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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.06.2004
Aktenzeichen: 9 TM 1196/01
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO


Vorschriften:

VwGO § 169 Abs. 1
ZPO § 887 Abs. 1
Im Verfahren der Erzwingungsvollstreckung nach § 169 Abs. 1 VwGO ist der Einwand des Schuldners, die titulierte Pflicht erfüllt zu haben, nur beachtlich, wenn die Erfüllung unstreeitig oder vom Schuldner durch Urkunden im Sinne des § 775 Nr. 4 ZPO in Verbindung mit § 167 Abs. 1 VwGO nachgewiesen ist.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

9 TM 1196/01

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 9. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Teufel, Richter am Hess. VGH Dr. Fischer, Richter am Hess. VGH Schönstädt

am 8. Juni 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 19. März 2001 - 2 M 2920/00(1) - wird zurückgewiesen.

Der Schuldner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Die Beschwerde des Schuldners richtet sich gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt im Rahmen der Erzwingungsvollstreckung zugunsten der öffentlichen Hand.

Der Gläubiger und der Schuldner - damals Beklagter und Kläger - schlossen vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt am 28. November 1991 zur Beilegung des dort unter dem Aktenzeichen ../.. E ..../.. geführten Verwaltungsstreitverfahrens einen Prozessvergleich. Dieser enthält u. a. folgende Regelung:

"2. Der Kläger verpflichtet sich, die streitgegenständliche Garage auf eine Höhe von 2,80 m Außenwandhöhe, gemessen vom Baugrundstück des Klägers aus, zu reduzieren und sein Dach mit nicht mehr als 35 Grad Neidung von der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen zurückweichend auf der Garage zu errichten. Die Länge der Garage auf der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen bleibt wie bisher bestehen. Sie beträgt ca. 8,50 m.

3. Der Kläger verpflichtet sich, für den unter Ziffer 2. dieses Vergleichs beschriebenen Rückbau der streitgegenständlichen Garage vollständig und prüffähige Bauunterlagen bis zum 01.02.1992 einzureichen. Weiterhin verpflichtet sich der Kläger, ab Erteilung der Baugenehmigung den Rückbau der streitgegenständlichen Garage, wie unter Ziffer 2. dieses Vergleichs beschrieben, innerhalb von vier Monaten auszuführen."

Auf Antrag des Schuldners wurde diesem die Baugenehmigung vom 27. Februar 1992 erteilt, die eine Außenwandhöhe von 2,80 m vorsieht. Im Jahr 1993 ließ der Schuldner die Garage zurückbauen.

Nach der Einmessungsbescheinigung des Landrates des Landkreises Offenbach - Katasteramt - vom 15. April 1999 beträgt die Außenwandhöhe unter Einschluss der 25 cm hohen Kupferblende vom vorderen Messpunkt 8 auf dem Grundstück des Schuldners 3,17 m, von den hinteren Messpunkten 10 und 11 3,12 m.

Am 28. November 2000 beantragte der Gläubiger beim Verwaltungsgericht Darmstadt die Vollstreckung der unter Nr. 2 getroffenen Regelung im Prozessvergleich vom 28. November 1991.

Dem Schuldner wurde mit Eingangsverfügung der Vorsitzenden der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 29. November 2000, die ihm am 5. Dezember 2000 zugestellt wurde, die Ersatzvornahme angedroht und darauf hingewiesen, dass mit der Durchführung der Ersatzvornahme die Bauaufsicht des Gläubigers beauftragt werden würde. Die Kosten der Ersatzvornahme wurden vorläufig auf 20.000,-- DM veranschlagt. Dem Schuldner wurde zur Durchführung des Rückbaus entsprechend dem Prozessvergleich vom 28. November 1991 und der Änderungsgenehmigung vom 27. Februar 1992 eine Frist bis zum 26. Januar 2001 gesetzt, um die Zwangsvollstreckung abzuwenden.

Mit Beschluss vom 19. März 2001 - 2 M 2920/00(1) - beauftragte die Vorsitzende der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Darmstadt den Kreis Offenbach mit der Vollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 28. November 1991 und bestimmte, dass der Kreis Offenbach dabei das Zwangsmittel der Ersatzvornahme gemäß § 10 des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes des Bundes - VwVG - auf Kosten des Pflichtigen anwenden könne. Die Voraussetzungen für die Vollstreckung aus dem Vergleich vom 28. November 1991 lägen vor, insbesondere sei die beantragte Vollstreckung gegenüber dem Schuldner nicht unverhältnismäßig. Eine inhaltliche Überprüfung des dem gesamten Verfahren zugrundliegenden Nachbarstreits und seiner Sinnhaftigkeit habe das Gericht im Zusammenhang mit dem Vollstreckungsverfahren nicht durchzuführen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den angegriffenen Beschluss Bezug genommen.

