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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 31.10.2008
Aktenzeichen: 10 Sa 527/08
Rechtsgebiete: TV-Ärzte/VKA


Vorschriften:

TV-Ärzte/VKA § 15
TV-Ärzte/VKA § 16
Ein Arzt ist nicht allein deshalb in die Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA (Oberärztin/Oberarzt) eingruppiert, weil er zum Oberarzt bestellt ist. Es müssen vielmehr die Voraussetzungen der Protokollerklärung zu Buchstabe c) TV-Ärzte/VKA erfüllt sein.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 03.03.2008 - 9 Ca 4739/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Vergütung des Klägers.

Der am 12. Dezember 1969 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01. Juni 1999 als Facharzt für Innere Medizin mit den zusätzlichen Teilgebietsbezeichnungen Hämatologie, Onkologie, Gastroenterologie und Notfallmedizin beschäftigt. Nach § 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages vom 13. Mai 2003 (vgl. Bl. 6 - 9 d.A.) fanden auf das Arbeitsverhältnis die tariflichen Regelungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages und der ihn ersetzenden oder ergänzenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Mit Änderungsvertrag vom 25. Januar 2007 (Bl. 10 d.A.) vereinbarten die Parteien, dass mit Wirkung zum 01. August 2006 ausschließlich der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA und TVÜ-Ärzte/VKA) vom 17. August 2006 sowie die ergänzenden, ändernden und ersetzenden Regelungen in der jeweiligen Fassung zur Anwendung kommen. Mit diesem Tarifvertrag wurde erstmals eine Entgeltgruppe III für Oberärzte eingeführt. Der Kläger erhält Vergütung aus der Vergütungsgruppe II. Der Kläger nimmt an den monatlichen Ausschüttungen des Chefarztpools mit dem Verteilerschlüssel für Oberärzte teil.

Die Organisation der Beklagten beruht auf der Ortssatzung für die Verwaltung der öffentlichen milden Stiftungen in A., wegen deren Inhalt auf Bl. 115 - 123 d.A. Bezug genommen wird. Die Verwaltung der Stiftungen wird darin den Pflegeämtern übertragen, § 3 Abs. 1 der Ortssatzung. Auf der Grundlage der Ortssatzung ist eine Verwaltungsordnung ergangen, die in § 3 Abs. 3 bestimmt, dass Entscheidungen über die Einstellung und Entlassung von leitenden Ärzten das Pflegeamt trifft. Gemäß § 5 Ziffer 4. der Geschäftsordnung für die kollegiale Betriebsleitung der Krankenhäuser der Stiftung vom 20. November 1995, wegen deren gesamten Inhalt auf Bl. 124 - 131 d.A. Bezug genommen wird, ist das Direktorium zuständig für die Personalverwaltung und bewirtschaftung im Rahmen der tariflichen Bestimmungen des genehmigten Stellenverzeichnisses und des vereinbarten Budgets, soweit das Krankenhaus zur selbstständigen Entscheidung ermächtigt ist.

Mit Direktoriumsbeschluss vom 09. Juni 2005 wurde die Zuständigkeit für die Station "Interdisziplinäre Aufnahmestation" (IDA) sowie für die Chirurgische Notaufnahme (NA) im Hinblick auf den Kläger u.a. wie folgt geregelt:

"Ab dem 01.07.2005 übernimmt Herr OA Dr. B. ... als Koordinator die oberärztliche Zuständigkeit für die Station IDA. In dieser Funktion arbeitet er eng zusammen mit dem/den zuständigen Oberarzt/Oberärzten der chirurgischen Kliniken; insbesondere im Hinblick auf den Erstkontakt und die Weiter- und Durchleitung der Patienten, die einvernehmlich zu regeln sind.

...

Diese Regelung soll zu einer besseren Koordination und Absprache bzgl. der Aufnahme und Durchleitung von ambulanten und stationären Patienten der an der IDA und Chirurgischen Ambulanz beteiligten Kliniken beitragen."

Wegen des gesamten Inhalts dieses Direktoriumsbeschlusses wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 5 d.A.) Bezug genommen.

