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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 10.03.2008
Aktenzeichen: 16 Sa 1610/07
Rechtsgebiete: TVG, VTV/Bau


Vorschriften:

TVG § 1
VTV/Bau § 1 Abs. 2
1. Das Einfügen großflächiger Glaselemente in vorhandene Alukonstruktionen an Gebäuden ist eine bauliche Leistung im Sinne der Geltungsbereichsbestimmungen der für allgemeinverbindlich erklärten Bautarifverträge.

2. Zur Frage, ob ein derartiger Betrieb als ein solcher des Glaserhandwerks vom Geltungsbereich der Bautarifverträge ausgenommen ist


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 26. Juni 2007 - 8 Ca 2537/05 - abgeändert.

Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 25. Juli 2006 - 8 Ca 2537/05 - wird in Höhe von € 23.121,06 (in Worten: Dreiundzwanzigtausendeinhunderteinundzwanzig und 06/100 Euro) aufrechterhalten.

Die Kosten 1. Instanz werden gegeneinander aufgehoben mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis der Beklagten am 26. Juni 2006 entstanden sind und die die Beklagte trägt. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen der Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum Dezember 2000 bis August 2002.

Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifverträge des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Die Beklagte, die seit 1995 in die Handwerksrolle mit dem Holz- und Bautenschutzgewerbe, Einbau genormter Bauteile, eingetragen ist, unterhält einen Betrieb, von dem in den Jahren 2000 bis 2002 u.a. großflächige Glaselemente an Gebäuden in Alukonstruktionen eingesetzt wurden. Tätig war die Beklagte u.a. an einem Laborgebäude in Xxxxxxxx, an der Uniklinik in Xxxxxxxx, der Zentrale II der Stadtwerke Xxxxxxx, einem Büro- und Geschäftshaus in Xxxxxxx-Xxxxxxxxxxxx, am Flughafengebäude in Xxxxxxx-Xxxxxxxx, an der Fordwerkstatt in Xxxxxxxxxxxx und dem Klinikum in Xxxxxxxx.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe im gesamten Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb im Sinne der Bautarifverträge unterhalten. Auf das Einsetzen von Glaselementen in vorhandene Alukonstruktionen, auf Reparatur-, Regie- und Änderungsarbeiten an Fenstern, Türen und Roll-Läden und auf die Montage von Alu-Fassadenelementen und sonstige Montagearbeiten, nämlich Anpassungsarbeiten im Bereich Fensterbänke, Montage- und Demontage von Brandschutzfassaden, Stahlfassaden, Verkleiden von Techniktüren mit Panelen, Montage von Fensterbänken, Türen und Fenstern, seien in jedem Kalenderjahr des Klagezeitraums mehr als 50% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit entfallen, auf den erstgenannten Bereich im Kalenderjahr 2001 45%, im Kalenderjahr 2002 55% der betrieblichen Gesamttätigkeit, auf den zweitgenannten Bereich 10% (2001) und 40% (2002) , auf den letztgenannten Bereich 45% (2001) und 5% (2002). Das habe eine Durchsicht der betrieblichen Unterlagen anlässlich eines Betriebsbesuches durch einen ihrer Mitarbeiter am 15. Dezember 2005 ergeben. An andere Tarifverträge sei die Beklagte nicht kraft Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband gebunden. Von einem vom Geltungsbereich der Bautarifverträge ausgenommenen Betrieb des Glaserhandwerks könne bei dieser Sachlage nicht ausgegangen werden. Deshalb schulde die Beklagte Zahlung der tariflich normierten Sozialkassenbeiträge für die beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer.

Nachdem die Klägerin im arbeitsgerichtlichen Termin vom 25. Juli 2006 gegen die ordnungsgemäß geladenen aber nicht erschienene Beklagte auf der Grundlage seiner sich aus der Klageschrift vom 16. Dezember 2005 (Bl. 1 bis 5 d.A.) ergebenden Behauptung, im Klagezeitraum seien mindestens Sozialkassenbeiträge in Höhe von € 46.314,00 angefallen, ein die Beklagte zu entsprechender Zahlung verurteilendes Versäumnisurteil erwirkt hatte, hat er, nach fristgerechtem Einspruch der Beklagten gegen dieses Versäumnisurteil und Meldung der Beiträge für den Klagezeitraum, unter Klagrücknahme im übrigen mit Zustimmung der Beklagten zuletzt beantragt,