Gegen den ihm am 28. März 2001 zugestellten Beschluss hat der Schuldner am 11. April 2001 Beschwerde eingelegt.

Der Schuldner hält die Vollstreckung der im Vergleich getroffenen Regelung für unverhältnismäßig und schikanös. Er habe den Rückbau der Garage mit einem erheblichen Kostenaufwand von 30.000,-- DM durchführen lassen, und es liege allenfalls eine geringfügige Überschreitung in der Höhe vor. Zudem - so der Schuldner - sei anlässlich einer Ortsbesichtigung nach Durchführung der Bauarbeiten zwischen dem Gläubiger, ihm sowie seinen Nachbarn - den Eheleuten B. - Einigkeit darüber erzielt worden, dass der durch die Umbauarbeiten geschaffene Zustand als Erfüllung des Prozessvergleichs akzeptiert werde. Für diese Behauptung hat der Schuldner Beweis durch Vernehmung von Zeugen angeboten. Ferner vertritt der Schuldner die Auffassung, bei der Bemessung der Außenwandhöhe dürfe die 0,25 m hohe Kupferblende keine Berücksichtigung finden. Wegen des Beschwerdevorbringens im Einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 11. April 2001, 23. Dezember 2002, 10. März 2003, 27. Januar 2004 sowie vom 19. Mai 2004 Bezug genommen.

Der Schuldner beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 19. März 2001 - 2 M 2920/00(1) - aufzuheben und den Vollstreckungsantrag des Gläubigers abzulehnen.

Der Gläubiger beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt und trägt ergänzend zur Richtigkeit der Einmessungsbescheinigung vom 15. April 1999 vor.

II.

Die nach § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Schuldners ist unbegründet. Der Beschluss vom 19. März 2001 - 2 M 2920/00(1) -, mit dem die Vorsitzende der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Darmstadt das angedrohte Zwangsmittel der Ersatzvornahme gegen den Schuldner festsetzte und den Kreis Offenbach mit der Durchführung dieses Zwangsmittels beauftragte, weist keine Rechtsmängel auf.

Die Voraussetzungen der Vollstreckung der unter Nr. 2 im Prozessvergleich vom 28. November 1991 - II/3 E 1200/90 - titulierten Handlungspflicht des Schuldners, die sich aus den §§ 168 Abs. 1 Nr. 3, 169, 171 VwGO, subsidiär gemäß § 167 Abs. 1 VwGO aus dem 8. Buch der Zivilprozessordnung ergeben, liegen vor.

Die unter Nr. 2 des Prozessvergleiches vom 28. November 1991 getroffene Regelung ist ein vollstreckbarer Titel im Sinne des § 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO mit vollstreckungsfähigem, insbesondere hinreichend bestimmtem Inhalt. Das Zwangsmittel der Ersatzvornahme wurde dem Schuldner mit Eingangsverfügung der Vorsitzenden Richterin der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 29. November 2000 gemäß § 169 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 10, 13 VwVG ordnungsgemäß angedroht. Die Festsetzung des Zwangsmittels der Ersatzvornahme im angegriffenen Beschluss entspricht den Anforderungen des § 169 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 14 Satz 1 VwVG. Die Beauftragung des Kreises Offenbach mit der Ausführung der Vollstreckung - die gemäß § 169 Abs. 2 VwGO nach dem Hessischen Verwaltungsvollstreckungsgesetz zu erfolgen hat - rechtfertigt sich aus § 169 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz VwGO.

