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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.03.2008
Aktenzeichen: 8 TG 2493/07
Rechtsgebiete: HV, HStubeiG


Vorschriften:

HV Art. 59
HStubeiG § 1 Abs. 1
HStubeiG § 3 Abs. 1
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Heranziehung zu Studienbeiträgen im Sinne des § 80 Abs. 4 VwGO im Hinblick auf eine Vereinbarkeit der Regelungen des Hessischen Studienbeitragesgesetzes mit Art. 59 Abs. 1 Satz 1 und 4 der Verfassung des Landes Hessen.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

8 TG 2493/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Hochschulrechts (Heranziehung zu Studienbeiträgen)

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 8. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Höllein, Richter am Hess. VGH Schröder, Richterin am VG Bohn

am 26. März 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 30. Oktober 2007 - 3 G 3758/07 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung abgeändert. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Grundstudienbeitragsbescheid vom 7. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2007 anzuordnen, wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 250,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen einen Studienbeitragsbescheid.

Der Antragsteller befand sich im Wintersemester 2007/2008 bei der Antragsgegnerin im Studiengang Humanmedizin (Abschluss Staatsexamen) im 5. Fachsemester.

Mit Bescheid vom 7. September 2007 setzte die Antragsgegnerin auf der Grundlage der §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 Hessisches Studienbeitragsgesetz vom 16. Oktober 2006 (GVBl. I S. 512) - HStubeiG - für die kommenden dreizehn Fachsemester (Grundstudienbeitragsphase) des Studiums des Antragstellers einen Grundstudienbeitrag in Höhe von 500,00 € je Semester, beginnend mit dem Wintersemester 2007/2008, fest und forderte zugleich für dieses Semester die Zahlung des Beitrages innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Bescheides. In der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung wurde erklärt, die Festsetzung des Studienbeitrages sei vorläufig hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes. Bei einer eventuellen Aufhebung des Gesetzes würden Studienbeiträge, soweit sie nicht verfassungskonform seien, zurückerstattet.

Gegen den Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 17. September 2007 Widerspruch ein und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, der Gebührenbescheid verstoße gegen Art. 59 der Verfassung des Landes Hessen vom 1. Dezember 1946 - HV - (GVBl. 1946 S. 229). Das Studienbeitragsgesetz mache, was nach der Landesverfassung nicht zulässig sei, die Entgeltlichkeit des Studiums zur Regel und stelle nicht auf die Leistungsfähigkeit des Studenten im Zeitpunkt der Beitragszahlungspflicht ab. Darüber hinaus sei der Beitragsbescheid auch in sich widersprüchlich. Zugleich beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2007 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück und lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab, da die Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 VwGO nicht erfüllt seien.

Der Antragsteller hat am 23. Oktober 2007 Klage erhoben. Das Klageverfahren ist bei dem Verwaltungsgericht Gießen unter dem Aktenzeichen 3 E 3758/07 noch anhängig.

Ebenfalls am 23. Oktober 2007 hat der Antragsteller bei Gericht einen Eilantrag gestellt und zur Begründung geltend gemacht, die Regelungen des Hessischen Studienbeitragsgesetzes verstießen gegen Art. 59 HV, Art. 12 Abs. 1 GG und gegen Art. 13 Abs. 2 lit c) des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966.

Der Antragsteller hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 23. Oktober 2007 gegen den Grundstudienbeitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 7. September 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2007 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat ausgeführt, angesichts der Regelung des Art. 100 Abs. 1 GG sei es nicht Aufgabe eines erstinstanzlichen Verwaltungsgerichts, Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes zum Gegenstand seiner Entscheidung zu machen. Halte das Gericht die gesetzliche Grundlage eines Verwaltungsaktes für verfassungswidrig, sei das Verfahren auszusetzen und dem zuständigen Landesverfassungsgericht vorzulegen. Jedenfalls rechtfertigten im Eilrechtsschutzverfahren nur besonders schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Solche schwerwiegenden Zweifel bestünden vorliegend aber nicht. Die Festsetzung des Studienbeitrags sei vorläufig und stehe unter dem Vorbehalt der Verfassungsmäßigkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes. Bei einer vollständigen oder teilweisen Aufhebung dieses Gesetzes würden die Beiträge zurückerstattet. Der Antragsteller habe einen Anspruch auf Darlehensgewährung, so dass für ihn auch keine aktuelle finanzielle Belastung eintrete. Damit lägen keine Umstände vor, die die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes geboten erscheinen ließen. Zudem sei das Hessische Studienbeitragsgesetz auch mit höherrangigem Recht vereinbar.

