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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.05.2003
Aktenzeichen: 9 UZ 768/02
Rechtsgebiete: BauGB, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 34 Abs. 1
VwGO § 117 Abs. 4
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 5
1. Einzelfall eines auf die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO gestützten Antrags auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil, mit dem die Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung abgewiesen wurde, weil das genehmigte Bauvorhaben - obgleich es sich objektiv-rechtlich nach der Art der baulichen Nutzung und der Bauweise nicht gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Umgebungsbebauung einfüge - nicht gegen das in vorgenannter Regelung verankerte Rücksichtnahmegebot in seiner nachbarschützenden Ausprägung verstoße.

2. Die vollständige Absetzung eines Urteils - gerade noch - innerhalb einer Frist von fünf Monaten seit der Verkündung schließt, die Annahme eines Verfahrensmangels im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen Verstoßes gegen § 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO aus.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

9. Senat 9 UZ 768/02

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 9. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Teufel, Richter am Hess. VGH Schneider, Richter am VG Kassel Seggelke (abgeordneter Richter)

am 28. Mai 2003 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 18. September 2001 (Az.: 2 E 1224/97) wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 12.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor des vorliegenden Beschlusses näher bezeichnete erstinstanzliche Urteil ist gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg, da die vom Kläger benannten Zulassungsgründe die Zulassung des Rechtsmittels nicht rechtfertigen.

Der Senat hat das Urteil des Verwaltungsgerichts, in welchem das Gericht erster Instanz der gegen die dem Beigeladenen erteilte Teilbaugenehmigung vom 19. Mai 1994 und die Baugenehmigung vom 20. Juli 1994 in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigungen vom 26. Oktober 1994 und vom 8. November 1994 gerichteten Anfechtungsklage hinsichtlich der genehmigten Errichtung einer Schleppgaube und eines Stellplatzes stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen hat, nicht in vollem Umfang zu überprüfen. Er hat auch nicht vom Amts wegen zu untersuchen, ob die im Gesetz genannten Gründe für eine Zulassung der Berufung (vgl. § 124 Abs. 2 VwGO) vorliegen und welche dies im Einzelnen sein könnten. Vielmehr ist es Sache des in erster Instanz unterliegenden Prozessbeteiligten, der die Zulassung der Berufung anstrebt, die nach seiner Ansicht gegebenen Zulassungsgründe in seiner Antragsschrift im Einzelnen darzulegen (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Diese Darlegung der Zulassungsgründe bestimmt den Prüfungsumfang des Rechtsmittelgerichts und begrenzt ihn zugleich (vgl. Beschluss des Senats vom 19. März 2003 - 9 UZ 2241/02 -).

Der Kläger erstrebt die Zulassung des Rechtsmittels zunächst unter Hinweis auf das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungstatbestand wird in der Antragsschrift vom 6. März 2002 (vgl. dort unter Ziff. IV a) jedoch nicht in einer dem Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise schlüssig dargetan.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des vorgenannten Zulassungsgrundes sind dann gegeben, wenn der die Zulassung des Rechtsmittels begehrende Beteiligte einen die angegriffene Entscheidung tragenden Rechtssatz oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163; ständige Rspr. des Senats, vgl. etwa Beschluss vom 12. Februar 2003 - 9 UZ 140/03 -).

Der Kläger wendet gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ein, dieses enthalte im entscheidungserheblichen Bereich erhebliche Widersprüche. Zunächst werde festgestellt, dass sich das Vorhaben in Bezug auf die Geschossflächenzahl nicht an den Rahmen der näheren Umgebung halte. Unmittelbar anschließend werde ausgeführt, dass diese Überschreitung des von der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmens der baulichen Nutzung noch nicht zwangsläufig bedeute, dass sich das Vorhaben nicht in die nähere Umgebung einfüge (Seite 12 des Entscheidungsabdrucks). Anschließend werde sodann dargelegt, der Verstoß gegen die Bauweise habe in der maßgeblichen näheren Umgebung bislang kein Vorbild bzw. die Überschreitung der bislang in der maßgeblichen näheren Umgebung verwirklichten Geschossflächenzahl durch das Vorhaben des Beigeladenen sei so massiv, dass hiervon eine negative Vorbildwirkung ausgehe. Daraus ergebe sich wiederum die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, die erteilte Baugenehmigung sei insoweit rechtswidrig und hätte nicht erteilt werden dürfen (Seite 13 des Entscheidungsabdrucks). Wenn einerseits massive Übermaßbebauung angenommen werde, sei es andererseits nicht denkbar, dass sich das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, ohne weiteres in die Eigenart der näheren Umgebung gemäß § 34 BauGB einfüge (Seite 9 des Entscheidungsabdrucks). Übermaßbebauung füge sich gerade nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wobei sich nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch kein gleichgelagertes Vorbild ergebe, vielmehr eine negative Vorbildwirkung von dem streitgegenständlichen Vorhaben ausgehe.