Das Vorbringen des Schuldners, er sei der im Vergleich titulierten Verpflichtung nachgekommen, zudem sei im Nachhinein zwischen seinen Nachbarn, seinem Gläubiger und ihm Einigkeit darüber erzielt worden, dass der durchgeführte Rückbau als Erfüllung der titulierten Verpflichtung gelte, ist im Vollstreckungsverfahren nach § 169 VwGO grundsätzlich unbeachtlich. Beide Einwendungen sind materiell-rechtlicher, nicht verfahrensrechtlicher Natur, und richten sich gegen den Fortbestand der im Vergleich titulierten Pflicht. Die vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Beschluss vom 25. November 1997 - 8 S 2714/97- (VBlBW 1998, 105) vertretene Ansicht, die Erfüllungseinrede sei nicht mit einer Einwendung gegen die titulierte Pflicht gleichzusetzen, da mit ihr nicht die Verpflichtung aus dem Titel bestritten, sondern ausschließlich deren Erfüllung behauptet werde, teilt der Senat nicht. Die nachträgliche Erfüllung einer titulierten Pflicht ist nach - soweit ersichtlich - einhelliger Auffassung eine rechtsvernichtende Einwendung (vgl. statt aller Musielak-Lackmann, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 767 Rdnr. 21 ff. m. w. N.). Sie führt materiell-rechtlich zum Erlöschen der titulierten Pflicht. Materiell-rechtliche Einwendungen als "Einwendungen, die den durch Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen" (§ 767 Abs. 1 ZPO) aber sind im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht zu prüfen (sog. Formalisierung des Zwangsvollstreckungsverfahrens), sondern vom Schuldner mit der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO) in einem neuen Erkenntnisverfahren geltend zu machen. Dies gilt auch, soweit gegenüber der verwaltungsgerichtlichen Erzwingungsvollstreckung nach § 169 Abs. 1 VwGO der Einwand der Erfüllung der titulierten Pflicht erhoben wird (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. Juli 1969 - V 183/69 -, ESVGH 20, 174 f.; a. A. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. November 1997, a. a. O.). Soweit im Rahmen der Erzwingungsvollstreckung nach § 169 Abs. 1 VwGO in Anlehnung an eine zur zivilprozessualen Erzwingungsvollstreckung nach § 887 Abs. 1 ZPO vertretene Rechtsauffassung der Erfüllungseinwand des Schuldners für beachtlich gehalten wird, schließt sich der Senat dieser Rechtsmeinung nicht an. § 887 Abs. 1 ZPO als zivilprozessuale Entsprechung der hier maßgeblichen Regelung des § 169 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 10, 14 Satz 1 VwVG sieht vor, dass der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs auf Antrag zu ermächtigen ist, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen, wenn der Schuldner die Verpflichtung nicht erfüllt, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann. Die Beachtlichkeit des Erfüllungseinwandes nicht allein im Verfahren der Vollstreckungsgegenklage, sondern auch schon im gerichtlichen Erzwingungsverfahren nach § 887 Abs. 1 ZPO ist im Zivilprozess lebhaft umstritten (bejahend etwa: OLG Nürnberg, Beschluss vom 3. Mai 1994 - 11 E 1940/93 -, NJW-RR 1995, 63 f.; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 3. November 2000 - 3 E 235/00 -, NJW-RR 2002, 429; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20. Juli 2001 - 9 W 28/01 -, Nachweis bei juris; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl. 2003, § 887 Rdnr. 5, Zöller-Stöber, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 887 Rdnr. 7; verneinend etwa: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Januar 2001 - 9 W 79/00 -, Nachweis bei juris; OLG Köln, Beschluss vom 12. September 2001 - 19 W 21/01 -, Nachweis bei juris; OLG München, Beschluss vom 26. März 2002 - 7 W 691/02 -, NJW-RR 2002, 1034 f.; OLG Naumburg, Beschluss vom 11. Juli 2002 - 5 W 29/02 -, Nachweis bei juris; Musielak-Lackmann, a. a. O., § 887 Rdnr. 19; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl. 2002, § 887 Rdnr. 4, 17). Die Befürworter berufen sich zur Begründung der Erheblichkeit des Erfüllungseinwandes auf die Prozesswirtschaftlichkeit. Auch im Vollstreckungsverfahren nach § 887 Abs. 1 ZPO entscheide nämlich das Prozessgericht, und auch der Wortlaut ("Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht.....") spreche eher für als gegen die Erheblichkeit des Erfüllungseinwandes. Die Befugnis des Schuldners, den Erfüllungseinwand mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen, bleibe hiervon unberührt.