Mit Beschluss vom 30. Oktober 2007 hat das Verwaltungsgericht Gießen die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 23. Oktober 2007 gegen den Grundstudienbeitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 7. September 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2007 angeordnet. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Eilantrag sei zulässig, insbesondere statthaft, da die Klage gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung entfalte und das nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO erforderliche behördliche Verfahren erfolglos durchgeführt worden sei. Auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse sei trotz des im Bescheid enthaltenen Vorbehalts gegeben. Das Einfügen einer Vorbehaltsklausel eröffne der Antragsgegnerin nicht die Möglichkeit, die Zulässigkeit gerichtlichen Eilrechtsschutzes einzuschränken oder gar gänzlich auszuschließen. Der für den rechtsstaatlichen Zweck des Eilverfahrens typische vorab zu gewährende Rechtsschutz gegen eine Eingriffsmaßnahme sei sachlich verschieden von dem durch den Vorbehalt im Bescheid gewährleisteten nachrangigen Folgenbeseitigungsanspruch. Zudem sei das Rechtsschutzinteresse auch deshalb gegeben, weil sich der Antragsteller nicht nur auf einen Verstoß des Hessischen Studienbeitragsgesetzes gegen die Landesverfassung, sondern auch gegen Art. 12 Abs. 1 GG berufe. Der Antrag sei auch begründet, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Grundstudienbeitragsbescheides bestünden. Der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache sei ebenso wahrscheinlich wie ein Misserfolg, da gewichtige Gründe gegen die Vereinbarkeit der Rechtsgrundlagen des Beitragsbescheides in §§ 1 bis 8 HStubeiG mit Art. 59 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 HV bestünden. Maßgeblich gegen die Verfassungsmäßigkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes im Ganzen sprächen insbesondere zwei offensichtliche Abweichungen des Gesetzes von den Vorgaben der Landesverfassung. Das Hessische Studienbeitragsgesetz bestimme im Widerspruch zu Art. 59 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 HV keinen Personenkreis, der mangels wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit von der Studienbeitragspflicht grundsätzlich befreit sei, und verschiebe zudem im Widerspruch zu Art. 59 Abs. 4 Satz 1 HV die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Studierenden vom Zeitpunkt der Zahlung der Studienbeiträge auf einen unbestimmten späteren Zeitpunkt. Trotz ernstlicher Zweifel des Gerichts an der Verfassungsmäßigkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes seien die Voraussetzungen einer Richtervorlage an den Hessischen Staatsgerichtshof im Eilverfahren nicht gegeben. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Verwaltungsgerichts wird auf Blatt 41 bis 57 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat gegen den ihr am 5. November 2007 zugestellten Beschluss am 19. November 2007 Beschwerde eingelegt, die sie mit am 3. Dezember 2007 eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Sie ist der Ansicht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das erforderliche Rechtsschutzinteresse des Antragstellers bejaht. Das Rechtsschutzinteresse fehle im Hinblick auf die in dem Studienbeitragsbescheid enthaltene Vorbehaltsklausel und den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung eines Darlehens nach dem Hessischen Studienbeitragsgesetz. Gegenwärtig entstünden dem Antragsteller durch den Beitragsbescheid keine finanziellen Nachteile. Das erforderliche Rechtsschutzinteresse könne auch nicht deshalb bejaht werden, weil sich der Antragsteller auch auf eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG berufen habe. Zum einen habe die Vorinstanz einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG überhaupt nicht geprüft. Zum anderen müsse die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG beachtet werden. Danach sei die Erhebung von Studienbeiträgen in Höhe von 500,00 € im Zusammenhang mit einer sozialen Absicherung, vorliegend dem Anspruch auf Gewährung eines Darlehens nach dem Hessischen Studienbeitragsgesetz, mit dem Grundgesetz vereinbar. In der Sache habe das Verwaltungsgericht auf einen unzutreffenden Prüfungsmaßstab abgestellt. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes seien erst dann gegeben, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher sei als ein Misserfolg, nicht jedoch dann, wenn der Ausgang des Hauptsacheverfahrens lediglich als offen erscheine. Das Verwaltungsgericht habe sich zudem mit seiner Entscheidung unzulässigerweise in den Bereich der Verfassungsrechtsprechung begeben und außer Acht gelassen, dass im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur besonders schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes rechtfertigten. Zudem habe das Verwaltungsgericht das Erfordernis einer Interessenabwägung zwischen dem beeinträchtigten Individualinteresse und dem schützenswerten öffentlichen Interesse verkannt. Die Notwendigkeit einer Abwägung ergebe sich auch aus einem Vergleich mit den Möglichkeiten der Eilrechtsschutzgewährung durch den Hessischen Staatsgerichtshof. Dieser könne für eine sechs Monate nicht übersteigende Frist eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn es zur Abwendung schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen Grund dringend geboten sei. Wenn aber schon der Staatsgerichtshof eine einstweilige Anordnung nur aufgrund einer Interessenabwägung zwischen dem beeinträchtigten Individualinteresse und dem öffentlichen Interesse erlassen dürfe, könne für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch das Verwaltungsgericht nichts anderes gelten. Diese Interessenabwägung müsse zu Lasten des Antragstellers ausgehen. Die Rückmeldung zum Wintersemester sei ihm unabhängig von der Zahlung des Studienbeitrages ermöglicht worden. Ein finanzieller Schaden könne dem Antragsteller im Falle einer eventuellen Verfassungswidrigkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes nicht entstehen, da er zum einen einen Anspruch auf Darlehensgewährung habe und zum anderen die Vorbehaltsklausel sicherstelle, dass ihm im Falle einer Verfassungswidrigkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes geleistete Beiträge zurückerstattet würden. Die Zeitspanne zu erwartender Rechtsunsicherheit sei überschaubar, da der Hessische Staatsgerichtshof eine Entscheidung über die bei ihm anhängigen Verfahren betreffend die Verfassungsmäßigkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes für das Frühjahr 2008 angekündigt habe. Ohne die Einnahmen aus den Studienbeiträgen könnten die Maßnahmen, die erforderlich seien, um die Studienbedingungen an den hessischen Hochschulen zu verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit der hessischen Hochschulen zu erhalten, nicht durchgeführt werden. Aus den bereits im erstinstanzlichen Verfahren dargelegten Gründen seien die Regelungen des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit den Vorgaben der Landesverfassung vereinbar.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 30. Oktober 2007 - 3 G 3758/07 - aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er tritt der Beschwerde entgegen und führt aus, die Vorinstanz habe das Rechtsschutzinteresse zu Recht bejaht. Die von der Gegenseite angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts befasse sich überhaupt nicht mit der Zulässigkeit der Erhebung von Studienbeiträgen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin werde er - der Antragsteller - auch nicht lediglich mit einer "abstrakten" Rückzahlungsverpflichtung durch eine eventuelle Darlehensaufnahme belastet. Die Vorinstanz sei zu Recht davon ausgegangen, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes schon dann gegeben seien, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren ebenso wahrscheinlich wie der Misserfolg sei. Wegen der Unvereinbarkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit den Vorgaben der Hessischen Verfassung sei der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache im Übrigen auch überwiegend wahrscheinlich. Das Verwaltungsgericht Gießen sei in einer später ergangenen Eilentscheidung (Beschluss vom 12. November 2007 - 3 G 2590/07) auch selbst davon ausgegangen, dass die Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Regelungen des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit der Hessischen Verfassung so gewichtig seien, dass ein Erfolg in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich sei. Für eine zusätzliche Interessenabwägung sei bei einer Bejahung ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes kein Raum. Aber selbst wenn man eine Interessenabwägung für erforderlich halte, müsse diese zu Lasten der Antragsgegnerin ausgehen, da das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Beitragsbescheides nicht höher zu bewerten sei als das Aufschubinteresse. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass von Studiengebühren eine abschreckende Wirkung insbesondere auf Kinder einkommensschwacher Haushalte ausgehe.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in diesem Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die gemäß den §§ 147 Abs. 1, 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO form- und fristgemäß ein gelegte und begründete Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Studienbeitragsbescheides, die es nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO rechtfertigten, die sofortige Vollziehung des angegriffenen Studienbeitragsbescheides zu suspendieren. Unter Abänderung der angegriffenen Entscheidung ist daher der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen diesen Beitragsbescheid abzulehnen.