Die Arbeit im Rahmen der Station IDA/NA macht arbeitszeitlich mehr als 50% der Tätigkeit des Klägers aus. Die Station IDA/NA ist eine zentrale, interdisziplinäre Aufnahmestation und im Rahmen der Klinik eine eigene Kostenstelle. Sie hat die Aufgabe der zentralen Aufnahme stationärer und ambulanter, geplanter und nicht geplanter (Notfall-) Patienten und soll u.a. mit der Durchleitung der Patienten in andere Fachabteilungen gewährleisten, dass durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit Fehlbelegungen vermieden und vorhandene Ressourcen in der Klinik besser genutzt werden. Sie besitzt einen Bettentrakt zur Zeitüberbrückung und als Nachtstation. Sie ist die Anlaufstation der im Dienst tätigen Notärzte der Rettungsdienste der Stadt A.. Der Patient wird auf der Station erstuntersucht, akut behandelt sowie in Bezug auf Bagatellerkrankungen erstversorgt. Im Bettentrakt der IDA werden Patienten auch medizinisch voll versorgt und von dort aus entlassen. Auf dieser Station ist der Kläger hinsichtlich der medizinischen und administrativen Belange gegenüber dem medizinischen Fachpersonal, bestehend aus Fachärzten, Assistenzärzten und dem Pflegepersonal, weisungsbefugt. Nicht weisungsbefugt ist der Kläger gegenüber einer im Bereich IDA/NA ab April 2006 eingesetzten weiteren Oberärztin. Der überwiegende Teil der Tätigkeit des Klägers besteht darin, die klinische Arbeit der auf der IDA/NA tätigen Assistenz- und Fachärzte zu überwachen und anzuleiten, wobei sich die Supervision auf medizinische und administrative Entscheidungen erstreckt. Er leitet die Oberarztvisiten, die aufgrund des hohen Patientendurchflusses (Aufnahme, Verlegung und Entlassung) zweimal täglich stattfinden. Darüber hinaus obliegt dem Kläger die Betreuung schwieriger und komplexer Fälle. Zusätzlich zu der Tätigkeit in IDA/NA nimmt der Kläger Ausbildungsfunktionen im Rahmen der in Weiterbildung befindlichen Assistenzärzte wahr und unterrichtet Medizinstudenten im praktischen Jahr. Der Kläger erstellt Gerichtsgutachten. Er ist Arbeitssicherheitsbeauftragter, die für Gefahrgut benannte Person und Hygienebeauftragter.

