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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.10.2005
Aktenzeichen: 7 UZ 2005/05.A
Rechtsgebiete: AsylVfG, AufenthG, Richtlinie 2004/83/EG


Vorschriften:

AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1
AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 2
AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3
AufenthG § 60 Abs. 7
Richtlinie 2004/83/EG
1. Eine flächendeckende ambulante und stationäre Behandlung ist in Kroatien grundsätzlich hinsichtlich aller Erkrankungen gewährleistet.

2. Vor Ablauf der Umsetzungsfrist am 10.10.2006 verleiht die Qualifikationsrichtlinie dem um Abschiebungsschutz nachsuchenden Ausländer keine subjektive Rechtsposition.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

7 UZ 2005/05.A

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Asylrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 7. Senat - durch

Richter am Hess. VGH Schönstädt als Vorsitzenden, Richterin am Hess. VGH Schäfer, Richter am VG Wiegand (abgeordneten Richter)

am 21. Oktober 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 24. Mai 2005 wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens auf Zulassung der Berufung zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor dieses Beschlusses näher bezeichnete Urteil ist gemäß § 78 Abs. 4 AsylVfG statthaft. Der Antrag bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Denn keiner der vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe greift ein.

Der zunächst geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG liegt nicht vor.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine rechtliche oder eine tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung einer Klärung bedarf. Die Rechts- oder Tatsachenfrage muss allgemein klärungsbedürftig sein und nach Zulassung der Berufung anhand des zu Grunde liegenden Falles mittels verallgemeinerungsfähiger Aussage geklärt werden können (Hess. VGH, Be. v. 07.02.2003 - 12 UZ 710/02.A -, v. 21.11.2003 - 10 UZ 984/03.A - u. v. 18.10.2004 - 7 UZ 3004/04.A -).

Die vom Kläger aufgeworfenen Tatsachenfragen sind nicht klärungsbedürftig, da sie sich anhand der vorliegenden in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen eindeutig beantworten lassen.

Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob in Kroatien im Falle der Rückkehr für Schwerkranke die ärztliche und fachärztliche und für Risiko-Schlaganfallpatienten die fachärztliche Behandlung in dem erforderlichen Umfang sichergestellt ist.

Hierzu hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 27. März 2000 zutreffend ausgeführt, dass die medizinische Versorgung in Kroatien gewährleistet ist. Aus dieser Auskunft ergibt sich weiter, dass auch chronische Krankheiten ohne Einschränkung im öffentlichen Gesundheitswesen behandelt werden. In den letzten Jahren ist das medizinische Versorgungssystem in Kroatien weiter ausgebaut worden. Nunmehr ist flächendeckend eine ambulante und eine stationäre Behandlung grundsätzlich aller Erkrankungen - und damit auch für die beiden vom Kläger bezeichneten Personengruppen - möglich (Deutsche Botschaft vom 05.04.2005 an VG Lüneburg). Des Weiteren ist die Versorgung mit Medikamenten in Kroatien gewährleistet. Die staatlichen Apotheken führen alle gängigen Medikamente (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 27.03.2000). Ferner müssen Rückkehrer grundsätzlich nicht befürchten, die für sie notwendige medizinische Versorgung aus finanziellen Gründen nicht erreichen zu können. Alle Rückkehrer erhalten zunächst eine für sechs Monate gültige sog. "Rückkehrerkarte", wenn sie sich bei dem kroatischen Flüchtlingsamt (OPDR) registrieren lassen. Damit wird ihnen eine medizinische Grundversorgung ermöglicht und sie bekommen - in Abhängigkeit von ihrer konkreten persönlichen Situation - einen bestimmten Geldbetrag zugeteilt (Gutachten des UNHCR vom 01.02.2002). Rückkehrer, die bereits vor ihrer Ausreise in Kroatien ihren Wohnsitz hatten und Krankenversicherungsbeiträge gezahlt haben, werden nach ihrer Anmeldung bei der für ihren Wohnsitz zuständigen Behörde wieder in die staatliche Krankenversicherung aufgenommen. Wurden nie Beiträge an die staatliche Krankenversicherung gezahlt und wird kein Arbeitsverhältnis eingegangen, besteht die Möglichkeit, als Selbstzahler mit einem monatlichen Mitgliedsbeitrag von ca. 25,00 € in die Krankenversicherung aufgenommen zu werden. Bei nachgewiesener Mittellosigkeit werden die Behandlungskosten durch das örtlich zuständige Sozialamt nach dem "Gesetz für die soziale Fürsorge" übernommen. Diese Sozialleistungen stehen allen kroatischen Staatsangehörigen zu, so dass alle Rückkehrer bei nachgewiesener Mittellosigkeit die erforderlichen medizinischen Leistungen in Anspruch nehmen können. Auch bei der Notwendigkeit längerer ärztlicher Behandlung werden Unterstützungsleistungen gewährt (Auskünfte der Deutschen Botschaft vom 29.07. und 31.10.2003 jeweils an BAAFl).

