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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.07.2000
Aktenzeichen: 8 UZ 3213/99.A
Rechtsgebiete: AsylVfG, VwGO


Vorschriften:

AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3
VwGO § 103
VwGO § 138 Nr. 3
Auch in einer Großstadt obliegt es den Beteiligten dafür Vorsorge zu treffen, um pünktlich zum Termin erscheinen zu können; es obliegt dem Ermessen des Vorsitzenden, ob er je nach den Umständen des Einzelfalles noch eine gewisse Zeit zuwarten will.
Gründe:

Der innerhalb der zweiwöchigen Zulassungsantragsfrist (§ 78 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG) gestellte Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, denn die Kläger haben in ihrem Zulassungsantrag vom 4. Oktober 1999 keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 VwGO geltend gemacht. Allein auf diesen Zulassungsgrund stützen die Kläger sich.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Gerichtsbescheid vom 27. Juli 1999, auf dessen Begründung es im Urteil vom 8. September 1999 gemäß § 84 Abs. 4 VwGO verwiesen hat, entschieden, dass die Klagefrist des § 74 Abs. 1 AsylVfG nicht eingehalten wurde und Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen. Zu letzterem hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Kläger seien nicht ohne Verschulden verhindert gewesen, die gesetzliche Klagefrist einzuhalten. Zwar sei vortragen, die Klägerin zu 1. sei wegen einer komplikationsreichen Schwangerschaft bettlägerig krank gewesen und habe sich in der Zeit vom 28. April 1999 bis zum 10. Mai 1999 im Krankenhaus befunden. Auch auf Nachfrage des Gerichts sei jedoch nicht dargetan worden, aus welchen Gründen die Klägerin zu 1. in der Zeit vom 16. April 1999 - dem Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides durch Niederlegung und mit Benachrichtigung - bis zum Beginn des Krankenhausaufenthaltes nicht in der Lage gewesen sein könnte, ihr Klagebegehren selbst oder durch eine Person ihres Vertrauens zu verfolgen. Insoweit komme das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zu 1. die Versäumung der Klagefrist selbst zu verantworten habe.

Inwiefern das Verwaltungsgericht durch die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verstoßen haben soll (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO), haben die Kläger im Berufungszulassungsantrag nicht dargelegt. Die Klägerin zu 1. hat zwar - allerdings so deutlich erst im Zulassungsantrag -vorgetragen, schon zwei bis drei Wochen vor der Einlieferung in das Krankenhaus bettlägerig zu Hause gewesen zu sein, da sie sich äußerst unwohl gefühlt, Schwäche gezeigt und ein ständiges Ruhebedürfnis besessen habe. In dieser Zeit sei sie für andere Angelegenheiten nicht ansprechbar gewesen und hätte auch nicht ohne Nachfrage bei anderen Personen mit der Zustellungsbenachrichtigung der Post etwas anfangen können. - Mit diesem Vortrag werden jedoch allenfalls Einwände gegen die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts geltend gemacht. Dies ergibt sich auch aus der Feststellung, der Klägerin zu 1. müsse aus den von ihr genannten Gründen ("deshalb") die Verspätung nachgesehen werden. Den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung gibt es im Asylrechtsstreitverfahren nicht. Dass das Verwaltungsgericht die - erheblich weniger ausführliche - erstinstanzliche Begründung der Klägerin zu 1. betreffend das Wiedereinsetzungsgesuch nicht zur Kenntnis genommen hätte oder ihr sogar keine Gelegenheit zum Vortrag gegeben hätte, haben die Kläger nicht behauptet. Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör kann dem Zulassungsantrag der Kläger daher nicht entnommen werden.

Auch mit dem Vortrag, die Klägerin zu 1. sei durch Verkehrsstörungen aufgehalten worden und deshalb fünfzehn Minuten nach dem vorgesehenen Verhandlungsbeginn bei Gericht eingetroffen, die mündliche Verhandlung sei schon sieben Minuten nach dem vorgesehenen Verhandlungsbeginn geschlossen worden, diese kurze Wartefrist sei unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung zu knapp bemessen gewesen, machen die Kläger keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 VwGO geltend. Denn dem Anspruch auf rechtliches Gehör wird in der Regel dadurch genügt, dass mündliche Verhandlung anberaumt, der Beteiligte bzw. sein Prozessbevollmächtigter ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird. Sache jedes Beteiligten ist es, sich so einzurichten, dass er pünktlich zum Termin erscheinen kann (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO). Ihm obliegt es grundsätzlich, gegen Verzögerungen Vorsorge zu treffen. Dies gilt auch und gerade in einer Großstadt wie hier Frankfurt am Main. Ist zur Terminszeit ein geladener Beteiligter bzw. sein Prozessbevollmächtigter nicht anwesend, so liegt es grundsätzlich im Ermessen des Vorsitzenden, ob er zur festgesetzten Zeit die mündliche Verhandlung eröffnet oder je nach den Umständen des Einzelfalls noch eine gewisse Zeit zuwartet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Juli 1995 - 11 B 18/95 - NJW 1995, 3402; Beschluss vom 10. Juli 1985 - 2 B 43/85 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 6; Urteil vom 22. Juni 1984 - 8 C 1/83 - NJW 1985, 340; Urteil vom 14. Februar 1979 - 1 C 20/77 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 107).

Die Kläger haben nicht dargelegt, dass der Einzelrichter des Verwaltungsgerichts als Vorsitzender der Sitzung sein oben genanntes Ermessen dadurch fehlerhaft ausgeübt hat, dass er nicht später als sieben Minuten nach Beginn des festgesetzten Verhandlungsbeginns die mündliche Verhandlung geschlossen hat. Er musste insbesondere nicht damit rechnen, dass die Klägerin zu 1. noch erschien, denn zum einen war der Termin bereits so spät angesetzt, dass die Klägerin zu 1. diesen pünktlich ohne Probleme hätten erreichen können. Zum anderen war dem Gericht nicht mitgeteilt worden, dass die Klägerin zu 1. sich verspäten würde. Schließlich konnte ihm auch nicht bekannt sein, dass die Klägerin zu 1. sich infolge einer Verkehrsbehinderung auf dem Weg zum Gericht verspätet hatte (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1984, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben, so dass ein Streitwert für dieses Verfahren nicht festzusetzen ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 5 Satz 2, § 80 AsylVfG).

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