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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.12.2002
Aktenzeichen: 8 TG 2413/02
Rechtsgebiete: VwGO, AppOZ


Vorschriften:

VwGO § 123 Abs. 1 Satz 2
VwGO § 146 Abs. 4
AppOZ § 4 Abs. 3
AppOZ § 5 Abs. 1
AppOZ § 22 Abs. 4
1. An das Vorliegen eines Anordnungsgrundes für den Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind geringere Anforderungen zu stellen, wenn nach summarischer Prüfung ohne weiteren erheblichen Aufklärungsbedarf mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen eines Anordnungsanspruchs ausgegangen werden kann, das mit einer Vorwegnahme der Hauptsache typischerweise verbundene Fehlentscheidungsrisiko also gering ist.

2. Ein Anordnungsgrund für eine auf eine erneute Prüfungszulassung gerichtete einstweilige Anordnung kann auch dann gegeben sein, wenn die Verweisung auf das Hauptsacheverfahren nicht zu einer Unterbrechung oder Verlängerung der Ausbildung, sondern (nur) zur Vorhaltung des Prüfungswissens über einen längeren Zeitraum, zu erneuter Prüfungsvorbereitungen und zur Benachteilung gegenüber anderen Prüfungskandidaten führt.

3. Das Beschwerdebegründungserfordernis und die Einschränkung der Prüfungsbefugnis des Beschwerdegerichts gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beziehen sich im Rahmen einer abgestuften Prüfung nur auf die Überprüfung der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung; wenn deren Richtigkeit danach erfolgreich in Zweifel gezogen ist, kann das OVG/der VGH die Erfolgsaussichten des einstweiligen Rechtsschutzantrags umfassend und über die Darlegungen in der Beschwerdebegründung hinaus einer eigenen Sachprüfung unterziehen.

4. Angesichts der Bedeutung und Kompetenzen des bei einer Wiederholungsprüfung in der naturwissenschaftlichen Vorprüfung nach der Approbationsordnung für Zahnärzte zwingend anwesenden Prüfungsausschussvorsitzenden oder seines Stellvertreters für die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Verlaufs dieser Prüfung ist es zweifelhaft, ob für diese Funktion ausnahmsweise ein Wissenschaftlicher Mitarbeiter bestellt werden kann; jedenfalls sind deshalb an einen solchen Ausnahmefall hohe Anforderungen zu stellen und ist die Bestellung eines solchen Wissenschaftlichen Mitarbeiters sachwidrig, der in einem von dem betreffenden Prüfer geleiteten Institut beschäftigt ist.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

8. Senat

8 TG 2413/02

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Prüfungsrechts/einstweiliger Rechtsschutz zur teilweisen Wiederholung der naturwissenschaftlichen Vorprüfung im Studiengang Zahnmedizin

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 8. Senat - durch Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Nassauer, Richter am Hess. VGH Jeuthe

auf Grund der Beratung vom 3. Dezember 2002 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 8. August 2002 - 3 G 2152/02 - wird abgeändert.

Der Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragstellerin zu einer weiteren Wiederholung der naturwissenschaftlichen Vorprüfung im Prüfungsfach Biologie zum nächstmöglichen Prüfungstermin zuzulassen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für das Antrags- und das Beschwerdeverfahren auf 6.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die am 20. Februar 1967 in Südkorea geborene Antragstellerin begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Zulassung zur erneuten Wiederholung der Biologieprüfung der naturwissenschaftlichen Vorprüfung im Studiengang Zahnmedizin an der Philipps-Universität Marburg.

Nachdem sie bei der naturwissenschaftlichen Vorprüfung im Sommersemester 2001 in den Fächern Physik und Chemie mit "nicht genügend (5)" beurteilt worden war, die Prüfung in Biologie nicht fortgesetzt hatte und ihr der Prüfungsausschuss mit Zeugnis vom 13. September 2001 eine Wiederholungsfrist von vier Monaten gesetzt hatte, nahm die Antragstellerin - mit sechs anderen Kandidaten/innen - an der Wiederholungsprüfung im März/April 2002 teil. In den Fächern Physik und Chemie erzielte sie am 13. und 22. März 2002 jeweils eine Bewertung mit "befriedigend (3)", während sie im Fach Biologie am 4. April 2002 von dem Prüfer Prof. Dr. L. mit "schlecht (6)" beurteilt wurde; als Begründung war in dem "Einzelzeugnis" aufgeführt: "Kein Wissen vorhanden; praktisch keine Antwort gegeben". Mit Zeugnis des Prüfungsausschusses vom 8. April 2002 wurde festgestellt, dass sie die naturwissenschaftliche Vorprüfung nicht bestanden habe und zu einer nochmaligen Prüfung nicht zugelassen werde.