Das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin, auf dessen Prüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ist geeignet, die Richtigkeit des angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschlusses erfolgreich in Zweifel zu ziehen, und führt zur Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

Allerdings ist der Antragsgegnerin nicht darin zu folgen, dass der Eilantrag des Antragstellers mangels Rechtsschutzinteresses schon unzulässig ist. Das Rechtsschutzinteresse wäre, da eine einfachere und effektivere Möglichkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorliegend nicht ersichtlich ist, nur dann nicht gegeben, wenn auch ein Obsiegen im Eilverfahren für den Antragsteller mit keinem rechtlichen Vorteil verbunden wäre. Dies ist aber auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Antragsgegnerin die Festsetzung des Studienbeitragsbescheides für vorläufig hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes erklärt und angekündigt hat, dass bei einer vollständigen oder teilweisen Aufhebung des Studienbeitragsgesetzes geleistete Studienbeiträge zurückerstattet werden, nicht der Fall. Nur durch die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, nicht aber eine nachträgliche Folgenbeseitigung kann der Antragsteller nämlich die Verpflichtung zur Zahlung des Semesterbeitrages suspendieren. Die Folgenbeseitigung führt nur zu einer nachträglichen Rückabwicklung, nicht aber dazu, dass der Antragsteller die geforderten Studienbeiträge zunächst überhaupt nicht leisten muss.