Dieses Vorbringen, dem der Beigeladene unter Verweis auf die von dem Verwaltungsgericht in dem entsprechenden Zusammenhang angestellten Erwägungen entgegengetreten ist, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Denn ihm liegt ein falsches Verständnis der vom Gericht erster Instanz zur Begründung seiner Auffassung, warum dem Antragsteller ein nachbarlicher Abwehranspruch aufgrund eines Verstoßes gegen das in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verankerte Einfügungsgebot nicht zustehe, herangezogenen rechtlichen Aspekte zugrunde, die ihrerseits in Einklang mit den insoweit in der einschlägigen obergerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannten Grundsätzen stehen.

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fügt sich ein Vorhaben in der Regel dann ein, wenn es sich innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält. Es fügt sich jedoch trotz Einhaltung des Rahmens dann nicht ein, wenn es "an der gebotenen Rücksichtnahme auf die sonstige, d. h. vor allem die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt" (BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 4 C 34.85 -, BRS Nr. 176). Umgekehrt folgt nicht aus jeder erstmaligen Überschreitung etwa des Maßes der maßgeblichen Umgebungsbebauung ein Verstoß gegen das Einfügungsgebot. Solchenfalls ist das Vorhaben vielmehr nur dann unzulässig, wenn es im Verhältnis zu seiner Umgebungsbebauung bewältigungsbedürftige Spannungen begründet oder erhöht, d. h. zu einer Verschlechterung, Störung oder Belastung der Umwelt führt und damit städtebaulich "Unruhe" stiftet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369, 387). In beiden Fällen kommt dem in dem Begriff des "Einfügens" verankerten Rücksichtnahmegebot auch nachbarschützende Wirkung zu, soweit über den objektiv-rechtlichen Verstoß des Bauvorhabens gegen das Einfügungsgebot hinaus in "qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist." Im Ergebnis hat das mit einer Nachbarklage befasste Gericht mithin im konkreten Fall vor dem Hintergrund der bebauungsrechtlichen Prägung der Situation vor Ort und der tatsächlichen und planerischen Vorbelastungen eine Abwägung vorzunehmen mit dem Ziel festzustellen, ob sich nach der gegebenen Situation eine ganz besondere Schutzwürdigkeit bestimmter - in der Regel - Nachbarn aufdrängen muss ("handgreifliches" Betroffensein, vgl. dazu: BVerwG, Urteile vom 18. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 -, BRS Nr. 186 und vom 21. Januar 1983 - BVerwG 4 C 59/79 -, NVwZ 1983, 609). Wann ausgehend davon bei Vorliegen eines Verstoßes gegen das Einfügungsgebot in seiner objektiv-rechtlichen Ausprägung ein Abwehranspruch des Nachbarn aufgrund eines im vorstehend erläuterten Sinne qualifizierten Eingriffs in eine schutzwürdige Position anzuerkennen ist, hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 17. Dezember 1984 - 4 TG 2545/84 -, BRS 42 Nr. 77, durch Aufstellung derjenigen qualifizierten Kriterien rechtsgrundsätzlich geklärt, auf die sich auch das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil bezogen hat (vgl. Seite 13 unten des Entscheidungsabdrucks).