Mit der Beklagten am 25. Juni 2007 zugestellter Klageschrift hat der Kläger Vergütung aus der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA geltend gemacht und die Klage mit der Beklagten am 08. Oktober 2007 zugestellter Klageerweiterung um rückständige Vergütungsansprüche ab dem Monat August 2006 in unstreitiger Höhe erweitert.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stünde ab dem 01. August 2006 Vergütung aus der Vergütungsgruppe III zu, da die Beklagte ihm mit dem Direktoriumsbeschluss vom 09. Juni 2005 die oberärztliche Zuständigkeit der Abteilungen IDA und NA übertragen habe. IDA und NA seien Funktions- bzw. Teilbereiche der Klinik im Tarifsinn. Für diese Teil- und Funktionsbereiche trage er auch die medizinische Verantwortung.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 12.541,19 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus € 1.339,02 brutto seit dem 01.09.2006, aus € 1.256,03 brutto seit dem 01.10.2006, aus € 1.341,11 brutto seit dem 01.11.2006, aus € 1.326,13 seit dem 01.12.2006, aus € 1.273,08 brutto seit dem 01.01.2007, aus € 896,11 brutto seit dem 01.02.2007, aus € 923,08 brutto seit dem 01.03.2007, aus € 1.037,11 brutto seit dem 01.04.2007, aus € 1.003,99 brutto seit dem 01.05.2007, aus € 1.154,42 brutto seit dem 01.06.2007, aus € 991,11 brutto seit dem 01.07.2007, aus € 850,00 brutto seit dem 01.08.2007 und aus € 850,00 brutto seit dem 01.09.2007 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.09.2007 nach der Entgeltgruppe III, Stufe 1 TV-Ärzte/VKA zu vergüten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stehe die Vergütung aus der Vergütungsgruppe III nicht zu, da er Titularoberarzt, nicht jedoch Tarifoberarzt im Sinne der Entgeltgruppe III sei. Die IDA sei als Station der Medizinischen Klinik I zwar eine Organisationseinheit der Klinik. Sie stelle aber keinen selbstständigen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik dar. Funktionsbereiche seien anerkannte Spezialgebiete innerhalb eines Fachgebiets. Die Notfallmedizin stelle zwar ein solches Fachgebiet dar. Voraussetzung für die Annahme eines selbstständigen Teil- oder Funktionsbereichs sei jedoch, dass für das Fachgebiet Notfallmedizin ein selbstständiger Bereich begründet werde. Das sei nicht geschehen, da die notfallmedizinisch zu betreuenden Patienten in der in die medizinische Klinik integrierten IDA betreut und dann an die zuständigen Stationen weitergeleitet würden. Auch trage der Kläger nicht die medizinische Verantwortung im Tarifsinn. Medizinische Verantwortung im Sinne des Tarifvertrages sei eine solche Verantwortung, die den gesamten Bereich der Patientenbehandlung in den betreffenden selbstständigen Teil- oder Funktionsbereichen einschließlich der Durchführung der Patientenbehandlung und der Verantwortung für die dort nachgeordneten Ärzte und Ärztinnen umfasse. Medizinische Verantwortung in diesem Sinn habe der Kläger nicht, da in dem von ihm geleiteten Bereich eine weitere Oberärztin tätig sei und die medizinische Letztverantwortung dem jeweils zuständigen Chefarzt obliege. Dementsprechend beziehe sich der Direktoriumsbeschluss vom 09. Juni 2005 lediglich auf die Übertragung der Koordinationsfunktion, nicht jedoch der medizinischen Verantwortung. Schließlich läge auch, selbst wenn davon ausgegangen würde, dass dem Kläger für einen selbstständigen Teilbereich die medizinische Verantwortung übertragen worden wäre, kein wirksamer Übertragungsakt vor, da über die Einstellung und Entlassung von leitenden Ärzten das Pflegeamt, nicht jedoch das Direktorium entscheiden könne. Zwar habe es zum Zeitpunkt des Direktoriumsbeschlusses eine eigenständige tariflich anerkannte Leitungsfunktion durch Oberärzte nicht gegeben. Die Zuweisung entsprechender Leitungstätigkeiten habe jedoch auch zum damaligen Zeitpunkt nicht in der Zuständigkeit des Krankenhausdirektoriums gelegen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 03. März 2008 - 9 Ca 4739/07 - die Klage abgewiesen. Es hat u.a. ausgeführt, der Bereich IDA stelle keinen selbstständigen Teil- oder Funktionsbereich im Sinne des Tarifvertrages dar. Ein selbstständiger Teil- oder Funktionsbereich setze sowohl eine organisatorisch abgrenzbare Eigenständigkeit dieses Bereichs als auch eine medizinische Spezialisierung innerhalb einer Klinik oder Klinikabteilung voraus. Es fehle jedenfalls an der medizinisch fachlichen Spezialisierung, da der Bereich IDA in erster Linie der Durchleitung der Patienten in andere Fachabteilungen diene und gewährleisten solle, dass durch eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit Fehlbelegungen ausgeschlossen würden. Diese Funktion und die weitere Funktion als Anlaufstation für die Notärzte der Rettungsdienste bildeten keine medizinisch fachliche Spezialisierung im Sinne des Tarifvertrages. Die fachärztliche Ausbildung des Klägers als Notfallmediziner sei insoweit nicht ausreichend. Dem Kläger sei auch ausdrücklich lediglich die Koordinationsfunktion, nicht jedoch die medizinische Verantwortung übertragen worden. Wegen des Erfordernisses der "ausdrücklichen" Übertragung sei eine konkludente Übertragung oder die tatsächliche Übernahme selbstständiger Verantwortung nicht ausreichend. Zudem werde in dem Direktoriumsbeschluss die enge Zusammenarbeit mit den chirurgischen Kliniken benannt und betont, dass die Übertragung der oberärztlichen Zuständigkeit an den Kläger zu einer besseren Koordination und Absprache der beteiligten Kliniken beitragen solle. Der Direktoriumsbeschluss enthalte gerade keine Übertragung der medizinischen Verantwortung.

Dieses Urteil ist dem Kläger am 10. März 2008 zugestellt worden. Die Berufung des Klägers ist am 07. April 2008 und die Berufungsbegründung am 07. Mai 2008 bei Gericht eingegangen.