Der Kläger hält weiter sinngemäß für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob erwerbsunfähige, ältere Personen im Falle ihrer Rückkehr nach Kroatien das wirtschaftliche Existenzminimum sichern können.

Diese Tatsachenfrage ist angesichts der eindeutigen Quellenlage ebenfalls nicht klärungsbedürftig. Hierzu ergibt sich aus den vorliegenden Auskünften, dass wohnungslose Personen von den kroatischen Behörden in Sammelunterkünften, Hotels oder leerstehenden Gebäuden untergebracht werden. Alle bedürftigen Personen haben unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit Zugang zur Sozialhilfe, die allerdings die Kosten einer Lebenshaltung in den Großstädten nicht vollständig abdeckt. Das Bestehen weiterer Einkunftsquellen ist weit verbreitet (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 20.06. und 29.06.2000 jeweils an VG Magdeburg). Hieraus folgt, dass der Bedarf für Lebensmittel und Kleidung grundsätzlich nicht vollständig abgedeckt wird, weil - wie im Fall des Klägers - der verbleibende Restbedarf durch andere Einkünfte in gewissem Umfang abgesichert werden kann. Ohne dass es insoweit für die Entscheidung über die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung noch darauf ankommt, wird darauf hingewiesen, dass der Kläger die Möglichkeit hat, finanzielle Hilfe durch seine beiden noch lebenden Brüder und seine zwei in den Niederlanden lebenden Schwestern zu erhalten. Ein Leben unterhalb des Existenzminimums ist deshalb für ihn nicht beachtlich wahrscheinlich.

Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind ebenfalls nicht klärungsbedürftig.

