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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 17.05.2004
Aktenzeichen: 16/10 Sa 786/03
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, AEntG, SGB III, BRTV/Bau, VTV


Vorschriften:

ArbGG § 8 Abs. 2
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 511
AEntG § 1
AEntG § 1 Abs. 1
AEntG § 1 Abs. 3
AEntG § 1 Abs. 3 S. 1
AEntG § 1 Abs. 4
SGB III § 211 Abs. 1
BRTV/Bau § 1 Abs. 2
BRTV/Bau § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25
VTV § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes ! Urteil

Aktenzeichen: 16/10 Sa 786/03

Verkündet laut Protokoll am 17. Mai 2004

In dem Berufungsverfahren

hat das Hessische Landesarbeitsgericht, Kammer 16, in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2004

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hattesen als Vorsitzenden den ehrenamtlichen Richter Haas und den ehrenamtlichen Richter Trumpfheller als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 26. Februar 2003 - 3 Ca 2096/00 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtet ist, für den Zeitraum Januar 2000 bis Juni 2001 bezüglich ihrer in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer Urlaubskassenbeiträge zu leisten.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Nach § 8 Ziff. 15.1 des für allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV/Bau) haben die baugewerblichen Arbeitgeber die dazu erforderlichen Mittel durch Beiträge aufzubringen. Auf diese Beiträge hat der Kläger einen unmittelbaren Anspruch. Die Höhe der Beiträge, der Beitragseinzug sowie die Leistungen des Klägers sind in einem ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Verfahrenstarifvertrag, ab 01.01.2000 vom 20.12.1999, 01.12.2000, 15.05.2001, 14.12.2001, 22.02.2002 und 04.07.2002 geregelt.

Die Beklagte ist eine Gesellschaft ungarischen Rechts mit Sitz in Miskolc (Ungarn). In Speyer unterhält sie eine Niederlassung. Mit Hilfe ungarischer Arbeitnehmer, die zum deutschen Arbeitsmarkt zugelassen waren, führte sie in den Jahren 2000 und 2001 in der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin Arbeiten aus. Die überwiegende Arbeitszeit der Arbeitnehmer entfiel in beiden Kalenderjahren darauf, im Auftrag des deutschen Unternehmens R GmbH, das in eigener Produktionshalle Rohrleitungen, Apparate, Stahlkonstruktionen, Wärmetauscher und ä. für die chemische Industrie erstellt, auf dem Werksgelände der BASF AG Arbeiten durchzuführen. Zu diesen Arbeiten gehörte es, vorgefertigte Rohrleitungen aus Metall als Bestandteile der Industrieanlage zu montieren. Ob die Beklagte in diesem Zusammenhang auch Anlagenteile wie Pumpen, Ventile und Steuerungselemente eingebaut hat, ist zwischen den Parteien im Streit. Außerdem führte die Beklagte, in einem arbeitszeitlich weit geringeren Umfang, in den Kalenderjahren 2000 und 2001 auch Malerarbeiten und 2001, Schlosserarbeiten durch.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträge für die in Deutschland im Klagezeitraum eingesetzten Arbeitnehmer verpflichtet, weil diese arbeitszeitlich überwiegend bauliche Arbeiten, nämlich Rohrleitungsbauarbeiten, durchgeführt hätten. Zusätzliche Anlagenteile wie Pumpen, Ventile und Steuerungselemente seien nicht montiert worden, vielmehr habe sich die Tätigkeit der Beklagten auf den reinen Rohrleitungsbau, also die Montage von Rohrleitungen, beschränkt. In ihrem Heimatland führe die Beklagte Straßen- und Brückenbauarbeiten, Rohrleitungs- und Kanalbauarbeiten sowie Schwerbetonarbeiten aus, wie sich aus der Auskunft einer Wirtschaftsauskunftei ergebe. Entsprechend schulde die Beklagte Urlaubskassenbeiträge für die Monate Januar 2000 bis Juni 2001. Nachdem der Kläger zunächst die Höhe der Klageforderung anhand der Meldungen der Beklagten gegenüber den Landesarbeitsämtern bzw. den Prüfberichten der Dienststellen der Zoll- und Arbeitsverwaltung über die jeweilige Entsendedauer der in die Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer, der tarifvertraglichen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit, dem tarifvertraglichen Mindestlohn sowie dem tariflichen Beitragssatz für Urlaubskassenbeiträge errechnet hatte, hat er zuletzt vorgetragen, die Beitragshöhe ergebe sich aus den von der Beklagten im Laufe des Verfahrens mitgeteilten Zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 100.475,05 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die bautariflichen Vorschriften fänden auf sie keine Anwendung, weil die Regelungen des AEntG unwirksam seien und jedenfalls für sie nicht gälten. Darüberhinaus habe sie im Klagezeitraum nicht überwiegend bauliche Tätigkeiten im Sinne der tariflichen Vorschriften ausgeführt. Bei den Montagearbeiten auf dem Gelände der BASF AG habe es sich um die Montage von Rohrleitungssystemen nebst Anfertigung und Montage von Rohrhalterungen und Einbau der zur Anlage gehörenden kompletten Anlagenteile, wie Steuerungselementen, Pumpen, Maschinen, Filter, Behälter und Ausrüstungen gehandelt. Das bestätige ein Schreiben ihres Auftraggebers vom 16. August 2000 (Bl. 93 d.A.). Solche Tätigkeiten des industriellen Rohrleitungsbaus unterfielen nicht den Bautarifverträgen. Auch ihr deutscher Auftraggeber sei kein Bau- sondern ein Metallbetrieb, was sich aus dessen Mitgliedschaft in den entsprechenden Arbeitgeberverbänden erschließe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 26. Februar 2003 abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 245 bis 254 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 17. Mai 2004 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er vertritt weiter die Ansicht, die Beklagte sei zur Beitragszahlung verpflichtet und trägt vor, entgegen dem Arbeitsgericht habe er für seine Behauptung, dass von der Beklagten keine Anlagenteile eingebaut, sondern lediglich Rohrleitungen montiert worden seien, ausreichend Beweis angeboten.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 100.475,05 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt ihre Auffassung, dass sie industriellen Anlagenbau betreibe und daher keine baulichen Leistungen im Klagezeitraum durchgeführt habe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze, sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 17. Mai 2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger den geforderten Betrag zu zahlen, weil es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt.