Der Kläger wendet sich gegen das erstinstanzliche Urteil und ist weiterhin der Ansicht, dass ihm Vergütung aus der Vergütungsgruppe III zustünde. Die Station IDA sei ein selbstständiger Teil oder Funktionsbereich. Zwar sei die interdisziplinäre Medizin in der Weiterbildungsordnung, in welcher die anerkannten Spezialgebiete innerhalb eines Fachgebiets aufgelistet seien, nicht genannt, weshalb unter Umständen kein selbstständiger Funktionsbereich vorläge. IDA sei jedoch ein selbstständiger Teilbereich. Unter diesen Begriff falle jede organisatorische Abgrenzung innerhalb einer Fachabteilung. Das sei bei der Station IDA gegeben, da diese ein organisatorisch selbstständiger Bereich der Medizinischen Klinik I sei, der über eigene Räumlichkeiten, Monitorplätze, eigenes medizinisches und pflegerisches Fachpersonal und über eine eigene Kostenstelle verfüge. Der Kläger trage auch die medizinische Verantwortung im Tarifsinn. Die Verwendung des Begriffs "Koordinator" im Direktoriumsbeschluss vom 09. Juni 2005 beruhe darauf, dass die Station IDA zunächst als Station mit rotierender chefärztlicher Leitung konzipiert worden sei. Um weitere Interessenkonflikte zu vermeiden, sei die medizinische Letztverantwortung sodann einem Oberarzt übertragen worden. Die Zusammenarbeit habe jedoch weiterhin, da es sich um eine Interdisziplinärstation handele, in enger Zusammenarbeit mit den anderen Kliniken erfolgen sollen. Um diese Funktion zu unterstreichen, sei der Begriff des Koordinators gewählt worden. Der Begriff des Koordinators umschreibe somit nicht das Tätigkeitsfeld des Klägers, sondern ergänze es. Er verfüge über medizinische Verantwortung im Tarifsinn, da er das Letztentscheidungsrecht habe, ob ein Patient in der Station IDA behandelt oder an eine andere Klinik/Abteilung überwiesen werde. Schließlich ist der Kläger der Ansicht, es läge auch eine ausdrückliche Übertragung der Tätigkeit durch das zuständige Gremium vor, da der Direktoriumsbeschluss nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht der Beklagten zuzurechnen und das Direktorium im Übrigen auch ermächtigt gewesen sei. Der Kläger habe jedenfalls darauf vertrauen dürfen, dass das Direktorium hinsichtlich des Beschlusses vom 09. Juni 2005 zuständig gewesen sei, da das Direktorium für die medizinische Leitung verantwortlich sei. Die Zustimmung des Magistrats sei nach § 13 der Satzung für leitende Sondervertragsangestellte erforderlich, womit nur Chefärzte gemeint sein könnten, da es vor Einführung des TV-Ärzte/VKA Oberärzte nur dem Titel nach gegeben habe. Der Kläger ist der Ansicht, für die Annahme eines Teil- bzw. Funktionsbereichs reiche eine funktionelle und organisatorische Trennung vom übrigen Bereich aus. Die medizinische Verantwortung des Klägers im Tarifsinn scheitere nicht daran, dass eine weitere Oberärztin beschäftigt sei, da diese Oberärztin leitende Funktionen inne habe; auch in anderen Bereichen würden zwei Tarifoberärzte beschäftigt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 03.03.2008 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main zum Az.: 9 Ca 4739/07

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 12.541,19 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus € 1.339,02 brutto seit dem 01.09.2006, aus € 1.256,03 brutto seit dem 01.10.2006, aus € 1.341,11 brutto seit dem 01.11.2006, aus € 1.326,13 seit dem 01.12.2006, aus € 1.273,08 brutto seit dem 01.01.2007, aus € 896,11 brutto seit dem 01.02.2007, aus € 923,08 brutto seit dem 01.03.2007, aus € 1.037,11 brutto seit dem 01.04.2007, aus € 1.003,99 brutto seit dem 01.05.2007, aus € 1.154,42 brutto seit dem 01.06.2007, aus € 991,11 brutto seit dem 01.07.2007, aus € 850,00 brutto seit dem 01.08.2007 und aus € 850,00 brutto seit dem 01.09.2007 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.09.2007 nach der Entgeltgruppe III, Stufe 1 TV-Ärzte/VKA zu vergüten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist der Ansicht, dass der Kläger aus Vergütungsgruppe II zutreffend vergütet werde. Die Station IDA stelle keinen selbstständigen Teilbereich im Sinne des Tarifvertrages dar. Insoweit sei davon auszugehen, dass die Begriffe "Teilbereich" und "Funktionsbereich" gleichgeordnet seien, weshalb von einer qualitativen Gleichwertigkeit dieser Bereiche auszugehen sei. Der Begriff des Teilbereichs sei so zu verstehen, dass es sich bei diesem Bereich um eine fachliche Untergliederung innerhalb eines ärztlichen Fachgebiets handeln müsse, auch wenn dieser Bereich nicht als Funktionsbereich anerkennungsfähig sei. Das sei im Bereich IDA nicht gegeben, da in diesem Bereich zwar medizinische Fachkenntnisse aus verschiedenen Bereichen zusammengeführt würden, eine eigenständige medizinische Qualifizierung damit jedoch nicht vorliege. Dem Kläger sei keine medizinische Verantwortung im Tarifsinn übertragen worden. Ausweislich des Direktoriumsbeschlusses habe der Kläger die oberärztliche Zuständigkeit über die Station IDA als Koordinator erlangt. Damit sei ihm nicht die medizinische Verantwortung für einen Teilbereich in dem Sinne übertragen worden, dass er als Arzt die Letztverantwortung für die ärztlichen Handlungen in diesem Bereich trage. Das folge bereits daraus, dass dem Kläger eine weitere Oberärztin zugeordnet sei, wobei sich beide Oberärzte wechselseitig keine Weisungen erteilen könnten. Damit habe keiner der Oberärzte die medizinische Letztverantwortung. Darüber hinaus fehle es an der ausdrücklichen Übertragung durch den Arbeitgeber, wobei eine solche Übertragung durch das zuständige Organ des Arbeitgebers erfolgen müsse. Dem Direktorium sei keine Zuständigkeit zugewiesen, die die Schaffung neuer, tariflich besser vergüteter Positionen erlauben würde. Die gesetzliche Vertretung der Stiftung sei entsprechend der Ortssatzung dem Senior zugewiesen. Auf Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht könne der Kläger sich nicht berufen, da die tarifliche Regelung eine "ausdrückliche" Übertragung verlange. Dem Krankenhausträger sollte die Möglichkeit eröffnet werden, eigenständig organisatorisch darüber zu entscheiden, welche Teil- oder Funktionsbereiche er verselbstständigen wolle, um diese dann der Verantwortung eines Oberarztes zuzuweisen. Eine solche Tätigkeitszuweisung sollte nur dann tarifwirksam sein, wenn sie vom Arbeitgeber bewusst und gewollt ausgeführt werde. Konkludente Übertragungsakte kämen danach nicht in Betracht. Darüber hinaus hätte der Kläger zum Zeitpunkt des Direktoriumsbeschlusses das für eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht notwendige Vertrauen gar nicht entwickeln können, da eine tarifliche Wirkung mit der Übertragung zum damaligen Zeitpunkt nicht verbunden gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Inhalt der Berufungsschriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 31. Oktober 2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main ist gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthaft. Der Kläger hat sie auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519 ZPO.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet, denn dem Kläger steht die geltend gemachte höhere Vergütung, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, nicht zu.