Soweit der Kläger sinngemäß die Frage aufwirft, ob die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über "Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes" - sog. Qualifikationsrichtlinie - bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist von den Gerichten zu beachten ist, ergibt sich eine Klärung bereits aus dem Zusammenhang mit anderen europarechtlichen Regelungen. Aus Art. 249 Abs. 3 EGV folgt, dass sich Richtlinien allein an die Mitgliedsstaaten richten (hierzu: von der Groeben/Schwarze, Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, 6. Aufl., Art. 249 Rdnr. 37). Der Einzelne kann grundsätzlich erst nach der Umsetzung durch nationales Recht aus den entsprechenden nationalen Rechtsvorschriften berechtigt und verpflichtet werden. Nur in den Fällen, in denen ein Mitgliedsstaat eine Richtlinie nicht fristgerecht oder nur unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat und in denen die Bestimmungen der Richtlinie unbedingt und hinreichend genau sind, kann sich ein Einzelner vor einem nationalen Gericht gegenüber dem Staat auf die Bestimmungen der Richtlinie berufen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, weil die Umsetzungsfrist für die Qualifikationsrichtlinie gemäß Art. 38 Abs. 1 dieser Richtlinie erst am 10. Oktober 2006 abläuft (vgl. hierzu Bay. VGH, B. v. 02.05.2005 - 14 B 02.30703 -; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 18.05.2005 - 11 A 533/05.A - beide zit. n. juris). Auch folgt aus der Umsetzungsfrist, dass den Mitgliedsstaaten kein Vorwurf gemacht werden darf, wenn sie eine Richtlinie nicht vor Ablauf dieser Frist in ihrer Rechtsordnung umsetzen (VGH Baden-Württemberg, B. v. 12.05.2005 - 3 S 358/05 - InfAuslR 2005, 296). Zwar hat ein Staat vor Umsetzung einer EU-Richtlinie in nationales Recht gewisse vorgezogene Verhaltenspflichten zu beachten. So dürfen die Ziele der Richtlinie nicht unterlaufen und keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, die dem Staat die Erfüllung der durch die Richtlinie begründeten Pflichten unmöglich machen (so für den Bereich der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie: BVerwG, U. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 - UPR 1998, 384). Bei der einzelfallbezogenen Auslegung der Regelungen des Aufenthaltsgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes durch die Verwaltungsgerichte können jedoch weder in faktischer noch in rechtlicher Hinsicht vollendete Tatsachen geschaffen werden, die die Erfüllung der durch die Richtlinie begründeten Pflichten der Bundesrepublik Deutschland bei Fristablauf unmöglich machen. Somit sind die mit Ausländer- und Asylrecht befassten Verwaltungsrichter ab Verkündung des Umsetzungsgesetzes bzw. Ablauf der Umsetzungsfrist daran gebunden. Dies bedeutet zugleich, dass sich ein Ausländer wie der Kläger zu einem früheren Zeitpunkt noch nicht mit Erfolg auf einzelne Richtlinienvorgaben und Vorgaben berufen kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, a. a. O.).

Im Hinblick auf die derzeit fehlende Rechtsverbindlichkeit der Qualifikationsrichtlinie für die Verwaltungsgerichte kommt der weiteren vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam erachteten Frage, ob die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen gegen Art. 6, Art. 10 Abs. 1 d oder Art. 15a, b oder c Qualifikationsrichtlinie verstößt, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Frage, ob die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling gemäß § 51 Abs. 1 AuslG 1990 eine Verfolgung durch staatliche Akteure voraussetzt, gegen Art. 6 Qualifikationsrichtlinie verstößt, im Übrigen auch deshalb keine entscheidungserhebliche Bedeutung hat, weil der Kläger mit seiner Klage lediglich die Abänderung einer negativen Entscheidung der Beklagten über das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach den nunmehr maßgeblichen Regelungen in § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG erstrebt. Aus dem gleichen Grund weist auch die Frage, ob behinderte oder schutzlose Männer eine bestimmte soziale Gruppe im Sinne von Art. 10 Abs. 1 d Qualifikationsrichtlinie bilden und für sie deshalb eine Flüchtlingsanerkennung in Betracht kommt, im Verfahren des Klägers von vornherein keine entscheidungserhebliche Bedeutung auf. Auch lässt sich die vom Kläger gestellte Frage, ob eine etwaige fehlende Sozialhilfegewährung in Kroatien als Verhängung einer Todesstrafe gemäß Art. 15a Qualifikationsrichtlinie oder als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gemäß Art. 15b Qualifikationsrichtlinie zu bewerten sei, eindeutig verneinen. Denn in einem etwaigen Unterlassens seitens des Staates liegt keine "Behandlung" im Sinne der genannten Richtlinien. Ferner verstößt die Wertung des nationalen Gesetzgebers in § 60 Abs. 7 AufenthG und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht möglicherweise gegen Art. 15c Qualifikationsrichtlinie. Die vom Kläger angesprochene Frage, ob ein "ernsthafter Schaden" in Form einer "ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson" im Sinne von Art. 15c Qualifikationsrichtlinie auch dann vorliegt, wenn hiervon eine Bevölkerungsgruppe im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG betroffen ist, lässt sich nämlich zweifelsfrei verneinen. Denn die Erwägungen in der Präambel der Richtlinie legen unter Nr. 26 gerade fest, dass Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes allgemein ausgesetzt sind, für sich genommen keine individuelle Bedrohung darstellen, die als ernsthafter Schaden zu beurteilen sind (so zutreffend auch VG Stuttgart, U. v. 21.01.2005 - A 12 K 10986/04 - u. VG Köln, U. v. 17.06.2005 - 18 K 5407/01.A - beide zit. n. juris).