Aus § 1 Abs. 3 AEntG folgt eine derartige Verpflichtung der Beklagten nicht. § 1 Abs. 3 S. 1 AEntG regelt nichts anderes als eine Erstreckung von tariflichen Normen, die aufgrund Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) - und damit kraft Tarifrechts - für inländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten, auf einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seine im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer. Diese Erstreckung erfolgt nicht etwa durch den entsprechenden Tarifvertrag, sondern unmittelbar durch das Gesetz selbst und begegnet - jedenfalls soweit es um Arbeitgeber aus dem Nicht-EG-Bereich und damit, für den Klagezeitraum, auch aus Ungarn geht - keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BAG 25. Juni 2002 - 9 AZR 405/00 - AP Nr. 12 zu § 1 AEntG; BAG 25. Juni 2002 - 322/01 - NZA 2003,519; BAG 25. Juni 2002 - 9 AZR 439/01 -AP Nr. 15 zu § 1 AEntG; BAG 25.Juni.2002 - 9 AZR 406/00 DB 2003, 2287; BAG 25. Juni 2002 9 AZR 106/01, 9 AZR 264/01 und 9 AZR 440/01).

Diese gesetzliche Erstreckung von tarifvertraglichen Normen, die aufgrund AVE für inländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten, auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer erfasst freilich nach ihrem klaren Wortlaut nur solche Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, deren Betrieb ihrerseits von einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag des Baugewerbes erfasst wird. Das ist hier nicht der Fall. Die betriebliche Tätigkeit der Beklagten im Klagezeitraum in Deutschland unterfällt nämlich nicht dem für allgemeinverbindlich erklärten Geltungsbereich von BRTV/Bau und VTV, weil es sich bei den von ihr in der Bundesrepublik Deutschland überwiegend durchgeführten Tätigkeiten um solche handelt, die nach der Einschränkung der AVE von der Allgemeinverbindlichkeit ausgenommen sind.