das Versäumnisurteil vom 25. Juli 2006 in Höhe von € 23.121,06 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, bei ihrem Betrieb habe es sich im Klagezeitraum um einen vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge ausdrücklich ausgenommenen Betrieb des Glaserhandwerks gehandelt. Das belege eine Stellungnahme der Handwerkskammer für München und Oberbayern, hinsichtlich deren Inhalts auf Bl. 34 d.A. Bezug genommen wird und der Lohntarifvertrag für das Glaserhandwerk Bayern. 85% ihrer gesamten betrieblichen Arbeitszeit seien Tätigkeiten des Glaserhandwerks zuzurechnen. Bei ihrem Betrieb handele es sich um einen Spezialbetrieb für großflächige Glasarbeiten.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 26. Juni 2007 sein Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl.61 bis 70 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 10. März 2008 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er meint, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum um einen vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge ausgenommenen Betrieb des Glaserhandwerks gehandelt habe. Bei dem Einsetzen von Glasscheiben in vorhandene Rahmenkonstruktionen handele es sich keineswegs um eine typische Tätigkeit des Glaserhandwerks so dass auch nicht die Rede davon seien könne, dass vom Betrieb der Beklagten im Sinne der sog. "sowohl-als-auch"-Rechtsprechung des BAG ein Betrieb des Glaserhandwerks im Sinne der tariflichen Ausnahmebestimmung vorliege.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 23.121,06 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 10. März 2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig. Dass die Klägerin in ihrer zweitinstanzlichen Antragstellung das erstinstanzlich zu ihren Gunsten ergangene Versäumnisurteil unberücksichtigt gelassen, hat, ist unerheblich. Erkennbar erstrebt sie das, was ihr erstinstanzlich durch Versäumnisurteil vorläufig zugesprochen worden war und damit die Aufrechterhaltung des arbeitsgerichtlichen Versäumnisurteils vom 25. Juli 2006.

In der Sache hat die Berufung Erfolg. Das erstinstanzlich ergangene Versäumnisurteil ist aufrechtzuerhalten, weil es inhaltlich richtig ist (§ 543 S.2 ZPO). Denn die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von € 23.121,06 verlangen.

Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen ist § 18 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV) in den für den Klagezeitraum gültigen Fassungen. Denn durch diese tarifvertragliche Vorschrift wurden für den Klagezeitraum gegenüber der Beklagten die von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsansprüche begründet, weil der VTV für die Beklagte im Klagezeitraum galt.

Ob die Beklagte Mitglied einer der tarifvertragschließenden Verbände war oder ist, spielt keine Rolle. Denn der VTV war in den für den Klagezeitraum maßgeblichen Fassungen für allgemeinverbindlich erklärt, so dass die Rechtsnormen dieses Tarifvertrages auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer galten (§§ 5 Abs. 4, 4 Abs. 2 TVG).

Die Beklagte unterhielt im gesamten Klagezeitraum auch einen Betrieb, der unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV fiel.

Nach § 1 Abs. 2 VTV fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages diejenigen Betriebe, in denen überwiegend entweder die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden oder aber Leistungen im Sinne der Abschnitte I bis IV (ständige Rechtsprechung seit BAG 18.Januar 1984 AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob hiernach bauliche Leistungen überwiegend erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf derartige bauliche Tätigkeiten entfällt. Nicht maßgeblich sind dagegen wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder handels- oder gewerberechtliche Kriterien (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BAG, 28.April 2004 AP Nr. 264 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob die überwiegende Arbeitszeit auf bauliche oder nichtbauliche Leistung entfällt, ist nach der Arbeitszeit eines Kalenderjahres zu beurteilen, soweit sich die Tätigkeiten des Betriebes, wie im vorliegenden Fall, über ein Kalenderjahr erstrecken (vgl. BAG, 22.April 1987, 12.Dezember 1988 und 25.Juli 2001 AP Nr. 82, 106 und 240 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Schließlich ist Bedacht darauf zu nehmen, ob der Betrieb unter eine der Ausnahmeregelungen des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV fällt.

Nach diesen Maßstäben war der Betrieb der Beklagten im gesamten Klagezeitraum ein baugewerblicher im tariflichen Sinne.

Das unstreitig vom Betrieb der Beklagten in den Kalenderjahren des Klagezeitraums durchgeführte Einsetzen von Glaselementen in Alukonstruktionen an Gebäuden gehört zu den baulichen Leistungen im Sinne von § 1 Abs.2 Abschn. II VTV.

Soweit das Einfügen von Glas in vorhandene Konstruktionen zur Erstellung einer Fassade diente, gehört es zu den in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 12 VTV ausdrücklich genannten Fassadenbauarbeiten. Unter Fassade eines Gebäudes ist dessen äußere Seite zu verstehen, wobei nur die äußere Schicht gemeint ist, weil die Fassade auf etwas Vorhandenes aufgebaut wird (vgl. BAG 26.04.1989 AP Nr. 110 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Fassadenbauarbeiten sind danach alle Arbeiten, die dazu bestimmt sind, eine Fassade zu schaffen. Das Erstellen von Fassadenkonstruktionen ist eine solche Arbeit, die Einfügung von Glas in dafür vorgesehene Öffnungen ist integraler Teil der Schaffung der Fassade und gehört damit ebenfalls zu den Fassadenbauarbeiten. Vorbereitenden Zuschnitt- und Anpassungsarbeiten sind notwendige Hilfsarbeiten zur Schaffung der Fassade, die kraft Zusammenhangs den eigentlichen Fassadenbauarbeiten zuzurechnen sind.