An diesen allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen, aus denen sich im gerichtlichen Verfahren regelmäßig eine bestimmte Prüffolge ergibt (vgl. dazu auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Band 2, Stand: August 2002, § 34 Rdnr. 32), hat sich ersichtlich auch das Verwaltungsgericht bei seiner Rechtsprüfung orientiert. Dieses hat auf Grundlage seiner durch Inaugenscheinnahme gewonnenen Erkenntnisse über die Situation vor Ort zunächst festgestellt, das Vorhaben des Beigeladenen füge sich nach der Art der baulichen Nutzung (Wohnen) und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, ohne weiteres in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Nicht im Rahmen der maßgeblichen näheren Umgebung halte sich das Vorhaben jedoch in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung und die Bauweise, da auf keinem der Grundstücke in der maßgeblichen näheren Umgebung eine vergleichbar hohe Geschossflächenzahl vorhanden sei und das Vorhaben zu zwei benachbarten Grundstücksgrenzen die bauordnungsrechtlich geforderten Abstandsflächen nicht einhalte (vgl. ab Seite 9, 3. Absatz bis Seite 12 des Entscheidungsabdrucks). Diese Überschreitung des von der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmens der baulichen Nutzung bedeute vorliegend auch einen Verstoß gegen das Einfügungsgebot (im objektiv-rechtlichen Sinne), da der Verstoß gegen die Bauweise bislang in der maßgeblichen näheren Umgebung kein Vorbild habe und von der massiven Überschreitung der Geschossflächenzahl eine negative Vorbildwirkung ausgehe, beide Verstöße somit geeignet erschienen, in der näheren Umgebung bewältigungsbedürftige Spannungen zu erzeugen. Auch dies führe vorliegend allerdings noch nicht zum Bestehen eines uneingeschränkten nachbarlichen Abwehrrechts gegen das Bauvorhaben, da es unter Heranziehung der insoweit vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof in dessen Beschluss vom 17. Dezember 1984 entwickelten Kriterien an den Voraussetzungen fehle, deren Vorliegen eine schutzwürdige Position des Nachbarn begründen könne (vgl. ab Seite 13, 2. Absatz bis Seite 15 des Entscheidungsabdrucks).

Ausgehend von diesen Erwägungen in dem angefochtenen Urteil erschließt sich dem Senat die mit der Antragsschrift gerügte angebliche Widersprüchlichkeit der seitens des Gerichts erster Instanz in Anwendung der einleitend dargestellten Grundsätze gezogenen Schlussfolgerungen nicht. Soweit der Kläger dem Verwaltungsgericht vorwirft, die Annahme "massiver Übermaßbebauung" lasse ein Einfügen des Vorhabens nach der Art der baulichen Nutzung und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, ausgeschlossen erscheinen, kann dem nicht gefolgt werden. Der Kläger lässt mit seinem Einwand außer Betracht, dass § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in Bezug auf das Merkmal des "Einfügens" eines Vorhabens vier unterschiedliche Maßstäbe vorgibt, an denen die Zulässigkeit des Vorhabens zu messen ist. Diesen hat das Verwaltungsgericht die von ihm zur Begründung des angenommenen Verstoßes gegen das Einfügungsgebot in seiner objektiv-rechtlichen Ausprägung herangezogenen Gesichtspunkte - indem es die von ihm festgestellte Überschreitung der Geschossflächenzahl (GFZ) und die Nichteinhaltung des seitlichen Grenzabstandes als im Rahmen des Maßes der baulichen Nutzung bzw. der Bauweise relevant ansieht - zutreffend zugeordnet. Bei der Geschossflächenzahl (GFZ) handelt es sich nämlich um eine für die Beurteilung des Maßes der baulichen Nutzung des Grundstücks maßgebliche Bestimmungszahl (vgl. auch §§ 16 Abs. 1, 20 Abs. 2 BauNVO). Mit dem Begriff der Bauweise knüpft § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB an das Vorhandensein eines seitlichen Grenzabstandes (sog. offene Bauweise) oder aber die Errichtung von Gebäuden bis zu den seitlichen Grundstücksgrenzen in der maßgeblichen Umgebungsbebauung an (sog. geschlossene Bauweise, vgl. auch § 22 BauNVO). Hieraus folgt, dass ein Verstoß des Vorhabens gegen das Einfügungsgebot insoweit - anders als der Kläger offenbar meint - nicht zugleich ein Nichteinfügen bezüglich der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zudem genannten Merkmale der Art der baulichen Nutzung und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, impliziert.