Nachdem der in ihrem Prüfungstermin am 4. April 2002 von Prof. Dr. L. ebenfalls mit "schlecht" bewertete Kandidat W. unter dem 5. April 2002 gegen seine Biologieprüfung unter Beifügung eines Gedächtnisprotokolls Widerspruch erhoben und diesen mit einem Verstoß gegen das Fairnessgebot und mit Zweifeln daran begründet hatte, ob der Beisitzer die gesetzlichen Voraussetzungen der Approbationsordnung für Zahnärzte (AppOZ) erfülle, erhob die Antragstellerin mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 13. Mai 2002, die zwischenzeitlich ebenfalls den Kandidaten W. vertraten, ihrerseits Widerspruch gegen das ihr am 8. Mai 2002 zugestellte Zeugnis. Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, die Besetzung des Prüfungsausschusses sei fehlerhaft gewesen. An der Wiederholungsprüfung müsse gemäß § 22 Abs. 4 AppOZ der Vorsitzende des Prüfungsausschusses oder dessen Stellvertreter anwesend sein, dem für den ordnungsgemäßen Ablauf und die Einhaltung der Prüfungsbestimmungen eine Überwachungsfunktion zukomme. Entgegen § 4 Abs. 3 AppOZ, wonach "in der Regel ... der Vorsitzende und seine Stellvertreter den ordentlichen Professoren der medizinischen Fakultät ... zu entnehmen" sind, und entgegen der gängigen Praxis auch an anderen Universitäten, wonach ausschließlich ordentliche Professoren diese Aufgabe wahrnähmen, habe hier der Wissenschaftliche Mitarbeiter Dr. S. an der Biologieprüfung teilgenommen. Dieser Verfahrensverstoß sei für das Prüfungsergebnis auch erheblich. Die im Protokoll gegebene Begründung genüge zudem weder § 13 Abs. 2 AppOZ noch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2002 nahm Prof. Dr. L. gegenüber dem Ausschussvorsitzenden dahin Stellung, dass Dr. S. ein erfahrener Mitarbeiter des Instituts sei, schon an mehreren Prüfungen teilgenommen habe und vom Prüfungsamt als Prüfer bestellt worden sei. Er selbst könne als Prüfer nur stichwortartig Protokoll führen, weil dem Beisitzer keine Protokollführung erlaubt sei. Hier sei kein detailliertes Protokoll erforderlich gewesen, weil die Antragstellerin zu keinem der sechs abgefragten Themen wesentliche Antworten gegeben habe.

Am 1. Juli 2002 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Gießen eine einstweilige Anordnung mit dem Ziel einer weiteren Wiederholung der naturwissenschaftlichen Vorprüfung im Fach Biologie beantragt. Zur Begründung hat sie u.a. noch vorgetragen, ihr sei ein Abwarten des gegebenenfalls mehrjährigen Hauptsacheverfahrens nicht zumutbar, weil es sich um ihren letzten Prüfungsversuch gehandelt habe und sie ohne gerichtliche Anordnung ihr Studium in der Ungewissheit fortsetzen müsste, ob sie die naturwissenschaftliche Vorprüfung überhaupt wiederholen könne. Im Übrigen hat sie ihr Widerspruchsvorbringen vertieft und dahin ergänzt, dass die gängige Praxis, ausschließlich ordentlichen Professoren die Aufgabe des Prüfungsausschussvorsitzenden zu übertragen, auch sinnvoll sei, weil nur ein habilitierter Hochschullehrer über die für eine Überwachung einer Wiederholungsprüfung erforderliche Prüfungserfahrung verfüge. Demgegenüber könne davon ausgegangen werden, dass Dr. S. weder im Physikum, noch im zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, noch im Vorphysikum oder im Physikum der Zahnmedizin zum Prüfer bestellt werde bzw. werden könne. Zudem befinde er sich als Angestellter des von Prof. Dr. L. geleiteten Instituts in einem Abhängigkeitsverhältnis zu diesem Prüfer, so dass er in "kritischen" Situationen dem Prüfer kaum widersprechen oder in das Prüfungsgeschehen eingreifen werde. Damit sei die besondere Funktion des Vorsitzenden in der Wiederholungsprüfung nicht beachtet worden. Schließlich könne § 4 Abs. 3 AppOZ dahin verstanden werden, dass sich die Formulierung "in der Regel" nur auf die "medizinische Fakultät" beziehe. Auch bei einer anderen Auffassung hätte die Bestimmung eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters zum stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden als Ausnahmefall jedenfalls näher dargelegt werden müssen. Es sei "abwegig", einen in § 4 Abs. 3 AppOZ nicht genannten Wissenschaftlichen Mitarbeiter mit dem Vorsitz zu betrauen, der nicht in der Lehre tätig sei, dessen Tätigkeit keinen Bezug zur zahnärztlichen Ausbildung habe und der in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Prüfer stehe. Ein Einfluss dieses "absoluten" Verfahrensfehlers auf das Prüfungsergebnis sei angesichts des konkreten Prüfungsablaufs auch nicht auszuschließen. Prof. Dr. L., der als "ungeduldiger" Prüfer gelte, habe die Kandidaten nicht durchgehend zu Wort kommen lassen, sie im Redefluss unterbrochen, wiederholt ohne sachlichen Grund das Thema gewechselt und die Prüfungsgruppe erheblich verunsichert. Gerade in einer solchen Situation sei es Aufgabe des Prüfungsvorsitzenden gewesen, in das "Prüfungsgeschehen" einzugreifen.