Darüber hinaus handelt es sich bei der Einfügung von Glaselementen in Alukonstruktionen an Bauwerken, auch wenn die Glaselemente nicht Teil einer Fassade waren, um Montagebauarbeiten i. S. von § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV, die neben den dort ebenfalls genannten Trockenbauarbeiten nicht kumulativ vorzulegen brauchen (vgl. BAG 26.04.1989, a.a.O.). Im technischen Bereich bedeutet Montage nichts anderes als "Aufbau, Zusammenbau" (vgl. Brockhaus-Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Bd. 4 1982, S. 723). Mangels eigener Begriffsbestimmung muss davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien diesen in der Fachsprache der Technik üblichen Begriffsinhalt von "Montage" zugrunde gelegt haben. Genau in diesem Sinne bestand die Tätigkeit der Arbeitnehmer der Beklagten in der Montage, wenn sie Glaselemente in Alukonstruktionen einfügten, damit das Gebäude zur Seite hin und nach außen abgeschlossen wurde. Insoweit handelt es sich auch, wie tarifvertraglich erforderlich, um Montagebauarbeiten, weil diese Arbeiten der Errichtung, bzw. Änderung eines Bauwerks, dienten. Dass insoweit Glas verwendet wurde, ist unschädlich, weil die Tarifvertragsparteien in § 1 Abs. 2 VTV nicht auf den verwendeten Werkstoff abstellen.

Schließlich sind in jedem Fall die Merkmale der allgemeinen Bestimmung des § 1 Abs.2 Abschn. II VTV erfüllt. Bauliche Leistungen im Sinne dieser Bestimmung sind sämtliche Arbeiten, die, sei es auch nur auf einem kleinen Gebiet, dazu bestimmt sind, ein Gebäude oder sonstiges Bauwerk instand zu setzen oder instand zu halten (vgl. BAG 05. September 1990 AP Nr. 130 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Das Einsetzen von Glaselementen in Alukonstruktionen an Gebäudeflächen dient dazu, gewünschte lichtdurchlässige Flächen in den seitlichen Begrenzungen des Gebäudes zu erhalten. Die nach § 1 Abs.2 Abschn. II VTV erforderliche bauliche Prägung dieser Arbeiten resultiert schon daraus, dass die Durchführung derartige Tätigkeiten nach Herkommen und Üblichkeit zum Baugewerbe zählt. Das zeigt ein Blick in die vom Statistischen Bundesamt herausgegebene Klassifikation der Wirtschaftszweige mit Erläuterungen (WZ 1933 und WZ 2003). Dort wird die dem Glasergewerbe zugeordnete Verglasung dem Baugewerbe zugerechnet (Nr. 45.44.2). Da es sich bei dieser Klassifizierung um eine Dokumentation handelt, bei deren Erstellung die Vorstellungen der Wirtschaft in hohem Maße berücksichtigt worden sind, kann und darf dann davon ausgegangen werden, dass die Klassifizierung bei der Bestimmung der Reichweite eines Gewerbezweiges die Verkehrsauffassung wiedergibt (vgl. BFH 16. März 2000, BStBl. II, 2000, 444; Kammerurteil v. 14. Mai 2007 - 16 Sa 1155/06).

Nichts anderes gilt für die von der Beklagten nach dem klägerischen Vortrag durchgeführten Fenster-, Tür- und Roll-Lädenreparaturarbeiten. Denn auch dabei handelt es sich jedenfalls um sonstige bauliche Leistungen im Sinne der allgemeinen Bestimmung des § 1 Abs.2 Abschn. II VTV, weil auch diese Arbeiten, wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet, der Instandsetzung von Bauwerken dienen. Denn Türen, Fenster und Roll-Läden können ihre gewünschte Funktion nur erfüllen, wenn sie voll funktionsfähig sind. Der Wiederherstellung ihrer Funktion dient die Reparatur. Das gilt auch für Roll-Ladenreparaturen. Die erforderliche bauliche Prägung folgt bei Roll-Ladenreparaturen nämlich daraus, dass die Tätigkeiten des Rollladen- und Jalousienbauers, die auch die Reparatur Rollläden mit umfasst, herkömmlicherweise dem Bereich des Baugewerbes zugeordnet wird (vgl. Kammerurteile vom 30.April 2001 - 16 Sa 1500/00, vom 07.Februar 2000 - 16 Sa 913/99 und vom 24.August 1992 - 16 Sa 1701/92).

Auf die beiden vorstehend genannten, als bauliche Leistungen zu qualifizierenden Tätigkeitsbereiche entfiel nach dem insoweit unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin in den Kalenderjahren 2001 und 2002 die überwiegende Arbeitszeit der beschäftigten Arbeitnehmer.