Der Übernahme der die Beachtlichkeit des Erfüllungseinwandes bejahenden Rechtsauffassung für die Erzwingungsvollstreckung nach § 169 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 10, 14 Satz 1 VwVG steht zunächst entgegen, dass hier - anders als im Zivilprozess - nicht das Prozessgericht, sondern dessen Vorsitzender das zuständige Vollstreckungsorgan ist. Der das Argument der Prozesswirtschaftlichkeit tragende Gesichtspunkt der Identität des über die Erzwingungsvollstreckung und über eine Vollstreckungsgegenklage entscheidenden Rechtsprechungsorgans greift im Verwaltungsprozess mithin nicht ein. Der Aspekt der Verfahrenswirtschaftlichkeit streitet im Verwaltungsprozess vielmehr für die Konzentration materiell-rechtlicher Einwendungen einschließlich der Erfüllung auf das Verfahren der Vollstreckungsgegenklage nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 767 ZPO. Hinzu kommt, dass bei Beachtlichkeit des Erfüllungseinwandes im Erzwingungsverfahren systemwidrig der Vorsitzende darüber entscheiden würde, ob ein vom gesamten Spruchkörper titulierter Anspruch materiell-rechtlich fortbesteht. Schließlich läuft die Berücksichtigung des Erfüllungseinwandes im Verfahren der Erzwingungsvollstreckung dem mit der Formalisierung des Zwangsvollstreckungsverfahrens verfolgten Zweck einer effektiven Vollstreckung gerichtlicher Titel zuwider. Bei Beachtlichkeit des Erfüllungseinwandes hätte es der Schuldner in der Hand, die Vollstreckung beliebig hinauszuzögern. Er könnte wiederholt Erfüllung behaupten, und das Vollstreckungsorgan wäre jedes Mal verpflichtet, diesem Vortrag nachzugehen und gegebenenfalls Beweis zu erheben. Dies widerspräche dem vom Gesetzgeber durch die Formalisierung des Vollstreckungsverfahrens als schutzwürdig anerkannten Anspruch des Gläubigers, sein tituliertes Recht durchzusetzen, ohne in der Vollstreckung mit Fragen des materiellen Rechts behelligt zu werden. Der Wortlaut des § 169 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 10, 14 Satz 1 VwVG rechtfertigt keine abweichende Entscheidung für die Erzwingungsvollstreckung. Die Bezugnahme auf die Nichterfüllung durch den Schuldner stellt keine Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung auf, sondern bezeichnet lediglich den Sachverhalt, für den die Erzwingungsvollstreckung Vorsorge treffen will und den der Gläubiger im Antrag auf Vornahme von Vollstreckungsakten gegenüber dem Vollstreckungsorgan schildern muss (vgl. zum entsprechenden Wortlaut des § 887 Abs. 1 ZPO: OLG Köln, Beschluss vom 2. Dezember 1987 - 2 W 165/87 -, NJW-RR 1988, 1212 f.; Musielak-Lackmann, a. a. O., § 887 Rdnr. 7).

Erheblich ist der Erfüllungseinwand im Verfahren der Erzwingungsvollstreckung nur, wenn die Erfüllung zwischen Gläubiger und Schuldner unstreitig (geworden) ist - für den Vollstreckungsantrag des Gläubigers fehlt dann das Rechtsschutzbedürfnis - oder die Erfüllung vom Schuldner durch eine öffentliche Urkunde oder eine vom Gläubiger ausgestellte Privaturkunde nachgewiesen wird - Vollstreckungshindernis nach § 775 Nr. 4 ZPO i. V. m. § 167 Abs. 1 VwG -. Keiner der beiden Fälle liegt hier vor.

Die Festsetzung des Zwangsmittels der Ersatzvornahme im angegriffenen Beschluss der Vorsitzenden der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Darmstadt erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig. Grundsätzlich ist es auch im öffentlichen Recht nicht zu beanstanden, wenn der Gläubiger eines gerichtlich titulierten Anspruchs dessen zwangsweise Verwirklichung durch einen Antrag beim zuständigen Vollstreckungsorgan einleitet. Dies gilt selbst für den Fall, dass der Schuldner einen titulierten Anspruch überwiegend erfüllt hat. Denn andernfalls hätte es der Schuldner in der Hand, eine vollständige Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln. Eine Ausnahme ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses des Gläubigers anzuerkennen, wenn die beantragte Vollstreckung gegen das Schikaneverbot (§ 226 BGB analog) verstößt, also nach Lage der gesamten Umstände ausschließlich dazu dient, den Schuldner zu schädigen. Ein derartiger Ausnahmefall ist hier nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Eine Streitwertfestsetzung nach § 25 Abs. 2 GKG ist nicht veranlasst. Nach dieser Vorschrift setzt das Prozessgericht bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest. An einem solchen Wert fehlt es, wenn die vom Kostenschuldner zu entrichtende Gebühr im Kostenverzeichnis zum GKG (Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG) als Festgebühr normiert ist. Für die Beschwerde gegen einen gerichtlichen Beschluss im Verfahren der Erzwingungsvollstreckung nach § 169 VwGO sieht Nr. 2502 des im Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung geltenden Kostenverzeichnisses zum GKG eine Festgebühr von 50,-- DM vor (vgl. zu Vorstehendem: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 9. Februar 1998 - F 2 S 810/97 -, Nachweis bei juris).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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