Beim Klageantrag zu 2. handelt es sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (BAG 25.10.1995 - 4 AZR 479/94 - NZA 1996, 710).

Die danach zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger stehen weder die für die Monate August 2006 bis August 2007 eingeklagten Vergütungsdifferenzen noch ab dem 01. September 2007 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA zu.

Auf das Arbeitsverhältnis findet mit Wirkung vom 01. August 2006 gemäß dem Änderungsvertrag vom 25. Januar 2007 allein der TV-Ärzte/VKA und der TVÜ-Ärzte/VKA vom 17. August 2006 Anwendung. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich nach den §§ 15 und 16 TV-Ärzte/VKA. Der Tarifvertrag enthält - soweit vorliegend relevant - u.a. folgende Regelungen:

"§ 15 Allgemeine Eingruppierungsregelungen

1. Die Eingruppierung der Ärztinnen und Ärzte richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des § 16. Die Ärztin/Der Arzt erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie/er eingruppiert ist.

2. Die Ärztin/Der Arzt ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen ...

Protokollerklärungen zu § 15 Abs. 2:

1. Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der Ärztin/des Arztes, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen.

...

§ 16 Eingruppierung

Ärztinnen und Ärzte sind wie folgt eingruppiert:

a) Entgeltgruppe I:

Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit.

b) Entgeltgruppe II:

Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit.

...

c) Entgeltgruppe III:

Oberärztin/Oberarzt

Protokollerklärung zu Buchstabe c):

Oberärztin/Oberarzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, der/dem die medizinische Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist."

In der Niederschrifterklärung zu § 6 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/VKA haben die Tarifvertragsparteien Folgendes erklärt:

"Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass Ärzte, die am 31. Juli 2006 die Bezeichnung "Oberärztin/Oberarzt" führen, ohne die Voraussetzungen für eine Eingruppierung als Oberärztin/Oberarzt nach § 16 TV-Ärzte/VKA zu erfüllen, die Berechtigung zur Führung ihrer bisherigen Bezeichnung nicht verlieren. Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III ist hiermit nicht verbunden."