Richtig ist freilich, dass die vom Kläger behauptete arbeitszeitlich überwiegende betriebliche Tätigkeit der Beklagten im Klagezeitraum, wie es § 1 Abs. 1 AEntG verlangt, sowohl von § 211 Abs. 1 SGB III wie vom betrieblichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 2 BRTV/Bau und § 1 Abs. 2 VTV erfasst wird. Einen Betrieb iSv § 211 Abs. 1 SGB III unterhielt die Beklagte im Klagezeitraum auch dann, wenn man nicht nur auf die Tätigkeit in Deutschland, sondern auf die gesamte Tätigkeit einschließlich der in Ungarn abstellt. Denn sämtliche vom Kläger insoweit unwidersprochen vorgetragenen Tätigkeiten sind solche, die der Erstellung eines Bauwerks dienen. Das hat bereits das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt. Auf die Frage, ob die Beklagte, weil sie in Deutschland eine Niederlassung hat, auch eine baugewerbliche Betriebsabteilung in Deutschland unterhält, kommt es damit nicht an.

Die für das Eingreifen von BRTV/Bau und VTV nach § 1 Abs. 4 AEntG (in der im Klagezeitraum gültigen Fassung) allein maßgebliche überwiegende Tätigkeit der Beklagten in Deutschland fällt auch unter die betriebliche Geltungsbereichsnorm des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25 BRTV/Bau und VTV, weil in dieser Tarifnorm Rohrleitungsarbeiten ausdrücklich genannt sind und die Tarifvertragsparteien hierunter, wie die weite Fassung der Tarifnorm ergibt, den gesamten Rohrleitungsbau, auch wenn dabei keine Erdarbeiten anfallen, verstehen. Denn Rohrleitungstiefbauarbeiten und damit das Ausheben von Rohrgräben und -schachten sowie deren Wiederverfüllung und Planierung nach der Rohrverlegung haben die Tarifvertragsparteien ausdrücklich neben dem Rohrleitungsbau zusätzlich in der Tarifnorm genannt.

Weiter kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass auch der Umstand, dass die Beklagte Rohre als Bestandteile industrieller Anlagen verlegt bzw. zusammenfügt, daran nichts ändert (offengelassen von BAG 22. September 1993 AP Nr. 168 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Für eine solche Betrachtungsweise spricht, dass der Begriff des "Rohrleitungsbaus" sprachlich derart weit gefasst ist, dass zu seinen Merkmalen sowohl nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wie auch nach der Sprache des Arbeits- und Wirtschaftslebens auch das Verlegen bzw. Montieren aller Arten von Rohren gerechnet werden muss. Zudem handelt es sich auch bei einer Industrieanlage um ein Bauwerk.

Der Betrieb der Beklagten unterfiel jedoch im Klagezeitraum nicht dem für allgemeinverbindlich erklärten Geltungsbereich der Bautarifverträge.

Die Allgemeinverbindlichkeit erstreckt sich nach I Ziff.1 der Einschränkung der AVE vom 17. Januar 2000 (BAnz Nr. 20. v. 29. Januar 2000) nämlich u.a. nicht auf Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern im Ausland, die unter die im Anhang abgedruckten Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie fallen. Ein solcher Betrieb ist der von der Beklagten im Klagezeitraum in Deutschland unterhaltene.

Die betriebliche Tätigkeit der Klägerin in Deutschland im Klagezeitraum fiel unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie.

Der fachliche Geltungsbereich der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie ist im Anhang wie folgt umschrieben:

Für alle Betriebe der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie; darunter fallen - ohne Rücksicht auf die verarbeiteten Grundstoffe - folgende Fachzweige:

1. Eisen- und Stahlerzeugung (einschließlich Halbwerkzeuge), NE-Metallerzeugung (einschließlich -halbwerkzeuge), Eisen-, Stahl- und Tempergießerei, Ziehereien und Kaltwalzwerke, Stahlverformung, Oberflächenveredlung und Härtung, Schlosserei, Schweißerei, Schleiferei und Schmiederei, Stahl- und Leichtmetallbau; Maschinenbau, Straßenfahrzeugbau, Schiffbau, Luftfahrzeugbau, Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik, Herstellung und Reparatur von Uhren, Herstellung von Eisen-, Blech - und Metallwaren; nur soweit sie aus Metall gefertigt sind: Herstellung von Musikinstrumenten, Sportgeräten, Spiel- und Schmuckware;

2. Metall-Filterbau, Elektronik, Steuerungs-, Regel- und Messtechnik, Verfahrenstechnik, Atomphysik, Kerntechnik und Strahlentechnik;

3. Verwaltungen, Niederlassungen, Forschungs- und Entwicklungsbetriebe, Konstruktionsbüros, Montagestellen sowie alle Hilfs- und Nebenbetriebe vorgenannter Fachzweige und Betriebe, die über keine eigene Produktionsstätte verfügen, jedoch Montagen ausführen, die dem fachlichen Geltungsbereich entsprechen.