Bezüglich des Kalenderjahres 2000 gilt im Ergebnis nichts anderes. Auch in diesem Jahr überwogen, unbeschadet der fehlenden Aufteilung der Arbeitszeit auf verschiedene Tätigkeitsbereiche durch die Klägerin, bauliche Tätigkeiten im tariflichen Sinne, weil auch das Montieren von Alu-Fassadenelemente (als Fassadenbauarbeiten) und die weiteren, von der Klägerin näher beschriebene Montagarbeiten (jedenfalls als sonstige bauliche Leistungen iSv § 1 Abs.2 Abschn. II VTV) baulich Leistungen im tariflichen Sinne sind.

Der Betrieb der Beklagten ist auch nicht nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 4 VTV vom betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgenommen.

Nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 4 VTV werden vom betrieblichen Geltungsbereich nicht erfasst

"Betriebe des Glaserhandwerks".

Einen solchen Betrieb unterhielt die Beklagte im Klagezeitraum nicht. Hinsichtlich des Kalenderjahres 2001 fehlt es bereits an dem Erfordernis einer arbeitszeitlich überwiegenden Durchführung von Tätigkeiten, die dem Glaserhandwerk zuzuordnen sind. Für die Kalenderjahre 2000 und 2002 liegen die weiteren erforderlichen Voraussetzungen zur Erfüllung des Merkmals "Betrieb des Glaserhandwerks" nicht vor.

Es gilt:

Was die Tarifvertragsparteien unter "Betriebe des Glaserhandwerks" verstanden wissen wollen, ist durch Auslegung der tarifvertraglichen Regelung zu ermitteln.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist danach zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm ist zu berücksichtigen, soweit diese Gesichtspunkte in der Tarifnorm ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel soll nach der Rechtsprechung die Tarifauslegung zu wählen sein, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BAG, 19. März 2003 - 10 AZR 175/02; BAG 20. April 1994 AP Nr.11 zu §§ 22,23 BAT Zulagen; BAG 24. November 2004 EzA TVG § 4 Bankgewerbe Nr.4).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich:

Bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4 folgt, dass es notwendiges Merkmal "eines Betriebes des Glaserhandwerks" ist, dass arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten dieses Handwerkszweiges durchgeführt werden. Ein Betrieb ist nach allgemeinem arbeitsrechtlichem Sprachgebrauch eine arbeitstechnische Organisationseinheit. Ein Betrieb des Glaserhandwerks kann daher nur vorliegen, wenn arbeitstechnische Aufgaben dieses Handwerks durchgeführt werden. Das muss arbeitszeitlich überwiegend geschehen, weil es auch für Abschn. VII des § 1 Abs.2 VTV auf die überwiegende Arbeitszeit ankommt (vgl. BAG 18. Mai 1994 AP Nr. 180 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Bereits danach kann nur davon ausgegangen werden, dass die Beklagte in den Kalenderjahren 2000 und 2002 einen Betrieb des Glaserhandwerks unterhalten haben kann, nicht dagegen im Kalenderjahr 2000.

Für die einzelnen Kalenderjahre des Klagezeitraums ergibt sich:

2002

Das Merkmal "arbeitszeitlich überwiegende Durchführung von Tätigkeiten, die dem Glaserhandwerk zuzurechnen sind" erfüllte der Betrieb der Beklagten nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin für das Kalenderjahr 2002, weil nach dem Vorbringen der Klägerin in diesem Jahr mehr als 50% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit auf das Einsetzen von Glaselementen in Alukonstruktionen entfallen ist.

Das insoweit der Beklagten durchgeführte Einsetzen von Glaselementen in entsprechende Rahmenvorrichtungen an Gebäuden gehört berufsrechtlich zu den Tätigkeiten des Glaserhandwerks. Die ab 01. August 2001 gültige Verordnung vom 08. Juli 2001 (BGBL I 2001 S.1551 ff) nennt als Gegenstand der Berufsausbildung das Be- und Verarbeiten von Glas- und Glaserzeugnissen (§ 3 Abs. 1 Nr.10) und in § 3 Abs.2 Nr.2 a) und b) in der Fachrichtung Fenster- und Glasfassadenbau ausdrücklich das Herstellen von Fenster- Türen- und Fassadenkonstruktionen sowie das Einbauen derartiger Konstruktionen. Der Ausbildungsrahmenplan Anlage zu § 4 Abs.1 der VO führt unter I Nr.10 h) das Einbauen und Abdichten von Glas und Glaserzeugnissen auf. Die Vorgängerverordnung vom 18. Dezember 1985 (BGBl. I 1985 S.2534 ff) nannte in § 3 Abs.1 Nr.6 ebenfalls das Be- und Verarbeiten von Glas und Glaserzeugnissen und in § 3 Abs.1 Nr. 15 das Einbauen von montagefertigen Teilen und Erzeugnissen., der Ausbildungsrahmenplan Anlage zu § 4 unter I Nr.6 g) das Zuschneiden, Einsetzen, Klotzen, Befestigen, Stabilisieren, Abdichten und Reinigen von Glas. Nach der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderung im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Glaserhandwerk vom 09. Dezember 1975 (BGBl. I 1975 S. 3012) ist dem Glaserhandwerk u. a. zuzuordnen die Herstellung und der Einbau von Verglasungen, Fenster-, Fenstertür-Elementen, Glasfassaden, Glaselementen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2), als diesem Handwerk zuzurechnende Fertigkeiten und Kenntnisse das Einpassen, Einsetzen, Klotzen und Einfassen von Glas und glasverwandten Stoffen sowie Abdichtung und Versiegelung (§ 1 Abs.2 Nr.11).