Im Unterschied zur Vorinstanz ist der Senat allerdings nicht der Auffassung, dass die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO in entsprechender Anwendung anzuordnen sei, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides im Hinblick auf eine Vereinbarkeit der Rechtsgrundlagen dieses Bescheides in §§ 1 bis 8 HStubeiG mit Art. 59 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 HV beständen. Insbesondere ist der Antragsgegnerin darin zu folgen, dass die Vorinstanz bei der Bejahung ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Beitragsbescheides im Sinne des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO von einem unzutreffenden Maßstab ausgegangen ist. Die Vorinstanz hat nämlich verkannt, unter welchen Voraussetzungen vom Vorliegen ernstlicher Zweifel im Sinne des § 80 Abs. 4 Satz 3 1. Alternative VwGO auszugehen ist.

Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben, vorliegend von Studienbeiträgen, enthält § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO Kriterien dafür, wann eine Aussetzung der Vollziehung erfolgen soll. Dieser Prüfungsmaßstab findet auf die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO entsprechend Anwendung. Danach soll eine Aussetzungsentscheidung der Behörde und entsprechend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs durch das Verwaltungsgericht erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 80 Abs. 4 Satz 3 1. Alternative VwGO). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Abgabenbescheides liegen entgegen der Auffassung der Vorinstanz aber nicht bereits dann vor, wenn sich die Gründe für und gegen den Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache die Waage halten, der Ausgang des Hauptsacheverfahrens also als offen anzusehen ist. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit sind vielmehr erst dann zu bejahen, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher erscheint als ein Misserfolg (Puttler in Sodan-Ziekow, VwGO, Großkommentar, § 80 Rdnr. 143 m.w.N.). Dies ergibt sich daraus, dass nach der Wertung des Gesetzgebers bei den von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO umfassten Verwaltungsakten generell ein öffentliches Interesse an ihrer sofortigen Vollziehung besteht, welches das Aufschubinteresse des Bürgers überwiegt. Bei Bejahung des Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit schon bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens würde die vom Gesetzgeber generell bestimmte sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes ihren beabsichtigten Zweck aber nicht erreichen können.

Dass ein Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren überwiegend wahrscheinlich ist, hat die Vorinstanz aber nicht festgestellt. Vielmehr ist sie lediglich davon ausgegangen, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs des Antragstellers ebenso wahrscheinlich sei wie ein Misserfolg. Schon auf der Grundlage der eigenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts liegen damit die Voraussetzungen für die Annahme ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Studienbeitragsbescheides nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Studienbeitragsbescheides im Sinne des § 80 Abs. 4 Satz 3 1. Alternative VwGO beständen aber selbst dann nicht, wenn man unter Berücksichtigung später ergangener Entscheidungen der Vorinstanz, in denen es ebenfalls um die Heranziehung zu Studienbeiträgen nach dem Hessischen Studienbeitragsgesetz ging (etwa VG Gießen, Beschluss vom 12. November 2007 - 3 G 2590/07 -), davon ausgehen wollte, dass die Vorinstanz im Hinblick auf die von ihr angenommene Unvereinbarkeit der Regelungen des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit den Vorgaben des Art. 59 Abs. 1 Sätze 1 und 4 HV auch vorliegend nicht von einem offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens ausgegangen ist, sondern einen Erfolg der Klage des Antragstellers gegen den in Rede stehenden Studienbeitragsbescheid als überwiegend wahrscheinlich angesehen hat. Die Zweifel an der Vereinbarkeit der Bestimmungen des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit den Vorschriften der Hessischen Landesverfassung sind nicht so schwerwiegend und offenkundig, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers rechtfertigen.