Für alle außerbetrieblichen Arbeitsstellen (Montagen) der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie einschließlich des Fahrleitungs-, Freileitungs-, Ortsnetz- und Kabelbaues mit Ausnahme des Zentralheizungs- und Lüftungsbaues sowie der Arbeitsstellen auf Schiffen auf Fahrt.

Die Einschränkung der AVE bezieht sich nur auf die in Deutschland durchgeführten Arbeiten (vgl. Kammerurteil, v. 11.August 2003 - 16 Sa 1964/02).

Das folgt aus den gesetzlich normierten Wirkungen einer AVE. Diese bewirkt, dass die Rechtsnormen des entsprechenden Tarifvertrages in seinem Geltungsbereich auch die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erfassen (§ 5 Abs. 4 TVG). Den Geltungsbereich eines Tarifvertrages erweitern kann die AVE dagegen nicht. Da sowohl der BRTV/Bau wie der VTV räumlich für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelten und betrieblich für Betriebe - einschließlich selbständiger Betriebsabteilungen - des Baugewerbes, werden von den Tarifverträgen nur Arbeitgeber erfasst, die in Deutschland einen Betrieb unterhalten und nur Arbeitnehmer, die einem in Deutschland gelegenen Betrieb zuzuordnen sind (vgl. Kammerurteile v. 30. November 1992 - 16 Sa 870/92 u. v. 24. Januar 2000 - 16 Sa 914/99). Die AVE erweitert diese Geltung der Tarifnormen lediglich dadurch, dass sie die Rechtsnormen der Tarifverträge auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber erstreckt und schränkt die Geltung insoweit ein, als sie bestimmte von der AVE sonst (also ohne Einschränkung) erfassten Arbeitgeber und Arbeitnehmer von der Erstreckungswirkung wiederum ausnimmt. Für Arbeitgeber, die in Deutschland keinen Betrieb unterhalten, ist damit die AVE der Bautarifverträge ohne jegliche Bedeutung, weil sie nicht vom Geltungsbereich dieser Tarifverträge erfasst werden. Anders ist es nur wegen der gesetzlichen Bestimmung des § 1 AEntG bezüglich nach Deutschland entsandter Arbeitnehmer. Wegen § 1 Abs. 4 AEntG (in der im Jahre 2000 und 2001 geltenden Fassung) bilden die in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer kraft gesetzlicher Fiktion einen Betrieb im Sinne der Geltungsbereichsbestimmungen der Bautarifverträge. Einschränkungen der AVE für Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland können dann auch nur für die Gesamtheit von Arbeitnehmern gelten, die ohne die Einschränkung von der AVE erfasst würde. Das ist die Gesamtheit der in Deutschland Beschäftigten, die nach § 1 Abs. 4 AEntG als Betrieb fingiert wird (vgl. Kammerurteil v. 05. April 2004 - 16 Sa 1504/03).

Bei der Tätigkeit der Arbeitnehmer der Klägerin in Deutschland handelte es sich im Klagezeitraum um eine solche eines Betriebes der Metall- und Elektroindustrie, der über keine eigene Produktionsstätte verfügt, jedoch Montagen ausführt, die dem fachlichen Geltungsbereich entsprechen (Ziff.3).

Die kraft Fiktion des § 1Abs. 4 AEntG als "Betrieb" anzusehende Tätigkeit der Beklagten in Deutschland im Klagezeitraum war eine solche eines Industriebetriebes.

