritt einer wesentlichen Änderung der Auftragslage im Auftragsbuch im Interesse einer zuverlässigen Information der Börsenteilnehmer die Taxe entsprechend anzupassen habe. Dies sei in den betreffenden Fällen nicht geschehen, obwohl durch neue Aufträge der für eine Preisfeststellung maßgebliche rechnerische Meistausführungspreis aus der Preisspanne der letzten Taxe verschoben worden sei. In diesem Moment sei die in der Taxe enthaltene Information, innerhalb welcher Spanne der nächste Preis festgestellt werden könnte, nicht mehr korrekt und die Anpassung aufgrund einer wesentlichen Änderung der Orderlage erforderlich. Eine zeitnahe Korrektur der Taxen habe die Klägerin in den betreffenden Fällen versäumt. Die Preisfeststellungsregeln gäben zwar keinen quantitativen Zeitraum für die Anpassung vor, jedoch ergebe sich aus dem Zweck der Taxenanpassung, dass diese zeitnah nach einer wesentlichen Änderung der Orderlage vorgenommen werden müsse. Aufgrund der in der früheren Taxe nunmehr enthaltenen Fehlinformation würden die Handelsteilnehmer dazu veranlasst, auf der Basis dieser unkorrekten Informationslage weitere Aufträge zu geben, wobei ein unsachgerechter Einfluss auf die Marktlage ausgeübt werde. Um dies zu vermeiden, sei eine zeitnahe Anpassung unabdingbar, die im vorliegenden Fall bei einer Anpassung nach 12 bis 29 Minuten fehle. Ein Abwarten bis zum Eintreten weiterer Aufträge sei auch unter Berücksichtigung einer möglichen fehlenden Liquidität einer Aktie nicht geboten. Vielmehr erfordere es das Transparenzgebot gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG, die Taxe entsprechend der wirklichen Marktlage des Börsenhandels umgehend anzupassen. In einem weiteren Fall habe die Klägerin durch einen nicht gebotenen Selbsteintritt gegen die Regelungen in Nr. 3.3.1 und 3.3.4 der Preisfeststellungsregeln verstoßen. Sie habe in dem betreffenden Fall trotz Vorliegens eines unlimitierten Verkaufsauftrages ein Eigengeschäft getätigt, ohne sich hierbei auf die in der Vorschrift geregelte Ausnahme berufen zu können, dass eine vom Vermittlungsvorrang abweichende Preisfeststellung zur Vermeidung unwirtschaftlicher Teilausführungen möglich ist. Eine solche unwirtschaftliche Teilausführung habe nicht vorgelegen, da der in der Orientierungshilfe der FWB vom 18. Juni 2003 genannte Grenzwert von 1.500 Euro bei weitem überschritten gewesen sei. Die Klägerin habe bei den Verstößen vorsätzlich, zumindest aber leichtfertig gehandelt.

Das Verwaltungsgericht holte mit Verfügung vom 23. Januar 2006 eine Stellungnahme der Beklagten bezüglich der Kriterien für die Beurteilung der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit von Teilausführungen ein. Bezüglich des Inhalts der Verfügung vom 23. Januar 2006 und der hierzu erstatteten Auskunft der Beklagten vom 6. Februar 2006 wird auf Bl. 127, 356 und 357 der Gerichtsakten Bezug genommen.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main wies die Klage mit Urteil vom 16. Februar 2006 ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die zulässige Klage sei unbegründet, denn der angefochtene Beschluss des Sanktionsausschusses sei rechtmäßig. Der Klägerin sei zu Recht nach § 20 Abs. 2 BörsG ein Ordnungsgeld in Höhe von 3.000 Euro auferlegt worden, denn sie habe zumindest leichtfertig gegen börsenrechtliche Vorschriften verstoßen. Hinsichtlich dieser börsenrechtlichen Vorschriften könne - so das Verwaltungsgericht - allerdings auf die von dem Sanktionsausschuss herangezogenen Preisfeststellungsregeln nicht unmittelbar abgestellt werden. Es handele sich hierbei ihrer Rechtsnatur nach um norminterpretierende Verwaltungsvorschriften und nicht, wie von § 20 Abs. 2 BörsG vorausgesetzt, um Rechtsnormen. Das Gericht könne nur überprüfen, ob die Entscheidungen des Sanktionsausschusses dem Gesetz entsprächen, ob er also Verstöße gegen Rechtsvorschriften festgestellt habe. Hinsichtlich der der Klägerin vorgehaltenen verspäteten Taxenfeststellung ergebe sich die von der Klägerin verfehlte Anforderung, die Taxe zeitnah nach festgestellter wesentlicher Änderung der Auftragslage anzupassen, aus § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG und § 34 Abs. 1 BörsO. Die in diesen Regelungen zum Ausdruck kommende Notwendigkeit, Börsenpreise jeweils der wirklichen Marktlage des Börsenhandels anzupassen und einen Marktausgleich bei möglichst geringer Abweichung zum letzten notierten Preis unter Berücksichtigung der allgemeinen Tendenz herbeizuführen, könne nur erfüllt werden, wenn der Skontroführer eine neue Taxe ausrufe, sobald eine Orderlage eingetreten sei, die eine Preisfeststellung außerhalb der zuletzt bekannt gemachten Taxe erforderlich mache. Erfolge in dieser Situation kein neuer Taxenausruf, würden die Handelsteilnehmer über die Marktlage irregeführt. Daraus folge, dass bei einer Orderlage, die durch die zuletzt ausgerufene Taxe nicht mehr gedeckt sei, alsbald, d.h. so schnell wie möglich, eine neue Taxe auszurufen sei. Es bedürfe dabei im vorliegenden Fall keiner Klärung, welcher Zeitraum konkret zwischen der Änderung der Orderlage und dem neuen Taxenausruf liegen dürfe. Jedenfalls dürfe der Skontroführer nicht, wie hier die Klägerin, bewusst zuwarten, um die Taxe erst zu einem späteren als dem möglichen Zeitpunkt zu veröffentlichen. Das bewusste Zuwarten sei weder durch die zahlenmäßig wenigen Aufträge pro Börsentag noch durch den Umstand gerechtfertigt, dass diese Werte illiquid waren. Beide Umstände hätten nichts mit der Frage zu tun, ob die zuletzt ausgerufene Taxe der wahren Marktlage entsprochen habe oder nicht. Hierfür komme es allein auf die vorliegenden Kauf- und Verkaufsorders an. Hinsichtlich des Vorwurfs der Unterlassung der Orderausführungen bei Selbsteintritt in der Sache Sixt AG begegne der Bescheid des Sanktionsausschusses gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die maßgeblichen börsenrechtlichen Regelungen seien insoweit § 32 Abs. 2 und § 36 Abs. 2 BörsO. Danach erfolge die Preisfeststellung auf der Basis der Auftragslage und es sei derjenige Preis festzustellen, zu dem der größte Umsatz bei größtmöglichem Ausgleich der dem Skontroführer vorliegenden Aufträge stattfinde. Aus diesen Regelungen ergebe sich ohne weiteres, was die Preisfeststellungsregeln in Nr. 3.3.4 Satz 1 ausdrücklich festhielten, nämlich dass die Vermittlung der dem Skontroführer erteilten Aufträge grundsätzlich Vorrang vor dem Selbsteintritt habe. Zwar lasse die Börsenordnung Ausnahmen insoweit zu, als der Selbsteintritt im notwendigen Rahmen und im geringst möglichen Umfang zum Marktausgleich vorgenommen werden dürfe. Die Preisfeststellungsregeln präzisierten diesen Ausnahmefall u.a. für die Situation, dass wirtschaftlich wenig sinnvolle Teilausführungen vermieden werden können. Wirtschaftlich nicht sinnvoll sei insoweit eine Teilausführung, die mit Transferkosten verbunden sei, welche in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem Wert der Tranche ständen, die zur Ausführung gelange oder als unerledigt übrig bleibe. Auf der Grundlage der Stellungnahme der Beklagten sei anzunehmen, dass eine Teilausführung dann als wirtschaftlich nicht sinnvoll zu betrachten sei, wenn ihr Wert unter 3.000 Euro liege. In diesem Fall hätten die Teilausführungen diesen Wert deutlich überschritten. Deshalb habe es unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung wirtschaftlich nicht sinnvoller Teilausführungen keinen Grund gegeben, die vorliegende Kauf- und Verkaufsorder nicht zusammenzuführen. In sämtlichen Fällen könne der Vorwurf der Leichtfertigkeit die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen, da sie jeweils bewusst und absichtlich gehandelt habe.

Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat die Berufung gegen das vorgenannte Urteil des Verwaltungsgerichts mit Beschluss vom 18. Januar 2007 zugelassen.