Die Vorinstanz hat die Annahme ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides ausschließlich auf ernstliche Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der §§ 1 bis 8 HStubeiG mit den Vorgaben des Art. 59 Abs. 1 Sätze 1 und 4 HV gestützt. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht dabei davon ausgegangen, dass wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO und der gegebenen Eilbedürftigkeit eine Verpflichtung zur Aussetzung des Verfahrens und zur Vorlage der Sache an den Hessischen Staatsgerichtshof nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, der auch die Vorlagepflicht an das Landesverfassungsgericht regelt, nicht bestand. Allerdings hat die Vorinstanz nicht hinreichend beachtet, dass nur schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes und damit auch hinsichtlich des auf ihm basierenden Verwaltungsaktes die gerichtliche Aussetzung nach § 80 Abs. 5 VwGO rechtfertigen. Die maßgeblichen "ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit" können im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, wenn sie sich ausschließlich aus einer Nichtvereinbarkeit des dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzes mit verfassungsrechtlichen Vorschriften ergeben, nur dann angenommen werden, wenn die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes offensichtlich ist, die Nichtigkeit der dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm also "geradezu auf der Hand liegt", das fragliche Gesetz mithin "greifbar verfassungswidrig" ist (ebenso Bayer. VGH, Beschluss vom 4. April 2007 - 19 CS 07.400 - juris Rdnrn. 31, 33). Offensichtlich und greifbar ist eine Unvereinbarkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit den Vorgaben der Hessischen Landesverfassung aber nicht.

Auch wenn die Vorinstanz beachtliche und keinesfalls von vornherein von der Hand zu weisende Gründe für eine Verfassungswidrigkeit der Vorschriften des Hessischen Studienbeitragsgesetzes angeführt und auch zu Recht dargelegt hat, dass die Annahme einer Verfassungswidrigkeit der Regelungen des Hessischen Studienbeitragsgesetzes auch von der Landesanwältin beim Staatsgerichtshof des Landes Hessen sowie von Schmehl (NVwZ 2006, 883 ff.) und von Lübbe (DÖV 2007, 423 bis 425) geteilt wird, muss andererseits berücksichtigt werden, dass demgegenüber eine Vereinbarkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit Art. 59 HV von namhaften Autoren bejaht wird (Pestalozza, Landesverfassungsrechtliche Fragen eines Hochschulgeldes in Hessen, Rechtsgutachtliche Stellungnahme vom 6. Dezember 2005; Steinberg/Deimann, Wissenschaftsrecht 35 (2002), 113 bis 124). Darüber hinaus muss in die Überlegungen eingestellt werden, dass der Hessische Staatsgerichtshof im Rahmen seiner bisherigen Rechtsprechung zu Art. 59 HV (Urteil vom 8. Juli 1949 - P.St. 22 - Hess. StAnz. 1949, 348 = VerwRspr. 2 (1950), 20; Urteil vom 11. Mai 1956 - P.St. 191 - Hess. StAnz. 1956, 552; Urteil vom 13. Juli 1956 - P.St. 204 - Hess. StAnz. 1956, 780; Urteil vom 1. Dezember 1976 - P.St. 812 - Hess. StAnz. 1977, 110 = ESVGH 27, 30 = juris) noch keine Gelegenheit hatte, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die Landesverfassung ein Verbot der Erhebung allgemeiner, flächendeckender Studienbeiträge enthält. Einzustellen ist ferner, dass sich aus der Entstehungsgeschichte des Art. 59 HV und vor allem aus der bisherigen Rechtsprechung des Hessischen Staatsgerichtshofs Anhaltspunkte dafür gewinnen lassen, die eher für als gegen eine Vereinbarkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit den Vorgaben der Landesverfassung sprechen.