Wenn die im Anhang zur AVE-Einschränkung bezeichneten Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie den fachlichen Geltungsbereich im Einleitungssatz mit "Betriebe der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie" beschreiben, geben sie damit, mangels abweichender Anhaltspunkte, zu verstehen, dass sie den Begriff »Industrie« in seiner allgemeinen Bedeutung als Komplementärbegriff zum Handwerk verstanden wissen wollen (vgl. BAG 22. Juli 1998 AP Nr. 213 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Allgemein wird der Begriff Industrie gegenüber dem des Handwerks durch den Unterschied bei der Betriebsgröße, der Anzahl der Beschäftigten, sowie dem größeren Kapitalbedarf infolge der Anlagenintensität abgrenzend bestimmt. Die Industrie ist durch Produktionsanlagen und Stufen- sowie Absatzstrukturen gekennzeichnet, während beim Handwerksbetrieb die Arbeiten überwiegend mit der Hand nach Methoden des einschlägigen Handwerks ausgeführt werden, diese Arbeiten für einen bestimmten Kundenkreis (Einzelfertigung) und nicht auf Vorrat getätigt werden und es sich um einen kleineren, weniger technisierten Betrieb handelt (vgl. BAG 21. Januar 1981, 18. Januar 1984 und 22. Juli 1998 AP Nr. 33, 59 und 213 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Da es vorliegend nicht um eine gewerberechtliche Differenzierung geht, sondern um eine Tarifauslegung, ist allerdings vorrangig danach zu entscheiden, ob die überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer im Klagezeitraum eine handwerkliche oder nichthandwerkliche ist (vgl. BAG 11. März 1981 AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifvertrag?: Steinmetzgewerbe; BAG 02.November 1960 AP Nr. 8 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; BAG 21. März 1973 AP Nr. 12 zu § 4 TVG Geltungsbereich).

Hier spricht nichts für eine überwiegend handwerkliche Tätigkeit der Arbeitnehmer der Beklagten im Klagezeitraum.

Das Montieren von Rohrleitungselementen ist keine typisch als handwerklich einzuordnende Tätigkeit. Zwar wird insoweit mit der Hand und unterstützenden Hilfsmitteln (Schweißgeräten, Schraubenziehern etc.) gearbeitet. Allein dies macht die Tätigkeit jedoch nicht zu einer handwerklichen. Das zeigt bereits der Umstand, dass die Vornahme derartiger Arbeiten ausdrücklich in der Verordnung über die Berufsausbildung in den industriellen Metallberufen vom 15.01.1987 (BGBl 1987 S. 274 ff) genannt ist.

§ 8 Abs. 2 Nr. 1 lit. c dieser Verordnung nennt nämlich als Gegenstand des Ausbildungsberufsbildes des Anlagenmechanikers in der Fachrichtung Apparatetechnik ausdrücklich das Montieren und Demontieren von Bauteilen, Baugruppen und Apparaten, § 8 Abs. 2 Nr. 2 d der Verordnung in der Fachrichtung Versorgungstechnik das Montieren und Demontieren von Bauteilen, Baugruppen und Versorgungsanlagen sowie in lit. g das Instandhalten von Versorgungsanlagen. Das erweist, dass das Berufsrecht davon ausgeht, dass derartige Arbeiten keine besondere handwerkliche Arbeitstechnik oder spezifisch einem Handwerk zugeordnete Arbeitsmethoden und besonderes durch Erlernen erworbenes handwerkliches Können erfordern. Notwendig ist vielmehr ein Erlernen durch Übung, verbunden mit manuelltechnischem Geschick. Auch die Tarifvertragsparteien der Metall- und Elektroindustrie gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass Montagetätigkeiten ohne weiteres industriellen Charakter haben können, weil sie ausdrücklich in Ziff. 3 "Montagen" erwähnen.

Es ist auch nicht erkennbar, dass die von der Beklagten in Deutschland im Klagezeitraum durchgeführten Arbeiten von der Struktur ihrer Durchführung her handwerklichen Charakter hatten. Dass die Arbeiten für bestimmte Auftraggeber und nicht für den allgemeinen Markt erfolgten, ist heute weitgehend als Abgrenzungskriterium zwischen Handwerk und Industrie ohne Wert. Auch in "klassischen" Industriebetrieben wird immer mehr für bestimmte Auftraggeber "just in time" produziert. Der Personalbestand der Beklagten in Deutschland spricht nicht für handwerkliche Tätigkeit. Nach dem Vortrag des Klägers wurden weit mehr als 40 Arbeitnehmer eingesetzt. Das ist ein Personalbestand, bei dem nicht mehr von einem "Kleinbetrieb" gesprochen werden kann.