2001:

Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass vom Betrieb der Beklagten arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten des Glaserhandwerks durchgeführt worden sind.

Im Jahre 2001 entfiel die überwiegende Arbeitszeit der Arbeitnehmer nach dem Vortrag der Klägerin auf die von ihm näher beschriebenen Reparatur- und Montagearbeiten (55%). Dass es sich insoweit zu einem solchen Prozentsatz um Tätigkeiten handelte, die dem Glaserhandwerk zuzuordnen sind, dass sich, summiert mit dem Arbeitszeitanteil für das Einsetzen von Glaselementen in Alukonstruktionen (45% der Gesamtarbeitszeit) ein Überwiegen von Tätigkeiten ergäbe, die (auch) dem Glaserhandwerk zuzuordnen sind, erschließt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht. Denn es fehlen bereits jegliche Angaben darüber, zu welchem Prozentsatz insoweit überhaupt mit Glas gearbeitet worden ist. Damit erlaubt der klägerische Vortrag nicht die Annahme, dass im Jahr 2001 arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten vom Betrieb der Beklagten durchgeführt worden sind, die solche des Glaserhandwerks sind. Dass dies nach dem klägerischen Vortrag möglich bleibt, ändert nichts. Die Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestandes nach § 1 Abs.2 Abschn. VII VTV darzulegen - und im Streitfall zu beweisen - hat derjenige, der sich darauf beruft, hier die Beklagte (vgl. vgl. BAG 13. Mai 2004 AP Nr. 265 zu § 1 TVG Tarifverträge:Bau).

Der Vortrag der Beklagten ändert nichts.

Zu Gunsten der Beklagten mag unterstellt werden, dass diese behauptet, auch 2001 seien arbeitszeitlich überwiegend Glaselemente in Alu-Konstruktionen eingebaut worden. Jedenfalls für das Kalenderjahr 2001 hat die Klägerin dieses Vorbringen nämlich durch Angabe der prozentualen Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Tätigkeitsbereiche substantiiert bestritten. Beweis für ihre Behauptung hat die Beklagte nicht angeboten, so dass sie beweisfällig geblieben ist.

2000

Für dieses Kalenderjahr kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Klägerin, mangels prozentualer Aufschlüsselung der einzelnen Tätigkeitsbereiche auf die Gesamtarbeitszeit, dem Vorbringen der Beklagten, es seien arbeitszeitlich überwiegend großflächige Glaselemente an Gebäuden eingebaut worden, nicht hinreichend entgegengetreten ist, so dass, wie für das Jahr 2002, von einem arbeitszeitlichen Überwiegen derartiger Tätigkeiten auszugehen ist.

Kommt danach die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.4 VTV für das Kalenderjahr 2001 schon mangels überwiegender Durchführung von Tätigkeiten dieses Gewerbezweiges nicht zum Tragen, so gilt für die Jahre 2000 und 2002 im Ergebnis nichts anderes.

Es gilt:

Die arbeitszeitlich überwiegende Durchführung von Tätigkeiten, die dem Glaserhandwerk zuzuordnen sind, reicht allein nicht hin, um den Betrieb der Beklagten für 2000 und 2002 als einen solchen des Glaserhandwerks iSv § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.4 VTV zu qualifizieren. Denn die arbeitszeitlich überwiegende Durchführung von Tätigkeiten, die dem Glaserhandwerk zuzurechnen sind, ist zwar ein notwendiges, jedoch allein kein hinreichendes Merkmal zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4 VTV. Auch das ergibt die Auslegung der tariflichen Bestimmung.

