Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.09.2007
Aktenzeichen: 8 TG 2841/06
Rechtsgebiete: GG, HHG, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 19 Abs. 4
HHG § 96 Abs. 2 Nr. 5
VwGO § 123 Abs. 1
VwGO § 146 Abs. 4 S. 6
1. In einem auf einstweiligen Rechtsschutz gerichteten Beschwerdeverfahren ist das zweitinstanzliche Vorbringen des Beschwerdegegners nur berücksichtigungsfähig, soweit es sich mit der fristgemäßen Beschwerdebegründung auseinandersetzt, nicht aber insoweit, als es nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist neue Gesichtspunkte in das Verfahren einführt.

2. Eine generelle Untersagung allgemeinpolitischer Äußerungen und Aktivitäten der Studentenschaft ist auch im Wege einer einstweiligen Anordnung nur bei einer Wiederholungsgefahr zulässig, die insbesondere aufgrund vielfältiger, mehrfach wiederholter und nachhaltiger Verstöße besteht.

3. Die Förderung der politischen Bildung der Studierenden durch die Studentenschaft setzt eine am Neutralitätsgebot orientierte gleichberechtigte Berücksichtigung verschiedener Positionen voraus; bei einer einseitig ausgerichteten Vortragsreihe genügt eine jeweils anschließende Diskussionsmöglichkeit nicht.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

8 TG 2841/06

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Hochschulrechts / allgemeinpolitische Betätigung der Studentenschaft

hier: Beschwerde im einstweiligen Rechtschutzverfahren

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 8. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Höllein, Richter am Hess. VGH Jeuthe, Richter am Hess. VGH Schröder

am 18. September 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 6. November 2006 - 3 G 3776/06 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung teilweise abgeändert.

Der Beschluss wird aufgehoben und der Antrag der Antragsteller wird abgelehnt, soweit der Antragsgegnerin vorläufig bis zur unanfechtbaren Entscheidung in der Hauptsache, jedoch nicht länger als die Antragsteller Mitglieder der Antragsgegnerin sind, untersagt wird, allgemeinpolitische, nicht spezifisch und unmittelbar hochschulbezogene Äußerungen, Erklärungen, Forderungen oder Stellungnahmen abzugeben, Veranstaltungen durchzuführen und Tätigkeiten Dritter zu unterstützen, und soweit ihr insoweit für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 € angedroht wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben je ein 1/4 und die Antragsgegnerin hat 1/2 der Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß § 147 Abs. 1 und § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO form- und fristgerecht am 20. November 2006 eingelegte und begründete Beschwerde der Antragsgegnerin vom 17. November 2006 gegen den am gleichen Tage per Telefax bekanntgegebenen und am 8. November 2006 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 6. November 2006 hat in der Sache teilweise Erfolg.

Das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin, auf dessen Prüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ist insoweit geeignet, die Richtigkeit des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Beschlusses erfolgreich in Zweifel zu ziehen, als sie auf den Seiten 2 und 3 ihrer Beschwerdeschrift vom 17. November 2006 unter Nr. 1 rügt, das Verwaltungsgericht habe ihr über die Veranstaltung konkret aufgeführter Vorträge der geplanten Vortragsreihe "Hessen hinten! Sieben Jahre hessische CDU an der Macht - Eine kritische Bilanz" und die Ausgabe des darauf hinweisenden Informationsblattes hinaus nicht allgemein und unter Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot untersagen dürfen, allgemeinpolitische, nicht spezifisch und unmittelbar hochschulbezogene Äußerungen, Erklärungen, Forderungen oder Stellungnahmen abzugeben, Veranstaltungen durchzuführen und Tätigkeiten Dritter zu unterstützen, denn die Antragsteller hätten nichts dazu vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht, dass über die geplanten Veranstaltungen hinaus weitere allgemeinpolitische Agitationen des Allgemeinen Studentenausschusses (AStA) oder sonstige Handlungen der Antragsgegnerin drohten, die als Kompetenzüberschreitung hätten angesehen werden können: Der einstweilige Rechtschutzantrag der Antragsteller sei deshalb über den Gegenstand der Glaubhaftmachung hinausgegangen.

Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.