Die Tätigkeit der Beklagten in Deutschland im Klagezeitraum war auch iSv Ziff. 3 der Geltungsbereichsbestimmungen der Metall- und Elektroindustrie die eines Betriebes, der über keine eigene Produktionsstätte verfügt, jedoch Montagen ausführt, die dem fachlichen Geltungsbereich entsprechen.

Derartige Betriebe werden von Ziff. 3 des fachlichen Geltungsbereichs der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie neben den übrigen bezeichneten Betrieben erfasst. Denn eben so gekennzeichnete Betriebe sind in Ziff. 3 neben den übrigen dort genannten Organisationseinheiten (Verwaltungen, Niederlassungen, Forschungs- und Entwicklungsbetrieben, Konstruktionsbüros, Montagestellen, Hilfs- und Nebenbetriebe vorgenannter Fachzweige) ausdrücklich erwähnt und durch das Wort "und" aufzählend mit den übrigen Organisationseinheiten verbunden. Das kann nichts anderes bedeuten, als dass der fachliche Geltungsbereich jede der in Ziff. 3 bezeichneten Organisationseinheiten und damit auch "reine" Montagebetriebe, also solche, die selbst nichts produzieren, erfassen soll.

Ziff. 3 verlangt nicht, dass die Montagearbeiten in eigener Betriebsstätte verrichtet werden. Die Tarifnorm selbst enthält keine derartige Einschränkung. Eine solche ergibt sich auch nicht aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang.

Richtig ist, dass der letzte Satz der fachlichen Geltungsbereichsbestimmung der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie ausdrücklich außerbetriebliche Arbeitsstellen anspricht. Hieraus läßt sich jedoch nicht ablesen, dass die Tarifvertragsparteien für Ziff. 3 Montagearbeiten an eigener Betriebsstätte voraussetzen.

Mit der Einbeziehung der im letzten Satz der Geltungsbereichsbestimmung genannten außerbetrieblichen Arbeitsstellen (Montagen) der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie in den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie wird nicht mehr ausgesagt, als dass auch die von produzierenden Betrieben außerhalb der Betriebstätte durchgeführten Montagearbeiten vom Tarifvertrag erfasst werden sollen. Die Verwendung des Begriffs "außerbetriebliche Arbeitsstelle" machte sonst keinen Sinn. Hierunter kann nur der konkrete Ort der Arbeitsleistung verstanden werden, der außerhalb der, freilich vorhandenen, Betriebsstätte liegt. Vorausgesetzt wird damit allerdings auch, dass nicht nur eine Betriebsstätte, sondern auch eine Produktionsstätte vorhanden sein muss. Das zeigt der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien von Arbeitsstellen der "Eisen-, Metall- und Elektroindustrie sprechen". Damit nehmen sie erkennbar Bezug auf die in Ziff. 1 und 2 der Geltungsbereichsbestimmungen genannten, Metallerzeugnisse herstellenden Fachzweige, nicht aber auf die in Ziff. 3 genannten Organisationseinheiten. Denn Ziff. 3 erfasst erkennbar nur solche Einheiten, die kraft Zusammenhangs mit herstellenden Tätigkeiten in den Geltungsbereich der Tarifverträge einbezogen sein sollen.

Dieses Verständnis entspricht auch dem Zweck der tariflichen Geltungsbereichsnorm. Erkennbarer Sinn von fachlichen oder betrieblichen Geltungsbereichsnormen ist es, die arbeitstechnischen Einheiten festzulegen, für die der Tarifvertrag gelten soll. Diesem Zweck wird das vorbeschriebene Verständnis des letzten Satzes der Norm gerecht. Hierdurch wird sichergestellt, dass ein produzierender Betrieb auch dann, wenn arbeitszeitlich überwiegend außerhalb der Betriebsstätte montiert wird, von dem fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie erfasst bleibt. Fehlte diese Bestimmung, würden derartige Betriebe, soweit die Montageleistungen arbeitszeitlich überwiegen und es sich um bauliche Montagen handelt, u.U. nur von den Tarifverträgen des Baugewerbe und nicht (mehr) von denen der Metall- und Elektroindustrie erfasst. Denn Ziff. 3 ist insoweit nicht einschlägig, weil, entgegen dieser Bestimmung, bei Betrieben, die sowohl produzieren, wie montieren, eine Produktionsstätte vorhanden ist. Gleichzeitig bedeutet dies, dass der letzte Satz der Geltungsbereichsnorm nichts für die Annahme hergibt, die in Ziff. 3 genannten, Montagen ausführenden Betriebe ohne eigene Produktionsstätte könnten nur solche sein, die Montagearbeiten in eigener Betriebsstätte durchführen. Dann kann solches mangels Anhaltspunktes für einen dahingehenden Willen der Tarifvertragsparteien auch nicht in Ziff. 3 hineingelesen werden.