Des Weiteren ist die aufgeworfene Frage, ob in der Abschiebung eines Ausländers eine dem abschiebenden Staat zurechenbare menschenrechtswidrige Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK liegt, im Verfahren des Klägers nicht entscheidungserheblich. Denn nach den dem Senat vorliegenden Auskünften ist der Kläger in Kroatien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit schwerwiegenden Gefahren ausgesetzt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu den vom Kläger aufgeworfenen Tatsachenfragen Bezug genommen. Im Übrigen ist höchstrichterlich geklärt, dass bei Abschiebung in einen anderen Vertragsstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention - wie Kroatien - eine Mitverantwortung des abschiebenden Staates, die Konventionsrechte im Zielstaat der Abschiebung zu gewährleisten, nur dann besteht, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohen und effektiver Rechtsschutz - auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen ist (BVerwG, U. v. 07.12.2004 - 1 B 14.04 - InfAuslR 2005, 276). Für eine derartige Sachlage liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor.

Soweit der Kläger ferner geltend macht, die Berufung sei wegen einer Abweichung des Urteils des Verwaltungsgerichts von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zuzulassen, hat er einen Zulassungsgrund gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG schon nicht gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG hinreichend dargelegt.

Der Kläger zitiert in seinem Zulassungsantrag zwar eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen. Er hat jedoch hinsichtlich keiner der genannten Entscheidungen ausreichend ausgeführt, welchen konkreten Rechtssatz das Obergericht aufgestellt hat, welchen konkreten Rechtssatz abweichend hierzu das Verwaltungsgericht in seiner angegriffenen Entscheidung formuliert haben soll und inwiefern das angefochtene Urteil auf der Divergenz beruht. Soweit der Kläger überhaupt versucht, der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts allgemeine Rechtssätze zu entnehmen, treffen seine Behauptungen nicht zu. Das Verwaltungsgericht ist weder davon ausgegangen, dass Vermutungen für die im Rahmen des § 60 Abs. 7 AufenthG zu treffende Prognose ausreichen noch hat es angenommen, dass eine "erste Anlaufstelle für eine Existenzsicherung" reicht. Es hat auch keine regionale Gruppenverfolgung mit den sich daraus ergebenden Folgen für eine etwaige inländische Fluchtalternative festgestellt. Ob das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung einen vom Bundesverfassungsgericht oder vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Grundsatz rechtlicher oder tatsächlicher Art übergangen, übersehen oder unrichtig angewandt oder den Sachverhalt ungenügend aufgeklärt oder fehlerhaft gewürdigt hat, kann dahinstehen. Denn dies würde keine Divergenz im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG begründen (Renner, Ausländerrecht, 7. Aufl., § 78 Rdnr. 19).

Schließlich liegt auch der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 VwGO nicht vor.

Soweit der Kläger vorträgt, das Gericht habe das Schreiben des Generalkonsulats vom 31. Mai 2005 nicht zur Kenntnis genommen, ist ein Verfahrensmangel nicht gegeben. Denn dieses Schreiben ist erst nach Erlass des Urteils vom 24. Mai 2005 abgefasst worden und konnte daher nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens sein.

Dass das Verwaltungsgericht den Vortrag des Klägers, beim Absetzen seiner Medikamente sei ein Schlaganfall wahrscheinlich und er könne in Kroatien das wirtschaftliche Existenzminimum nicht sichern, nicht zur Kenntnis genommen oder in seiner Entscheidung nicht erwogen hat, ist nicht ersichtlich.

