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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 09.01.2007
Aktenzeichen: 1 Sa 1245/06
Rechtsgebiete: BGB, AVO


Vorschriften:

BGB § 626
BGB § 242
AVO § 13 Abs. 2
Das nach der Arbeitsvertragsordnung einer Diözese, deren Geltung für das Arbeitsverhältnis arbeitsvertraglich vereinbart ist, ordentlich unkündbare Arbeitsverhältnis einer Kindergartenleiterin eines kirchlichen Kindergartens kann mit der längsten ordentlichen Frist außerordentlich gekündigt werden, wenn wegen Schließung des Kindergartens keine Beschäftigungsmöglichkeit besteht und bis zum Eintritt des Rentenalters Gehalt gezahlt werden müsste (hier: fast 20 Jahre).
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wetzlar vom 30. Mai 2006 - 3 Ca 299/04 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte.

Die Klägerin war aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18. August 1981 (AV, Bl. 11 u. 12 d.A.) seit dem 01. September 1981 in dem von der Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, in A betriebenen Kindergarten B als Erzieherin und dessen Leiterin tätig. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin betrug seit dem 01. Januar 1997 84,5 v.H. der regelmäßigen Arbeitszeit vollbeschäftigter Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter von 38,5 Stunden in der Woche, mithin 32,5 Stunden in der Woche (Zusatzvereinbarung vom 20. Dezember 1996, Bl. 13 d.A.). Außer der Klägerin waren im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bei der Beklagten und am 31. Dezember 2003 seit mehr als 6 Monaten als Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer mit folgendem Umfang u.a beschäftigt: Die Erzieherinnen C, D und E mit je 55,844 v.H. der regelmäßigen Arbeitszeit entsprechend 21,5 Stunden in der Woche; die Sekretärin F (9,625 Stunden/Woche), die Küsterin G (26 Stunden/ Monate), die Reinigungskraft H (3 Stunden/Monat) und der Hausmeister I (16 Stunden/Woche oder Monat). Wie in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist, ist bei der Beklagten keine Mitarbeitervertretung gewählt. Die vertragliche Vergütung betrug zuletzt rund € 2.600,00 brutto/Monat. Die Klägerin ist am 14. August 1959 geboren und verheiratet. Der Arbeitsvertrag lautet, soweit hier von Bedeutung, wie folgt:

"§ 5

Das Arbeitsverhältnis regelt sich nach der Arbeitsvertragsordnung der Diözese L in ihrer jeweils gültigen Fassung. Die Arbeitsvertragsordnung ist wesentlicher Bestandteil dieses Vertrages. ..." (Bl. 11 d.A.)

§ 13 Arbeitsvertragsordnung (AVO), ab dem 01. Juli 2005 § 36 AVO, hatte auszugsweise folgenden Wortlaut:

"...

(2) Die Kündigungsfrist beträgt bei einer Beschäftigungszeit ... nach mehr als 12 Jahren - 6 Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres

...

Bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 15 Jahren ist das Arbeitsverhältnis unkündbar, es sei denn, dass ein wichtiger Grund zur Kündigung vorliegt."