Von den Arbeitnehmern der Beklagten wurden im Klagezeitraum Montagen durchgeführt, die dem fachlichen Geltungsbereich entsprechen.

Dass es sich bei den Tätigkeiten der Arbeitnehmer der Klägerin um Montagen handelte, ist zweifelsfrei. Darunter verstehen die Tarifvertragsparteien der Metall- und Elektroindustrie nämlich mangels eigener Begriffsbestimmung erkennbar das, was in der Sprache der Technik hierunter verstanden wird, nämlich den "Aufbau, Zusammenbau" von Teilen (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch Bd.4 1982 S. 723). Nichts anderes geschieht, wenn Rohrleitungselemente durch lösbare oder nicht lösbare Verbindungen zu Systemen und Anlagen verbunden werden.

Die Vornahme derartiger Montagen entspricht auch dem fachlichen Geltungsbereich. Durch den Verweis in Ziff. 3 auf den "fachlichen Geltungsbereich" nehmen die Tarifvertragsparteien Bezug auf die vorhergehenden Ziffern, in denen Tätigkeitsbereiche der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie genannt sind. Durch diese Bezugnahme soll erkennbar verdeutlicht werden, dass nicht alle Betriebe, die über keine eigene Produktionsstätte verfügen und Montagen durchführen, erfasst werden sollen. Erfasst werden sollen vielmehr nur, aber auch, solche Betriebe, die zwar nicht selbst herstellend tätig sind, wohl aber die von den genannten produzierenden Betrieben erstellten Teile zusammenfügen, also montieren.

Genau dies geschieht durch die Beklagte. Die Herstellung von Rohrleitungselementen aus Metall ist eine typische Tätigkeit des in Ziff. 1 genannten Stahl- und Leichtmetallbaus. Dieser ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass Material aus Metall hergestellt wird, das an Gebäuden und sonstigen Bauwerken, und damit auch an und in Industrieanlagen Verwendung findet (vgl. BAG 17.03.1976 AP Nr. 28 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ganz in diesem Sinne wird denn auch im wirtschaftssystematischen Schrifttum die Herstellung von Rohrleitungen dem Wirtschaftszweig der Metallerzeugung und -verarbeitung zugeordnet (vgl. SYPRO, Systematik der Wirtschaftszweige mit Erläuterungen, Ausgabe 1979 Nr. 241 05).

Weil die Herstellung von Rohrleitungselementen aus Metall dem fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie nach Ziff. des in der Anlage zur AVE der Bautarifverträge abgedruckten Inhalts unterfällt, gehört auch das Zusammenfügen von Rohrleitungselementen, also ihre Montage, zu den in Ziff. 3 genannten Tätigkeiten. Auch das BAG (22. September 1993 aaO.) geht zwanglos davon aus, dass das Verlegen bzw. Montieren von Rohren innerhalb einer industriellen Anlage dem Tarifbereich der Metallindustrie unterfällt.

Die Montage von Rohrleitungselementen durch die Beklagte geschah im Klagezeitraum an den jeweiligen Bestimmungsorten auch, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, arbeitszeitlich überwiegend. Ob neben der "reinen" Rohmontage auch sonstige Anlagenteile von der Beklagten montiert worden sind oder nicht, spielt keine Rolle. Auch wenn dies, wie der Kläger behauptet, nicht der Fall gewesen sein sollte, ändert es nämlich nichts. Auch die "reine" Montage von Rohrleitungen aus Metall in und an industriellen Anlagen, gehört zu den vom fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie erfassten Montagetätigkeiten.

Weil die Beklagte danach im Klagezeitraum keinen Betrieb unterhielt, der von dem für allgemeinverbindlich erklärten Geltungsbereich der Bautarifverträge erfasst wurde, ist sie auch nicht zu Beitragszahlungen an den Kläger verpflichtet.

Die Klägerin hat die Kosten des ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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