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist nur dann verletzt, wenn Beteiligtenvorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht, sofern nicht dieser Vortrag nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert ist (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: September 2000, § 78 AsylVfG Rdnr. 88).

Ein solcher Gehörsverstoß liegt hier indes nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat im Tatbestand der angegriffenen Entscheidung auf die Verhandlungsniederschrift Bezug genommen, die ausweist, dass die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakte zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind. Außerdem hat es im Tatbestand die Ausführungen des Klägers zur Notwendigkeit der Einnahme von Herzmedikamenten und von durchblutungsfördernden Medikamenten wiedergegeben und ausführlich den Inhalt der wesentlichen ärztlichen Bescheinigungen, die der Kläger vorgelegt hat, dargestellt. Auch hat sich das Verwaltungsgericht mit der Frage der Möglichkeit einer Existenzsicherung des Klägers in Kroatien ausdrücklich auseinander gesetzt, wenn auch nicht mit dem vom Kläger gewünschten Erfolg. Eine weitergehende Abhandlung des Vorbringens des Klägers war im Hinblick auf das ihm zu gewährende rechtliche Gehör nicht geboten.

Schließlich greift auch der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe eine Überraschungsentscheidung gefällt, nicht durch.

Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt der Grundsatz, dass ein Urteil nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Demzufolge ist ein das rechtliche Gehör verletzendes Überraschungsurteil dann gegeben, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt. Das Gericht ist jedoch nicht verpflichtet, die für die Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend zu erörtern und das Ergebnis im Voraus anzudeuten. Die richterliche Überzeugungsbildung ist regelmäßig einer Gehörsrüge entzogen, sofern sie nicht unter jedem Gesichtspunkt schlechthin unvertretbar und damit objektiv willkürlich erscheint (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 05.01.2005 - 21 A 3093/04.A - zit. n. juris; Hess. VGH, B. v. 03.02.2005 - 6 UZ 2010/03.A -; BFH, B. v. 13.04.2005 - IX B 163/04 - zit. n. juris).

Das Verwaltungsgericht ist den genannten Vorgaben gefolgt. Bereits aus der mit Beschluss des Gerichts vom 12. Mai 2004 erfolgten Ablehnung des Antrages des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ergab sich, dass das Gericht bei seiner Entscheidung über die Klage voraussichtlich davon ausgehen wird, dass eine erhebliche konkrete Gefahr im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Klägers sowie im Hinblick auf die in Kroatien vorhandene Grundversorgung nicht gegeben sein wird. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 24. Mai 2005 hatte der Kläger ausreichend Gelegenheit, zu diesen Fragen Stellung zu nehmen. Damit wurde dem Anspruch auf rechtliches Gehör Genüge getan. Wenn das Gericht den vorgetragenen Sachverhalt bei seiner rechtlichen Würdigung anders bewertet hat, als von der Klägerseite erwünscht oder erwartet, handelt es sich nicht um eine Überraschungsentscheidung (OVG Schleswig-Holstein, B. v. 14.10.2004 - 4 L 200/02 - NVwZ 2003, Beilage Nr. I 10 S. 86).

Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auch nicht auf Erkenntnisquellen gestützt, die nicht zuvor in das Verfahren eingeführt worden sind. Maßgebliche Grundlage für die Bewertung des vorliegenden Sachverhalts war für das Verwaltungsgericht allein der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 27. März 2000 und das Munzinger Archiv, welche beide in der übersandten und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Quellenliste enthalten sind. Das Verwaltungsgericht hat lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass sich aus Berichten in den Zeitungen, im Radio und im Fernsehen keine hiervon abweichenden Erkenntnisse ergeben. Das Nichtvorliegen von Erkenntnissen, die die Befürchtungen des Klägers stützen, bedurfte keiner ausdrücklichen Erwähnung in der mündliche Verhandlung vor Verkündung des Urteils.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

Ende der Entscheidung

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