Zum Betrieb des Kindergartens zahlte die politische Gemeinde J in der Vergangenheit einen Zuschuss. Mit Schreiben vom 29. Juli 2004 teilte sie der Beklagten mit, dass die Zahlung des Zuschusses mit dem 31. Juli 2004 endgültig eingestellt werden würde (Bl. 38 d.A.); der entsprechende Beschluss war von der Gemeindevertretung am 29. April 2004 gefasst worden. Das Bischöfliche Ordinariat des K schrieb der Beklagten unter dem 02. Juni 2004, dass es bis zum Ende des Kindergartenjahres 2004/2005 einen erhöhten Zuschuss zu den Betriebskosten zahlen würde (Bl. 39 d.A.). Der Verwaltungsrat der Beklagten als deren gesetzliches Vertretungsorgan beschloss am 13. Oktober 2004, den Kindergarten zum Ende des Kindergartenjahres 2004/2005 mit dem 31. Juli 2005 zu schließen (Bl. 138 d.A.). Die auflösende Bedingung einer Einigung mit der politischen Gemeinde über die weitere Finanzierung bis zum 15. November 2004 trat nicht ein. Die Schließung von Einrichtungen durch Kirchengemeinden im K bedarf gem. § 17 Abs. 1 lit. m Gesetz über die Verwaltung und Vertretung des Kirchenvermögens im K (KVVG, Bl. 48 d.A.) der schriftlichen Genehmigung des Bischöflichen Ordinariats. Die Beklagte kündigte daraufhin die Verträge mit den Eltern der betreuten Kinder schriftlich unter dem 29. November 2004 zum 31. Juli 2005 (Bl. 40 d.A.). Mit Schreiben vom 24. November 2004, der Klägerin zugegangen am 29. November 2004, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 30. September 2005 (Bl. 14 d.A.) ebenso wie die Arbeitsverhältnisse der anderen Erzieherinnen oder Erzieher des Kindergartens. Die in der Diözese L gebildete Kommission zur Regelung des diözesanen Arbeitsrechts (Bistums-KODA) beschloss am 03. November 2004, dass in der Diözese in den Jahren 2005 und 2006 grundsätzlich keine betriebsbedingten Kündigungen erfolgen sollten und die Arbeitnehmer auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Fahrtkostenzuschüsse verzichteten. Dieser Beschluss wurde der Beklagten per E-Mail der Öffentlichkeitsarbeit des Bischöflichen Ordinariats vom 04. November 2004 mitgeteilt (Bl. 45 d.A.) und - wo und von wem auch immer - bei dieser ausgehängt. Der Bischof unterzeichnete u.a. diesen Beschluss am 02. März 2005 und setzte ihn zum 01. Januar 2005 in Kraft. Er wurde unter dem 15. März 2005 im Amtsblatt des Bistums veröffentlicht (Bl. 118 - 123 d.A.). Eine geänderte Arbeitsvertragsordnung wurde vom Bischof im Amtsblatt vom 01. Juni 2005 veröffentlicht und einschließlich der vorgenannten Regelung als § 36 Abs. 1 a AVO (Bl. 49 u. 50 d.A.) mit Wirkung vom 01. Juli 2005 in Kraft gesetzt. Das Bischöfliche Ordinariat hat mit der bei ihr gebildeten Mitarbeitervertretung am 02. Dezember 2003 eine Vereinbarung über Maßnahmen zum Ausgleich und zur Milderung von wesentlichen Nachteilen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wegen Stellenabbaus oder Schließung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Einrichtungen oder wesentlichen Teilen von ihnen beschlossen (Bl. 107 - 117 d.A.). Das am 10. Februar 2005 durchgeführte innerkirchliche Schlichtungsverfahren zwischen der Klägerin und der Beklagten endete ohne Einigung der Parteien.

Die Klägerin hat die Kündigung für sozial nicht gerechtfertigt und zudem für unwirksam gehalten, weil nach ihrer Behauptung der Schließungsbeschluss nicht von dem Bischöflichen Ordinariat genehmigt worden ist. Ihre Kündigung sei wegen Verstoßes gegen den KODA-Beschluss vom 03. November 2004 unwirksam, weil sie, worauf es nach dessen Formulierung ankomme, erst im Jahr 2005 wirksam geworden sei. Zumindest habe die Beklagte, obwohl ihr der KODA-Beschluss bei Ausspruch der Kündigung bekannt gewesen sei, das Wirksamwerden für die Kündigung vereitelt, indem sie noch im Jahr 2004 gekündigt habe, obwohl eine so frühzeitige Kündigung nach der einzuhaltenden Kündigungsfrist nicht erforderlich gewesen sei. Die Beschäftigten des Bistums hätten wie sie ihre Gegenleistung durch Streichung des Urlaubs- und Kürzung des Weihnachtsgeldes und von Fahrtkostenzuschüsse erbracht.

Die Klägerin hat mit der am 14. Dezember 2004 bei dem Arbeitsgericht eingereichten und der Beklagten am 06. Januar 2005 zugestellten Klage beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. November 2004 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, über den KODA-Beschluss vom 03. November 2004 erst am 16. Dezember 2004 durch das Bischöfliche Ordinariat in Kenntnis gesetzt worden zu sein. Sie ist der Ansicht gewesen, der Beschluss sei erst am 01. Januar 2005 nach In-Kraft-Setzung durch den Bischof verbindlich geworden. Zudem habe einer der darin genannten Ausnahmetatbestände vorgelegen.

