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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.08.2004
Aktenzeichen: 8 UZ 2956/03
Rechtsgebiete: JAG


Vorschriften:

JAG
1. In Exsamensklausuren zu fertigende Entscheidungsentwürfe sollen grundsätzlich aus sich heraus verständlich, also vollständig und nicht ergänzungsbedürftig sein und in ihren Sachverhaltsdarstellungen den zugrundeliegenden Aktenauszug nach gedanklicher Verarbeitung in seinen wesentlichen Inhalt in knapper bzw. gedrängter und vor allem geordneter Form so wiedergeben, dass der Sach- und Streitstand vom Leser ohne weiteres nachvollzogen und verstanden werden kann.

2. Diesen Anforderungen wird eine in Bezug auf entscheidungswesentliche Aussagen nur mit " Einfüge- oder Diktatanweisungen" versehene Darstellung nicht gerecht, die erst nach Ergänzung um die bezeichneten Passagen des Aufgabentextes für den Leser verständlich wird.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

8. Senat

8 UZ 2956/03

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

wegen Prüfungsrechts/2. juristische Staatsprüfung/Neubewertung der Aufsichtsarbeiten

hier: PKH-Bewilligung für das Berufungsverfahren

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 8. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Höllein, Richter am Hess. VGH Dr. Dieterich, Richter am Hess. VGH Jeuthe

am 24. August 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm für das vorliegende zweitinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt B. aus B-Stadt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe:

Der mit dem Berufungszulassungsschreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 21. September 2003 gestellte Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das vorliegende Verfahren ist gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO abzulehnen, weil sein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 7. August 2003 - 3 E 3960/00 -, mit dem seine gegen das wiederholte Nichtbestehen der 2. juristischen Staatsprüfung und auf Neubewertung seiner schriftlichen Aufsichtsarbeiten gerichtete Klage abgewiesen worden ist, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Der Berufungszulassungsantrag des Klägers vom 21. September 2003 gegen das seinen Verfahrensbevollmächtigten am 22. August 2003 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 7. August 2003 ist zwar innerhalb der einmonatigen Antragsfrist gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO gestellt und innerhalb der zunächst in Lauf gesetzten Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO bzw. der dann laufenden zweimonatigen Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO begründet worden. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO ist aber nicht gegeben.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieses Zulassungsgrundes hat eine Rechtsstreitigkeit nur dann, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Fortbildung des Rechts im allgemeinen Interesse einer Klärung bedarf. Der Zulassungsantragsteller hat gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO im Einzelnen darzulegen und in rechtlicher sowie in tatsächlicher Hinsicht zu erläutern, warum die Rechtssache eine in diesem Sinne klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft.

Diesen Anforderungen wird der Zulassungsantrag des Klägers nicht gerecht.

Die vom Kläger zu Beginn der Begründung seines Zulassungsantrags aufgeworfene Rechtsfrage,

ob sogenannte "Technische Verweise" nach dem Juristenausbildungsgesetz (JAG) gestattet seien oder nicht,

vermag auch unter Berücksichtigung seiner weiteren Ausführungen eine grundsätzliche Bedeutung der vorliegenden Rechtssache nicht zu begründen.

Seiner Behauptung, diese Rechtsfrage sei für die konkrete Entscheidung erheblich, weil von ihrer Beantwortung der Erfolg des Klageziels in erheblichem Maße abhänge, stehen schon die Feststellungen des Verwaltungsgerichts auf Seite 37 f. des angefochtenen Urteils entgegen, von denen grundsätzlich für die Frage der Entscheidungserheblichkeit einer aufgeworfenen Grundsatzfrage auszugehen ist (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 2. Juli 1998 - 3 UZ 571/98.A - juris). Danach blieben nämlich die negativen Beurteilungen der Prüfer zu den Tatbeständen der Klausurarbeiten des Klägers in ihrem wesentlichen Gehalt auch dann unverändert bestehen, wenn technische Verweise als solche gar nicht zu beanstanden wären. Die Prüfer stützten ihre Kritik danach hauptsächlich darauf, dass der Kläger in seiner Bearbeitung die erforderliche Ordnungs- und Interpretationsleistung im Hinblick auf eine Vielzahl entscheidungswesentlicher Tatsachen nicht erbringe. Diese "Filterleistung" sei auch dann noch nicht erbracht, wenn man die in Bezug genommenen Textstellen - wie der Kläger fordere - jeweils in den Tatbestand "hineinlese". Dem Einwand des Klägers, an den entsprechenden Stellen sei eine solche Filterleistung jeweils gar nicht erforderlich gewesen, könne dem gegenüber schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die juristische Beurteilung des Klägers in den fraglichen Arbeiten nicht zuletzt an der mangelnden Ordnung und Beurteilung dieser Tatbestandselemente scheitere. Die Nachvollziehbarkeit dieser Einschätzung ergibt sich auch aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den einzelnen Klausurarbeiten, deren Tatbestände durch "technische Verweise" unklar und nicht nachvollziehbar seien.