Demgegenüber hat das Hessische Landesprüfungsamt für Heilberufe für den Antragsgegner u.a. geltend gemacht, es liege kein Anordnungsanspruch vor. Die Formulierung "in der Regel" in § 4 Abs. 3 AppOZ zeige, dass von der Bestellung ordentlicher Professoren auch Ausnahmen zulässig seien. Eine solche sei Dr. S., der unter ordnungsgemäßer Beteiligung der Universität und unter deren ausdrücklicher Bestätigung seiner Eignung zum stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden ernannt worden sei. Zudem sei das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sehr zweifelhaft. Eine Exmatrikulation der Antragstellerin wegen des Nichtbestehens der Prüfung gemäß § 68 Abs. 2 des Hessischen Hochschulgesetzes sei wegen der fehlenden Bestandskraft nicht möglich. Beim Studium der Zahnmedizin bewirke das Nichtbestehen der naturwissenschaftlichen Vorprüfung keine Sperrwirkung, so dass die Antragstellerin ihr Studium bis zur zahnärztlichen Vorprüfung fortsetzen könne.

Mit Beschluss vom 8. August 2002 - 3 G 2152/02 - hat das Verwaltungsgericht Gießen den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Anordnungsgrundes zurückgewiesen, weil für die Antragstellerin durch die Verweisung auf das Hauptsacheverfahren (noch) keine wesentlichen Nachteile zu besorgen seien. Ihr stehe zwar kein weiterer regulärer Wiederholungsversuch zur Verfügung, sie müsse aber das Bestehen der naturwissenschaftlichen Vorprüfung erst bei der Meldung zur zahnärztlichen Vorprüfung nachweisen und sei deshalb bis dahin an der Fortführung ihres Studiums durch Besuch der noch nicht absolvierten vorklinischen Kurse nicht gehindert, wenn auch ohne zu wissen, ob sie die naturwissenschaftliche Vorprüfung überhaupt wiederholen könne. Auch bei Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung wäre aber die Fortsetzung ihres Studiums auf der Grundlage eines dann nur vorläufigen Zeugnisses mit im Kern dem gleichen Risiko verbunden, weil das zwischenzeitliche Studium obsolet sei, wenn sich letztlich im Hauptsacheverfahren der nur glaubhaft gemachte Anordnungsanspruch als nicht gegeben herausstelle. In jenem Verfahren werde der Antragsgegner das Vorliegen einer Ausnahme von dem dem Schutz der Prüflinge dienenden Regelfall des § 4 Abs. 3 AppOZ darlegen und nachweisen müssen, also insbesondere, dass auch bei optimaler Ausschöpfung der Arbeitszeitkapazität der annähernd 150 Professoren der medizinischen Fakultät der Philipps-Universität Marburg die Benennung der stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses aus diesem Personenkreis nicht möglich gewesen sei.

Gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 12. August 2002 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin durch diese am 22. August 2002 Beschwerde eingelegt und zur Begründung geltend gemacht: Das Verwaltungsgericht habe die wesentlichen Grundsätze des vorläufigen Rechtsschutzes im Prüfungsrecht missachtet. Es vermenge ihr vorläufiges Rechtsschutzbegehren auf Zulassung zu einer weiteren Prüfung mit ihrem Studium und verkenne den Prüfungsmaßstab. Da es eine Sachentscheidung ablehne, könne sie ihre Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren und die Erheblichkeit der von ihr geltend gemachten Mängel des Prüfungsverfahrens nicht abschätzen. Es sei ihr nicht zumutbar, entweder auf ein einjähriges ungewisses Studium oder auf die Entscheidung in der Hauptsache verwiesen zu werden. Sie werde zusätzlich dadurch benachteiligt, dass sie bei einer positiven gerichtlichen Entscheidung sowohl die naturwissenschaftliche Vorprüfung wie auch das Physikum kurz hintereinander ablegen und ihre Kenntnisse und Vorbereitungen für das Vorphysikum über eine derart lange Zeit konservieren müsse, während sich die anderen Kandidaten allein auf das Physikum vorbereiten könnten. Rechtsprechung und Literatur zum Anordnungsgrund im Prüfungsrecht seien seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Oktober 1988 ohnehin in Bewegung geraten, wenn es - wie hier - um einen grundrechtsbezogenen Anordnungsanspruch gehe.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 8. August 2002 abzuändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie zu einer weiteren Wiederholung der naturwissenschaftlichen Vorprüfung im Prüfungsfach Biologie zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen,

und bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf den verwaltungsgerichtlichen Beschluss. Ergänzend trägt er u.a. vor, die Antragstellerin müsse bis zur Meldung zur zahnärztlichen Vorprüfung mindestens drei weitere Semester studieren und bestimmte Leistungen erbringen. Im Falle ihres Obsiegens im Hauptsacheverfahren müsse sie die zwei Prüfungen nicht kurz hintereinander, sondern in einem angemessenen zeitlichen Abstand voneinander ablegen. Das für die Biologieprüfung vorzuhaltende Wissen sei nicht sehr umfangreich, wie sich daran zeige, dass lediglich der Besuch einer Vorlesung in Zoologie oder Biologie während eines Semesters verlangt werde. Es bestehe auch kein Anordnungsanspruch, weil der Prüfungsausschuss ordnungsgemäß besetzt gewesen sei, denn es habe ein Ausnahmetatbestand gemäß § 4 Abs. 3 AppOZ vorgelegen. Zur organisatorischen Vorbereitung der Vorprüfung habe die zuständige Mitarbeiterin der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses drei Tage lang versucht, ordentliche Professoren für den fraglichen Termin zu gewinnen. Nachdem ca. zehn bis fünfzehn Professoren aus den unterschiedlichsten Gründen (Urlaub, Kongresse, andere Prüfungen) verhindert gewesen seien, sei schließlich zur Abwendung dieser personellen Notsituation Herr Dr. S. ausgewählt und vom Prüfungsamt im Einvernehmen mit dem Fachbereich Humanmedizin in diese Funktion bestellt worden. Es sei davon ausgegangen worden, dass er dazu in der Lage gewesen sei, bei der Wiederholungsprüfung anwesend zu sein und erforderlichenfalls deren Ablauf zu bezeugen. Darüber hinausgehende Aufträge habe er vom Prüfungsausschussvorsitzenden jedenfalls nicht zu erwarten gehabt. Da sich der Ausschussvorsitzende bzw. sein Stellvertreter an der Prüfung selbst, d.h. an deren Verlauf und der Bewertung, nicht beteiligen dürfe, habe sich die Anwesenheit von Herrn Dr. S. auf die fragliche Prüfung in keiner Weise ausgewirkt.

Dem hält die Antragstellerin mit Schriftsätzen ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 30. September und 1. November 2002 ergänzend entgegen, sie werde alle erforderlichen Leistungsnachweise im Sommer 2003 erworben haben und könne dann im September nächsten Jahres am Physikum teilnehmen. Für die Biologieprüfung reiche nicht der Vorlesungsbesuch während eines Semesters, es sei vielmehr eine intensive Vorbereitung erforderlich. Sie schätze ihre Vorbereitungszeit auf täglich zwei Stunden über einen Zeitraum von ca. vier Wochen. Zu der Ausnahmesituation bei der Bestellung des Stellvertreters für den Prüfungsausschussvorsitzenden habe der Antragsgegner nicht begründet, warum man sich mit Herrn Dr. S. für einen Mitarbeiter des Prüfers entschieden habe, warum angesichts der vom Verwaltungsgericht genannten extrem hohen Zahl an Hochschullehrern das Prüfungsamt nur über eine Liste von zehn bis fünfzehn Professoren verfügt habe, warum der Termin wegen deren Verhinderung nicht habe verschoben werden können; zudem sei der Vortrag insgesamt viel zu allgemein gehalten und treffe keine konkreten Aussagen über die jeweilig verhinderten Hochschullehrer.