Zur Begründung des zugelassenen Rechtsmittels trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine Verpflichtung der Klägerin angenommen, ihre Taxen im Rahmen der beanstandeten Preisfeststellungen bei Eingang weiterer Orders umgehend anzupassen. Die Vorinstanz verneine weiterhin zu Unrecht im Zusammenhang mit einer weiteren Preisfeststellung das Recht der Klägerin zum Selbsteintritt. Schließlich gehe das Verwaltungsgericht unzutreffend davon aus, dass sie - die Klägerin - im Rahmen der streitgegenständlichen Preisfeststellungen leichtfertig gehandelt habe. In dem angefochtenen Urteil werde der rechtsfehlerhaften Auffassung des Sanktionsausschusses gefolgt, dass sie - die Klägerin - durch verspäteten Ausruf der Taxen die Handelsteilnehmer über die Marktlage irregeführt habe. Dabei werde übersehen, dass sich aus dem Regelwerk keine Zeitvorgaben für die Taxenanpassung ergäben. Auch das Verwaltungsgericht habe keine Zeitvorgaben festgelegt oder die vermeintlich überschrittene Reaktionszeit überhaupt näher bezeichnet. Das Verwaltungsgericht unterliege hierbei einer Fehlvorstellung über die Transparenzanforderungen im Rahmen der Preisfeststellung. Die Beklagte vertrete selber die Auffassung, dass gerade bei Preisfeststellungen in illiquiden Werten die Möglichkeit zur Bündelung einzelner Orders in einigen wenigen täglichen Preisfeststellungen bestehe und dass das geschlossene Orderbuch gerade im Interesse eines störungsfreien Handels besondere Vorteile im Vergleich zum elektronischen Handel biete. Eine Bündelung von Orders sei ohne ein gewisses Abwarten, bis mehrere Orders vorlägen und sich dadurch eine aussagekräftige Marktlage herausgebildet habe, nicht vorstellbar. Erst dann könne der Skontroführer sinnvoll Taxen anpassen oder Preise feststellen. Dagegen müsse er nicht den Inhalt seines geschlossenen Orderbuchs zur ständigen Taxenanpassung und sozusagen in Echtzeit offen legen ohne Rücksicht darauf, ob sich eine aussagekräftige Marktlage herausgebildet habe. Der weitere Vorwurf, sie habe im Rahmen der Preisfeststellungen in der Aktie Sixt AG unberechtigt einen Selbsteintritt vorgenommen, treffe gleichfalls nicht zu. Der Selbsteintritt sei in jeder Hinsicht regelkonform. Der Beschluss des Sanktionsausschusses sei zumindest aber deshalb nicht haltbar, weil ihr jedenfalls kein Vorsatz oder Leichtfertigkeit vorgeworfen werden könne. Ein subjektiver Rechtsverstoß scheide schon mangels Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von der angeblichen Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens aus. Sie habe nicht in der Vorstellung gehandelt, mit ihrem Verhalten gegen Vorschriften des Börsenrechts zu verstoßen, sondern habe ihre Preisfeststellungen als regelgerecht angesehen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Februar 2006 den Beschluss des Sanktionsausschusses der Beklagten vom 18. Mai 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, die Klage gegen den beanstandeten Beschluss des Sanktionsausschusses vom 18. Mai 2005 sei zu Recht abgewiesen worden. Der Ausschuss habe zu Recht angenommen, dass eine Missachtung der von der Geschäftsführung als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften erlassenen Preisfeststellungsregeln einen Verstoß gegen börsenrechtliche Vorschriften gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BörsG beinhalte. Es entspreche allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Lehre, dass börsenrechtliche Vorschriften auch Verwaltungsvorschriften sein könnten. Die Ermächtigung, solche präzisierenden Regelungen zur Preisfeststellung zu erlassen, ergebe sich für die Geschäftsführung aus § 27 Abs. 3 BörsO. Die Rechtswirksamkeit dieser Ermächtigung unterliege keinen Zweifeln. Entsprechend den Grundsätzen, die für vergleichbare Rechtslagen im Umweltrecht aufgestellt worden seien, sei es als grundsätzlich zulässig zu betrachten, dass ausfüllungsbedürftige Normen durch norminterpretierende Vorschriften präzisiert werden könnten. Unabhängig hiervon liege, wie das Verwaltungsgericht überzeugend ausgeführt habe, ein Rechtsverstoß im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BörsG auch unmittelbar auf Grund der Rechtsnormen des Börsengesetzes und der Börsenordnung vor. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin dadurch börsenrechtlichen Vorschriften zuwidergehandelt habe, dass sie in den im Beschluss genannten fünf Fällen die von ihr ursprünglich bekannt gegebene Taxe nicht rechtzeitig angepasst habe. Auch ohne ausdrückliche Regelung in Form einer gesonderten Rechtsnorm ergebe sich die Verpflichtung zur Anpassung der wesentlichen Änderungen aus der in § 34 Abs. 1 und Abs. 4 BörsO vorgeschriebenen Frist zur Bekanntgabe der aus Angebot und Nachfrage ermittelten Spanne, innerhalb derer die Preisfeststellung erfolgen solle. Hierdurch solle sichergestellt werden, dass durch die Bekanntgabe der Marktausgleich, d.h. der Ausgleich von Angebot und Nachfrage, bei möglichst geringer Abweichung zum letzten notierten Preis und unter Berücksichtigung der allgemeinen Tendenz erzielt werde. § 34 Abs. 4 BörsO relativierte insoweit nicht die Pflicht zur Bekanntgabe der Spanne, sondern gebe das mit diesem Instrument verfolgte Ziel lediglich wieder. Zudem sei die Pflicht zur Bekanntgabe der Spanne dem in § 24 Abs. 2 Satz 2 BörsG normierten Transparenzgebot zu entnehmen. Danach müssten den Handelsteilnehmern die Angebote zugänglich und die Annahme der Angebote möglich sein. Die Pflicht zur Bekanntgabe der Taxe schließe selbstverständlich die Pflicht zu ihrer Richtigkeit und Aktualität ein. Anderenfalls werde das Transparenzgebot des § 24 Abs. 2 Satz 2 BörsG verfehlt. Dies beinhalte denknotwendig die Pflicht zur Anpassung einer bereits bekannt gegebenen Taxe, sofern diese durch eine wesentliche Änderung der Auftragslage im Auftragsbuch nicht mehr richtig sei. Eine wesentliche Änderung trete immer dann ein, wenn durch eine Veränderung der Orderbuchlage die Richtigkeit der zuletzt festgestellten Taxe in Frage gestellt werde. Einer weiteren Präzisierung des Begriffs der "wesentlichen Änderung" bedürfe es mit Rücksicht auf die Sanktionierung von Verstößen gegen die Preisfeststellungsregel in Nr. 3.1.3 nicht. Die Rechtslage sei hier nicht anders zu beurteilen als im Umweltrecht, wo wesentliche Änderungen von genehmigten Anlagen ohne entsprechende Änderungsgenehmigung unmittelbar zur Verhängung von Bußgeldern und Strafen führen könnten. Aus den bestehenden gesetzlichen und rechtlichen Vorgaben leite sich zudem auch ab, welche zeitlichen Anforderungen für die Anpassung der Spanne zwischen Angebot und Nachfrage gelten. Um den jeweiligen gesetzlichen Geboten und Anforderungen in § 24 Abs. 2 Satz 1 und 2 BörsG zu entsprechen, setze die Anpassungspflicht unmittelbar mit dem Zeitpunkt ein, zu dem die bisher bekannt gegebene Spanne wegen wesentlicher Änderung der Auftragslage falsch werde. Die Vorinstanz habe dies zutreffend mit der Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass der Skontroführer alsbald, d.h. so schnell wie möglich, verpflichtet sei, die neue Taxe auszurufen. Zu Unrecht berufe sich die Klägerin demgegenüber auf die Notwendigkeit, nach § 34 Abs. 4 BörsO einen Marktausgleich unter Berücksichtigung der allgemeinen Tendenz zu erzielen. Wie dargelegt, gebe diese Regelung lediglich das Ziel wieder, das mit der Pflicht zur Bekanntgabe der Spanne verfolgt werde, rechtfertige es aber nicht, durch bewusstes Zuwarten oder durch Nichtberücksichtigung von Aufträgen über illiquide Werte bei der Ermittlung der Spanne die gebotene Anpassung hinauszuzögern. Selbst wenn aber in Sonderfällen eine Befugnis angenommen würde, zur Gewährleistung eines geordneten Marktverlaufs von der Taxenanpassung abzusehen, wäre diese jedenfalls in Fällen wie den vorstehenden nicht berechtigt. In keinem Fall erlaube der Gedanke des Marktausgleichs, von der Taxenanpassung dann abzusehen, wenn der Meistausführungspreis, d.h. der nächste festzustellende Preis, aufgrund neu eingehender Aufträge außerhalb der zuletzt bekannt gegebenen Taxe liege. Dem stehe das Transparenzgebot zwingend entgegen. Wenn der Meistausführungspreis aufgrund neu eingehender Aufträge außerhalb der Taxe liege, werde diese bisher bekannt gegebene Taxe falsch. Der Meistausführungspreis liege nämlich dann tatsächlich nicht mehr innerhalb dieser Preisspanne, sondern außerhalb. Werde hier die Taxe nicht unverzüglich angepasst, würden die Marktteilnehmer über die Auftragslage im allgemeinen und die Spanne im besonderen, innerhalb derer der nächste Preis festgestellt werde, fehlinformiert. Die Klägerin könne sich in diesen Fällen nicht darauf berufen, eine vorübergehende Unrichtigkeit der Spanne könne durch nachträgliche Anpassung in hinreichender Form korrigiert werden. Ebenso liege es neben der Sache, wenn die Klägerin ausführe, in vier der fünf Fälle hätten die festgestellten Preise innerhalb der ursprünglichen Taxe gelegen. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht ferner festgestellt, dass die Klägerin durch Unterlassung der Orderausführung und ihren Selbsteintritt bezüglich der Aktien der Sixt AG gegen börsenrechtliche Vorschriften verstoßen habe. Bereits § 36 Abs. 2 BörsO schreibe vor, dass Eigen- und Aufgabegeschäfte des Skontroführers in den ihm zugewiesenen Wertpapieren nur im notwendigen Rahmen und dem geringstmöglichen Umfang zum Marktausgleich vorgenommen werden dürften. Dieser durch die Börsenordnung verbindlich vorgeschriebene Grundsatz werde durch Nr. 3.3.4 Satz 1 der Preisfeststellungsregeln lediglich erneut aufgegriffen. Rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden sei, wenn das Verwaltungsgericht das Tatbestandmerkmal der Notwendigkeit von Eigengeschäften in Übereinstimmung mit Nr. 3.3.4 Satz 2 der Preisfeststellungsregeln dahin ausgelegt habe, dass hierdurch wirtschaftlich nicht sinnvolle Teilausführungen vermieden werden sollten. Eine genaue Festlegung der Grenze, ab der eine wirtschaftlich nicht sinnvolle Teilausführung anzunehmen sei, habe das Verwaltungsgericht nicht vornehmen müssen. Für die Feststellung des Rechtsverstoßes durch die Klägerin sei es ausreichend, dass jedenfalls in einem Fall, in dem bei einer Teilausführung ohne Selbsteintritt bereits der ausführbare Teil zu einem Umsatz von rund 4.500 Euro geführt hätte, keine Rede von einer wirtschaftlich nicht sinnvollen Teilausführung sein könne. Ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Entscheidung über die Vornahme von Eigengeschäften stehe der Klägerin nicht zu. Die Rechtsfigur des Beurteilungsspielraums bezeichne eine Einschränkung der gerichtlichen Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen auf der Tatbestandsseite der Rechtsnorm. Ein solcher Bewertung- oder Vertretbarkeitsspielraum in Bezug auf die unbestimmten Rechtsbegriffe der Börsenordnung sei für die Klägerin nicht anzuerkennen. Schließlich habe das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin auch den subjektiven Tatbestand der Sanktionsnorm des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BörsG erfüllt habe. Sie habe nicht nur leichtfertig, sondern vorsätzlich gehandelt. Der Vorsatz ergebe sich aus der Kenntnis aller Umstände, die den Verstoß gegen die börsenrechtlichen Vorschriften begründeten. Diese Kenntnis werde von der Klägerin auch nicht bestritten. Sie stelle lediglich das Unrechtsbewusstsein in Abrede und meine, hierdurch werde bereits der Vorsatz ausgeschlossen. Dies sei indessen unzutreffend, denn der Vorsatzbegriff im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 BörsG sei nicht im Sinne der zivilrechtlichen Vorsatztheorie des § 276 Abs. 2 BGB zu verstehen, wonach der Vorsatz das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit voraussetze, sondern nach den Grundsätzen des Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrechts zu beurteilen, wonach entsprechend der sog. Schuldtheorie das fehlende Unrechtsbewusstsein den Vorsatz nicht beseitige, sondern allenfalls zu einem Verbotsirrtum führe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (Bände I bis V) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die von dem Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils erster Instanz und des Beschlusses des Sanktionsausschusses der Beklagten vom 18. Mai 2005 - Aktz. 4/2004 - Handel -. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen diesen Beschluss erhobenen Anfechtungsklage der Klägerin stattgeben müssen.

A.

Die von der Klägerin gegen den vorgenannten Beschluss des Sanktionsausschusses innerhalb eines Monats nach Zustellung erhobene Klage ist, da diese Entscheidung als Verwaltungsakt ergeht und im Verwaltungsrechtsweg ohne vorherige Durchführung eines Vorverfahrens angefochten werden kann (vgl. § 22 Abs. 3 BörsG, § 20 Abs. 3 BörsG in der bis zum 31. Oktober 2007 geltenden Fassung vom 21. Juni 2002, BGBl. I S. 2010, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 5. Januar 2007, BGBl. I S. 10 - im Folgenden: BörsG a.F. -) statthaft und zulässig.

B. Die Klage ist auch begründet, denn der Beschluss des Sanktionsausschusses vom 18. Mai 2005 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz findet die Auferlegung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 3.000 Euro durch diesen Beschluss wegen verschiedener der Klägerin zur Last gelegter Verstöße gegen Bestimmungen in den Regelungen über die Börsenpreisfeststellung im Präsenzhandel an der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) in der zum Zeitpunkt des Ergehens des Verwaltungsakts geltenden und folglich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BörsG a.F. (vgl. nunmehr § 22 Abs. 2 Satz 1 BörsG) keine Grundlage.

Nach der vorgenannten Bestimmung kann der Sanktionsausschuss (vgl. § 20 Abs. 1 BörsG a.F. in Verbindung mit der Verordnung über die Errichtung, die Zusammensetzung und das Verfahren der Sanktionsausschüsse an den Börsen - Sanktionsausschussverordnung - vom 19. August 2003, GVBl. I S. 234) einen Handelsteilnehmer u.a. dann mit einem Verweis, mit einem Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder mit dem Ausschluss von der Börse bis zu 30 Sitzungstagen belegen, wenn der betreffende Handelsteilnehmer vorsätzlich oder leichtfertig gegen börsenrechtliche Vorschriften oder Anordnungen verstößt, die die ordnungsgemäße Durchführung des Handels an der Börse oder der Börsengeschäftsabwicklung sicherstellen sollen. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind bezüglich keiner der Verhaltensweisen der Klägerin im Zusammenhang mit der Preisfeststellung verschiedener Wertpapiere am 19. Juli, 11. August, 30. August und 23. September 2004 erfüllt, aus denen die Geschäftsführung der Beklagten und ihr folgend der Sanktionsausschuss in seinem Beschluss vom 18. Mai 2005 sanktionsfähige Verstöße der Klägerin gegen geltende Preisfeststellungsregeln ableiten.

I.

Wie von dem Verwaltungsgericht in seinem Urteil zutreffend festgestellt, gehört die Klägerin als Skontroführerin nach der in § 3 Abs. 4 Satz 1 BörsG, § 2 Abs. 2 Satz 1 BörsG a.F. enthaltenen Begriffsbestimmung zu den Handelsteilnehmern im Sinne des Börsengesetzes und unterliegt als solcher der Sanktionsgewalt des Ausschusses nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BörsG bzw. - bezüglich der hier in Streit stehenden Sachverhalte - nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BörsG a.F.

II.

Anders als von der Beklagten und dem Verwaltungsgericht angenommen, sind der Klägerin aber keine Verstöße gegen börsenrechtliche Vorschriften im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BörsG a.F. anzulasten.

1.

Allerdings ist es dem Grunde nach nicht zu beanstanden, dass sich der Sanktionsausschuss in seinem Beschluss vom 18. Mai 2005 zum Beleg von Verstößen gegen börsenrechtliche Vorschriften durch die Klägerin auf die Bestimmungen in Nr. 3.1.1, Nr. 3.1.3, Nr. 3.3.1 und Nr. 4.1 der "Regeln für die Börsenpreisfeststellung im Präsenzhandel an der Frankfurter Wertpapierbörse" (in der hier maßgeblichen Fassung des Standes vom 1. Juli 2003) - im Folgenden: Preisfeststellungsregeln - gestützt hat.

a)

An diese Preisfeststellungsregeln im Rahmen der Sanktionierung von Pflichtverstößen durch Handelteilnehmer anzuknüpfen, verbietet sich, anders als die Vorinstanz meint, nicht etwa deshalb, weil diesen Regeln mangels Außenwirkung keine Rechtsnormqualität beizumessen ist. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, ein Verstoß gegen die sich selbst die Rechtsnatur von norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften beimessenden Preisfeststellungsregeln könne mangels Rechtsnormcharakter dieser Bestimmungen den Tatbestand des § 20 Abs. 2 BörsG a.F. deshalb nicht erfüllen, weil Rechte und Pflichten des Skontroführers als nicht weisungsabhängiger Teil der FWB außerhalb des Börsengesetzes und der Börsenordnung nur durch Rechtsnormen in einer Rechtsverordnung der Landesregierung nach § 28 BörsG a.F. begründet werden könnten, findet in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Oktober 2007 geltenden Fassung des Börsengesetzes keine Grundlage.

§ 28 BörsG a.F. ermächtigt die Landesregierung - mit der Möglichkeit der Delegation an die Börsenaufsichtsbehörde - dazu, durch Rechtsverordnung nach Anhörung der Geschäftsführung der Börse nähere Bestimmungen über das Zulassungsverfahren und die Rechte und Pflichten der Skontroführer zu erlassen. Hiermit wird es der Landesregierung zwar ermöglicht, das Zulassungsverfahren und den Rechten- und Pflichtenkreis des Skontroführers durch Rechtsnorm zu präzisieren. Die Vorschrift schließt es aber nicht aus, dass ergänzende Regelungen bezüglich der Rechte und Pflichten des Skontroführers auch durch Richtlinien oder Verwaltungsvorschriften ohne Rechtsnormqualität erlassen werden. Für den hier maßgeblichen Bereich der Preisfeststellungsregeln sieht § 27 Abs. 3 der vom Börsenrat der Beklagten erlassenen Börsenordnung in den hier maßgeblichen, bezüglich der für das vorliegende Verfahren wesentlichen Vorschriften übereinstimmenden Fassungen mit Stand vom 1. April 2004 und 2. August 2004 (im Folgenden: BörsO 2004) eine entsprechende Ermächtigung der Geschäftsführung zur ergänzenden Entscheidung über die Einzelheiten der Preisfeststellung ausdrücklich vor.

Auch eine Auslegung des § 20 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. vermag die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts nicht zu untermauern.

Der Wortlaut der Bestimmung spricht allgemein von börsenrechtlichen Vorschriften, ohne diese Vorschriften bezüglich ihres Rechtscharakters näher zu kennzeichnen oder einzugrenzen. Eine Einschränkung beinhaltet § 20 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. lediglich in Bezug auf die hiermit verfolgten Zwecke ("...die eine ordnungsmäßige Durchführung des Handels an der Börse oder der Börsengeschäftsabwicklung sicherstellen sollen"). Überdies wird durch den Zusatz "börsenrechtliche" klargestellt, dass Vorschriften außerhalb des Börsenrechts, wie etwa die des Wertpapierhandelsgesetzes, keine Grundlage für Sanktionen nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. sein können (Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, 3. Aufl., Rdnr. 15 zu § 20 BörsG). Mit Rücksicht hierauf werden in Rechtsprechung und Kommentarliteratur neben den gesetzlichen Bestimmungen des Börsengesetzes Regelungen in Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage des Börsengesetzes erlassen wurden, und den Satzungsregelungen der Börsenordnung auch alle börsenrechtlichen Regelwerke ohne Rechtsnormqualität, wie von Organen der Börse erlassene Richtlinien und Verwaltungsvorschriften, den börsenrechtlichen Vorschriften im Sinne von § 20 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. zugerechnet (vgl. Schwark, a.a.O.; VG Frankfurt am Main, Urteil vom 28. Oktober 2002 - 9 E 551/02 (2) - bezüglich der Handelsrichtlinien für den Freiverkehr).

Dieses weite Verständnis des § 20 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Nach der Gesetzesbegründung zur Vorgängerregelung in § 9 BörsG in der Fassung des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 26. Juli 1994 (BT-Drucks. 12/6679, S. 68), gehören gerade die hier in Frage stehenden Regeln hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Preisfeststellung zu den börsenrechtlichen Vorschriften. Hierbei war sich der Gesetzgeber - wie in der Begründung zum Entwurf eines Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 18. Januar 2002, BT-Drucks. 14/8017, S. 74, verdeutlicht wird - von Anfang an bewusst, dass diese Preisfeststellungsregeln in Form von Verwaltungsvorschriften erlassen werden ("Die konkrete Ausformung der Preisfeststellungsregeln kann - wie bisher auch - durch norminterpretierende Verwaltungsvorschriften erfolgen").

Auch Sinn und Zweck der Sanktionsregelung sprechen dafür, grundsätzlich Verstöße gegen sämtliche zur Sicherstellung einer ordnungsmäßigen Durchführung des Handels an der Börse oder der Börsengeschäftsabwicklung erlassenen Vorschriften ohne Rücksicht auf ihre Rechtsnormqualität zu erfassen. Dem Gesetzgeber war und ist daran gelegen, Transparenz, Fairness und Chancengleichheit zu gewährleisten und damit das Vertrauen der Anleger, der Emittenten und Börsennutzer in die Funktionsfähigkeit der Börse zu schützen. Dies gilt auch und insbesondere in Bezug auf eine ordnungsgemäße Bildung der Börsenpreise (vgl. BT-Drucks. 14/8017, S. 76). Ein solcher umfassender Schutz ist nur bei Einhaltung sämtlicher der Ordnung des Börsenhandels dienenden Regelungen und deren Überwachung durch die hierfür berufenen Börsenorgane sichergestellt.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Klägerin hindert schließlich auch die dem Skontroführer durch § 27 Abs. 2 Satz 4 BörsG a.F. (jetzt § 28 Abs. 1 Satz 3 BörsG) zugestandene Weisungsfreiheit bei der Preisfeststellung nichts daran, dass er bei der Feststellung von Börsenpreisen allgemeine Anforderungen zu erfüllen hat, die zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Preisbildung erlassen werden. Der Skontroführer nimmt dabei auf Grund seiner Aufgabe, den Börsenpreis für die an der Börse zugelassenen und gehandelten Wertpapiere zu ermitteln, eine besondere Funktion ein, die ständiger Überwachung bedarf (vgl. BT-Drucks. 14/8017, S. 78). Mit Rücksicht auf die enge Einbindung des Skontroführers in die Börsenorganisation und seine besonderen Aufgaben bei der Gewährleistung eines geordneten Marktverlaufs sprechen keine rechtlichen Gründe dagegen, ihn über die gesetzlichen, verordnungs- und satzungsrechtlichen Bestimmungen hinaus auch an verwaltungsinterne Richtlinien zur näheren Ausgestaltung des Verfahrens bei der Preisermittlung zu binden. Insoweit tritt der Skontroführer der Beklagten nicht als Außenstehender oder Dritter entgegen, sondern ist derart in die öffentlich-rechtlich verfasste Börsenstruktur eingebunden, das ihn Verwaltungsvorschriften binden und sein Handeln steuern können.

b)

Die von dem Sanktionsausschuss herangezogenen Bestimmungen in Nr. 3.1.1, Nr. 3.1.3, Nr. 3.3.1 und Nr. 4.1 der Preisfeststellungsregeln scheiden - entgegen der Auffassung der Klägerin - weiterhin auch nicht deshalb als Grundlage für eine Sanktionierung von Verstößen gegen börsenrechtliche Vorschriften nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. aus, weil diesen Bestimmungen mangels Rechtssetzungsbefugnis der Geschäftsführung zumindest im Zusammenhang mit der Verhängung von Sanktionen wegen Zuwiderhandlungen gegen hierdurch begründete Pflichten keine Wirksamkeit beigelegt werden könnte.

Allerdings ist es richtig, dass die für die Bildung der Börsenpreise wesentlichen Regeln durch den Börsenrat in der Börsenordnung im Zusammenhang mit den Bestimmungen über die Handelsarten nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BörsG (§ 13 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BörsG a.F.) festzulegen sind. Der von der Beklagten in ihrer Klageerwiderung vom 3. Januar 2006 eingenommenen gegenteiligen Ansicht, das Börsengesetz enthalte keine Festlegung zu Gunsten einer Zuständigkeit des Börsenrats zum Erlass von Bestimmungen zur Preisfeststellung in der Börsenordnung, kann der Senat nicht folgen. Zwar bezieht sich die von der Klägerin zur Begründung ihrer Rechtsansicht in Bezug genommene Regelung in § 24 Abs. 2 Satz 6,1. Halbsatz BörsG a.F. (jetzt § 24 Abs. 3 Satz 2 BörsG), wonach das Nähere die Börsenordnung regelt, in der Tat nur auf die vorangehenden Vorschriften in § 24 Abs. 2 Satz 3 bis 5 BörsG a.F. (jetzt § 24 Abs. 3 Satz 1 BörsG) über das Verfahren für die Bekanntgabe von Preisen und Umsätzen. Hieraus kann aber entgegen der aus der Klageerwiderung zum Ausdruck kommenden Ansicht der Beklagten nicht der Schluss gezogen werden, dass sich der der Börsenordnung vorbehaltene Regelungsbereich nur auf das Verfahren bezüglich der Bekanntgabe von Preisen und Umsätzen bezieht, die sonstigen wesentlichen Vorschriften über die Feststellung von Börsenpreisen deshalb (auch) von der Geschäftsführung in Form norminterpretierender Verwaltungsvorschriften erlassen werden können.

Der Gesetzgeber ging, wie sich aus der Gesetzesbegründung unzweideutig ergibt, davon aus, dass die wesentlichen Regelungen bezüglich der Anforderungen an die Preisermittlung mit Rücksicht auf die besondere Bedeutung, die der Transparenz der Preisfeststellung in den bestehenden Handelsarten für den Anleger und damit für die Akzeptanz des Finanzplatzes zukommt, in der Börsenordnung zu treffen sind (vgl. BT-Drucks. 14/8017, S. 76: "Die genaue Ausgestaltung der Anforderungen an die Preisermittlung bleibt - wie auch nach geltendem Recht - der Börsenordnung vorbehalten."). Aus dem Hinweis der Beklagten auf die bereits erwähnte, an früherer Stelle der vorgenannten Gesetzesbegründung (S. 74) enthaltene Feststellung, dass die konkrete Ausformung der Preisfeststellungsregeln - wie bisher - durch norminterpretierende Verwaltungsvorschriften erfolgen könne, folgt nichts anderes. Diese Feststellung ist im Kontext mit der voranstehenden Aussage zu sehen, dass die Börse für die jeweiligen Handelsarten die entsprechenden Preisfeststellungsregeln festzulegen habe. Damit wird klar zum Ausdruck gebracht, dass die in der Börsenordnung zu treffenden Regelungen zur Preisfeststellung durch Verwaltungsvorschriften lediglich konkretisiert und präzisiert werden dürfen. Dem entspricht die in § 27 Abs. 3 Satz 1 BörsO 2004 enthaltene Ermächtigung der Geschäftsführung zur ergänzenden Entscheidung über die Einzelheiten der Preisfeststellung. Andererseits ist damit klargestellt, dass sich für Skontroführer verbindliche Vorschriften für das Preisfeststellungsverfahren entgegen der Ansicht der Klägerin auch aus Regelwerken außerhalb der Börsenordnung ergeben können.

Ob den vorstehend dargestellten Anforderungen an eine Festlegung der für das Preisfeststellungsverfahren im Präsenzhandel der FWB geltenden wesentlichen Regeln in der Börsenordnung in jeder Hinsicht Rechnung getragen worden ist, mag - was den hier in Frage stehenden Beurteilungszeitraum anbelangt - dahinstehen.

Die vom Börsenrat der Beklagten erlassene Börsenordnung enthielt bezüglich des Verfahrens bei der Feststellung der Börsenpreise und der den Skontroführern im Preisfeststellungsverfahren obliegenden Pflichten nur einen groben rechtlichen Rahmen. Die Beklagte ging selbst davon aus, dass die Vorschriften der damaligen Börsenordnung nur einen "globalen und teilweise unvollständigen" Umriss des Verfahrens zur Börsenpreisfeststellung beinhalteten und dass allein auf der Basis des Börsengesetzes und der Börsenordnung häufig nicht eindeutig bestimmt werden konnte, welcher Börsenpreis in einer konkreten Situation festzustellen war (vgl. Präambel zu den Preisfeststellungsregeln). Ob die von der Geschäftsführung der Beklagten zur Schließung dieser Regelungslücke erlassenen Preisfeststellungsregeln noch in jeder Hinsicht als normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften zu betrachten sind (das Bundesverwaltungsgericht hat dies in seinem Beschluss vom 17. Dezember 2001 - BVerwG 6 B 61.01 -, NVwZ-RR 2002, 323, offen gelassen) oder ob die Geschäftsführung hierbei durch "normersetzende" Regelungen zumindest partiell in die dem Börsenrat zukommende Regelungskompetenz mit der möglichen Folge einer Unwirksamkeit dieser Vorschriften eingegriffen hat, kann für das vorliegende Verfahren dahingestellt bleiben.

Die streitgegenständlichen Bestimmungen in Nr. 3.1.1, Nr. 3.1.3, Nr. 3.3.1 und Nr. 4.1 der Preisfeststellungsregeln, gegen die die Klägerin nach den Feststellungen des Sanktionsausschusses in seinem Beschluss vom 18. Mai 2005 - zum Teil - mehrfach verstoßen haben soll, begegnen unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze über die Verteilung der Regelungskompetenz zwischen Börsenrat und Geschäftsführung bezüglich des Verfahrens bei der börslichen Preisfeststellung jedenfalls keinen Bedenken. Es handelt sich bei diesen Vorschriften sämtlich um Bestimmungen, die Einzelheiten der Preisfeststellung im Sinne von § 27 Abs. 3 Satz 1 BörsO 2004 enthalten und die folglich die in der Börsenordnung bestimmten Preisfeststellungsgrundsätze lediglich näher ausformen oder präzisieren.

Nr. 3.1.3 der Preisfeststellungsregeln greift mit dem hierin enthaltenen Gebot, die Taxe entsprechend Nr. 3.1.1, d.h. auf der Basis der Auftragslage, anzupassen, sofern sich die Auftragslage im Auftragsbuch oder am Referenzmarkt wesentlich ändert, präzisierend auf die Verpflichtung des Skontroführers in § 32 Abs. 3 BörsO 2004 zurück, vor der Feststellung eines Börsenpreises die auf Basis der Auftragslage ermittelte unverbindliche Taxe oder ein verbindliches Geschäftsangebot (Kauf-, Verkaufsangebot, Spanne) bekannt zu geben, innerhalb derer die Preisfeststellung erfolgen soll. Nr. 3.3.4, wonach die Vermittlung der dem Skontroführer erteilten Aufträge grundsätzlich Vorrang vor einem Selbsteintritt hat, ist eine präzisierende Ausformung des in § 32 Abs. 2 Satz 2 BörsO 2004 niedergelegten Meistausführungsprinzips (es ist derjenige Preis festzustellen, zu dem der größte Umsatz bei größtmöglichem Ausgleich der dem Skontroführer vorliegenden Aufträge stattfindet) sowie der dem Skontroführer kraft Gesetzes (§ 28 Abs. 1 Satz 1 BörsG, § 27 Abs. 1 Satz 3 BörsG a.F.) auferlegten Neutralitätspflicht (vgl. Beck in : Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, 3. Aufl., Rdnr. 14 zu § 27 BörsG).

2.

Der Senat vermag allerdings nicht festzustellen, dass die Klägerin gegen die vorgenannten Bestimmungen in einer die Auferlegung von Sanktionen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BörsG a.F. rechtfertigenden Weise verstoßen hat.

a)

Die Beklagte und ihr folgend der Sanktionsausschuss werfen der Klägerin zunächst vor, in fünf Fällen trotz einer aus dem Orderbuch erkennbaren wesentlichen Veränderung der Auftragslage eine den jeweiligen Limitänderungen entsprechende Anpassung der Taxe nicht zeitnah, sondern mit einer Zeitspanne von 12 bis 36 Minuten nach Änderung der Orderlage, also mit unangemessener Verzögerung, vorgenommen zu haben. Aus dem Zuwarten der Klägerin bei der Taxenänderung in diesen Fällen kann ein sanktionsfähiger Verstoß gegen die börsenrechtliche Vorschrift des Nr. 3.1.3 der Preisfeststellungsregeln aber nicht hergeleitet werden.

Diese Vorschrift verlangt eine Änderung der Taxe nicht bei jeglicher Änderung der Orderbuchlage, sondern nur dann, wenn diese Änderung wesentlich ist. Darüber hinaus ist in der Vorschrift nicht bestimmt, in welcher Zeit der Skontroführer nach einer von ihm konstatierten wesentlichen Änderung der Auftragslage im Orderbuch oder am Referenzmarkt zur Anpassung der Taxe verpflichtet ist. Eine nähere Aussage darüber, unter welchen Voraussetzungen eine Änderung der Auftragslage als wesentlich zu betrachten ist und in welchem Zeitpunkt oder in welcher Zeitspanne eine Anpassung der Taxe vorzunehmen ist, enthält die Vorschrift nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der des Verwaltungsgerichts tragen das Börsengesetz und die Börsenordnung nichts zur Konkretisierung der in Nr. 3.1.3 geregelten Anpassungspflicht des Skontroführers bei.

Die von der Beklagten und dem Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang herangezogene Bestimmung in § 34 Abs. 1 BörsO 2004 enthält lediglich die Verpflichtung des Skontroführers bei der Preisfeststellung im fortlaufenden Handel, vor der Feststellung des Börsenpreises die aus Angebot und Nachfrage ermittelte Spanne bekannt zu geben, innerhalb derer die Preisfeststellung erfolgen soll. Unter welchen näheren Voraussetzungen eine spätere Veränderung oder Anpassung einer bereits ausgerufenen Taxe zu erfolgen hat, ist dieser Regelung nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für die Vorschrift in § 34 Abs. 4 BörsO 2004, wonach durch das Ausrufen einer Spanne der Marktausgleich bei möglichst geringer Abweichung zum letzten notierten Preis unter Berücksichtigung der allgemeinen Tendenz erzielt werden soll (jetzt: § 70 Abs. 1 BörsO). Wie die Beklagte zu Recht ausführt, wird hierdurch lediglich das mit der Bekanntgabe der Preisspanne allgemein verfolgte Ziel bezeichnet, ohne dass Vorgaben für die dem Skontroführer im Rahmen der Bekanntgabe der Preisspanne im Einzelnen auferlegten Pflichten gemacht werden. Gleichermaßen allgemein gehalten ist die das generelle Verfahren bei der Preisfeststellung regelnde Vorschrift in § 32 Abs. 2 BörsO 2004 (jetzt: § 68 Abs. 2 BörsO), wonach der Skontroführer vor Feststellung des Börsenpreises die auf Basis der Auftragslage (jetzt: Marktlage) ermittelte unverbindliche Taxe oder ein unverbindliches Geschäftsangebot (Kauf-, Verkaufsangebot, Spanne) bekannt zu geben hat, innerhalb derer die Preisfeststellung erfolgen soll. Was unter Auftragslage bzw. nunmehr Marktlage konkret zu verstehen ist, wird in der Börsenordnung nicht geregelt.

Auch aus § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG (§ 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG a.F.), wonach Börsenpreise ordnungsmäßig zustande kommen und der wirklichen Marktlage des Börsenhandels entsprechen müssen, und § 24 Abs. 3 Satz 1 BörsG (§ 24 Abs. 2 Satz 2 und 3 BörsG a.F.), der vorschreibt, dass Börsenpreise und die ihnen zugrunde liegenden Umsätze den Handelsteilnehmern unverzüglich bekannt gemacht werden müssen, lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, wann von einer "wesentlichen Änderung" der Auftragslage auszugehen ist. Das aus den vorgenannten Regelungen erkennbar werdende Transparenzgebot schließt, wie von der Beklagten in ihrer Berufungserwiderung zutreffend ausgeführt, zwar die Pflicht zur Bekanntgabe richtiger und aktueller Taxen und damit auch die (grundsätzliche) Pflicht zur Anpassung von Taxen bei wesentlichen Änderungen der Orderlage ein. Für die hier maßgebliche Frage, unter welchen näheren Voraussetzungen von einer solchen wesentlichen Änderung auszugehen ist, ist mit dem Hinweis auf § 24 Abs. 3 Satz 1 BörsG bzw. § 24 Abs. 2 Satz 2 und 3 BörsG a.F. allein aber nichts gewonnen.

Weder aus Nr. 3.1.3 der Preisfeststellungsregeln noch aus den Vorschriften des Börsengesetzes und der Börsenordnung ergeben sich zudem Anhaltspunkte, geschweige denn eine genaue Bestimmung, in welcher Zeit der Skontroführer nach Feststellung einer wesentlichen Änderung der Auftragslage die Anpassung der Taxe vorzunehmen hat.

Mangels eindeutiger Bestimmung seiner Handlungspflichten in den bisherigen einschlägigen börsenrechtlichen Regelungen hat deshalb letztlich der Skontroführer selbst darüber zu befinden, ob im jeweiligen Einzelfall eine Änderung der Auftragslage im Orderbuch als im Sinne von Nr. 3.1.3 der Preisfeststellungsregeln wesentlich zu betrachten ist und folglich zu einer Anpassung der Taxe zwingt, sowie darüber, in welcher Zeit eine derartige Anpassung vorzunehmen ist. Damit wird allerdings, wie die Beklagte zutreffend darlegt, kein von der Börsenverwaltung, der Aufsichtsbehörde oder den Verwaltungsgerichten nicht oder nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eröffnet. Vielmehr ist die von dem Skontroführer vorgenommene Auslegung der betreffenden börsenrechtlichen Vorschrift und sein auf dieser Grundlage basierendes Verhalten einer vollen Überprüfung durch die Verwaltung der Börse, den Sanktionsausschuss und die Verwaltungsgerichte zugänglich. Zudem könnten ggfs. genauere Vorgaben oder Auflagen ausgesprochen werden. Dies ändert aber nichts daran, dass bei der sanktionsrechtlichen Überprüfung der Tätigkeit des Skontroführers anhand von Vorschriften, die - wie hier - unbestimmte, durch keine weiteren börsenrechtlichen Vorschriften oder Anordnungen präzisierte Rechtsbegriffe enthalten, die "Offenheit" der Regelung für unterschiedliche Auslegungen zu berücksichtigen ist.

Die Sanktionierung von Zuwiderhandlungen gegen börsenrechtliche Vorschriften stellt mit Rücksicht auf den damit verbundenen Eingriff in die Grundrechte des betroffenen Handelsteilnehmers besondere Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Vorschriften, deren Missachtung dem Handelsteilnehmer zum Vorwurf gemacht wird. Die Verhängung einer börsenrechtlichen Sanktion gegen einen Skontroführer greift in erheblicher Weise in dessen durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit ein. Diese Sanktionen stellen gleichsam disziplinarische Maßnahmen dar, mit denen das Verhalten des Skontroführers missbilligt wird und die einen persönlichen Schuldvorwurf beinhalten (BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2001 - BVerwG 6 B 61.01 -, NVwZ-RR 2002, 323 [324]). Mit Rücksicht hierauf ist die Ausstrahlungswirkung der betroffenen Grundrechte bei der Auslegung und Anwendung der börsenrechtlichen Sanktionsregelung in § 22 Abs. 2 Satz 1 BörsG bzw. § 20 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. in der Weise interpretationsleitend zu berücksichtigen (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 19. April 2005 - 1 BvR 1644/00 -, NJW 2005, 1561 [1565]), dass grundsätzlich nur Zuwiderhandlung gegen solche Verhaltenspflichten des Skontroführers sanktioniert werden dürfen, die sich aus der börsenrechtlichen Vorschrift selbst bzw. im Zusammenhang mit dieser aus ergänzenden oder konkretisierenden weiteren Vorschriften oder Verwaltungsanordnungen unzweideutig ergeben. Legen börsenrechtliche Vorschriften und/oder Anordnungen eine Pflicht oder Verhaltensweise des Skontroführers in diesem Sinne nicht klar und eindeutig fest, sondern erweisen sie sich bezüglich des vom Skontroführer Verlangten als interpretations- und ausfüllungsbedürftig, kann der Sanktionsausschuss grundsätzlich nicht schon deshalb eine Sanktion verhängen, weil er selbst, ein anderes Börsenorgan oder die Börsenaufsichtsbehörde die Vorschrift in einer Weise auslegt, die einen Verstoß des Skontroführers nahelegt. In einer solchen Situation ist es vor dem Ergreifen von Sanktionsmitteln grundsätzlich notwendig, dass die Börse die von ihr als zutreffend angesehene Auslegung und richtige Umsetzung der börsenrechtlichen Bestimmungen durch die Präzisierung der einschlägigen Regelungen oder durch den Erlass von Anordnungen verbindlich festschreibt und dadurch Unklarheiten bei dem Verständnis börsenrechtlicher Vorschriften beseitigt und eine unterschiedliche Handhabung durch die Handelsteilnehmer ausschließt.

Die Notwendigkeit, den unbestimmten Begriff der "wesentlichen Änderung" der Auftragslage im Auftragsbuch oder am Referenzmarkt mit Rücksicht auf die Möglichkeit der Sanktionierung einer Nr. 3.1.3 der Preisfeststellungsregeln nicht entsprechenden Modifikation der Taxe zu präzisieren, kann nicht unter Hinweis auf die nach Ansicht der Beklagten vergleichbare Rechtslage im Umweltrecht in Abrede gestellt werden. Ein solcher Vergleich verbietet sich deshalb, weil zwischen der Sanktionierung einer ohne Einholung der erforderlichen Änderungsgenehmigung erfolgten wesentlichen Änderung einer genehmigten Anlage (vgl. etwa die Ordnungswidrigkeitstatbestände in § 62 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG und § 38 Abs. 1 Nr. 5 GenTG) und der hier in Frage stehenden Sanktion wegen Missachtung des Anpassungsgebots in Nr. 3.1.3 der Preisfeststellungsregeln ungeachtet des auch hier verwendeten Begriffs der "wesentlichen Änderung" grundlegende Unterschiede bestehen.

Durch die beispielsweise nach § 4 BImSchG oder § 8 GenTG erteilte Anlagengenehmigung wird der Regelungsgegenstand, auf den sich eine nachfolgende "wesentliche Änderung" bezieht, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht fixiert. Der Betreiber der Anlage, der eine Änderung der genehmigten Anlage beabsichtigt, kann folglich im Regelfall schon deshalb genau erkennen oder zumindest hinreichend deutlich abschätzen, ob er mit der Änderungsmaßnahme den Boden der erteilten Genehmigung verlässt und wegen der "Wesentlichkeit" der Veränderung einer Änderungsgenehmigung (§ 16 BImSchG, § 8 Abs. 4 GenTG) bedarf. Darüber enthalten die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen konkretisierende Hinweise, wann eine "wesentliche Änderung" eintritt (Lage, Beschaffenheit, Betrieb der Anlage). Bei der in Nr. 3.1.3 der Preisfeststellungsregeln genannten "Auftragslage im Auftragsbuch oder am Referenzmarkt" handelt es dagegen um eine variable, von der Höhe, der Limitierung und dem Volumen der jeweiligen Aufträge und sonstigen Faktoren abhängige, grundsätzlich ständigen und in kurzer Folge eintretenden Veränderungen unterworfene Größe. Ob eine "wesentliche Änderung" vorliegt, kann hier deshalb grundsätzlich nur auf der Basis der jeweils gegebenen besonderen Orderlage für den Einzelfall entschieden werden. Dies schließt es nicht aus, dass von dem Skontroführer bei der Anpassung der Taxen bei Änderungen der Auftragslage allgemeine, generell oder zumindest im Regelfall zu beachtende Grundsätze oder Handlungspflichten zu beachten sind. Diese Grundsätze bedürfen aber, soweit es sich nicht um von dem Skontroführer ohne weiteres zu berücksichtigende Selbstverständlichkeiten handelt, einer rechtlichen Konkretisierung im oben genannten Sinne.

Erfolgt eine derartige Präzisierung nicht und verbleibt es - wie hier - dabei, dass börsenrechtliche Vorschriften einen Interpretationsspielraum und/oder dem Handelsteilnehmer unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten eröffnen, kann eine nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BörsG, § 20 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. sanktionsfähige Zuwiderhandlung allenfalls dann gegeben sein, wenn sich der Handelsteilnehmer eindeutig außerhalb des durch die börsenrechtliche Vorschrift eröffneten Interpretations- oder Handlungsspielraums bewegt, etwa weil er die in der Bestimmung enthaltenen Tatbestandsmerkmale offensichtlich falsch auslegt und/oder in einer mit dem Zweck der Vorschrift offenkundig nicht vereinbaren Weise oder aus eindeutig sachfremden Gründen tätig wird. Diese Sichtweise entspricht auch der des Sanktionsausschusses in dem angefochtenen Beschluss vom 18. Mai 2005. In diesem wird in den Entscheidungsgründen auf Seite 8, 3. Absatz u.a. Folgendes ausgeführt:

"Unabhängig davon, ob eine Taxenänderung wünschenswert ist, kann ein Unterlassen nur dann sanktionierbar sein, wenn eine nach den Regelwerken eine Rechtspflicht zur obligatorische Anpassung besteht. Nummer 3.1.3 Preisfeststellungsregeln stellt für eine obligatorische Taxenänderung auf einen "wesentliche Veränderung der Orderlage" ab, ohne dies weiter zu konkretisieren. Ebenso wurden keine Orientierungshilfen oder sonstige absolut rechtssicheren Maßstäbe dafür gegeben, wann eine Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs materiell-rechtlich völlig falsch ist."

Wenn der Sanktionsausschuss gleichwohl annimmt, die Klägerin habe durch verspätete Taxenänderung gegen das Anpassungsgebot in Nr. 3.1.3 der Preisfeststellungsregeln verstoßen, hält dies einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand. Eine offensichtliche Missdeutung der Vorschrift in Nr. 3.1.3 oder eine von der Regelung offenkundig nicht gedeckte Handlungsweise ist der Klägerin entgegen der Ansicht des Sanktionsausschusses nicht vorzuwerfen.

Einen Verstoß gegen die Pflicht zur Taxenanpassung nach Nr. 3.1.3 sieht der Sanktionsausschuss in seinem Beschluss vom 18. Mai 2005 zunächst darin begründet, dass die Klägerin in drei Fällen, nämlich im Rahmen der Preisfeststellung bei den Aktien der DXXXXXXXXXXXXXXX am 19. Juli 2004, bei den Aktien der EXXXXX am 11. August 2004 (Fall A) und denen der FXXXXXXX am 30. August 2004 eine Veränderung der Taxe unangemessen hinausgezögert habe, obwohl durch den Zugang oder die Veränderung von Kauf- und Verkaufsangeboten eine Preisfeststellung unter Berücksichtigung des Meistausführungsprinzips nicht mehr innerhalb der zuvor ausgerufenen Taxe möglich und deshalb eine Anpassung der Taxe entsprechend der Orderbuchlage zwingend erforderlich gewesen sei.

In einem 4. Fall, nämlich bei der Preisfeststellung bezüglich der EXXXX am 11. August 2004 (Fall B) hat die Klägerin nach Ansicht des Sanktionsausschusses dadurch ihrer Verpflichtung nach Nr. 3.1.3 zuwidergehandelt, dass sie von einer zeitnahen Anpassung der zuletzt um 13:15:27 Uhr auf der Basis des besten Kaufangebots (1.000 Stück bei Euro 3,51) und des besten Verkaufsangebots (2.553 Stück bei Euro 3,87) ausgerufenen Taxe von Euro 3,51 zu 3,87 abgesehen habe, obwohl sich die Orderlage durch Einstellung einer um 13:32:52 eingestellten Verkaufsorder über 1.800 Stück mit Limit Euro 3,51 gravierend geändert gehabt habe. Durch diese Verkaufsorder habe sich - so der Sanktionsausschuss in seinem Beschluss - die zuvor ohne die Chance der Zusammenführung von Kauf- und Verkaufsordern bestehende unausgeglichene Marktlage verdichtet und die Möglichkeit einer Teilausführung des Kaufangebots zu 1.000 Stück bei Euro 3,51 eröffnet. Bei einem Absehen von der Ausführung im Interesse der weiteren Marktbeobachtung sei jedenfalls eine umgehende Veränderung der Taxe auf der Basis von Euro 3,50 zu 3,51 notwendig gewesen, weil das beste alte Kaufangebot und das neue reduzierte Verkaufsangebot mit jeweils Euro 3,51 übereingestimmt hätten. Die fällige neue Taxierung von Euro 3,40 zu 3,51 sei aber erst um 14:08:13 erfolgt.

In einem 5. Fall habe die Klägerin - so der Sanktionsausschuss in seinem Beschluss - im Rahmen der Preisfeststellung bezüglich der Aktien der GXXXXXXXXXXXXXX am 30. August 2004 eine Anpassung der zuvor um 9:05:30 Uhr vorgenommenen Taxierung mit Euro 16,55 zu 16,79 verspätet erst um 11:13:09 Uhr auf Euro 16,65 zu 16,70 geändert, obwohl sich durch die Anhebung des Limits einer Kauforder mit einem Volumen von 1.200 Stück von Euro 16,55 auf 16,65 um 10:55:42 die Möglichkeit einer Teilzusammenführung mit einer um 9:41:10 eingestellten, mit Limit Euro 16,60 versehenen Verkaufsorder über 600 Stück ergeben und sich die Auftragslage von daher wesentlich geändert habe.

Ein Verstoß gegen die börsenrechtliche Vorschrift in Nr. 3.1.3 liegt in keinem der oben genannten Fälle vor.

Was die vorerwähnten drei Fälle der nach Meinung des Sanktionsausschusses verspätet vorgenommnen Taxenanpassung bei den Wertpapieren der Gattungen DXXXXXXXXXXX, der EXXXXX (Fall A) und der FXXXXX anbelangt, fehlt es zunächst an Anhaltspunkten, dass bei den von dem Sanktionsausschuss in diesen Fällen jeweils angenommenen Zeitpunkten für das Einsetzen der Pflicht der Klägerin zur Anpassung der Taxe tatsächlich und in jeder Hinsicht zweifelsfrei eine "wesentliche Änderung der Auftragslage" im Sinne von Nr. 3.1.3 der Preisfeststellungsregeln eingetreten war oder ob sich eine solche - wie die Klägerin geltend macht - nicht erst später auf Grund weiterer Marktentwicklungen ergeben hatte.

Der Sanktionsausschuss folgert ein regelwidriges Verhalten der Klägerin in den oben genannten Fällen aus dem Grundsatz, dass eine wesentliche Änderung der Auftragslage im Sinne der vorgenannten Bestimmung - immer - dann vorliege, wenn durch neue Aufträge der für eine Preisfeststellung maßgebliche rechnerische Meistausführungspreis aus der Preisspanne der letzten Taxe verschoben werde, weil in diesem Moment die in der Taxe enthaltene Information, innerhalb welcher Spanne der nächste Preis festgestellt werden könnte, nicht mehr korrekt sei. Dieser Grundsatz beruht auf einer - von der Klägerin angezweifelten - Interpretation des Tatbestandsmerkmals "wesentliche Änderung" durch die Geschäftsführung der Beklagten (vgl. Klageerwiderung vom 3. Januar 2006, Seite 3). Das Ergebnis einer - nicht durch börsenrechtliche Bestimmungen oder Anordnungen verbindlich festgeschriebenen - Auslegung der börsenrechtlichen Vorschrift durch ein Organ der Börse genügt nach den obigen Feststellungen aber allein nicht, um einen sanktionsfähigen Verstoß eines Handelsteilnehmers gegen diese Vorschrift begründen zu können. Ein solcher könnte vielmehr allenfalls dann anzunehmen sein, wenn eine andere Auslegung der Bestimmung schlechterdings ausscheidet, die gegenteilige Deutung der Vorschrift durch den Handelsteilnehmer sich folglich als offensichtlich verfehlt darstellt. Hiervon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein.

Die Klägerin bestreitet, in den im Beschluss des Sanktionsausschusses aufgeführten Fällen zu einer früheren Anpassung der Taxen verpflichtet gewesen zu sein. Es sei - so die Klägerin - nicht vorgeschrieben, dass der Skontroführer auf den Eingang neuer Order unmittelbar mit einer Änderung der Taxe reagieren müsste. § 27 Abs. 2 Satz 1 BörsO spreche nur davon, dass der Börsenpreis der wirklichen Geschäftslage des Handels an der Börse entsprechen solle. Es sei dem Skontroführer überlassen, darüber zu befinden, wo dieser Marktschwerpunkt jeweils liege. Eine Anpassung sei nur dann erforderlich, wenn der Skontroführer bei seiner Einschätzung der Marktlage zu der Erkenntnis gelange, dass eine oder mehrere hinzutretende Order außerhalb des Marktschwerpunktes lägen, wobei es vernünftig und richtig sein könne, bis zum Eingang weiterer Order im Auftragsbuch zu warten und hierdurch einen repräsentativen Querschnitt der Marktverhältnisse zu erhalten.

Ob dieses Verständnis der "wesentlichen Änderung" der Auftragslage im Sinne von Nr. 3.1.3 der Preisfeststellungsregeln mit Sinn und Zweck der Taxenfeststellung in Einklang steht, mag dahinstehen. Es bestehen Zweifel, ob der von der Klägerin schon für die Taxierung in Anspruch genommene umfassende Freiraum bei der Bekanntgabe tatsächlich anzuerkennen ist. Die Taxe dient im Vorfeld der Bildung des Börsenpreises dazu, den Anlegern bei fehlenden oder nicht oder nur zum Teil ausführbaren Kauf- und/oder Verkaufsordern mitzuteilen, innerhalb welcher Preisspanne der Preis festgestellt werden könnte, und soll es ihnen ermöglichen, die Entscheidung über die Abgabe eines Auftrags auf der Basis dieser Preisspanne zu treffen. Ein Bedürfnis, schon in dieser Phase durch Verzögerung der Taxenkorrektur regulierend auf das Marktgeschehen einzuwirken, dürfte nicht bestehen. Mangels hinreichender Kenntnis der Auftragslage gerade bei wenig liquiden Werten und geringem Handelsvolumen dürfte es für den Skontroführer nicht möglich sein, ausreichend zu beurteilen, ob die vorliegenden Aufträge bereits einen Marktschwerpunkt erkennen lassen oder sich außerhalb dieses Schwerpunkts bewegen. Erst bei der Feststellung des Börsenpreises nach Eingang ausführbarer Aufträge erscheint es deshalb sachgerecht, dass der Skontroführer seinen Einfluss ausübt, um der Forderung gerecht zu werden, dass der festgelegte Börsenpreis der wirklichen Marktlage entsprechen und frei von Verzerrungen sein soll (vgl. BT-Drucks. 14/8017, S. 78).

Diese Zweifel ändern indessen nichts daran, dass die Sichtweise der Klägerin nicht als offensichtlich verfehlt betrachtet werden kann. Das möglicherweise unrichtige Verständnis der Klägerin bezüglich ihrer Pflicht zur Korrektur einer nach Änderung der Orderlage nicht mehr aktuellen Taxe ist in der Unklarheit der einschlägigen börsenrechtlichen Vorschriften angelegt, die sowohl für die Feststellung des Börsenpreises, bei der eine Befugnis und Pflicht des Skontroführers einer weiteren Marktbeobachtung unzweifelhaft besteht, als auch für die Feststellung der Taxe jeweils ohne nähere Konkretisierung auf die "Auftragslage" (jetzt: Marktlage) Bezug nehmen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BörsO, § 32 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BörsO 2004), so dass es zumindest nicht gänzlich fernliegt, dass ein Skontroführer die ihm bei der Bildung des Börsenpreises zustehenden Befugnisse auf die Bildung und Anpassung der Taxen überträgt.

Selbst wenn man aber annehmen wollte, dass die Klägerin mit ihrer Auslegung den Begriff der "wesentlichen Änderung der Auftragslage" in Nr. 3.1.3 der Preisfeststellungsregeln in einer für die Verhängung von Sanktionen relevanten Weise grob missdeutet hat, könnte ihr jedenfalls nicht vorgehalten werden, im Anschluss an die nach Auffassung des Sanktionsausschusses unter den oben dargelegten Umständen jeweils eingetretene wesentliche Änderung erst mit unangemessener zeitlicher Verzögerung durch Anpassung der Taxe reagiert zu haben.

Der Zeitpunkt oder die Zeitspanne, in denen der Skontroführer zur Anpassung der Taxe nach wesentlicher Änderung der Auftragslage verpflichtet ist, ist, wie bereits erwähnt, börsenrechtlich nicht bestimmt.

Das Verwaltungsgericht und ihm zustimmend die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung folgern aus der Notwendigkeit, die Taxe im Interesse größtmöglicher Transparenz für die Anleger nach einer wesentlichen Änderung der Orderlage anzupassen, dass die Verpflichtung zur Korrektur dieser Taxe unmittelbar nach der Feststellung der wesentlichen Änderung im Orderbuch einsetze und die neue Taxe folglich alsbald, d.h. so schnell wie möglich auszurufen sei. Damit wird von dem Skontroführer letztlich eine sofortige Anpassung nach wesentlicher Änderung der Auftragslage ohne die Möglichkeit verlangt, mit der Anpassung zuzuwarten. Eine solche strikte Verpflichtung folgt weder aus Nr. 3.1.3 der Preisfeststellungsregeln noch aus den oben genannten Bestimmungen des Börsengesetzes und der Börsenordnung oder aus einer die sofortige Anpassung der Taxe nach Feststellung der wesentlichen Änderung der Auftragslage im Orderbuch vorschreibenden Anordnung der Geschäftsleitung. Eine Pflicht zur unverzüglichen Anpassung nach jeder (neuen) Änderung der Orderbuchlage dürfte auch mit der weiteren Pflicht des Skontroführers kollidieren, den Handelsteilnehmern nach Bekanntgabe der Taxe eine angemessene Zeit einzuräumen, hierauf durch Kauf- oder Verkaufsorders zu reagieren. Auf diese Verpflichtung hat die Handelsüberwachungsstelle in ihrem Schreiben an die Geschäftsführung der Beklagten vom 9. Mai 2005 (S. 285 ff. der Gerichtsakte) im Zusammenhang mit weiteren Vorwürfen gegen die Klägerin ausdrücklich hingewiesen und angeführt, diese Reaktionszeit sei von dem Handelsvolumen und der "besonderen Orderbuchsituation" abhängig (Seiten 6 und 9 des Schreibens).

Auch den Ausführungen des Sanktionsausschusses lässt sich nicht entnehmen, woraus die Verpflichtung des Skontroführers zu einer umgehenden Taxenkorrektur nach wesentlicher Änderung der Auftragslage hergeleitet wird, noch lassen sich aus der Begründung des Beschlusses überhaupt klare Maßstäbe für die nach Ansicht des Ausschusses geltenden zeitlichen Anforderungen an die Taxenanpassung erkennen. Der Ausschuss geht in seinem Beschluss vielmehr schlicht von einer Verspätung bei der Taxenanpassung aus, ohne näher zu begründen, woraus dieses Versäumnis der Klägerin konkret abgeleitet wird und wann exakt von der Klägerin jeweils eine Veränderung der Taxe zu erwarten war. Im Falle der Preisfeststellung bei den Aktien der DXXXXXXXXXXXXXXXX am 19. Juli 2004 hält der Ausschuss die Anpassung nach festgestellter Veränderung der Orderbuchlage - ohne weitere Erläuterung - nach ca. 11 Minuten für verspätet. Im Fall der Preisfeststellung EXXXXX (Fall A) legt der Ausschuss dar, die ca. 12 Minuten nach Einblick in das Orderbuch vorgenommene Korrektur der Taxenstellung sei "jedenfalls verspätet", ohne dass damit geschlussfolgert werde, dass die Verspätung 12 Minuten betragen habe.

Nach alledem ist die Ansicht der Klägerin, sie könne auch nach wesentlicher Änderung der Auftragslage mit der Anpassung der Taxe im Interesse eines geordneten Marktverlaufs ggf. noch eine gewisse Zeit zuwarten, nicht völlig verfehlt. Es liegen auch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin in den genannten Fällen einen Zeitraum hat verstreichen lassen, der sich auch unter Anerkennung des Bedürfnisses nach weiterer Beobachtung des Marktverlaufs als nicht mehr vertretbar darstellt. Zwar macht die Beklagte geltend, der angemessene Reaktionszeitraum für die Anpassung der Taxe sei in sämtlichen der Klägerin vorgeworfenen Fällen extrem überschritten worden. Mangels verlässlicher Maßstäbe für die Bemessung einer solchen Reaktionszeit vermag der Senat aber nicht von einer solch eklatanten Überschreitung dieses Zeitraums auszugehen.

b)

Was den vom Sanktionsausschuss im 4. Fall, der Taxenfeststellung bei den Aktien der EXXXXX am 11. August 2004 (Fall B), beanstandeten Fehler der Klägerin anbelangt, geht der Ausschuss in seinen Anforderungen an die Pflichten des Skontroführers zur Anpassung der Taxe bei Veränderung der Orderlage noch über diejenigen hinaus, die von ihm bei den oben dargestellten Preisfeststellungen angelegt wurden. Ausweislich der von ihm insoweit gegebenen Begründung hält der Sanktionsausschuss nämlich den Skontroführer auch dann zu einer zeitnahen Anpassung der Taxe für verpflichtet, wenn sich der aus der Auftragslage ergebende Meistausführungspreis zwar noch innerhalb der früheren Taxe bewegt (in dem vorliegenden Fall bei Euro 3,51), aber die mit dieser Taxe bekannt gegebene Spanne durch eingehende Order in solch erheblicher Weise verschoben wird, dass den Anlegern durch die bestehende Taxe eine offensichtlich nicht mehr zutreffende Auftragslage suggeriert wird (hier durch Verschiebung des Meistausführungspreises vom früheren höchsten Kaufangebot zum höchsten Verkaufsangebot).

Ähnliches gilt für den 5. Fall, der nach Meinung des Ausschusses verspätet vorgenommenen Anpassung der Taxe bei den Aktien der GXXXXXXXXXXXXXX am 30. August 2004. Auch hier lag der Meistausführungspreis mit Euro 16,65 innerhalb der zuvor ausgerufenen Spanne (16,55 zu 16,79). Eine die umgehende Verengung dieser Taxe erfordernde wesentliche Veränderung der Auftragslage ergab sich nach Auffassung des Ausschusses indessen daraus, dass sich zwischenzeitlich durch Anhebung des Limits einer Kauforder mit 1.200 Stück von Euro 16,55 auf Euro 16,65 die Möglichkeit einer Teilausführung einer Verkaufsorder von 600 Stück und Limit Euro 16,60 ergeben habe.

Abgesehen davon, dass - auch - für diese Sachlagen keine ausreichend klaren Vorschriften oder Anordnungen zur Ausfüllung des Begriffs "wesentliche Änderung der Auftragslage" sowie der zeitlichen Vorgaben für die vorzunehmende Korrektur der Taxe vorhanden oder auch nur entsprechend klare Maßstäbe erkennbar sind (bei der Preisfeststellung GXXXXXXXXXXXXX wird in dem Beschluss ohne nähere Begründung ausgeführt, die Anpassung der Taxe an die veränderte Orderlage nach 17 Minuten sei "als verspätet zu bewerten"), dürfte es auch schwer fallen, hinreichend klare Richtlinien für die Notwendigkeit einer Taxenanpassung bei Änderungen der Auftragslage innerhalb der ausgerufenen Spanne und für die zeitlichen Anforderungen an die erforderliche Anpassung zu entwickeln. Insoweit wird es grundsätzlich der Einschätzung des Skontroführers überlassen bleiben müssen, wann eine Änderung der Auftragslage die ausgerufene Spanne so deutlich verändert, dass eine Anpassung der Preisspanne zur korrekten Information über die mögliche Preisfestsetzung notwendig ist und wann diese Anpassung vorzunehmen ist.

c)

Unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze liegt schließlich auch im letzten Fall, in dem der Klägerin eine Zuwiderhandlung gegen Nr. 3.3.4 der Preisfeststellungsregeln vorgeworfenen wird, ein Verstoß gegen börsenrechtliche Vorschriften nicht vor.

Satz 1 der vorgenannten Bestimmung sieht vor, dass die Vermittlung der dem Skontroführer erteilten Aufträge grundsätzlich Vorrang vor dem Selbsteintritt hat. Nach Satz 2 darf der Skontroführer hiervon abweichen und einen vom Meistausführungspreis abweichenden Börsenpreis feststellen, wenn sich hierdurch die Abweichung vom vorangegangenen Börsenpreis verringert und dabei ein deutlicher Abstand zum nächsten ausführbaren Limit eingehalten wird oder wenn wirtschaftlich wenig sinnvolle Teilausführungen vermieden werden können.

Die Geschäftsführung der Beklagten und ihr folgend der Sanktionsausschuss erkennen einen Verstoß der Klägerin gegen das in Nr. 3.3.4 der Preisfeststellungsregeln geregelte Vorrangprinzip darin, dass diese am 19. Juli 2004 nach der Feststellung eines 5. Preises bei den Aktien der HXXXX einen unlimitierten Kaufauftrag von 400 Stück durch Selbsteintritt zu Euro 11, 47 trotz Vorliegens eines mit Euro 11, 49 limitierten Verkaufsauftrags ausgeführt habe, der entgegen dem Vorranggrundsatz in Nr. 3.3.4 nicht mit dem Kaufauftrag zusammengeführt worden sei. Dieses Eigengeschäft sei - so die Beklagte und der Ausschuss - durch die in Satz 2 der Regelung bestimmte Ausnahme zur Vornahme eines Selbsteintritts zur Vermeidung wirtschaftlich nicht sinnvoller Teilausführungen trotz des nicht ausführbaren Teils von 305 Stück nicht gedeckt. Grund für diese Ausnahme sei die Erwägung, den Auftraggeber bei der Stückelung des Auftrags in kleinere Tranchen nicht unnötig mit den jeweils anfallenden Vermittlungsprovisionen zu belasten. Zur näheren Eingrenzung des in den Preisfeststellungsregeln nicht näher umschriebenen unbestimmten Begriffs der "wirtschaftlich nicht sinnvollen Teilausführungen" habe die Geschäftsführung, um zu vermeiden, dass der Begriff völlig falsch ausgelegt werde, mit Rundschreiben vom 18. Juni 2003 an die Skontroführer als Orientierungshilfe einen Betrag von 1.500 Euro für den auszumachenden Betrag im Sinne von Nr. 3.3.4 der Preisfeststellungsregeln genannt. Sowohl der Wert der Teilausführung mit rund 4.500 Euro als auch des nicht ausgeführten Teils mit rund 3.500 Euro bewegten sich weit über dem Orientierungswert.

Das Verwaltungsgericht ist in seinem Urteil dieser Argumentation im Wesentlichen gefolgt, hat allerdings auf der Basis einer von ihm eingeholten Auskunft der Geschäftsführung der Beklagten vom 6. Februar 2006, wonach sich die Höhe der Vermittlungsprovision in der Höhe eines unabhängig von der Auftragsgröße zu entrichtenden Mindestentgelts von ca. 20 bis 30 Euro bewege, angenommen, dass Transferkosten, die außer Verhältnis zu der ausgeführten oder unerledigten Tranche stehen, bei einem Wert der Teilausführung unter 3.000 Euro anfallen. Dieser Wert entspricht demjenigen, der mit Wirkung vom 1. November 2004 als Fußnote zu Nr. 3.3.4 in die Preisfeststellungsregeln aufgenommen wurde.

Unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten Umstände lässt sich auch bezüglich des von der Beklagten, dem Sanktionsausschuss und der Vorinstanz als regelwidrig betrachteten Selbsteintritts der Klägerin ein die Verhängung einer Sanktion rechtfertigender Verstoß gegen börsenrechtliche Vorschriften nicht feststellen.

Der von dem Sanktionsausschuss in der Begründung seines Beschlusses als Grenzwert für eine wirtschaftlich nicht mehr sinnvolle Teilausführung zu Grunde gelegte Betrag von 1.500 Euro war zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt weder durch die Preisfeststellungsregeln noch durch sonstige börsenrechtliche Vorschriften verbindlich festgelegt, sondern den Skontroführern durch das erwähnte Rundschreiben der Geschäftsführung der Beklagten vom 18. Juni 2003 lediglich als Richtwert für die von ihnen zu treffende Entscheidung bezüglich eines Selbsteintritts bei wirtschaftlich zweifelhaften Teilausführungen an die Hand gegeben worden. In dem Rundschreiben wird hierzu ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beantwortung der Frage, ob eine Teilausführung wirtschaftlich sinnvoll ist, "sehr vom Einzelfall abhängen" könne und dass es sich bei dem vorgegebenen Grenzwert auch nach der beabsichtigten Einfügung in die Preisfeststellungsregeln (nur) um eine Orientierungshilfe handele, die in besonders gelagerten Einzelfällen vom Skontroführer zu überprüfen sei. Damit wurde dem seitens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Umstand Rechnung getragen, dass zum damaligen Zeitpunkt noch keine ausreichenden Erkenntnisse darüber vorlagen, ab welchem Auftragswert die Grenze einer wirtschaftlich (noch) nicht sinnvollen Teilausführung überschritten ist. Im Hinblick hierauf handelte es sich bei dem in dem Rundschreiben genannten Grenzwert um eine zur Hilfestellung gegebene Empfehlung, deren Nichtbeachtung mangels Regelungscharakter keine Grundlage für die Verhängung einer Sanktion nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BörsG, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BörsG a.F. sein kann. Gleiches gilt für den von dem Verwaltungsgericht auf der Basis eigener Ermittlungen angenommenen höheren Grenzbetrag von 3.000 Euro. Dieser Wert gründet sich nicht auf zum damaligen Zeitpunkt bestehende börsenrechtliche Vorschriften, sondern stellt eine außerhalb des Börsenrechts festgestellte Rechengröße dar, die jedenfalls für den Bereich der Sanktionierung börsenrechtlicher Verstöße ohne Bedeutung ist.

III.

Aus den oben dargelegten Gründen bedarf es keiner abschließenden Erörterung darüber, ob sich die Auferlegung eines Ordnungsgeldes gegen die Klägerin durch den Sanktionsausschuss als verhältnismäßig darstellt. Allerdings bestehen Zweifel, ob die Entscheidung unter diesem Gesichtspunkt Bestand haben könnte. Ausweislich der Begründung für den Beschluss vom 18. Mai 2005 hat der Ausschuss bei der Wahl des ausgesprochenen Sanktionsmittels im Rahmen des ihm insoweit durch § 20 Abs. 2 BörsG a.F. eingeräumten Ermessens (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, 3. Aufl., Rdnr. 13 zu § 20 BörsG) deshalb einen Verweis als nicht ausreichend und die Auferlegung eines Ordnungsgeldes als erforderlich angesehen, weil es sich "doch um fünf leichtfertige Verstöße" gegen die Pflichten zur rechtzeitigen Taxenanpassung und einen Verstoß gegen den Vorranggrundsatz in Nr. 3.3.4 der Preisfeststellungsregeln gehandelt habe. Damit hat der Ausschuss - da die Leichtfertigkeit des Verstoßes schon Mindestvoraussetzung für die Ahndung des Verstoßes nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BörsG a.F. ist - ersichtlich in der Häufung der Verstöße den maßgeblichen Grund dafür gesehen, auf die über dem Verweis stehende nächste Sanktionsstufe überzugehen. Sonstige Gründe für die Wahl dieses strengeren Sanktionsmittels liegen unter den Gesichtspunkten der Einwirkung auf die Klägerin zur Gewährleistung eines künftigen korrekten Verhaltens und der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Börsenhandels auch nach der Einschätzung des Ausschusses nicht vor, denn er führt selbst aus, dass es sich jeweils um "leichtere und nicht um schwerwiegende Verstöße" handele und dass sich die im vorliegenden Fall erörterten Probleme durch den Einsatz eines weit wirksameren Limit-Kontrollsystems im Wesentlichen erledigt hätten. Es bestehen aber unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten durchgreifende Bedenken, angesichts der großen Anzahl der durch den Skontroführer zu erledigenden Aufgaben allein aus einigen - darüber hinaus zum großen Teil gleichgelagerten - leichteren Verstößen gegen börsenrechtliche Bestimmungen die Verhängung einer nach dem Katalog der Sanktionsmittel bereits erheblichen Sanktion als erforderlich und angemessen zu betrachten.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf § 708 Nr. 10 und § 711 Satz 1 ZPO i. V. m. § 167 VwGO.

Die Entscheidung wirft grundsätzliche Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung und Anwendung des Börsengesetzes auf, so dass die Revision gegen das Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen ist.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 3.000 Euro festgesetzt. Gründe:

Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

Zurück