Dafür, dass allein die arbeitzeitlich überwiegende Durchführung von Tätigkeiten, die dem Glaserhandwerk zuzuordnen sind, ausreicht, um den Betrieb als einen solchen des Glaserhandwerks iSv § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4 VTV erscheinen zu lassen, scheint auf den ersten Blick zu sprechen, dass die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes das Phänomen, dass Arbeiten eines ausgenommenen Gewerbezweiges auch unter § 1 Abs.2 Abschn. II bis V VTV fallen können, nicht nur erkannt, sondern ausdrücklich berücksichtigt haben. Das zeigen die in Abschn. VII Nr.5, Nr.6, Nr.7, Nr.11 und 12 für das Ofen- und Herdsetzerhandwerk, für das Maler- und Lackiererhandwerk, für die Naturstein- und Naturwerksteinindustrie, für das Schreinerhandwerk und für das Klempnerhandwerk, das Gas- und Wasserinstallationsgewerbe, das Elektroinstallationsgewerbe, das Zentralheizungsbauer- und Lüftungsbauergewerbe sowie den Klimaanlagenbau ausdrücklich in den Tarifvertrag aufgenommenen Rückausnahmen. Danach sind Betriebe dieser Gewerbezweige zwar vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen, sie werden aber gleichwohl erfasst, wenn Arbeiten der in Abschn. IV oder V aufgeführten Art durchgeführt werden. Rückausnahmen für den Fall, dass Betriebe eines ausgenommenen Gewerbezweiges Tätigkeiten nach Absch. II ausüben, gibt es dagegen nicht und kann es auch nicht geben, weil unter Abschn. II praktisch alle Tätigkeiten eines ausgenommenen Gewerbezweiges fallen. Für das Glaserhandwerk fehlt jegliche Rückausnahme.

Aus dem Fehlen einer Rückausnahme in § 1 Abs.2 Abschn.VII Nr.4 VTV kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Tarifvertragsparteien damit alle Tätigkeiten, die nach Herkommen und Üblichkeit (auch) im Glaserhandwerk durchgeführt werden, von ihrem Tarifwerk ausnehmen wollen.

Das erweist bereits der Wortlaut der Ausnahmebestimmung. Diese verlangt nämlich einen Betrieb des Glaserhandwerks. Das muss so verstanden werden, dass die Tarifvertragsparteien, mangels eigener abweichender Begriffsbestimmung, den im Gewerberecht maßgeblichen, in § 1 HandwO beschriebenen Begriff des Handwerks übernommen haben. Denn wenn in einem Tarifvertrag ein Wort verwendet wird, das in der Rechtsterminologie einen festen Inhalt hat, so muss, soweit nicht sichere Anhaltspunkte für ein abweichendes Verständnis gegeben sind, davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien mit diesem Wort den allgemeinen üblichen Rechtsbegriff wiedergeben wollen (vgl. Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. 2004, § 1 Rz 555 m. w. N.).

Nach § 1 Abs. 2 HandwO aF (gültig bis zum 31. Dezember 2003) ist ein Gewerbebetrieb dann ein Handwerksbetrieb, wenn er handwerksmäßig betrieben und ein Gewerbe vollständig umfasst wird, das in der Anlage A aufgeführt ist, oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind (wesentliche Tätigkeiten). Die zum 01. Januar 2004 in Kraft getretene Handwerksordnung (HandwO) differenziert zwischen zulassungspflichtigem Handwerk (§ 1 Abs.2) und zulassungsfreiem Handwerk (§ 18 Abs.2 ) und bestimmt die Abgrenzung beider Handwerksbetätigungen danach, ob ein Gewerbe vollständig umfasst wird, das in der Anlage A aufgeführt ist oder wesentliche Tätigkeiten dieses Handwerks ausführt (dann zulassungspflichtiges Handwerk, § 1 Abs.2) oder ein Gewerbe handwerksmäßig betrieben wird, das in der Anlage B genannt ist (dann zulassungsfreies Handwerk, § 18 Abs.2 )..

Legt man diese Begriffsbestimmungen zu Grunde, so erschöpft sich die Antwort auf die Frage, ob ein Betrieb des Glaserhandwerks vorliegt, nicht in der Feststellung der überwiegenden Ausführung von Tätigkeiten, die nach Herkommen und Üblichkeit auch solche des Glaserhandwerks sind, und nicht in der Abgrenzung der handwerksmäßigen Betriebsform zur industriellen Fertigung. Vielmehr bedarf es auch der Klärung, ob in dem Betrieb wesentliche Tätigkeiten des Handwerks ausgeführt werden und damit das Niveau des Handwerks erreicht ist, oder ob lediglich unwesentliche Verrichtungen vorgenommen werden, die unterhalb der Grenze des handwerklichen Bereichs bleiben (vgl. Kammerurteil vom 06. Juni 1994 - 16 Sa 1072/93). Die Neufassung der Handwerksordnung hat daran nichts geändert, da das Glaserhandwerk in der Anlage A genannt ist und damit ein Betrieb die Merkmale dieses (zulassungspflichtigen) Handwerks nur dann erfüllt, wenn vom Betrieb die gesamte Palette des Glaserhandwerks bedient oder jedenfalls wesentliche Tätigkeiten dieses Gewerbezweiges durchgeführt werden.