Während des Beschwerdeverfahrens hat der Prüfungsausschuss dem Widerspruch des Mitkandidaten W. mit Bescheid vom 12. September 2002 abgeholfen, die Biologieprüfung vom 4. April 2002 aufgehoben und eine erneute Prüfung zugelassen. Zwar sei der Prüfungsausschuss ordnungsgemäß besetzt gewesen, es könne vorliegend aber nicht ausgeschlossen werden, "dass Herr Dr. S. auf Grund der Tatsache, dass er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem vom Prüfer Prof. Dr. L. geleiteten Institut tätig ist, zu den vom Widerspruchsführer vorgetragenen Rügen bezüglich des Prüfungsstils des Prüfers (wohl: nicht) unvoreingenommen Stellung nehmen kann, was im vorliegenden Fall aber entscheidungserheblich wäre". Eine entsprechende Entscheidung im Fall der Antragstellerin lehnt der Antragsgegner ab, weil die Antragstellerin - anders als der Kandidat W. - keine konkret auf ihre Person bzw. auf einzelne, ihr gestellte Prüfungsfragen bezogenen Beanstandungen vorgetragen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Streitakten im vorliegenden und im Verfahren 8 TG 2415/02 des Kandidaten W. sowie auf den Inhalt der jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 146 Absätze 1 und 4 und § 147 Abs. 1 VwGO zulässig; sie ist insbesondere mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 22. August 2002 form- und fristgerecht eingelegt und - auch inhaltlich hinreichend - begründet worden.

Die Beschwerde ist begründet. Nach den in der Beschwerdeschrift dargelegten Gründen hat das Verwaltungsgericht den einstweiligen Rechtsschutzantrag gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu Unrecht wegen des Fehlens eines Anordnungsgrundes zurückgewiesen. Auch im Übrigen sind die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung anzunehmen.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, drohen der Antragstellerin bei einer Verweisung auf das Hauptsacheverfahren derzeit zwar keine unzumutbaren Nachteile in Gestalt einer Unterbrechung oder Verlängerung ihres Studiums. Es würde aber eine nicht gerechtfertigte und damit der Antragstellerin nicht zumutbare Benachteiligung darstellen, wenn sie ihr Studium bis zur Meldung zur zahnärztlichen Vorprüfung fortsetzen müsste, ohne zuvor die Gelegenheit zu erhalten, die von ihr als fehlerhaft gerügte Wiederholungsprüfung der naturwissenschaftlichen Vorprüfung im Fach Biologie erneut ablegen zu können. Dies würde schon eine zusätzliche psychische Belastung durch die Ungewissheit bewirken, ob ihr diese Wiederholungsmöglichkeit überhaupt eingeräumt wird, während bei Erlass der einstweiligen Anordnung nach einer tatsächlich erfolgreich absolvierten Prüfung nur die Unsicherheit verbliebe, ob die summarische positive Einschätzung des Gerichts nach einer umfassenden Prüfung im Hauptsacheverfahren von der Behörde oder vom Gericht - wider Erwarten - nicht bestätigt wird. Neben den terminlichen Schwierigkeiten, die sich weiterhin bei einer Verweisung auf das Hauptsacheverfahren daraus ergäben, dass die naturwissenschaftliche und die zahnärztliche Vorprüfung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 und § 26 Abs. 1 Satz 1 AppOZ im gleichen Zeitraum vom 10. Juli bis 31. Oktober stattfinden würden und die gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 AppOZ spätestens bis 25. Juni einzureichende Meldung zur zahnärztlichen Vorprüfung gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift den Nachweis des Bestehens der naturwissenschaftlichen Vorprüfung voraussetzt, müsste sie dann weiterhin ihre für die Biologieprüfung erforderlichen Kenntnisse bis dahin vorhalten und in Vorbereitung auf die Prüfung erneut auffrischen sowie innerhalb des obigen Prüfungszeitraums zusätzlich die zahnärztliche Vorprüfung mit vier Fächern vorbereiten und absolvieren. Das würde zu einer zusätzlichen Belastung und vor allem zu einer erheblichen Benachteiligung gegenüber den anderen Prüfungskandidaten führen, die sich in Übereinstimmung mit dem gestuften, den Ausbildungsstoff abschichtenden Prüfungssystem der AppOZ konzentriert nur auf die zahnärztliche Vorprüfung vorbereiten können. Diese mit der Verweisung auf das Hauptsacheverfahren verbundene und vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte Belastung und Benachteiligung der Antragstellerin stellt hier einen hinreichenden Anordnungsgrund dar, weil das bei einer (vorläufigen) Vorwegnahme der Hauptsache typischerweise bestehende Fehlentscheidungsrisiko vorliegend so gering ist, dass das Erfordernis eines darüber hinausgehenden besonders schweren Nachteils durch Unterbrechung des Studiums für die Bejahung eines Anordnungsgrundes im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht gerechtfertigt ist (vgl. dazu auch Zimmerling/Brehm, DVBl. 2001 S. 27 <31>).

Nach summarischer Prüfung kann nämlich unter Zugrundelegung schon des erstinstanzlichen Vorbringens der Antragstellerin ohne weiteren erheblichen Aufklärungsbedarf mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass ihr der geltend gemachte Anspruch auf eine erneute Biologieprüfung wegen einer fehlerhaften Besetzung des Prüfungsausschusses am 4. April 2002 zusteht.