Sonstige Anhaltspunkte, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründen könnten, wurden in der Antragsschrift im Rahmen der Berufung auf diesen Zulassungsgrund nicht dargelegt.

Eine Zulassung der Berufung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die diesbezüglichen Ausführungen unter Ziffer IV b der Antragsschrift rechtfertigen die Annahme dieses Zulassungsgrundes nicht.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf, wenn sie voraussichtlich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, d. h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 124 Rdnr. 9). Die Annahme besonderer rechtlicher Schwierigkeiten scheidet insofern von vornherein aus, wenn die auftretenden Fragen ohne weiteres aus dem Gesetz zu lösen oder in der Rechtsprechung bereits geklärt sind. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlichen oder unter den Beteiligten besonders umstrittenen Sachverhalt, wobei diese Frage vor allem unter Würdigung der aufklärenden Tätigkeit des Verwaltungsgerichts zu beurteilen ist (vgl. Eyermann, VwGO, 10. Aufl., § 124 Rdnr. 24, 25; Kopp/Schenke, a.a.O.). Im Übrigen obliegt es dem seinen Antrag auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO stützenden Antragsteller nach Maßgabe des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, in der Antragsschrift in fallbezogener Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts die besonderen Schwierigkeiten ausdrücklich zu bezeichnen und darüber hinaus auszuführen, inwieweit sich die benannten Schwierigkeiten von denen verwaltungsgerichtlicher Streitverfahren durchschnittlichen Schwierigkeitsgrades abheben (vgl. Beschluss des Senats vom 15. Juli 1997 - 13 TZ 1947/97 -; OVG Münster, Beschluss vom 27. März 1997 - 12 M 1731/97 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Juni 1997 - 7 S 662/97 -, jeweils zur vergleichbaren Problematik im Verfahren auf Zulassung der Beschwerde nach §§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO a.F.).

Gemessen daran sind besondere rechtliche Schwierigkeiten der Streitsache in der Antragsschrift nicht hinreichend dargelegt.

Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang darauf, bezüglich der nach der Schwere des Eingriffs zu beurteilenden Verletzung des in § 34 BauGB verankerten Rücksichtnahmegebots mangele es an differenzierten Untersuchungen des erstinstanzlichen Gerichts. Schon deshalb habe dieses zu keinen zutreffenden Einstufungen gelangen können. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht Umfang und Bedeutung des Rücksichtnahmegebots verkannt. Dieses Gebot sei nicht erst dann verletzt, wenn schwere und unerträgliche, schlechterdings verfassungsrechtlich unzumutbare Eingriffe vorgegeben seien, sondern auch schon bei Lästigkeit des Bauvorhabens. Die vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Übermaßbebauung stelle zweifellos ein solches Vorhaben dar. Die Wertminderung durch die Übermaßbebauung für das Nachbargrundstück, die daraus resultiere, dass das rechtswidrig aufgestockte Wohngebäude des Beigeladenen das Wohngebiet verschandele, habe das erstinstanzliche Gericht völlig unberücksichtigt gelassen. Auch habe er - der Kläger - mit der Rechtsunwirksamkeit des für ihn rechtsverbindlichen Bebauungsplans nicht zu rechnen brauchen und insofern darauf vertrauen dürfen, dass sich Bauherren in dem betreffenden Bereich entsprechend der Festsetzungen dieses faktisch existenten Bebauungsplans verhielten. In diesem Zusammenhang sei auch noch darauf zu verweisen, dass die Stadt A-Stadt, deren Beiladung zum Verfahren im Übrigen unterblieben sei, mit Schreiben vom 19. März 1996 gegenüber dem Antragsgegner darauf hingewiesen habe, ein Einvernehmen hinsichtlich einer Überschreitung der Geschossigkeit im Baugenehmigungsverfahren werde nicht hergestellt.