Damit kommt es für die Eingruppierung des Klägers darauf an, ob in seiner Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen der vom Kläger in Anspruch genommenen Vergütung nach der Vergütungsgruppe III erfüllen. Dabei ist von dem vom BAG entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Der Begriff des Arbeitsvorgangs bezeichnet die zu einem bestimmten Ergebnis führende Tätigkeit eines Angestellten, die unter Hinzurechnung von Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten eine abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit bildet (BAG 25.10.1995 - 4 AZR 479/94 - a. a. O.). Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass der Kläger mit mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit Tätigkeiten in der Station IDA verrichtet. Der Kläger differenziert allerdings nicht zwischen seiner medizinischen und seiner administrativen Vorgesetztentätigkeit und der von ihm selbst durchgeführten ärztlichen Betreuung schwieriger und komplexer Fälle. Das Gericht geht zugunsten des Klägers davon aus, dass die gesamte Tätigkeit des Klägers in der Station IDA der Krankenversorgung dient und dass diese Tätigkeit, wie regelmäßig bei Ärzten, als ein einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen ist (BAG 25.10.1995 - 4 AZR 479/94 - a. a. O.). Auf die darüber hinaus vom Kläger erbrachte Lehr- und Gutachtertätigkeit, seine Tätigkeit als Sicherheitsbeauftragter, Hygienebeauftragter und als für das Gefahrgut benannte Person kommt es nicht an.

Der Kläger kann Vergütung aus der Vergütungsgruppe III nicht etwa deshalb verlangen, weil er von der Beklagten als Oberarzt geführt, bei der monatlichen Ausschüttung des Chefarztpools mit dem Verteilerschlüssel für Oberärzte berücksichtigt und ihm im Direktoriumsbeschluss vom 09. Juni 2005 die "oberärztliche" Zuständigkeit für die Station IDA übertragen wurde. Aus der Niederschriftserklärung zu § 6 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/VKA ergibt sich, dass allein die Bezeichnung als Oberarzt keine hinreichende Bedingung für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III ist.

Die Eingruppierung als Oberarzt der Entgeltgruppe III setzt die Übertragung der Verantwortung "für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung" voraus. Mit dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 26.08.2008 - 3 Sa 768/07 - n.v./juris) wird davon ausgegangen, dass trotz der Verwendung der Pluralform die Tarifnorm nicht verlangt, dass dem Arzt die medizinische Verantwortung für mindestens zwei der dort bezeichneten Bereiche übertragen worden sein muss. Die Übertragung der Verantwortung für einen Teilbereich oder für einen Funktionsbereich genügt. Von daher kann dahinstehen, ob es sich bei der Übertragung der Station IDA und die zusätzliche Übertragung der Leitungsfunktion für die Internistische Notfallaufnahme/NA um zwei Bereiche im Tarifsinn handelt.

Die Station IDA ist jedoch kein Funktionsbereich im Sinn des Tarifvertrages. Der Begriff des Funktionsbereichs fand bereits im Rahmen des BAT etwa in der Vergütungsgruppe I b/I a Fallgruppe 4 BAT Verwendung. Gemäß der Protokollnotiz Nr. 5 zu Teil I der Anlage 1 a zum BAT (VKA: Protokollerklärung Nr. 3 gemäß Tarifvertrag vom 23. Februar 1972) handelt es sich bei dem Begriff des Funktionsbereichs um wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiete innerhalb eines ärztlichen Fachgebiets (z. B. Handchirurgie innerhalb des Fachgebiets Chirurgie). Aufgrund der unveränderten Übernahme des Begriffs des Funktionsbereichs in den neuen Tarifvertrag ist davon auszugehen, dass auch dessen Inhalt unverändert übernommen werden sollte. Danach fallen bloße medizinische Betriebseinheiten nicht unter den Begriff der Funktionseinheit (Anton, Oberarzt - Titel und Eingruppierung, ZTR 2008, 184 ff, s. Bl. 209 ff. d.A.). Vielmehr ist hinsichtlich der Qualifizierung eines Gebiets als Spezialgebiet innerhalb eines ärztlichen Fachgebiets auf die jeweils geltende ärztliche Weiterbildungsordnung zurückzugreifen. In der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in C. nach den Beschlüssen der Delegiertenversammlung vom 02. Juli 2005 (vgl. Bl. 49 - 67 d.A.) sind zwar die "Notfallmedizin" und die "spezielle Unfallchirurgie" genannt. Auch dient die Station IDA der Erstversorgung von Notfällen und Unfallopfern und ggf. auch, wenn die Patienten nicht an andere Stationen weitergeleitet werden, der endgültigen Behandlung. Die Tätigkeit in der Station IDA betrifft jedoch kein wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb eines ärztlichen Fachgebiets. Die Station erbringt gerade nicht die gesamte Tätigkeit der Notfallmedizin oder gar der Unfallchirurgie. Vielmehr nimmt diese Station in erster Linie fachgebietsübergreifende und koordinierende Funktionen wahr.