Abgesehen davon bedarf die vom Kläger aufgeworfene Frage aber jedenfalls keiner Klärung in einem Berufungsverfahren, weil sie - unabhängig von Zweifeln an ihrer allgemeinen Bedeutung - ohne weiteres zu beantworten ist.

Eine Vorschrift, wonach bestimmte Arbeitstechniken wie Verweise, Bezugnahmen o.ä. für die Anfertigung von Aufsichtsarbeiten erlaubt, vorgeschrieben oder verboten sind, findet sich im Juristenausbildungsgesetz nicht, so dass sich die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage wörtlich genommen so ohnehin nicht stellt. Es fragt sich allenfalls, ob die Methode der sog. technischen Verweise den Anforderungen gerecht wird, die nach dem Juristenausbildungsgesetz an Sachverhaltsdarstellungen in Aufsichtsarbeiten gestellt werden.

Nach dem Juristenausbildungsgesetz soll in den Aufsichtsarbeiten ein Vorgang in beschränkter Zeit und mit begrenzten Hilfsmitteln erfasst und für seine rechtliche Lösung in den üblichen Formen der Rechtspraxis ein überzeugend begründeter Vorschlag gemacht, also eine praktisch brauchbare Entscheidung entworfen werden. Das bedeutet, dass die von den KandidatInnen in den üblichen Formen der Rechtspraxis gefertigten, d. h. niedergeschriebenen Bearbeitungen grundsätzlich aus sich heraus verständlich, also vollständig und nicht ergänzungsbedürftig sein sollen. Dabei ist für die Abfassung von Sachverhaltsdarstellungen oder Tatbeständen gerichtlicher Entscheidungen der zugrunde liegende Aktenauszug gedanklich zu verarbeiten und in seinem wesentlichen Inhalt in knapper bzw. gedrängter und vor allem geordneter Form so, dass der Sach- und Streitstand vom Leser ohne weiteres nachvollzogen und verstanden werden kann. Gerade diese Aufarbeitung und Ordnung der einem Aktenauszug zu entnehmenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte ist ein wesentlicher Teil der in der 2. juristischen Staatsprüfung zum Nachweis der praktischen Fähigkeiten der Rechtsrefendarinnen/Rechtsrefendare zu erbringenden Leistungen.

Diesen Anforderungen wird aber eine in Bezug auf entscheidungswesentliche Aussagen nur mit "Einfüge- oder Diktatanweisungen" (vgl. Seite 35/36 des angefochtenen Urteils) versehene Darstellung nicht gerecht, die erst nach Ergänzung um die bezeichneten Passagen des Aufgabentextes für den Leser verständlich wird; es ist auch in der Rechtspraxis grundsätzlich nicht üblich, den Beteiligten Entscheidungen zu erteilen, die erst durch Einfügen gekennzeichneter Textpassagen aus den bisher vorliegenden Unterlagen lesbar und verständlich werden. Die Niederschrift solcher Textteile, die für das Verständnis einer Sachdarstellung notwendig sind, stellt keine "pure Abschreibearbeit" dar, da gerade nicht ein bloßes Abschreiben, sondern eine verständige und geordnete Zusammenfassung des Akteninhalts gefordert wird.

Soweit die Anwendbarkeit der prozessualen Vorschriften des § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO oder des § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO (aus diesen Gründen) im jeweiligen Bearbeitervermerk nicht ohnehin ausgeschlossen ist, lassen sie jedenfalls eine Verweisung auch nur wegen "der Einzelheiten" auf genau zu bezeichnende einzelne Unterlagen zu, also nur insoweit, als ein bereits seinem wesentlichen Inhalt nach nachvollziehbar mitgeteilter Sach- und Streitstand lediglich um einzelne, für dessen Verständnis nicht unabdingbare Umstände ergänzt werden soll.

Ob die "technischen Verweise" des Klägers in seinen Aufsichtsarbeiten diesen - nach obigem allgemein nicht weiter klärungsbedürftigen - Anforderungen gerecht werden, erscheint nach den auch die einzelnen Klausuren betreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil und in der Begründung des klägerischen Berufungszulassungsantrags eher zweifelhaft, stellt aber jedenfalls auch nur eine Frage des Einzelfalls dar, die eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht zu begründen vermag.

Danach bietet der Berufungszulassungsantrag des Klägers keine hinreichende Erfolgsaussicht, so dass sein PKH-Antrag abzulehnen ist.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.



Ende der Entscheidung

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