Das Arbeitsgericht Wetzlar hat mit einem am 30. Mai 2006 verkündeten, der Beklagten am 28. Juni 2006 zugestellten Urteil - 3 Ca 299/04 (Bl. 65 - 72 d.A.) - der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 26. Juli 2006 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28. September 2006 an diesem Tag begründet.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie behauptet, der Generalvikar habe den Schließungsbeschluss unter dem 03. November 2004 genehmigt (Bl. 86, 87 und 135 - 137 d.A.).

Sie beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wetzlar vom 30. Mai 2006 - 3 Ca 299/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin bittet unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags um die Zurückweisung der Berufung, indem sie das angefochtene Urteil im Ergebnis verteidigt. Sie behauptet, Motiv für den Ausspruch der Kündigung schon am 24. November 2004 sei gewesen, den Kündigungsverzicht des KODA-Beschlusses zu umgehen und den finanziellen Vorteil in Anspruch zu nehmen (Bl. 97 - 103, 134 u. 134 a d.A.).

Zum Beweis der Genehmigung des Bischöflichen Ordinariats hat die Beklagte Kopie des Schreibens desselben vom 03. November 2004 vorgelegt (Bl. 139 u. 140 d.A.).

Zu dem Inhalt des angefochtenen Urteils und der genannten Dokumente im Übrigen und im Einzelnen wird auf die angegebenen Blätter der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wetzlar vom 30. Mai 2006 - 3 Ca 299/04 - ist gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. c ArbGG als Berufung in einem Rechtsstreit über die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO).

II.

Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die Sache war entscheidungsreif, vor allem musste den Parteien keine Gelegenheit mehr zur schriftsätzlichen Erwiderung auf den unmittelbar vor der Sitzung eingereichten jeweiligen Schriftsatz der Gegenseite eingeräumt werden, weil der jeweilige Vortrag nicht neu oder die entscheidungserheblichen neuen Tatsachen unstreitig oder bewiesen sind. Das angefochtene Urteil ist abzuändern und die Klage abzuweisen, weil die Berufung der Beklagten begründet und die Klage unbegründet ist. Die von dem Arbeitsgericht für das der Klage stattgebende Urteil gegebene Begründung ist hinfällig, nachdem in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist, dass bei der Beklagten eine Mitarbeitervertretung, die vor Ausspruch der Kündigung zu beteiligen gewesen wäre, nicht gewählt worden ist. Für ein Tätigwerden der Hauptmitarbeitervertretung war gem. § 24 a Mitarbeitervertretungsordnung für das K keine Rechtsgrundlage gegeben. Die Kündigung ist aber auch nicht aus anderen, insbesondere nicht aus den von der Klägerin angeführten weiteren Gründen, mit denen sich das Arbeitsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht - nicht befasst hat, unwirksam.

1.

Die Kündigung der Beklagten vom 24. November 2004 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 30. September 2005 aus wichtigem Grund beendet, § 626 Abs. 1 BGB.

a) Die Kündigung gilt nicht gem. §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 7 KSchG als von Anfang an wirksam, weil die Klage durch die Zustellung der Klageschrift an die Beklagte erst am 06. Januar 2005 und damit nach Ablauf der Klagefrist von 3 Wochen gem. §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 KSchG erhoben worden ist. Die Klagefrist gilt gem. § 167 ZPO nämlich als gewahrt, weil die Klägerin die Klage innerhalb der Frist, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB, bei dem Arbeitsgericht eingereicht hat und sie demnächst zugestellt worden ist. Die Verzögerung beruht allein auf der fehlerhaften Beurkundung des ersten Zustellungsversuchs durch den Mitarbeiter der Post.

b) Die Beklagte war berechtigt, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin aus dringenden betrieblichen Erfordernissen außerordentlich zu kündigen, § 626 Abs. 1 BGB. Die Beklagte konnte der Klägerin gem. § 13 Abs. 2 AVO nur aus wichtigem Grund, also außerordentlich, kündigen. Das ist geschehen. Zwar ist die Kündigungserklärung nicht ausdrücklich als außerordentliche Kündigung bezeichnet. Ihre Auslegung gem. § 133 BGB ergibt jedoch, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin im Hinblick auf deren ordentliche Unkündbarkeit eine solche aussprechen wollte, weil der Kindergarten zum 31. Juli 2005 geschlossen werden sollte und sie sich von allen in diesem beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trennen wollte und musste.