Bei der Station IDA handelt es sich auch nicht um einen Teilbereich im Tarifsinn. Zutreffend ist zwar, dass diese Station im Rahmen der Klinik eine gewisse organisatorische Selbstständigkeit aufweist und etwa als eigene Kostenstelle geführt wird. Das ist jedoch nicht ausreichend, um von einem Teilbereich im Tarifsinn ausgehen zu können. Der Begriff des Teilbereichs wurde von den Tarifvertragsparteien neu in das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes eingeführt. Die Bedeutung des Begriffs "Teilbereich" lässt sich nur aus dem Zusammenhang entnehmen, in welchem er gebraucht wird, da der Teilbereich immer bezogen ist auf einen davon zu unterscheidenden "Gesamtbereich", von welchem sich der Teilbereich je nach vorausgesetzten Unterscheidungsmerkmalen abhebt. Da der Teilbereich in § 16 c TV-Ärzte/VKA gleichwertig neben dem Funktionsbereich genannt wird, ist davon auszugehen, dass der Tarifvertrag beide Begriffe gleich ordnet. Da derselbe Erfolg, nämlich die Eingruppierung in die Entgeltgruppe III eintreten soll, ist davon auszugehen, dass hierfür auch in etwa gleichwertige Voraussetzungen, nämlich die qualitative Gleichwertigkeit von "Teilbereich" und "Funktionsbereich" vorliegen müssen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass es sich bei einem Teilbereich um eine fachliche Untergliederung innerhalb eines ärztlichen Fachgebiets handeln muss (Anton, Oberarzt - Titel und Eingruppierung, a. a. O.). Die Bezeichnung Teilbereich stellt damit einen Auffangtatbestand dar, der grundsätzlich jede wissenschaftlich anerkannte fachliche Untergliederung innerhalb eines ärztlichen Fachgebiets erfasst, die keinen Funktionsbereich darstellt (Anton, a. a. O.). Der Station IDA obliegt die Erstuntersuchung und je nach Bedarf die Durchführung aller notwendigen Zusatzuntersuchungen. Soweit sie die Patienten nicht endgültig behandelt, besteht eine ihrer wesentlichen Aufgaben darin, die Patienten nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse an die entsprechenden zuständigen Stationen weiterzuleiten. Von einer wissenschaftlich anerkannten fachlichen Untergliederung kann daher nicht gesprochen werden.

Selbst wenn man das anders sehen wollte und davon ausgehen würde, dass von einem Teilbereich immer dann auszugehen ist, wenn ein Bereich über eine eigene räumliche und personelle Ausstattung verfügt, der Begriff des Teilbereichs mithin jede organisatorische Verselbstständigung erfassen würde, ergebe sich im Ergebnis nichts anderes. Es müsste sich dann nämlich bei der Station IDA um einen "selbstständigen" Teilbereich handeln. Mit dem LAG Rheinland-Pfalz ist davon auszugehen, dass die Tarifparteien den Begriff des selbstständigen Teilbereichs in dem Sinn gebraucht haben, wie er dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem der beteiligten Kreise entspricht. Danach muss die medizinische Verantwortung für den entsprechenden Teilbereich, wenn dieser ein selbstständiger Teilbereich sein soll, erkennbar über die ärztliche bzw. medizinische Verantwortung hinaus gehen, die ein Facharzt ohnehin normalerweise zu tragen hat. Das spricht dafür, dass die Tarifvertragsparteien mit einem "selbstständigen Teilbereich" einen medizinisch selbstständigen Teilbereich meinen. Die medizinische Verantwortung für einen in diesem Sinne definierten Teilbereich geht über die Verantwortung hinaus, die ein Facharzt zu tragen hat, dem die medizinische Verantwortung nur für einen unselbstständigen Teilbereich übertragen ist. Selbstständig in diesem Sinn ist ein Teilbereich dann, wenn in dem Teilbereich auftretende, medizinisch strittige bzw. unklare Fragen dort "in letzter Instanz" zu entscheiden sind (LAG Rheinland-Pfalz 26.08.2008 - 3 Sa 768/07 - a. a. O.). Danach würde eine bloße organisatorische Abgrenzbarkeit eines Bereichs nicht ausreichen, um vom Vorhandensein eines selbstständigen Teilbereichs im Tarifsinn ausgehen zu können. "In letzter Instanz" werden medizinische Fragen in der Station IDA nur zum Teil entschieden, da nur ein Teil der Patienten abschließend behandelt wird, während ein anderer Teil entsprechend den medizinischen Erfordernissen auf sonstige Abteilungen weitergeleitet wird.