Es ist nach der vom Verwaltungsgericht teilweise herangezogenen obergerichtlichen Rechtsprechung, der der beschließende Senat folgt, zwar mit dem Bestimmtheitsgebot vereinbar, ein generelles Verbot auszusprechen, "allgemeinpolitische, nicht spezifisch und unmittelbar hochschulbezogene Äußerungen (Erklärungen, Forderungen, Stellungnahmen) abzugeben sowie derartige Tätigkeiten Dritter zu unterstützen", weil zum einen die verwendeten Rechtsbegriffe der Auslegung mit den üblichen Methoden soweit zugänglich seien, dass der Verbotsumfang hinreichend klar erkennbar sei, und weil Zweifel am Bestehen des Verletzungstatbestandes nur die Vollstreckung berührten und dort zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers gingen, und weil zum anderen Abgrenzungsschwierigkeiten nicht zur Versagung des durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten effektiven Rechtschutzes führen dürften; die weite Formulierung sei angesichts der Vielgestaltigkeit möglicher nicht hochschulbezogener Äußerungen und Aktivitäten insbesondere auch dann unvermeidbar, wenn das strittige Verhalten der Studentenschaft als Antragsgegnerin schon in der Vergangenheit entsprechend weit gefächert gewesen sei (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 15. Januar 2004 - 8 S 133.03 - NVwZ-RR 2004 S. 348 ff. = juris Rdnr. 3; vgl. auch OVG NW, Beschluss vom 6. September 1994 - 25 B 1507/94 - NVwZ-RR 1995 S. 278).

Voraussetzung für ein solches, im Wege der einstweiligen Anordnung auszusprechendes generelles Verbot ist nach dieser Rechtsprechung aber als materielle Voraussetzung des zu sichernden Unterlassungsanspruchs und auch als wesentliches Element des Anordnungsgrundes eine im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehende Wiederholungsgefahr, die aus vielfältigen, zahlreichen bzw. mehrfachen, wiederholten und nachhaltigen Rechtsverstößen in der Vergangenheit oder etwa auch aus öffentlichen Erklärungen hergeleitet werden kann, ein allgemeinpolitisches Mandat immer wieder wahrnehmen zu wollen (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 26. November 1997 - 1 B 120/97 - NVwZ 1999 S. 211 f. = juris Rdnrn. 11 f.; vgl. auch Hess. VGH, Urteil vom 21. Februar 1991 - 6 UE 3562/88 - NVwZ-RR 1991 S. 639 = juris Rdnr. 34 und Beschluss vom 15. Januar 1997 - 6 TG 4560/96 - WissR 1997 S. 173 ff. = juris Rdnr. 4; OVG NW a.a.O. S. 279, li. Sp. unten; OVG Berlin a.a.O. juris Rdnr. 15 und 28).

Derartige wiederholte Verstöße in der Vergangenheit sind vorliegend in Bezug auf die Antragsgegnerin in dem dem angefochtenen Beschluss des VG Gießen zugrunde liegenden Antragsschreiben vom 6. November 2006 jedoch nicht geltend, geschweige denn glaubhaft gemacht worden. Die Antragsschrift beruft sich vielmehr nur auf die Veranstaltung der im Beschlusstenor aufgeführten, für die Zeit vom 6. November 2006 bis 25. Januar 2007 geplanten Vortragsreihe mit einzelnen konkret benannten Vorträgen und auf die Ausführungen in dem dazu veröffentlichten Informationsblatt, in denen keine hochschulpolitischen Bezüge zu erkennen seien, die vielmehr zeigten, dass sich der AStA der Antragsgegnerin im Rahmen der Veranstaltungsreihe ein umfassendes "allgemeinpolitisches Mandat" anmaße. Angesichts dieses einen, allein geltend gemachten konkret drohenden Verstoßes hätte die vorläufige verwaltungsgerichtliche Untersagung auch nur auf diesen beschränkt werden müssen und hätte nicht generell auf allgemeinpolitische Äußerungen und Betätigungen der Antragsgegnerin ausgedehnt werden dürfen, weil insoweit eine Wiederholungsgefahr weder dargelegt noch glaubhaft gemacht oder sonst ersichtlich war; zudem hat sich der AStA in seiner Stellungnahme vom 6. November 2006 auf die der Studentenschaft gemäß § 96 Abs. 2 Nr. 5 HHG übertragene Aufgabe der Förderung der politischen Bildung und des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins der Studierenden berufen und für die einzelnen Vorträge studentische bzw. hochschulpolitische Bezüge angeführt, also zumindest nicht ausdrücklich ein allgemeinpolitisches Mandat, sondern - möglicherweise irrig - für sich in Anspruch genommen hatte, die Veranstaltung der Vortragsreihe falle in den Aufgabenbereich der Studentenschaft.