Reicht mithin bereits danach nicht die Ausübung irgendwelcher dem Glaserhandwerk (auch) zugeordneter Tätigkeiten aus, um einen Betrieb als einen solchen des Glaserhandwerks nach § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.4 VTV erscheinen zu lassen, so findet diese Sichtweise ihre zusätzliche Bestätigung im erkennbaren Sinn und Zweck der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.4 VTV (vgl. Kammerurteil v. 16. Juli 2007 - 16 Sa 238/07). Mit den Betrieben des Glaserhandwerk nehmen die Tarifvertragsparteien nämlich einen Gewerbezweig aus ihrem Tarifwerk aus, der, wie bereits ausgeführt, herkömmlicherweise (vgl. Klassifikation der Wirtschaftszweige mit Erläuterungen WZ 1933 und WZ 2003 Nr:45.44.2) dem Bereich des Baugewerbes, nämlich dem so genannten Ausbaugewerbe, zuzuordnen ist. Wenn die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes gleichwohl ausdrücklich für diesen Gewerbezweig auf tarifliche Regelungen verzichten, kann dies nur so verstanden werden, dass die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes damit zum Ausdruck bringen wollen und zum Ausdruck gebracht haben, dass nach ihrer Vorstellung die bautariflichen Regelungen den Besonderheiten dieses historisch schon immer besonderen Zweigs des Baugewerbes, für den es im übrigen auch eigene Tarifverträge gibt (vgl. z.B. Rahmentarifvertrag für das Glaserhandwerk Niedersachsen v. 31. Oktober 1997 idF v. 01. Januar 1998, Lohntarifvertrag für das Glaserhandwerk Bayern vom 07. Oktober 2003, Bl. 22 d.A.)), im Hinblick auf die Regelung von Arbeitsbedingungen nicht gerecht würden. Die insoweit von den Tarifvertragsparteien in § 1 Abs.2 Absch. VII Nr 4 als Sachgrund für die Herausnahme dieses Gewerbezweiges vorausgesetzten Besonderheiten des Glaserhandwerks müssen jedoch auch vorhanden sein. Sie können insbesondere nicht schon dann gegeben sein, wenn irgendwelche Tätigkeiten ausgeübt werden, die nach Herkommen und Üblichkeit (auch) dem Glaserhandwerk, gleichzeitig daneben aber (auch) einem von den Tarifvertragsparteien erkennbar erfassten beruflichen Tätigkeitsfeld zugeordnet sind.

Das zeigen die Tätigkeiten des Einbauens von Glasscheiben in als Fensterrahmen fungierender Konstruktionen sowie von Glaselementen in Fassadenkonstruktionen plastisch. Das Einsetzten von Glasscheiben in Fensterrahmen wird berufsrechtlich auch dem Berufsbild des Trockenbaumonteurs zugerechnet. Das erweist der Ausbildungsrahmenplan für den Trockenbaumonteur Anlage 12 zu § 64 Nr.8 der Verordnung über die Berufsausbildung der Bauwirtschaft vom 02. Juni 1999 (BGBl. I 1999 S. 1102, zuletzt idF vom 02. April 2004, BGBl I 2004 S.522). Dort ist das Montieren von vorgefertigten Bauteilen, insbesondere u.a. Fenstern, Türen, Brandschutzglas ausdrücklich genannt. Dass diese Verordnung, anders als ihre Vorgängerin (Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 08. Mai 1974 zuletzt BGBl I 194 S.1599) in der Anlage 13 zu § 26 (Ausbildungsrahmenplan zu Nr. II 1 i)) nicht mehr das "Verglasen" (= Versehen mit Glasscheiben, vgl. Wahrig aaO. S. 1360) ausdrücklich aufführt, ist unerheblich. In Fensterrahmen einzusetzende Glasscheiben sind nichts anderes als Teile von Fenstern und damit ihrerseits vorgefertigte Bauteile, der Einbau der Scheiben, also die "Verglasung", nichts anderes als ein Teil des Zusammenbaus und damit der "Montage" von Fenstern. Tätigkeiten des Trockenbaumonteurs wollen die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes aber gerade erfassen (§ 1 Abs.2 Abschn. V Nr.37).

Für das Einsetzen von Glaselementen in Fassadenkonstruktionen gilt nichts anderes. Diese Tätigkeit gehört auch zum Berufsbild des Fassadenmonteurs. Nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fassadenmonteur/zur Fassadenmonteurin vom 19. Mai 1998 (BGBl I 1999 S.997 ff) sind Gegenstand der Berufsausbildung mindestens Fertigkeiten und Kenntnisse u.a. im Befestigen von Fassadenbauelementen (§ 5 Nr. 19), der Ausbildungsrahmenplan (Anlage zu § 6) nennt unter Ziff. 10 lit i) ausdrücklich auch das Befestigen von Fassadenelementen aus Glas. Fassadenbauarbeiten und damit Tätigkeiten des Fassadenmonteurs wollen die Tarifvertragsparteien, wie § 1 Abs.2 Abschn.V Nr 12 VTV zeigt, in ihr Tarifwerk einbezogen wissen.

Kann danach die Ausübung irgendwelcher dem Glaserhandwerk nach Herkommen und Üblichkeit, zuzurechnender Tätigkeiten nicht hinreichen, um die Merkmale des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4 VTV zu erfüllen, bedarf es der Ermittlung der insoweit zusätzlich erforderlichen Merkmale.

