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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.07.2007
Aktenzeichen: 8 MM 3140/06.W6
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 52 Abs. 1
GKG § 52 Abs. 2
GKG § 53 Abs. 3 Nr. 1
1.) Der Auffangstreitwert ist zugrunde zu legen, wenn im einstweiligen Anordnungsverfahren die Zulassung für die gesamte Dauer des Studiums beantragt wird.

2.) Wird die Zulassung zu einem Teil des Studiums beantragt, ist dieser Wert entsprechend zu vermindern.

3.) Der Streitwert ist auf vier Zehntel des Auffangstreitwerts festzusetzen, wenn nur die Zulassung zum vorklinischen Teil des Medizinstudiums begehrt wird.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

8 MM 3140/06.W6

In dem Streitwertbeschwerdeverfahren

wegen vorläufiger Zulassung zum Studium der Medizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2006/2007, 1. Fachsemester,

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 8. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Höllein, Richter am Hess. VGH Dr. Nassauer, Richter am Hess. VGH Jeuthe

am 13. Juli 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der antragstellenden Partei wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 14. März 2007 abgeändert und der Streitwert für das Verfahren erster Instanz auf 2.000,00 € festgesetzt.

Das Streitwertbeschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € (vgl. zu dieser Voraussetzung § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Insofern verweist der Senat auf die Ausführungen auf Seite 4 der Beschwerdeschrift vom 25. Juni 2006. Die Beschwerde ist auch innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 14. März 2007 eingelegt worden (vgl. zu dieser Voraussetzung § 68 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Die Beschwerde ist auch begründet, denn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war von vornherein auf den - vier Fachsemester umfassenden - vorklinischen Studienabschnitt beschränkt. Auch im Verfahren über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist der Streitwert - soweit nichts anderes bestimmt ist - nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (vgl. § 53 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 GKG). Dies bedeutet, dass in einem lediglich den vier Semester umfassenden vorklinischen Studienabschnitt betreffenden einstweiligen Anordnungsverfahren ein geringerer Streitwert anzunehmen ist als in einem Verfahren, das nach dem gestellten Antrag ein - regelmäßig zehn Semester umfassendes - Vollstudium zum Gegenstand hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des früher für Studienplatzvergabe-Verfahren zuständigen 6. und des nunmehr zuständigen 8. Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist der Auffangstreitwert - früher 8.000,00 DM, dann 4.000,00 € und jetzt 5.000,00 € (vgl. § 52 Abs. 2 GKG) - zugrunde zu legen, wenn im einstweiligen Anordnungsverfahren die Zulassung für die gesamte Dauer eines Studiums beantragt wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 14. September 2005 - 8 FM 4998/04.W - juris, mit weiteren Nachweisen).

Ebenfalls gemäß der jahrzehntelangen, immer wieder überdachten und aufrecht erhaltenen Praxis des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist dieser Wert in Anbetracht der geringeren Bedeutung der Sache entsprechend zu vermindern, wenn die vorläufige Zulassung nur zu einem Teil eines Studiums erstrebt wird. Dabei entfällt auf jedes Semester des beantragten Zulassungszeitraums ein Zehntel des für die Zulassung zum kapazitätsrechtlich zehn Semester umfassenden Vollstudium geltenden Streitwerts von 5.000,00 € (vgl. bereits Hess. VGH, Beschlüsse vom 10. Oktober 1989 - Ma 81 G 5287/88 T - und vom 18. Oktober 1989 - Ga 72 G 7186/87 T -). Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Kapazitätsverordnung einen den vorklinischen Ausbildungsabschnitt betreffenden Teilstudienplatz von dem das gesamte Medizinstudium umfassenden Vollstudienplatz unterscheidet (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 Kapazitätsverordnung und dazu Hess. VGH, Beschluss vom 10. Oktober 1989, a. a. O.). Die entsprechende Verringerung des vollen Auffangstreitwerts gilt jedenfalls dann, wenn weder rechtlich noch tatsächlich die Weiterführung des Studiums im klinischen Abschnitt garantiert ist. Ob dann etwas anderes gilt, wenn mit einer Teilzulassung praktisch die Studiermöglichkeit für einen gesamten Studiengang ohne weiteres eröffnet wird, kann hier offen bleiben (diese Frage ebenfalls offen gelassen im Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 1989, a. a. O.), denn Anhaltspunkte dafür, dass hier die Studiermöglichkeit für den gesamten Studiengang "ohne weiteres eröffnet" ist, liegen nicht vor. Vielmehr steht es der Antragsgegnerin frei, die antragstellende Partei nach dem vorklinischen Studienabschnitt zu exmatrikulieren, es sei denn, dass dann ein klinischer Studienplatz zur Verfügung steht.

Die im Nichtabhilfebeschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. Juli 2007 zum Ausdruck gekommene Auffassung, dass auch bei einer Beschränkung des Zulassungsantrags auf den vorklinischen Studienabschnitt der gesamte Auffangstreitwert von 5.000,00 € zugrunde zu legen sei, vermag der Senat angesichts der in § 52 Abs. 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG getroffenen Regelung, die auf das sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache abstellt, nicht zu teilen. Ob aus Gründen, die sich aus Besonderheiten der jeweiligen Hochschule und des jeweiligen Besetzungssemesters ergeben, zusätzliche Studienplätze nur Teilstudienplätze sein können, ist ein Umstand, der für die Frage eine Rolle spielen kann, ob ein Anspruch auf einen Vollstudienplatz oder lediglich auf einen Teilstudienplatz besteht. Dieser Umstand ändert aber nichts an dem Interesse des Antragstellers, wie es in seinem Antrag zum Ausdruck kommt. Begehrt er einen Vollstudienplatz, dann begehrt er mehr als derjenige Antragsteller, der nur einen Teilstudienplatz anstrebt. Für diese Sicht des grundsätzlich nur auf eine pauschalierte Studienplatzermittlung gerichteten einstweiligen Anordnungsverfahrens sprechen auch die in § 14 ff. Kapazitätsverordnung getroffenen Regelungen betreffend die Überprüfung des Berechnungsergebnisses. Ist das Berechnungsergebnis bezüglich des klinischen Teils des Studiengangs Medizin niedriger als das Berechnungsergebnis betreffend den vorklinischen Teil, so ist grundsätzlich das Berechnungsergebnis des klinischen Teils der Zulassungszahl zugrunde zu legen (vgl. § 17 Abs. 2 Kapazitätsverordnung). Allerdings kann die Zulassungszahl für den Studiengang Medizin höher als das Berechnungsergebnis für den klinischen Teil festgesetzt werden, wenn das Ministerium für Wissenschaft und Kunst die Fortsetzung des Studiums nach dem vorklinischen Teil gewährleisten kann (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 1 Kapazitätsverordnung). Der Verordnungsgeber hält es daher nicht für unmöglich, dass eine höhere Studienplatzkapazität der Lehreinheit vorklinische Medizin zu einer ebenso hohen Anzahl von Vollstudienplätzen führen kann. Ob dies im Einzelfall so ist, ist jeweils zu prüfen und kann daher entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht von vornherein den Streitgegenstand und damit den Streitwert für das Verfahren erster Instanz maßgeblich beeinflussen.

Der Senat vermag auch nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu teilen, Anträge auf Zulassung zum Studium im klinischen Studienabschnitt - ab dem 5. Fachsemester - seien ebenfalls mit dem Auffangstreitwert von 5.000,00 € zu bewerten. Will zum Beispiel ein Student, der bereits an einer Hochschule vier Semester studiert hat, den klinischen Studienabschnitt an einer anderen Hochschule absolvieren, so begehrt er dort erheblich weniger als ein Student, der zehn Semester an dieser Hochschule studieren möchte. Letzterer nimmt erheblich mehr Lehrkapazität in Anspruch als der erstere. Es besteht kein sachlicher Grund, beide Studienbewerber, die etwas Verschiedenes begehren, in Bezug auf den Streitwert gleich zu behandeln und für beide den Auffangstreitwert von 5.000,00 € anzusetzen. Dass bei demjenigen Studierenden, der die Zulassung zum Studium ab dem 5. Fachsemester begehrt, die ersten vier Fachsemester nicht Gegenstand des Kapazitätsberechnungsverfahrens in Bezug auf den klinischen Studienabschnitt sind, ändert daran ebenfalls nichts, sondern spricht sogar für die vom Senat angenommene Differenzierung und zeigt, dass auch in einem derartigen Fall die Zugrundelegung des vollen Auffangstreitwertes unangemessen ist.

Gemäß § 68 Abs. 3 GKG ist das Verfahren über die Beschwerde gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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