Art. 59 HV gehörte zu den zwischen der SPD und den bürgerlichen Parteien in der Verfassungsberatenden Landesversammlung zu den heftigst umstrittenen Bestimmungen der neuen Verfassung. Das von der SPD zunächst verfolgte Ziel, eine pauschale Lehr- und Lernmittelfreiheit durchzusetzen, wurde als Ergebnis eines Kompromisses aufgegeben, der die Universitäten ausdrücklich von der Lernmittelfreiheit ausnahm und in Abs. 1Satz 4 darüber hinaus den Gesetzgeber ermächtigte, die Zahlung von "Schulgeld" anzuordnen. Eine generelle Lehrmittelfreiheit ist damit nicht Gesetz geworden. Mit dieser Entstehungsgeschichte der Norm korrespondierend, hat der Staatsgerichtshof für das Land Hessen in seiner bisherigen Rechtsprechung als telos des Art. 59 HV nicht die Unentgeltlichkeit des Unterrichts herausgearbeitet, sondern den Zweck des Art. 59 HV darin gesehen, dem Tüchtigen freie Bahn zu gewähren, ohne Rücksicht auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern (Urteil vom 11. Mai 1966 - P.St. 191 - a.a.O. und Urteil vom 1. Dezember 1976 - P.St. 812 - a.a.O. = juris Rdnr. 58). Auch dem sozial Schwächeren solle eine akademische Ausbildung nicht deshalb verschlossen bleiben, weil er die Mittel für das Unterrichtsgeld nicht aufbringen könne. Die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs hat klargestellt, dass der Gedanke, dem Tüchtigen freie Bahn zu schaffen, den ganzen Artikel 59 HV, also auch dessen Abs. 1 Satz 1 beherrsche. Die bisherige Rechtsprechung des Hessischen Staatsgerichtshofs hat ferner herausgearbeitet, dass es sich bei Art. 59 Abs. 1 HV um ein unmittelbar geltendes Recht in Gestalt eines sozialen Grundrechts handele. Insoweit liege kein klassisches Grundrecht zur Abwehr von Eingriffen in Freiheit und Eigentum vor (so schon im Urteil vom 11. Mai 1956 - P.St. 191 - a.a.O.). Als soziales Grundrecht sei die Regelung in sehr viel höherem Maße als die meisten klassischen Grundrechte der Differenzierung zugänglich und einschränkend auszulegen, um dem einfachen Gesetzgeber bei der Ausgestaltung, die immer von wechselnden Umständen abhängig sei, nicht über Gebühr die Hände zu binden (Urteil vom 11. Mai 1956 - P.St. 191 - a.a.O.). Art. 59 HV enthalte als soziales Grundrecht immanente Schranken und "stehe unter dem Vorbehalt des Möglichen" im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen könne (Urteil vom 1. Dezember 1976 - P.St. 812 - a.a.O. = juris Rdnr. 56). Der einfache Gesetzgeber habe die Befugnis, in eigener Verantwortung und unter Rücksichtnahme auf die Haushaltswirtschaft und andere Gemeinschaftsbelange Begrenzungen des Teilhaberechts des Art. 59 HV vorzunehmen (ebenda). Auch wenn der Staatsgerichtshof in seiner Judikatur Art. 59 Abs. 1 Satz 4 HV bisher nicht als "echten Gesetzesvorbehalt" angesehen hat, lässt die bisherige landesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 59 HV jedoch erkennen, dass dem einfachen Gesetzgeber die Aufgabe der Verdeutlichung und Konkretisierung des Garantiegehalts des Art. 59 Abs. 1 Satz 1 HV zukommt, ferner Satz 1 der Vorschrift nicht schrankenlos gewährt ist, sondern den Beschränkungen eines "Teilhaberechts" unterliegt, zwischen Satz 1 auf der einen und den Sätzen 3 und 4 des Art. 59 Abs. 1 HV auf der anderen Seite kein Regel- Ausnahme-Verhältnis besteht (Urteil vom 1. Dezember 1976 - P.St. 812 - a.a.O. = juris Rdnr. 54) und schließlich Satz 1 der Vorschrift auch unter dem Vorbehalt des Möglichen steht, also die Gewährleistung des Satzes 1 nicht grundsätzlich einer Einschränkung im Wege der einfachen Gesetzgebung entgegenstehen muss. Stellt man weiter ein, dass bei der Ausfüllung des Vorbehalts des Möglichen vom Gesetzgeber sowohl die in Art. 60 Abs. 1 Satz 1 HV enthaltene Schutzverpflichtung des Staates für die Hochschulen als auch der Umstand knapper, nicht ohne weiteres vermehrbarer öffentlicher Mittel zu berücksichtigen sein könnte, berücksichtigt man ferner, dass in der Literatur (Pestalozza, a.a.O., Rdnr. 115 ff.) der Garantiekern des Art. 59 Abs. 1 HV nur in einer Garantie der Unentgeltlichkeit des obligatorischen Schulunterrichts im Rahmen der Schulpflicht gesehen wird, so erscheint die Annahme des Verwaltungsgerichts, es müsse einen Personenkreis geben, der mangels wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit von der Studienbeitragspflicht grundsätzlich befreit sei, jedenfalls dann nicht als zwingend, wenn und sofern die Erhebung von Studienbeiträgen an den Hochschulen sozial derart abgefedert ist, dass - unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage - niemand aus finanziellen Gründen von der Aufnahme und Durchführung eines Studiums abgehalten wird. Eine derartige soziale Abfederung ist aber in den Vorschriften des Hessischen Studienbeitragsgesetzes enthalten. Danach wird nämlich jedem Studierenden ohne Bonitätsprüfung ein Anspruch auf Darlehensgewährung zur Finanzierung der Studienbeiträge eingeräumt. Der Studierende muss erst zu einem späteren Zeitpunkt den Beitrag in Form von Darlehensraten tatsächlich aufbringen. Durch die Möglichkeit der Darlehensgewährung wird jeder Studierende in die wirtschaftliche Lage versetzt, ein Studium zu beginnen. Die Rückzahlung des Darlehens muss erst zwei Jahre nach Beendigung des Studiums und nur bei Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen beginnen. Für Studierende, die während des Studiums Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten, gilt zudem eine Kappungsgrenze.

Auch die zweite Annahme des Verwaltungsgerichts, die Regelungen des Hessischen Studienbeitragsgesetzes ständen deshalb in Widerspruch zur Landesverfassung, weil die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Studenten vom Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge nicht auf einen unbekannten späteren Zeitpunkt verschoben werden dürfe, ist nicht so zwingend, dass von einer greifbaren, offensichtlichen Verfassungswidrigkeit der Regelungen ausgegangen werden kann. Auch wenn einzuräumen ist, dass der Wortlaut des Art. 59 Abs. 1 Satz 4 HV für eine zeitliche Konkurrenz von Leistungsfähigkeit und Beitragszahlungspflicht spricht, kann sich anderes möglicherweise aus dem Zweck der Norm ergeben. Sieht man mit der bisherigen Rechtsprechung des Hessischen Staatsgerichtshofes den telos der Norm darin, dem Tüchtigen freie Bahn zu gewähren und dem Studierwilligen den Hochschulzugang unabhängig von seiner wirtschaftlichen Situation zu ermöglichen, so erscheint die "Darlehenslösung" des Hessischen Studienbeitragsgesetzes verfassungsrechtlich nicht von vornherein als unzulässig. Dem maßgebenden Sinngehalt des Art. 59 Abs. 1 Satz 4 HV wäre dann möglicherweise dadurch genügt, dass der Gesetzgeber dem Studenten, der sich in schwieriger wirtschaftlicher Situation befindet, im Vorgriff und im Vertrauen auf einen späteren Ausgleich und unter Zugrundelegung einer typischerweise tragenden Perspektive den sonst nicht begehbaren Weg zur Hochschule durch eine Darlehensgewährung freimacht und ihn zur Rückzahlung erst und nur dann verpflichtet, wenn es seine wirtschaftliche Lage nach erfolgreichem Abschluss des Studiums und dem Verstreichen einer gewissen Übergangszeit gestattet.

Es nicht Aufgabe des Senats, im vorliegenden Eilverfahren eine abschließende verfassungsrechtliche Prüfung der Vereinbarkeit der Normen des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit Art. 59 HV vorzunehmen. Diese Prüfung ist dem Hessischen Staatsgerichtshof vorbehalten, der über die bei ihm anhängigen Anträge schon mündlich verhandelt hat. Eine vertiefte verfassungsrechtliche Prüfung, die schwierige verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, ist zudem im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem zumeist nur eine summarische Prüfung der Rechtslage erfolgen kann, auch überhaupt nicht möglich. Entscheidend für den Ausgang des Eilverfahrens ist, dass jedenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine offensichtliche und greifbare Verfassungswidrigkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes bestehen. Nur bei einer offenkundigen Verfassungswidrigkeit der Normen des Hessischen Studienbeitragsgesetzes wäre aber Raum für die Suspendierung der sofortigen Vollziehbarkeit des angegriffenen Bescheides unter dem Gesichtspunkt verfassungsrechtlicher Bedenken.

Die Beschwerde müsste selbst dann Erfolg haben, wenn man mit der Vorinstanz davon ausgehen wollte, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides im Hinblick auf eine Nichtvereinbarkeit der rechtlichen Grundlagen des Bescheides mit der Hessischen Verfassung bestehen. Die Vorinstanz hat nämlich insoweit - wiederum unter Verkennung des maßgeblichen Prüfungsmaßstabs - nicht beachtet, dass bei Bejahung ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes im Hinblick auf Zweifel an der materiellen Verfassungsmäßigkeit der ermächtigenden Norm ausnahmsweise die Notwendigkeit einer zusätzlichen Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse und dem Aufschubinteresse des Bürgers bestände. Zwar erfordert § 80 Abs. 4 Satz 3 1. Alternative VwGO für den Regelfall keine Abwägung zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse und dem Aufschubinteresse des Bürgers. Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes muss der Eilantrag, sofern nicht die Härtefallklausel des § 80 Abs. 4 Satz 3 2. Alternative VwGO einschlägig ist, erfolglos bleiben. Beruhen demgegenüber ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Abgabenbescheids ausschließlich auf ernstlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln an der Gültigkeit einer anzuwendenden Rechtsnorm, bedarf es zusätzlich einer Interessenabwägung zwischen den beteiligten öffentlichen und den einem Sofortvollzug entgegenstehenden privaten Interessen (BFH, Beschlüsse vom 6. März 2003 - XI B 7/02 -, BFHE 202, 141 = NJW 2003, 1830 = juris Rdnr. 27; - XI B 76/02 -, BFHE 202, 147 = juris Rdnr. 26, jeweils m.w.N.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 13. Januar 1989 - 9 M 1/89 - NVwZ-RR 1989, 328 = juris Rdnr. 26). Dieser Rechtsprechung ist im Hinblick auf den Geltungsanspruch jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes auch vorliegend zu folgen, zumal der Landesgesetzgeber die gegen das Hessische Studienbeitragsgesetz vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken schon im Gesetzgebungsverfahren gesehen, ausführlich behandelt und die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Gesetzes in der Begründung des Gesetzentwurfs (Hessischer Landtag, 16. Wahlperiode, Drucksache 16/5747) näher begründet hat. Dies bedeutet, dass dann, wenn die angenommenen ernstlichen Bedenken ausschließlich die Vereinbarkeit der zugrunde liegenden Norm mit dem materiellen Verfassungsrecht betreffen, über die Prüfung des Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes hinaus eine Interessenabwägung stattzufinden hat unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber ebenfalls zum Ausdruck gebrachten (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) generell vermuteten öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes mit der Folge, dass die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs nur dann erfolgen darf, wenn dem Betroffenen ein besonderes individuelles Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Seite steht oder ihm ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes irreparable Nachteile drohen, so dass sein Aufschubinteresse ausnahmsweise Vorrang vor dem vermuteten öffentlichen Interesse hat (vgl. die vorgenannten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs und des OVG Niedersachsen sowie Sodan-Ziekow, VwGO, Großkommentar, Rdnr. 144 zu § 80 VwGO m.w.N.).

Legt man vorliegend diesen Maßstab zugrunde, so sind im Falle des Antragstellers weder irreparable Nachteile zu erkennen noch hat der Antragsteller ein besonderes individuelles Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Der Antragsteller wird an der Fortführung seines Studiums unabhängig von seiner wirtschaftlichen Situation nicht gehindert, da er ohne Bonitätsprüfung und Stellung von Sicherheiten einen Anspruch auf Darlehensgewährung hat. Zinsen hat er gegenwärtig für das Darlehen nicht zu leisten. Sollte sich aufgrund der in Kürze zu erwartenden Entscheidung des Hessischen Staatsgerichtshofs herausstellen, dass das Hessische Studienbeitragsgesetz nicht verfassungsgemäß ist, werden dem Antragsteller die geleisteten Studienbeiträge zurückerstattet und entfällt für ihn auch jede Darlehensverpflichtung. Sollte sich hingegen herausstellen, dass das Hessische Studienbeitragsgesetz verfassungsgemäß ist, wäre die Belastung des Antragstellers mit Studienbeiträgen zu Recht erfolgt. Da mithin gegenwärtig für den Antragsteller mit der Leistung des Studienbeitrages weder irreparable noch ihn gegenwärtig spürbar belastende Nachteile verbunden sind, muss nach alledem sein Eilantrag selbst bei Annahme ernstlicher Zweifel im Hinblick auf eine eventuelle Unvereinbarkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit der Hessischen Verfassung erfolglos bleiben.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides ergeben sich auch nicht aus sonstigen, unabhängig von einer Vereinbarkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit der Hessischen Verfassung ergebenden Gründen. Hinreichende Anhaltspunkte für einen Verstoß der Normen des Hessischen Studienbeitragsgesetzes gegen Art. 12 Abs. 1 GG liegen nicht vor. Der Senat folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen für das mit den hessischen Regelungen vergleichbare Studienbeitrags- und Hochschulabgabengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, Urteil vom 9. Oktober 2007 - 15 A 1596/07 - DVBl. 2007, 1442 = NWVBl. 2008, 22 = juris Rdnrn. 84 ff.). Der Senat folgt dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen auch in der Auffassung, dass die Vereinbarung zur Unentgeltlichkeit des Hochschulunterrichts im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte mangels hinreichender Bestimmtheit nicht als innerstaatliches Recht unmittelbar anwendbar ist (OVG NRW, Urteil vom 9. Oktober 2007 - 15 A 1596/07 - a.a.O. = juris Rdnrn. 48 ff.). Auch die von dem Antragsteller gerügte Widersprüchlichkeit des angegriffenen Bescheides ist schließlich nicht gegeben. Die dem Bescheid beigefügte Vorbehaltsklausel weist den Adressaten des Bescheides nur darauf hin, dass es der Einlegung eines Rechtsbehelfs im Hinblick auf Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Vorschriften des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit der Hessischen Landesverfassung nicht bedarf, führt jedoch nicht dazu, dass der Regelungsinhalt des angegriffenen Bescheides widersprüchlich wäre.

Als unterliegender Beteiligter hat der Antragsteller nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und folgt der erstinstanzlichen Wertfestsetzung auch für das Beschwerdeverfahren.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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