Der beschließende Senat hält auch deshalb die auf Seite 8 oben unter Nr. II.2 des Antragsschreibens vom 6. November 2006 geäußerte Einschätzung der Antragsteller nicht für tragfähig, die Antragsgegnerin zeige in den Stellungnahmen in ihrem Informationsblatt zu der fraglichen Vortragsreihe, dass sie sich für berufen halte, ein allgemeinpolitisches Mandat auch künftig wahrnehmen zu dürfen. Auch die erstmals in der Beschwerdeerwiderung vom 9. Dezember 2006 auf den Seiten 4 f. unter Nr. 3 a) vertretene und im Lauf des Beschwerdeverfahrens mehrfach wiederholte Auffassung der Antragsteller, aus den oben zitierten Entscheidungen des OVG Münster, OVG Berlin und des OVG Bremen ergebe sich, dass die Wiederholungsgefahr schon auf Grund der ersten Zuwiderhandlung - wenn auch widerleglich - vermutet werde, teilt der Senat ebenfalls nicht, weil diese Entscheidungen - wie oben bereits ausgeführt - im Gegenteil zutreffend darauf abstellen, dass das Verbot allgemeinpolitischer Betätigung "wiederholt und nachhaltig" sowie "mehrfach und schwer wiegend" verletzt worden sein muss (vgl. beispielhaft: OVG Bremen a.a.O. juris Rdnr. 15).

Soweit die Antragsteller nunmehr in ihrer Beschwerdeerwiderung ab Seite 5 unter Nr. 3 b) und auch mit nachfolgenden Schriftsätzen weitere Fälle allgemeinpolitischer Äußerungen und Aktivitäten der Antragsgegnerin unter Vorlage entsprechender Unterlagen zur Begründung einer Wiederholungsgefahr und damit zur Rechtfertigung der weiten Fassung der angefochtenen einstweiligen Anordnung des Verwaltungsgerichts Gießen anführen, kann dies im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht mehr berücksichtigt werden.

Nach dem Wortlaut dieser Sonderbestimmung und nach dem Zusammenhang zu den vorausgehenden Sätzen prüft das Beschwerdegericht nur die in der Beschwerdebegründung fristgemäß und hinreichend dargelegten Gründe.

Der Gesetzgeber wollte mit der besonderen und fristgebundenen Begründungspflicht des Beschwerdeführers, der Einschränkung des obergerichtlichen Prüfungsumfangs sowie dem Vertretungserfordernis vor dem OVG/VGH eine Verfahrensvereinfachung und Beschleunigung erreichen. Diesem Ziel entspricht es, dass auch im einstweiligen Rechtschutzverfahren keine umfassende, sondern nur eine zweitinstanzliche Prüfung erfolgt, die auf die in der Beschwerdebegründung rechtzeitig und hinreichend dargelegten entscheidungserheblichen Fragen beschränkt ist, so dass das Oberverwaltungsgericht nach dieser verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. August 2003 - 1 BvQ 30/03 - NJW 2003 S. 3689 = juris Rdnr. 5) und gemäß Art. 20 Abs. 3 GG verbindlichen prozessualen Vorschrift im auf einstweiligen Rechtschutz im Beschwerdeverfahren zu einer Amtsermittlung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO und zu einer rechtlichen Prüfung allein in dem so vorgegebenen Rahmen berechtigt und verpflichtet ist (vgl. Hess. VGH, u.a. Beschluss vom 23. August 2007 - 8 GM 3596/06.W6 - Beschlussabdruck S. 2 f.; vgl. dazu auch Guckelberger, in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, Rdnr. 98 f. zu § 146 m.w.N.).