An dieser Prüfung sieht sich der Senat nicht dadurch gehindert, dass das Oberverwaltungsgericht/der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Beschwerdeverfahren nur die in der Beschwerdebegründung form- und fristgerecht dargelegten Gründe prüft und sich die Antragstellerin in ihrem Beschwerdeschreiben vom 22. August 2002 eingehend nur mit dem vom Verwaltungsgericht verneinten Anordnungsgrund beschäftigt, nicht aber (nochmals) inhaltliche Ausführungen zum Anordnungsanspruch gemacht hat. Die mit Abschaffung der Beschwerdezulassung auf den Widerspruch des Bundesrates erst im Vermittlungsverfahren als Kompromisslösung in § 146 Abs. 4 VwGO neu eingeführte Begründungspflicht des Beschwerdeführers einschließlich der Einschränkung des obergerichtlichen Prüfungsumfangs auf die dargelegten Gründe verfolgt das Ziel, den Zugang zur zweiten Instanz im Eilverfahren trotz Abschaffung der Zweistufigkeit von Zulassungs- und Beschwerdeverfahren nicht weiter zu öffnen als in Hauptsacheverfahren, so dass Auslegung und Anwendung des § 146 Abs. 4 VwGO an den Anforderungen des Darlegungserfordernisses in § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO orientiert werden können (vgl. Seibert, NVwZ 2002 S. 265 <268>). Danach ist anhand der Beschwerdebegründung, die sich nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO - in Anlehnung an den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - umfassend mit der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auseinandersetzen, an deren Begründungsstruktur orientieren und auf deren jeweiligen Entscheidungsgründe eingehen muss (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 12. April 2002 - 7 S 653/02 - und vom 1. Juli 2002 - 11 S 1293/02 - NVwZ 2002 S. 883 und S. 1388), zunächst nur deren Rechtmäßigkeit zu prüfen. Erst wenn die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses durch die Beschwerdebegründung erfolgreich in Zweifel gezogen ist, kann das Oberverwaltungsgericht/der Verwaltungsgerichtshof als Beschwerdegericht - wie in einem Hauptsacheverfahren auch - selbst in der Sache entscheiden und ist nicht auf eine - dem Eilbedürfnis im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ohnehin widersprechende - Zurückverweisung entsprechend § 130 VwGO beschränkt (vgl. Schenke, in Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, Rdnr. 43 zu § 146). Dabei hat es die Erfolgsaussichten des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes umfassend und über die Darlegungen in der Beschwerdebegründung hinaus nach denselben Maßstäben zu prüfen, wie sie auch ohne die Regelung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO anzuwenden wären (vgl. OVG NW, Beschluss vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - NVwZ 2002 S. 1390), insbesondere auch dann, wenn das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf einen zu Unrecht als entscheidungserheblich angesehenen Gesichtspunkt - hier die Verneinung des Anordnungsgrundes - gestützt und sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdebegründung nur mit dieser Erwägung des Gerichts auseinandergesetzt hat; andernfalls würde sein in erster Instanz zu Unrecht nicht berücksichtigtes, möglicherweise relevantes Vorbringen - hier zum Anordnungsanspruch - auch vor dem Beschwerdegericht unbeachtet bleiben (vgl. zu einer ähnlichen Fallkonstellation: OVG Berlin, Beschluss vom 12. April 2002 - 8 S 41/02 - NVwZ-Beilage I 9/2000 S. 98 f.; Hess. VGH, Beschluss vom 23. Oktober 2002 - 9 TG 2712/02 -). Eine Erweiterung des Begründungserfordernisses des § 146 Abs. 4 VwGO über die vom Verwaltungsgericht angeführten Gründe hinaus würde nicht nur dem Wortlaut des Satzes 3 dieser Vorschrift widersprechen, sondern auch über die gesetzliche Zielsetzung hinaus für den Zugang zum Oberverwaltungsgericht/Verwaltungsgerichtshof in Eilverfahren höhere Anforderungen stellen als in Hauptsacheverfahren und als in den früheren Beschwerdezulassungsverfahren. Das würde zudem der ursprünglichen Absicht des Gesetzentwurfs völlig zuwiderlaufen, die Vorschrift über die Zulassung der Beschwerde sogar ersatzlos zu streichen, also die Beschwerdemöglichkeit wieder uneingeschränkt zu eröffnen. Letztlich wäre eine solche Ausdehnung der Beschwerdebegründungspflicht und damit die entsprechende Einschränkung des beschwerdegerichtlichen Prüfungsumfangs mit den vom Bundesverfassungsgericht zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufgestellten Grundsätzen zu einer Art. 19 Abs. 4 GG gerecht werdenden Auslegung und Anwendung rechtsbehelfseröffnender Verfahrensvorschriften nicht vereinbar. Danach sollen keine überdehnten Anforderungen an die Darlegung gestellt werden, die dem Betroffenen über die schlüssige Infragestellung der erstinstanzlichen Entscheidung hinaus einen vollständigen Begründungskontext abverlangen, den das Rechtsmittelgericht im Falle der Rechtsmittelstattgabe selbst zu entwickeln hätte (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 - DVBl. 2000 S. 1458 ff.; vgl. auch Hess. VGH, Beschluss vom 24. April 2001 - 8 UZ 1816/00 - NJW 2001 S. 3722).