(1) Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber wegen beabsichtigter - hier Teil- - Betriebsschließung ist auch gegenüber aufgrund der Arbeitsvertragsordnung ordentlich unkündbaren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern unter Einhaltung der längsten ordentlichen Kündigungsfrist als notwendige Auslauffrist zulässig, wenn eine entsprechende ernstliche und endgültige, vom Gericht nur auf Rechtsmissbrauch zu überprüfende unternehmerische Entscheidung vorliegt, die Betriebsschließung greifbare Formen angenommen hat und nach einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Prognose zum Ablauf der Kündigungsfrist die Beschäftigungsmöglichkeit für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer entfällt und der Arbeitgeber sie oder ihn auch unter Einsatz aller zumutbaren Mittel, ggf. durch Umorganisation, nicht weiter beschäftigten kann. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn anderenfalls ein mangels Einsatzmöglichkeit für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer sinnleer gewordenes Arbeitsverhältnis allein durch Gehaltszahlungen über viele Jahre bis zum Eintritt des Rentenalters aufrechterhalten werden müsste (BAG, Urteil vom 05.02.1998 - 2 AZR 227/97 - AP Nr. 143 zu § 626 BGB, unter II. 3. b), ständige Rechtsprechung; vom 13. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 - AP Nr. 97 zu § 615 BGB, unter B. I. 2. c) d.Gr.).

Diese Voraussetzungen waren hier gegeben.

aa) Die ernstliche und endgültige unternehmerische Entscheidung der Beklagten lag vor und hatte bereits mit der Einholung der Zustimmung des Ordinariats greifbare Formen angenommen. Der Verwaltungsrat der Beklagten als deren Leitungsorgan hatte am 13. Oktober 2004 die Einstellung des Betriebs des Kindergartens B zum 31. Juli 2005 als dem Ende des Kindergartenjahres 2004/2005 beschlossen, wenn auch unter der auflösenden Bedingung, § 158 Abs. 2 BGB, einer Einigung mit der politischen Gemeinde über eine weitere ausreichende Finanzierung durch diese bis zum 15. November 2004. Die Bedingung war aber in dem gesetzten Zeitrahmen und vor Ausspruch der Kündigungen nicht eingetreten. Es ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Beklagte außer Stande gesehen hat, ohne diese Zuschüsse den Betrieb des Kindergartens über den 31. Juli 2005 hinaus aufrechtzuerhalten.

Entgegen der Ansicht der Klägerin war der Beschluss des Verwaltungsrats auch wirksam, weil die Beklagte nach dem Bestreiten durch die Klägerin die gegebene Zustimmung des Ordinariats gem. § 17 Abs. 1 lit. m KVVG durch Vorlage der Kopie der Genehmigungserklärung zur Überzeugung der Kammer bewiesen hat. Wenn man eine solche überhaupt im Verhältnis zur Klägerin für erforderlich halten will, falls § 17 Abs. 1 lit. m KVVG Drittwirkung hätte, lag diese im Übrigen bereits in dem Schreiben des Bischöflichen Ordinariats vom 02. Juni 2004 vor. § 17 Abs. 1 KVVG ist nach seinem Sinn und Zweck nicht dahingehend zu verstehen, dass nur die nachträgliche Einwilligung im Sinn von § 185 Abs. 1 BGB erteilt werden kann und eine Zustimmung ausgeschlossen sein soll. § 17 KVVG will bei das Vermögen von Kirchengemeinden und damit letztlich deren Funktionsfähigkeit berührenden Rechtsakten sicherstellen, dass diese von der Aufsicht führenden Institution geprüft und ggf. verhindert werden können. Dem wird bei bereits feststehendem Inhalt eines zukünftigen Beschlusses des Verwaltungsrats auch bei einer Zustimmung genügt.

Schließlich musste, auch wenn man insoweit anderer Meinung sein wollte, der Stilllegungsbeschluss kirchenrechtlich nicht wirksam sein, weil sogar der Entschluss eines unzuständigen Organs ausreichen würde, da nach dem Schreiben des Bischöflichen Ordinariats vom 02. Juni 2004 davon auszugehen war, dass der Beschluss des zur Vertretung berufenen Verwaltungsrats genehmigt werden und deshalb die Einstellung des Kindergartenbetriebs weder verzögert noch gar verhindert werden würde (BAG, Urteil vom 08.04.2003 - 2 AZR 15/02 - AP Nr. 40 zu § 113 BetrVG 1972, unter II. 1. b)).

bb) Mit Ablauf der Kündigungsfrist war die Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin als Erzieherin und Leiterin des Kindergartens entfallen. Eine andere Einsatzmöglichkeit für die Klägerin auf einer ihr nach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten zumutbaren freien Stelle war nicht gegeben (BAG, Urteil vom 29.03.1990 - 2 AZR 369/89 - AP Nr. 50 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, unter B. II. 5.) und ist auch von der Klägerin nicht dargelegt worden. Die Beklagte hätte der im Zeitpunkt der Kündigung 45 Jahre alten Klägerin noch rund 20 Jahre bis zum Eintritt des Rentenalters Vergütung zahlen müssen.

cc) Die Beklagte hat auch gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt (BAG, Urteil vom 05.02.1998, a.a.O., unter II. 3. e)). Eine sog. Sozialauswahl war nicht vorzunehmen, da die Beklagte gleichzeitig allen als Erziehern oder Erzieherinnen vergleichbaren Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern gekündigt hat (BAG, Urteil vom 07.03.2001 - 2 AZR 147/01 - EzA Nr. 109 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung, unter B. II. 3., ständige Rechtsprechung; vom 18.01.2001 - 2 AZR 514/99 - AP Nr. 115 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung, unter 3.; KR-Etzel, 7. Aufl., § 1 KSchG Rn 669).

dd) Schließlich hat die Beklagte die Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB, weil es sich bei der beabsichtigten Schließung des Kindergartens um einen Dauertatbestand handelt, und die längste Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Quartalsende gem. § 13 Abs. 2 AVO a.F. eingehalten.

2.

Die Kündigung der Beklagten ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam, insbesondere nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot, § 134 BGB, oder wegen Treuwidrigkeit entgegen § 242 BGB.

a) Sie verstößt nicht gegen den durch den KODA-Beschluss vom 03. November 2004 festgelegten Ausschluss von betriebsbedingten Beendigungen von Arbeitsverhältnissen im Bereich des K. Anders, als die Klägerin meint, betrifft der Beschluss nicht das Wirksamwerden schon im Jahr 2004 ausgesprochener Kündigungen in den Jahren 2005 und 2006, sondern den Ausspruch solcher in diesen beiden Jahren. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind auf ihre Wirksamkeit nach den Umständen im Zeitpunkt ihres Zugangs bei dem Empfänger zu beurteilen, weil sie damit gem. § 130 Abs. 1 BGB wirksam werden (BAG, Urteil vom 10.10.1996 - 2 AZR 479/95 - EzA Nr. 87 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung, unter II. 1. b) (2) (bb), ständige Rechtsprechung; vom 27.02.1997 - 2 AZR 160/96 - AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung, unter II. 2. c); KR-Etzel, a.a.O., § 1 KSchG Rn 235, 237). Soweit das BAG zu § 17 KSchG zumindest bisher die Meinung vertreten hat, dass es bei einer Massenentlassung auf den Beendigungszeitpunkt ankomme, steht das dem nicht entgegen, sondern hat besondere arbeitsmarktrelevante Gründe. Auch führt danach der Verstoß nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, sondern nur nicht zur tatsächlichen Beendigung (BAG, Urteil vom 13.04.2000 - 2 AZR 215/99 - AP Nr. 13 zu § 17 KSchG 1969, unter B. III. 2.).

Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Formulierung des KODA-Beschlusses und des § 36 Abs. 1 a AVO, wenn diese davon sprechen, dass "Arbeitsverhältnisse ... nicht durch betriebsbedingte Kündigungen beendet werden, ...". Zum einen müsste die Formulierung, wenn sie den völlig ungewöhnlichen Inhalt haben sollte, dass eine zunächst wirksam ausgesprochene Kündigung gleichwohl unwirksam werden sollte, das klar zum Ausdruck bringen; zum anderen wäre auch eine solche kirchenautonome Regelung unwirksam, weil sie das Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG verletzen würde (BVerfGE 70, 138, 168 f.). Die Beklagte hätte, um die Kündigung wirksam werden lassen zu können, danach das Benehmen mit der Haupt-Mitarbeitervertretung herbeiführen müssen. Eine Regelung kann nicht rechtsstaatlich einer Person rückwirkend Handlungspflichten auferlegen mit der Folge des Rechtsverlustes bei deren Nichtbeachtung. Obwohl es darauf nicht ankommt, sei die Klägerin im Hinblick auf ihren Vortrag darauf hingewiesen, dass solche Handlungspflichten der E-Mail vom 04. November 2004 genauso wenig zu entnehmen waren wie die - nach Auffassung der Klägerin - Unwirksamkeit noch im Jahre 2004 ausgesprochener Kündigungen.

Der KODA-Beschluss vom 03. November 2004 wurde zudem erst durch die Anordnung des Bischofs vom 02. März 2005 rückwirkend zum 01. Januar 2005, also nach Ausspruch der Kündigung, überhaupt wirksam (BAG, Urteil vom 03. Mai 2006 - 4 AZR 189/05 - NZA 2006, 1420). Er berührte zudem das Arbeitsverhältnis der Klägerin erst ab dem 01. Juli 2005 mit seiner Aufnahme in die Arbeitsvertragsordnung als deren § 36 Abs. 1 a in der zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung, weil die Parteien im Arbeitsvertrag nur die Geltung der Arbeitsvertragsordnung, nicht aber die aller KODA-Beschlüsse vereinbart hatten. Kirchliche Arbeitsvertragsordnungen wie KODA-Regelungen entfalten in einem Arbeitsverhältnis Wirkung für dieses nur durch vertragliche Inbezugnahme (BAG, Beschluss vom 21. November 2005 - 4 AZN 375/05 - n.v.).

b) Die Kündigung der Beklagten ist auch nicht entgegen § 242 BGB treuwidrig, weil die Beklagte sie zu früh ausgesprochen hätte. Auch wenn die Kündigung der Klägerin gegenüber unter Einhaltung der Frist von 6 Monaten zum Quartalsende zum 30. September 2005 auch noch im 1. Quartal 2005 ausgesprochen werden konnte, ist nicht ersichtlich, warum die Beklagte mit deren Ausspruch, nachdem die Schließung des Kindergartens nach dem Kündigungstermin 30. Juni 2005 am 16. November 2004 feststand, noch hätte zuwarten sollen. Auch wenn den für die Beklagte handelnden Personen, den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrats, gem. § 166 Abs. 1 BGB die E-Mail vom 04. November 2004 bekannt gewesen sein sollte, wofür die Klägerin keine ins Einzelne gehenden Tatsachen vorgetragen hat, weil allein die Behauptung der "Kenntnis der Beklagten und Aushang durch die Beklagte" dazu nicht ausreicht, hat die Klägerin auch keine Tatsachen dafür behauptet, dass die Beklagte dadurch ein bei ihr bestehendes schützenswertes Vertrauen verletzt hätte, im Jahr 2004 würde keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses mehr ausgesprochen. Grundsätzlich ist niemand gehindert, als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG sein rechtlich erhebliches Verhalten so einzurichten, dass er ihm nachteilige Rechtsfolgen vermeidet. Ob die Klägerin im Jahr 2005 Kürzungen von Sonderzahlungen hinnehmen musste, ist insoweit ohne Belang, weil es sich beidseitig um eine alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Diözese bindende kollektive Regelung handelte, die nicht individualisiert werden kann.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, da die Klägerin unterlegen ist.

Für die Zulassung der Revision ist kein gesetzlicher Grund ersichtlich, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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