Aus diesem Grund hat sich der beschließende Senat von seiner früheren, am Berufungszulassungsverfahren orientierten Auffassung, wonach sich die Prüfungseinschränkung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur in einer ersten Stufe auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung beziehe und bei einem in diesem Sinne erfolgreichen Beschwerdevorbringen der einstweilige Rechtschutzantrag in der zweiten Stufe umfassend und uneingeschränkt geprüft werde (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 3. Dezember 2002 - 8 TG 2413/02 - NVwZ-RR 2003 S. 756 ff. = juris Rdnr. 21; eher zustimmend: Guckelberger a.a.O. Rdnr. 106 ff. m.w.N.), nunmehr dahin abgegrenzt, dass ein nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erstmalig vom Beschwerdeführer vorgetragener neuer, über eine bloße Ergänzung und Vertiefung der fristgemäß dargelegten Gründe hinausgehender Gesichtspunkt vom Beschwerdegericht auch dann nicht zu berücksichtigen ist, wenn durch die Beschwerdebegründung die erstinstanzliche Entscheidung erschüttert worden ist (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 2. April 2007 - 8 FM 5204/06.W (1) - juris Rdnr. 3). Da das Beschwerdeverfahren durch § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO in zeitlicher Hinsicht und im Prüfungsumfang gestrafft und eine "Flucht" in die Beschwerde vermieden werden soll, ist es nicht Aufgabe des Beschwerdeverfahrens, den Streitfall neu aufzubereiten und eine eigene, originäre Entscheidung zu treffen; das Beschwerdegericht überprüft vielmehr nur retrospektiv die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (vgl. auch Bad-Württ. VGH, Beschluss vom 8. Juni 2006 - 11 S 2135/05 - NVwZ-RR 2006 S. 849 f. = juris Rdnrn. 20 f.). Angesichts der besonderen Eilbedürftigkeit des einstweiligen Rechtschutzverfahrens mit seiner ohnehin nur summarischen Prüfung und angesichts der besonderen prozessualen Regelung in § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erscheint es gerechtfertigt, dass damit eine vollständige Parallelität zum Hauptsacherechtschutz mit der dortigen umfassenden Prüfung im Rahmen einer zugelassenen Berufung nicht hergestellt wird.

Im Interesse der "Waffengleichheit" und der zeitlichen und inhaltlichen Begrenzung des Prüfungsstoffs des Beschwerdegerichts kann aber insoweit für den Beschwerdegegner nichts anderes gelten als für den Beschwerdeführer. Auch das Vorbringen des Beschwerdegegners ist danach nur berücksichtigungsfähig, soweit es zu den durch die fristgemäße Beschwerdebegründung zur Prüfung gestellten Einwänden Stellung nimmt und sich damit auseinandersetzt, nicht aber insoweit, als es nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist - wie hier - neue Gesichtspunkte in das Verfahren einführt, die zu einer Erweiterung des Streitstoffs führen und damit der vom Gesetzgeber im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung gewollten zeitlichen und inhaltlichen Begrenzung des Prüfungsumfangs des Beschwerdegerichts zuwiderlaufen.

Da die von den Antragstellern als Beschwerdegegner im Verlauf des Beschwerdeverfahrens angeführten weiteren - und von ihr bestrittenen - Verstöße der Antragsgegnerin durch allgemeinpolitische Äußerungen und Aktivitäten weder im Antragsschreiben vom 6. November 2006 erwähnt worden sind noch sonst im erstinstanzlichen Verfahren eine Rolle gespielt haben, bedarf es hier keiner Entscheidung, ob der beschließende Senat der weitergehenden Auffassung folgt, wonach im Rahmen des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Wege teleologischer Reduktion aus Gründen effektiven Rechtschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG und ebenfalls in Anlehnung an das Berufungszulassungsverfahren jedenfalls solche offensichtlichen und im bisherigen behördlichen und gerichtlichen Verfahren bereits angelegten Gesichtspunkte berücksichtigt werden können, nach denen sich die nach der Beschwerdebegründung zweifelhafte erstinstanzliche Entscheidung jedenfalls aus anderen Gründen ohne nennenswerten Prüfungsaufwand als richtig erweist (vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4/03 - NVwZ-RR 2004 S. 542 f. = juris Rdnrn. 9 f.; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007 S. 805 ff. = juris Rdnr. 24; OVG Berlin, Beschluss vom 12. April 2002 - 8 S 41/02 - juris Rdnr. 15; Bayer. VGH, Beschluss vom 10. Juli 2006 - 1 CS 06.407 - juris Rdnr. 25; Hess. VGH, Beschlüsse vom 7. September 2004 - 10 TG 1498/04 - juris Rdnr. 9 und vom 14. März 2006 - 9 TG 512/06 - AuAS 2006 S. 146 ff. = juris Rdnr. 8; Guckelberger a.a.O. Rdnrn. 109 ff.); diese Voraussetzungen erfüllt das neue Vorbringen der Antragsteller nämlich nicht.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin im Übrigen, d.h. soweit das Verwaltungsgericht die Äußerungen, Erklärungen, Forderungen oder Stellungnahmen in dem Informationsblatt zu den im Tenor unter Nr. 1. a. des angefochtenen Beschlusses im Einzelnen aufgeführten Vorträge der Vortragsreihe "Hessen hinten! Sieben Jahre hessische CDU an der Macht - Eine kritische Bilanz", die Durchführung dieser Vorträge und die Unterstützung Dritter in Bezug auf diese Vorträge vorläufig untersagt hat, ist schon deshalb mangels Rechtschutzinteresses zurückzuweisen, weil die Antragsgegnerin im November 2006 die Veranstaltung der Vortragsreihe abgegeben und darauf bezogene Werbung und Information eingestellt hat und der letzte der aufgeführten Vorträge am 25. Januar 2007 gehalten worden ist.