Mit diesem Vorbringen, mit dem der Kläger die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zum Nichtvorliegen eines Verstoßes gegen das in § 34 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot in seiner nachbarschützenden Ausprägung und die Nichteinstellung aus seiner Sicht wesentlicher Gesichtspunkte im Rahmen dieser Prüfung rügt, sind besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art nicht dargetan. Im Hinblick auf die Bestimmung des Umfangs und der Bedeutung des Rücksichtnahmegebots sowie die Voraussetzungen, unter denen dieses in Fallkonstellationen wie der vorliegenden einen nachbarlichen Abwehranspruch aufgrund eines Verstoßes gegen das (objektiv-rechtliche) Einfügungsgebot vermitteln kann, hat das Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei die in diesem Zusammenhang in der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zugrundegelegt und seine Rechtsprüfung - wie bereits in anderem Zusammenhang dargelegt - ersichtlich an diesen Grundsätzen orientiert. Es hat auch insbesondere bei der Beurteilung der Frage, ob das von ihm festgestellte Nichteinfügen des Vorhabens in die nähere Umgebung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung und der Bauweise einen qualifizierten Eingriff in eine schutzwürdige Position des Nachbarn begründen kann, die nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Beschluss vom 17. Dezember 1984 (vgl. a.a.O.) maßgeblichen Kriterien berücksichtigt und ausgeführt, dass danach das Bestehen eines nachbarlichen Abwehrrechtes ausscheide.

Unabhängig davon lassen die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zudem deutlich hervortreten, dass die im vorliegenden Verfahren in rechtlicher Hinsicht entscheidungserheblichen Gesichtspunkte, die die Prüffolge des Verwaltungsgerichts bestimmt haben, allesamt als in der Rechtsprechung geklärt angesehen werden können.

Auch das Vorliegen tatsächlicher Schwierigkeiten besonderer Art ist in der Antragsschrift nicht hinreichend dargelegt.

Dazu merkt der Kläger an, die aufklärende Tätigkeit des Verwaltungsgerichts habe nicht ausgereicht und es bestehe somit weiterer Ermittlungsbedarf. Das erstinstanzliche Gericht habe seine Erkenntnisse lediglich aus einer eigenen Ortsbesichtigung gewonnen und in diesem Rahmen - mit der zwangsläufigen Folge zu oberflächlicher Feststellungen - auf die Heranziehung eines Sachverständigen für Stadtplanung verzichtet.

Unter Bewertung von Art und Umfang der vom Verwaltungsgericht zur Vorbereitung seiner Entscheidung zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts entfalteten Tätigkeit vermag der Senat nicht zu erkennen, dass das angefochtene Urteil auf einer in dem gerügten Sinne unzureichenden Tatsachenbasis beruht. Das Gericht erster Instanz hat im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter am 18. September 2001 ausweislich der Verhandlungsniederschrift durch Inaugenscheinnahme des Baugrundstücks und seiner Umgebung Beweis erhoben, wobei das maßgebliche Geviert vom Gericht und den Verfahrensbeteiligten abgeschritten und die vorhandenen Baulichkeiten hinsichtlich ihrer baulichen Gestaltung und Stellung auf dem jeweiligen Grundstück einer Betrachtung unterzogen wurden (vgl. dazu Seite 3 bis Seite 5 der Verhandlungsniederschrift, Blatt 145 ff. der Gerichtsakte). Das Gericht erster Instanz konnte sich hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort zudem auf eine vom Kläger im Verfahren vorgelegte Lichtbilddokumentation stützen, in der die in dem betreffenden Bereich vorhandenen baulichen Anlagen - einschließlich des in Streit stehenden Bauvorhabens - aus verschiedenen Blickrichtungen abgelichtet sind (vgl. Blatt 70 bis 72 der Gerichtsakte). Erscheint die aufklärende Tätigkeit des Verwaltungsgerichts nach Lage der Dinge demnach ausreichend, so bedürfte es der Einholung eines ergänzenden Gutachtens durch einen Sachverständigen für Stadtplanung - unabhängig davon, dass sich der Antragsbegründung nicht entnehmen lässt, zu welcher konkreten Fragestellung ein solcher Sachverständiger hätte Stellung beziehen sollen - auch in einem Berufungsverfahren nicht. Abgesehen davon könnte vorliegend selbst das Bestehen weiteren Klärungsbedarfs in tatsächlicher Hinsicht keine besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache begründen, weil dieser Aufklärungsmangel darauf beruhen würde, dass es der anwaltlich vertretene Kläger im erstinstanzlichen Verfahren unterlassen hat, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen (vgl. dazu Eyermann, a.a.O., Rdnr. 25). Dabei ist darauf hinzuweisen, dass den in den vorbereitenden Schriftsätzen des Klägerbevollmächtigten enthaltenen Beweisantritten lediglich die rechtliche Bedeutung einer Beweisanregung an das Gericht zukommt, da Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung zu stellen und auch nur solchenfalls förmlich zu bescheiden sind (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO).