Nach derzeitigem Erkenntnisstand hat die Antragstellerin hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Prüfungsausschuss am 4. April 2002 mit dem Wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. S. als Stellvertreter des Prüfungsausschussvorsitzenden gemäß § 22 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 AppOZ fehlerhaft besetzt und dieser Verfahrensverstoß wesentlich war, weil nicht auszuschließen ist, dass er sich auf den Prüfungsablauf und auf das Prüfungsergebnis der Antragstellerin negativ ausgewirkt hat, und dass ihr deshalb ein Anspruch auf eine erneute Biologieprüfung im Rahmen der naturwissenschaftlichen Vorprüfung zusteht.

Angesichts der Bedeutung und der Kompetenzen, die dem Vorsitzenden des Gemeinsamen Ausschusses für die naturwissenschaftliche und zahnärztliche Vorprüfung als einer der beiden staatlichen Prüfungskommissionen im Rahmen der Zahnarztausbildung und damit im Falle seiner Verhinderung auch seinem jeweiligen Stellvertreter für den ordnungsgemäßen Verlauf der Prüfung gemäß § 5 AppOZ zukommt, erscheint es schon erwägenswert, ob sich die Formulierung "in der Regel" in § 4 Abs. 3 AppOZ - wie von der Antragstellerin vorgetragen - in der Tat nur auf die "medizinische Fakultät" bezieht, so dass für diese Funktion nur ordentliche Professoren zu bestellen sind, die in der Regel der medizinischen Fakultät zu entnehmen sind. Selbst wenn man demgegenüber - mit dem Antragsgegner - ausnahmsweise auch die Bestellung Wissenschaftlicher Mitarbeiter für zulässig hielte, sind aus den obigen Gründen an einen solchen Ausnahmefall jedenfalls hohe Anforderungen zu stellen, denen die Darlegungen des Antragsgegners vorliegend nicht gerecht werden. Aus diesen ist nämlich nicht ersichtlich, warum der Prüfungsausschussvorsitzende selbst verhindert war, ob rechtzeitig vor dem Prüfungstermin und warum nur ca. zehn bis fünfzehn und nicht eine größere Zahl der 150 an der medizinischen Fakultät tätigen ordentlichen Professoren um eine Teilnahme ersucht wurden, warum die Professoren im Einzelnen jeweils verhindert waren und warum deshalb gegebenenfalls nicht eine Verlegung des Termins erwogen wurde.

Selbst wenn aber die Bestellung eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters unumgänglich gewesen sein sollte, war es angesichts der Funktion des Prüfungsausschussvorsitzenden in der Wiederholungsprüfung jedenfalls sachwidrig, einen Wissenschaftlichen Mitarbeiter gerade aus demjenigen Institut heranzuziehen, das von dem Prüfer dieses Termins geleitet wird. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 AppOZ achtet der Prüfungsausschussvorsitzende darauf, dass die Bestimmungen der Prüfungsordnung genau befolgt werden, und ist er (deshalb) berechtigt, der Prüfung in allen Fächern beizuwohnen. Die Wahrnehmung dieser Überwachungsaufgabe des Vorsitzenden oder eines seiner Stellvertreter ist für die Wiederholungsprüfung in der naturwissenschaftlichen Vorprüfung nicht nur fakultativ, sondern in § 22 Abs. 4 AppOZ zwingend vorgeschrieben; das beruht ersichtlich auf der besonderen Bedeutung dieser Prüfung für die Kandidaten, weil beim Nichtbestehen der Wiederholungsprüfung nach Absatz 5 dieser Vorschrift eine nochmalige naturwissenschaftliche Prüfung auch nach erneutem zahnärztlichen Studium und damit gemäß § 26 Abs. 2 AppOZ die Zulassung zur zahnärztlichen Vorprüfung ausgeschlossen und somit das Studium endgültig und unwiederbringlich erfolglos beendet ist. Es wird deshalb dem Gewicht dieser Überwachungsfunktion nicht gerecht, wenn der Antragsgegner sie dahin reduziert, dass der Vorsitzende oder sein Stellvertreter bei der Wiederholungsprüfung lediglich anwesend sein soll, um erforderlichenfalls deren Ablauf bezeugen zu können. Der ihm in § 5 Abs. 1 AppOZ auferlegten Verantwortung für die genaue Befolgung der Prüfungsordnung würde er nämlich nicht gerecht, wenn er einen Verstoß gegen die Prüfungsordnung oder gegen sonstige prüfungsrechtliche Grundsätze unbeanstandet geschehen ließe und sich lediglich darauf beschränkte, sie nach Abschluss der Prüfung bei entsprechender Beanstandung durch einen Kandidaten zu bezeugen. Bei einem solchen Verstoß müsste er vielmehr korrigierend eingreifen, so dass seine Anwesenheit den Prüfer auch von vornherein zusätzlich veranlassen sollte, auf die Wahrung der prüfungsrechtlichen Regeln und Grundsätze genau zu achten. Ob ein Wissenschaftlicher Mitarbeiter dieser Funktion, die auch eine ausreichende Prüfungserfahrung voraussetzt, gegenüber einem ordentlichen Professor als Prüfer hinreichend gerecht werden kann, erscheint schon nicht ganz zweifelsfrei; zu verneinen ist dies aber jedenfalls für einen in dem vom Prüfer geleiteten Institut beschäftigten und sich damit in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Prüfer befindlichen Wissenschaftlichen Mitarbeiter, und zwar unabhängig davon, ob sich dies auf sein persönliches Verhalten im konkreten Einzelfall ausgewirkt hat.

