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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.10.2005
Aktenzeichen: 9 TG 2403/05
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 31 Abs. 2 S. 2
Eine besondere Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG liegt grundsätzlich nur vor, wenn der sich auf das eigenständige Aufenthaltsrecht berufende nachgezogene Ausländer und nicht der andere Ehegatte die Lebensgemeinschaft beendet hat.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

9 TG 2403/05

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausländerrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 9. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Teufel, Richter am Hess. VGH Prof. Dr. Fischer, Richter am Hess. VGH Seggelke,

am 10. Oktober 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 24. August 2005 - 8 G 1243/05(2) - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den im Tenor der vorliegenden Entscheidung näher bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt ist gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthaft, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

Die Antragstellerin verfolgt mit ihrer Beschwerde ihr erstinstanzliches Begehren weiter, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2005 anzuordnen, in welcher der Antrag der Antragstellerin vom 3. Januar 2005 auf Verlängerung der ihr erteilten Aufenthaltserlaubnis abgelehnt wurde. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das Eilrechtschutzgesuch der Klägerin abzulehnen, erweist sich auch unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der Prüfung des Senats in diesem Rechtsmittelverfahren bestimmen, als zutreffend.

Die Vorinstanz hat u. a. einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 2 AufenthG abgelehnt. Die Voraussetzungen der vorgenannten Bestimmung, wonach ein eigenständiges Aufenthaltsrecht des Ehegatten auch ohne einen zweijährigen rechtmäßigen Bestand der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet entstehe, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich sei, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, sei nicht gegeben. Eine besondere Härte liege nicht deshalb vor, weil der Antragstellerin wegen der Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar sei (§ 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG). Auf die von der Antragstellerin geschilderten Vorfälle innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft komme es - unterstelle man ihre Richtigkeit - nicht an. Zwar könne ein solches Verhalten zur Begründung einer besondere Härte herangezogen werden. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass aufgrund solcher Vorfälle dem Betroffenen im Hinblick auf die Zweijahresfrist des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ein Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht weiter zuzumuten sei. Im vorliegenden Fall habe der Ehemann der Antragstellerin die eheliche Beziehung im Jahre 2004 beendet, indem er sich von einer Reise nach Pakistan von seiner Ehefrau getrennt habe und alleine in die Bundesrepublik zurückgereist sei. Die Antragstellerin habe bis dahin offensichtlich nicht den Entschluss gefasst, den Ehemann wegen der behaupteten Übergriffe in der ehelichen Wohnung zu verlassen.

Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren rechtfertigt weder Aufhebung noch die Abänderung der angegriffenen Entscheidung.

Der Sinn und Zweck der Regelung des § 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG, wonach eine besondere Härte im Sinne des Abs. 1 derselben Vorschrift insbesondere vorliegt, wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist, liegt darin, den ausländischen Ehegatten nicht wegen der Gefahr der Beendigung seines akzessorischen Aufenthaltsrechts auf Gedeih und Verderb zur Fortsetzung einer nicht tragbaren Lebensgemeinschaft zu zwingen (so zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 19 Abs. 1 Satz 2 AuslG: Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses, BT-Drs. 14/1902, S. 5). Derjenige Ausländer, der aufgrund unzumutbarer Verhältnisse die eheliche Lebensgemeinschaft vor Ablauf der Mindestbestandszeit des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG auflöst, soll keinen aufenthaltsrechtlichen Nachteil erleiden. Mithin liegen grundsätzlich die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG nur vor, wenn der nachgezogene Ehegatte, der sich zur Begründung seines eigenständigen Aufenthaltsrechts auf eine besondere Härte beruft, wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange die eheliche Lebensgemeinschaft auch tatsächlich beendet hat. In den Fällen, in denen - wie hier - die eheliche Lebensgemeinschaft durch den Ehepartner des nachgezogenen Ausländers aufgelöst wird, besteht dagegen kein Grund, davon auszugehen, dass dem nachgezogenen Ausländer das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar war. Vielmehr hat er durch sein gegenteiliges Verhalten (das Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft) gezeigt, dass er die Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft selbst nicht als unzumutbar empfunden hat. Eine Ex-post-Betrachtung mit dem Ergebnis, eigentlich sei objektiv die Fortführung der eheliche Gemeinschaft für den Betroffenen unzumutbar gewesen, obwohl er sie weitergeführt hat, ist für die Bejahung des Tatbestandes des § 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 nicht ausreichend.

Ob etwas anderes in den Fällen gelten muss, in welchen der nachgezogene Ausländer aufgrund des Verhaltens seines Ehegatten zu einer freien Willensbildung nicht mehr in der Lage war (so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Februar 2003 - 13 S 2798/02 -, InfAuslR 2003, 232 = AuAS 2003, 159 = NVwZ-RR 2003, 782), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass sie sich aufgrund des Verhaltens ihres Ehemannes in einem ihre freie Willensbildung ausschließenden Zustand befunden habe.

Vor diesem Hintergrund weist der Senat lediglich ergänzend darauf hin, dass die Antragstellerin trotz des entsprechenden Hinweises im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 4. August 2005 nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass ihr zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch ihren Ehemann im Januar/Februar 2004 die Fortführung derselben nicht mehr zumutbar war. Die eidesstattliche Versicherung der K. vom 29. Juni 2005 über einen Vorfall, der sich am 28. September 2003 ereignet haben soll, genügt insoweit zur Glaubhaftmachung nicht, da er zum Zeitpunkt der Trennung länger als vier Monate zurücklag. Im Übrigen berücksichtigt der Senat, dass es sich bei K. lediglich um eine Zeugin vom Hörensagen handelt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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