Abgesehen davon wäre ihre Beschwerde insoweit aber wohl auch in der Sache erfolglos geblieben.

Die fraglichen Vorträge betrafen allgemeinpolitische Themen. Allein der Umstand, dass von den behandelten Fragen auch Studierende betroffen sind, führt - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin in der Stellungnahme ihres AStA vom 6. November 2006 - nicht zu einer berechtigten Wahrnehmung eines hochschulpolitischen Mandats, solange die studien- und hochschulpolitischen Belange nicht deutlich erkennbar im Mittelpunkt stehen (vgl. etwa OVG Bremen a.a.O. juris Rdnr. 8 und OVG Berlin a.a.O. juris Rdnr. 8 zur sog. Brückenschlagstheorie; vgl. allerdings auch OVG Koblenz, Beschluss vom 28. Januar 2005 - 2 B 12002/04.OVG - BeckRS 2005 Nr. 22609, wonach offensichtlich ein partieller Studierenden- oder Hochschulbezug allgemeinpolitischer Aktivitäten ausreichend sein könne).

Die Veranstaltung dieser Vorträge einschließlich Werbung und Information kann auch nicht als gemäß § 96 Abs. 2 Nr. 5 HHG der Antragsgegnerin obliegende Förderung der politischen Bildung und des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins der Studierenden angesehen werden.

Die Aufgabe, die politische Bildung der Studierenden zu fördern, verleiht nicht die Befugnis, eigene politische Forderungen zu formulieren und zu vertreten. Das Gesetz weist der Studentenschaft insoweit eine dienende Rolle zu und verlangt von ihr äußerste Zurückhaltung und eine am Neutralitätsgebot orientierte Berücksichtigung verschiedener Sichtweisen. Für die Studierenden können unter Vermeidung einseitiger Bevorzugung bestimmter politischer Strömungen beispielsweise Informationsangebote und Veranstaltungen organisiert und durchgeführt werden. Dabei dürfen allgemeinpolitische Fragestellungen allenfalls aus einer neutralen Position heraus so behandelt werden, dass unterschiedliche Standpunkte gleichberechtigten Zugang erhalten und zu Wort kommen; kontroverse Meinungen müssen deshalb die Möglichkeit zu gleichwertiger Darstellung erhalten (vgl. u.a. Hess. VGH, Urteil vom 21. Februar 1991 a.a.O. juris Rdnr. 32; OVG Bremen a.a.O. juris Rdnr. 9; OVG Berlin a.a.O. juris Rdnr. 13; OVG Sachs.-Anhalt, Beschluss vom 6. Juni 2006 - 3 M 65/06 - juris Rdnr. 19). Schon neben der einseitig ausgerichteten Thematik der hier fraglichen Vortragsreihe wird dem so verstandenen Neutralitätsgebot auch nicht dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass möglicherweise im Anschluss an die jeweiligen Vorträge eine Diskussionsmöglichkeit eröffnet wird, weil dadurch im Verhältnis zu den jeweils Vortragenden kein gleichberechtigter Zugang für die Darstellung entgegenstehender Positionen eröffnet wird.

Nach alledem ist der Beschwerde der Antragsgegnerin nur teilweise mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 1 Satz 1 und § 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO stattzugeben; im Übrigen ist sie zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 i.V.m. § 52 Abs. 2 und § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG, wobei von einem einheitlichen Antragsbegehren ausgegangen und der Auffangstreitwert wegen der von den Antragstellern letztlich begehrten Vorwegnahme der Hauptsache in voller Höhe zu Grunde gelegt wird.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und gemäß § 66 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück