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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.11.2005
Aktenzeichen: 7 Q 2684/05
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 149 Abs. 1 S 2
VwGO § 152a Abs. 6
Eine einstweilige Aussetzung der Vollziehung einer - rechtskräftigen - Entscheidung oder sonstige vorläufige Regelungen zur Sicherung der Rechte des Antragstellers nach §§ 152a Abs. 6, 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO kommen grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird und ohne eine solche vorläufige Regelung der Antragsteller unzumutbar belastet würde.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

7 Q 2684/05

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Schulrechts - vorläufiger Rechtsschutz nach erhobener Anhörungsrüge -

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 7. Senat - durch

Vizepräsidenten des Hess. VGH Dr. Rothaug, Richter am Hess. VGH Schönstädt, Richterin am Hess. VGH Schäfer

am 28. November 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Anträge werden abgelehnt.

Gründe:

I.

Das Staatliche Schulamt für den Kreis Bergstraße und den Odenwaldkreis stellte im Hinblick auf die Antragstellerin zu 1. mit Bescheid vom 23. Oktober 2001 einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Sinne der Schule für praktisch Bildbare fest. Der Widerspruch der Antragstellerin zu 1. wurde mit Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom 2. April 2002 zurückgewiesen.

Das Verwaltungsgericht Darmstadt wies die Klage der Antragstellerin zu 1. gegen die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs mit Urteil vom 7. April 2005 - 7 E 936/02 (3) - ab. Der Senat lehnte mit Beschluss vom 25. Oktober 2005 - 7 UZ 2516/05 - Anträge der Antragsteller auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt ab. Die Antragsteller haben gegen den Beschluss des Senats Anhörungsrügen - 7 UZ 2850/05 und 7 UZ 2860/05 - erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Mit Bescheid vom 7. Oktober 2005 ordnete das Staatliche Schulamt für den Kreis Bergstraße und den Odenwaldkreis die sofortige Vollziehung des Feststellungsbescheides vom 23. Oktober 2001 an. Am 21. Oktober 2005 haben die Antragsteller hiergegen beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof vorläufigen Rechtsschutz beantragt und an diesem Rechtsschutzgesuch mit Hinweis auf die erhobenen Anhörungsrügen auch nach Erlass des Senatsbeschlusses vom 25. Oktober 2005 ausdrücklich festgehalten.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Antragsteller vom 21. Oktober 2005 und vom 11. November 2005 Bezug genommen.

II.

Das unter Hinweis auf die erhobenen Anhörungsrügen mit Schreiben vom 11. November 2005 aufrecht erhaltene Eilrechtsschutzgesuch der Antragsteller ist als Antrag an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof auszulegen, gemäß §§ 152a Abs. 6, 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO als vorläufige Maßnahme zur Sicherung ihrer Rechte bis zur Entscheidung über die Anhörungsrügen die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die mit Bescheid vom 23. Oktober 2001 erfolgte Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs herzustellen.

Diese Interpretation des Begehrens der Antragsteller fußt auf der Erwägung, dass ein Antragsteller im Zweifel den zulässigen und nach der prozessualen Situation zweckmäßigen Antrag stellen will. Dieser maßgebliche Auslegungsgesichtspunkt verbietet ein nach dem Wortlaut des Schriftsatzes vom 21. Oktober 2005 gleichfalls mögliches Verständnis als Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO oder als Antrag nach § 80b Abs. 2 VwGO. Denn der Zulässigkeit beider genannten Rechtsbehelfe steht entgegen, dass der Beschluss des Senats vom 25. Oktober 2005 - 7 UZ 2516/05 - mit seinem Erlass rechtskräftig und damit der den sonderpädagogischen Förderungsbedarf feststellende Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist. Die Anhörungsrüge hindert den Eintritt der Rechtskraft nicht (vgl. Kopp/Schenke, 14. Aufl. 2005, § 152a Rdnr. 4, § 121 Rdnr. 2; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 705 Rdnr. 1, § 321a Rdnr. 16). Gegen eine Auslegung des an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof gerichteten Rechtsschutzgesuchs als Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO spricht zudem, dass der Hessische Verwaltungsgerichtshof für die Entscheidung über einen solchen Eilantrag nicht das zuständige Gericht der Hauptsache ist. Denn das Berufungsgericht ist Gericht der Hauptsache im Sinne des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nur solange die Hauptsache bei ihm rechtshängig ist. Die Rechtshängigkeit endet jedenfalls mit dem Eintritt der Rechtskraft der berufungsgerichtlichen Entscheidung (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 90 Rdnr. 4).

In der Sache ist das Eilrechtsschutzgesuch nach §§ 152a Abs. 6, 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO indes unbegründet.

Eine einstweilige Aussetzung der Vollziehung einer - rechtskräftigen - Entscheidung oder sonstige vorläufige Regelungen zur Sicherung der Rechte des Antragstellers nach §§ 152a Abs. 6, 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO kommen grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird und ohne eine solche vorläufige Regelung der Antragsteller unzumutbar belastet würde.

Nach diesem Maßstab scheidet der Erlass der von den Antragstellern begehrten Eilmaßnahme durch den Senat aus. Denn nach dem Erkenntnisstand des Senats im Zeitpunkt seiner Entscheidung über dieses Gesuch ist es nicht wahrscheinlich, dass die unter den Aktenzeichen 7 UZ 2850/05 (Besetzungsrüge) und 7 UZ 2860/05 (Gehörsrüge) geführten Verfahren nach § 152a VwGO erfolgreich sein werden.

Eine Gehörsverletzung, auf der der Beschluss des Senats vom 25. Oktober 2005 - 7 UZ 2560/05 - beruht, haben die Antragsteller in den Schreiben vom 21. Oktober 2005 und 11. November 2005 nicht in der von § 152a Abs. 2 Satz 6, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO geforderten Weise ordnungsgemäß dargelegt. Denn die Anhörungsrüge zeigt nicht auf, welches tatsächliche oder rechtliche Vorbringen in welchem von den Antragstellern geltend gemachten Zulassungsgrund erheblich gewesen und vom Senat nicht zur Kenntnis genommen bzw. nicht erwogen worden ist. Der von den Antragstellern gezogene Schluss von der Erfolglosigkeit ihres quantitativ umfangreichen Zulassungsvorbringens auf dessen gehörswidrige Nichtberücksichtigung geht fehl: Beteiligtenvorbringen zu berücksichtigen bedeutet nicht, sich ihm anzuschließen.

Für die gegen die Mitwirkung des an den Hessischen Verwaltungsgerichtshofs abgeordneten Richters am Verwaltungsgericht W. gerichtete Besetzungsrüge fehlt jede Begründung, so dass dahinstehen kann, ob das Verfahren nach § 152a VwGO insofern überhaupt statthaft ist.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da für dieses Eilverfahren - anders als für die Anhörungsrüge selbst (vgl. Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz [Kostenverzeichnis] sowie Nr. 3330 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz [Vergütungsverzeichnis]) weder Gerichtskosten noch außergerichtliche Kosten anfallen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO).

Ende der Entscheidung

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