Dem Kläger ist nicht die "medizinische Verantwortung" im Tarifsinn übertragen worden. Für die Erfüllung dieses Tarifmerkmals ist nicht ausreichend, dass der Kläger verantwortlich ist für sein ärztliches Handeln. Es kann auch nicht ausreichend sein, dass der Kläger Aufsichtsfunktionen über ärztliches und nicht ärztliches Personal ausübt. Wären die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen, dass die Übertragung von Leitungsfunktionen in Teilbereichen eine Vergütungszahlung aus Entgeltgruppe III rechtfertigen soll, so hätten sie diese Führungsverantwortung entsprechend normieren können und müssen. Die medizinische Verantwortung trägt in einer Klinik der Chefarzt. Die medizinische Verantwortung des Klägers in einem Teilbereich muss letztlich von derselben Qualität sein, wie die medizinische Verantwortung eines Chefarztes. Dem Kläger müsste somit vom Arbeitgeber als Oberarzt die medizinische Verantwortung für einen Teilbereich entweder abgeleitet oder aber unabhängig vom Chefarzt übertragen worden sein (so Anton, a. a. O.). Eine solche Verantwortungszuweisung ist nicht erkennbar.

Auch das weitere Tarifmerkmal, nämlich die "ausdrückliche Übertragung durch den Arbeitgeber" liegt nicht vor. Mit dem Direktoriumsbeschluss vom 09. Juni 2005 ist dem Kläger die oberärztliche Zuständigkeit für die Station IDA "als Koordinator" übertragen worden. In diesem Beschluss wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die chefärztliche Leitung der IDA im Übrigen unverändert bleibt. Des Weiteren ist als Zweck dieser Zuordnung die bessere Koordination und Absprache bezüglich der Aufnahme und Durchleitung von ambulanten und stationären Patienten genannt. Dem Kläger ist mithin ersichtlich eine Koordinationsfunktion, nicht jedoch die medizinische Verantwortung für einen Teilbereich übertragen worden. Soweit der Kläger meint, die Koordinationsfunktion sei ihm ergänzend zur Oberarztfunktion übertragen worden, kann ihm nicht gefolgt werden. Es ist außer dem Direktoriumsbeschluss vom 09. Juni 2005 kein Übertragungsakt ersichtlich, aufgrund dessen dem Kläger die medizinische Verantwortung eines Oberarztes zugewiesen worden sein könnte.

Soweit der Vortrag des Klägers so zu verstehen ist, dass er im Anschluss an den Direktoriumsbeschluss vom 09. Juni 2005 in die Oberarztfunktion gewissermaßen hineingewachsen ist, steht dem das Erfordernis der "ausdrücklichen" Übertragung entgegen. Mit dieser Regelung ist klargestellt, dass weder eine stillschweigende, noch eine konkludente Übertragung im Rahmen der Protokollerklärung zu § 16 c TV-Ärzte/VKA ausreichend ist. Eine solche Auslegung verbietet sich insbesondere deshalb, weil der Zusatz "ausdrücklich" in dem zeitlich vorgeschalteten TV-Ärzte nicht enthalten war und nunmehr im TV-Ärzte/VKA explizit aufgeführt ist (Anton, a. a. O.).

Schließlich läge selbst dann, wenn der Direktoriumsbeschluss vom 09. Juni 2005 dem Kläger die medizinische Verantwortung für einen selbstständigen Teilbereich übertragen hätte, ein wirksamer Übertragungsakt nicht vor. Gemäß § 3 Abs. 3 der Verwaltungsordnung trifft das Pflegeamt Entscheidungen über die Einstellung und Entlassung von leitenden Ärzten, wobei das Pflegeamt gem. § 3 Abs. 2 der Ortssatzung durch den Senior vertreten wird. Das Direktorium ist dagegen gem. § 5 der Geschäftsordnung u.a. zuständig für die Personalverwaltung und bewirtschaftung im Rahmen der tariflichen Bestimmungen des genehmigten Stellenverzeichnisses und des vereinbarten Budgets. Für die Übertragung von Leitungsfunktionen über das genehmigte Stellenverzeichnis und das vereinbarte Budget hinaus ist das Direktorium nicht zuständig. Das gilt ganz unabhängig davon, dass zum Zeitpunkt des Direktoriumsbeschlusses die Position des Tarifoberarztes noch nicht existierte. Die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht greifen vorliegend schon deshalb nicht, da - wie oben ausgeführt - das Direktorium dem Kläger in dem Beschluss vom 09. Juni 2005 ausdrücklich lediglich die Funktion des Koordinators in der Station IDA zugewiesen hat und das Direktorium somit nicht in die Kompetenz des Pflegeamts bzw. des Seniors eingegriffen hat.

Da der Kläger somit Vergütung aus der Entgeltgruppe III nicht verlangen kann, sind die Zahlungs- und die Feststellungsklage abzuweisen.

Der Kläger trägt die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision wird gem. § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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