Zur Zulassung der Berufung führt schließlich auch nicht die Rüge eines Verfahrensfehlers bei der Absetzung des Urteils gemäß § 117 Abs. 4 VwGO (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; vgl. unter Ziffer IV c der Antragsschrift).

Der Kläger macht insoweit geltend, das am 18. September 2001 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts sei erst im Februar 2002 vollständig abgesetzt worden. Bei dieser zeitlichen Distanz zwischen Verkündung und Absetzung der Entscheidung sei mit der obergerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass eine zuverlässige Erinnerung des Verwaltungsgerichts an die mündliche Verhandlung nicht mehr gewährleistet gewesen sei und das Urteil auch auf diesem Verfahrensfehler beruhe. Bei nicht gewahrter Alsbaldigkeit im Sinne des § 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO verlören die schriftlichen Entscheidungsgründe die ihnen vom Gesetz zugedachte Funktion und seien als nicht geschrieben zu behandeln.

Ein Verstoß gegen die gem. § 117 Abs. 4 VwGO festgelegten Fristen für die Absetzung des vollständig abgefassten Urteils ist damit nicht dargelegt.

Nach § 117 Abs. 4 Satz 1 VwGO ist ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefasst war, grundsätzlich vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übergeben. Kann dies - wie vorliegend - ausnahmsweise nicht geschehen, so ist gemäß § 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übergeben (vgl. dazu Blatt 149 der Gerichtsakte); Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übergeben. Aus dem die Beurkundungsfunktion der Urteilsgründe und den Rechtsschutz der Prozessbeteiligten sichernden Gehalt des Begriffes "alsbald" ergibt sich als äußerste Grenze, dass in keinem Fall ein Zeitraum überschritten werden darf, nach dessen Verstreichen die zuverlässige Erinnerung an die mündliche Verhandlung nicht mehr gewährleistet ist. Dies ist in Anlehnung an die in § 525 ZPO unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit getroffene gesetzliche Wertung ein Zeitraum von fünf Monaten. Nach Ablauf dieser Frist verlieren die schriftlichen Gründe die ihnen vom Gesetz zugedachte Funktion. Sie sind als nicht geschrieben zu behandeln (st. Rspr. des BVerwG, vgl. BVerwG, Urteil vom 3. August 1990 - BVerwG 7 C 41-43.89 - BVerwGE 85, 273 und Beschluss vom 27. April 1993 - GmS-OGB 1/92 -, BVerwGE 92, 367). Die danach durch das Verfahrensrecht vorgegebene äußerste zeitliche Grenze zur Abfassung des vollständigen Urteils hat das Verwaltungsgericht vorliegend - gerade noch - gewahrt, indem es die Ausfertigung des am 18. September 2001 verkündeten Urteils ausweislich des Eingangsvermerks der Geschäftsstelle am 5. Februar 2002 dort vorgelegt hat (vgl. Bl. 204 der Gerichtsakte).

Der Zulassungsantrag des Klägers bleibt nach alledem erfolglos, so dass er die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen hat (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts für das Antragsverfahren folgt aus §§ 14 Abs. 1 und 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. Der Senat bewertet das vom Kläger im vorliegenden Verfahren verfolgte Interesse in Anlehnung an die Streitwertfestsetzung erster Instanz ebenfalls mit dem dreifachen Auffangstreitwert. Die sich im Hinblick auf die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ergebende Abweichung beruht darauf, dass für die Bestimmung des Streitwerts gemäß § 15 GKG der Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung maßgeblich ist, was vorliegend zur Anwendung der einen Auffangstreitwert in Höhe von 4.000 € festlegenden Regelung des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG in ihrer seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung führt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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