Da die Antragstellerin zur Begründung der Erheblichkeit dieses Verfahrensfehlers - in Übereinstimmung mit dem Vorbringen ihres Mitkandidaten W. und dessen von den anderen beiden Teilnehmern der Prüfung bestätigten Gedächtnisprotokolls - die Art und Weise der Prüfung und die dadurch bewirkte Verunsicherung der gesamten Prüfungsgruppe gerügt hat, erscheint es auch nicht ausgeschlossen, dass ihr Prüfungsergebnis durch diese Fehlbesetzung des Beisitzers negativ beeinflusst worden ist; sie hätte die naturwissenschaftliche Vorprüfung insgesamt gemäß § 22 Absätze 1 und 2 AppOZ schon dann bestanden, wenn sie in Biologie mit "mangelhaft (4)" bewertet worden wäre. Der damit wesentliche Verfahrensfehler kann nicht durch eine Neubewertung geheilt werden, so dass der Antragstellerin ein Anspruch auf Zulassung zu einer erneuten Biologieprüfung zusteht.

Obwohl die naturwissenschaftliche Vorprüfung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 AppOZ als ein "einheitliches Ganzes anzusehen" und gemäß § 22 Abs. 3 Satz 3 AppOZ innerhalb von sechs Monaten nach ihrem Beginn vollständig zu absolvieren ist, ist der Antragstellerin in verfassungskonformer Auslegung unter Außerachtlassung dieser Regelungen die Wiederholung allein der Biologieprüfung zu ermöglichen. Da der sich nur auf diesen Prüfungsteil beziehende Fehler der Behörde zur Last fällt, entspricht es rechtsstaatlichen Erfordernissen, in Ermangelung einer Regelung dieser Fehlerfolge in der AppOZ das erneute Prüfungsverfahren so zu gestalten, dass die Antragstellerin durch dieses Verfahren den geringstmöglichen Nachteil erleidet. Diesem Gesichtspunkt wird - wie in der Regel - dadurch entsprochen, dass sie lediglich denjenigen selbständig zu bewertenden Prüfungsteil erneut ablegt, dem der rechtserhebliche Mangel anhaftet, denn es wäre unbillig, ihr nochmals die Wiederholung des gesamten Prüfungsstoffs der naturwissenschaftlichen Vorprüfung zuzumuten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2001 - 6 C 14/01 - DVBl. 2002 S. 973).

Nach alledem war der Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die das erstinstanzliche Verfahren gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG einbeziehende Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 3 GKG und auf der ständigen Rechtsprechung des Senats, wonach bei einem Streit um eine Zwischenprüfung, von deren Bestehen die weitere Ausbildung - nämlich hier die Zulassung zur zahnärztlichen Vorprüfung - abhängig ist, grundsätzlich der 1 1/2-fache Auffangstreitwert zu Grunde gelegt wird. Zwar betrifft das vorliegende Verfahren die Wiederholung der Naturwissenschaftlichen Vorprüfung nur im Fach Biologie, von dem Ergebnis in diesem Fach ist aber das Bestehen insgesamt abhängig. Da die stattgebende Entscheidung die Hauptsache vorwegnimmt, ist der Streitwert auch nicht wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens zu halbieren.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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