Die Rechtsprechung des BAG geht dazu wie folgt vor:

Dann, wenn von einem Betrieb Tätigkeiten ausgeübt werden, die sowohl unter § 1 Abs. 2 Abschnitt II bis V wie auch unter einen Tätigkeitsbereich eines von Abschnitt VII ausgenommenen Gewerbezweiges fallen, ist von sog. "sowohl-als-auch-Tätigkeiten" zu sprechen. Ein Betrieb, der derartige Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend durchführt, ist - soweit nicht Rückausnahmebestimmungen des Abschnittes VII eingreifen - nur (aber auch) ein solcher eines ausgenommenen Gewerbezweiges nach Abschnitt VII sein, wenn daneben auch - und zwar in nicht unerheblichem Umfang - nämlich zu mindestens 20 % der gesamten betrieblichen Arbeitszeit (vgl. z. B. BAG, 16.Mai 2001 AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Dachdecker) - Arbeiten ausgeführt werden, die ausschließlich dem vom betrieblichen Geltungsbereich ausgenommenen Gewerk zuzuordnen sind, die also für dieses Gewerk typisch sind, oder die "sowohl-als-auch-Arbeiten" in nicht unerheblichem Umfang von gelernten Arbeitnehmern dieses Gewerks ausgeführt werden oder eine entsprechende Aufsicht durch einen Fachmann dieses Gewerks besteht. Darlegungs- und im Streitfall beweispflichtig ist insoweit der von der Klägerin in Anspruch genommene, sich auf die Merkmale der Erfüllung eines Ausnahmetatbestandes berufende Arbeitgeber (vgl. BAG 13. Mai 2004 AP Nr. 265 zu § 1 TVG Tarifverträge:Bau).

Diese, zunächst auf das Dachdeckerhandwerk (vgl. BAG, 24. Februar 1988 und 23. November 1988 AP Nr. 2 und 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Dachdeckerhandwerk; BAG, 03. Dezember 1986 und 14.Oktober 1987 AP Nr. 73 und 87 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG, 06. Mai 1987 - 4 AZR 664/86; BAG, 28.November 1990 - 4 AZR 208/90; BAG, 22. September 1993 - 10 AZR 401/91, zuletzt BAG 16.Mai 2001 aaO.) beschränkte Rechtsprechung hat das BAG später auf die anderen Ausnahmetatbestände des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII ausgedehnt (vgl. z. B. BAG, 23.August 1995 AP Nr. 193 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, BAG, 20.September 1995 - 10 AZR 609/94 und BAG, 24.November 2004 AP Nr. 12 zu § 62 ArbGG 1979 für das Glaserhandwerk; BAG, 22.Januar 1997 AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler für Betriebe des Maler- und Lackiererhandwerks; BAG 20. April 2005 AP Nr.1 zu § 1 TVG Elektrohandwerk für das Elektroinstallationsgewerbe).).

Nach dieser Rechtsprechung handelt es sich beim Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum nicht um einen solchen des Glaserhandwerks.

Ausschließlich dem Glaserhandwerk zuzuordnende Tätigkeiten wurden von der Beklagten nicht durchgeführt. Das folgt schon daraus, dass das das Einbauen/Einsetzen von Glaselementen in Fassadenkonstruktionen Gegenstand des Tätigkeitsfeldes des Fassadenmonteurs ist. Mit dem sog. Verklotzen von Scheiben, also dem Ausrichten und Befestigen von Glasscheiben im Fensterrahmen, hat das nichts gemein. Selbst wenn man insoweit davon ausgehen wollte, es handele sich bei den Alu-konstruktionen nicht um Fassadenteile, ilt nichts anderes. Das Einsetzen von Scheiben in Fensterrahmenkonstruktionen ist, wie ausgeführt, auch Gegenstand des Tätigkeitsfeldes des Trockenbaumonteurs.

Die arbeitszeitlich überwiegend durchgeführten Einsetz-/Einbauarbeiten wurden auch nicht von einem Fachmann des Glaserhandwerks beaufsichtigt. Insoweit kann es dahinstehen, ob dieses Merkmal nur dann vorliegt, wenn ein Meister des Glaserhandwerks vorhanden ist oder ob es ausreicht, dass jemand die Aufsicht führt, dessen Ausbildung der eines derartigen Meisters gleichsteht. Jedenfalls erforderlich ist es, dass jemand vorhanden ist, der eine abgeschlossene Ausbildung im Glaserhandwerk oder eine dem gleichgestellte Ausbildung absolviert hat (vgl. Kammerurteil v. 31. Juli 2006 - 16 Sa 1889/05). Dass dies bei der Beklagten der Fall war, hat diese bereits nicht vorgetragen. Dass der Geschäftsführer der Beklagten, wie von dieser, seitens der Klägerin bestritten, im Berufungstermin behauptet, eine technische Hochschulausbildung besitzt, mag sein. Allein aus irgendeiner, nicht näher präzisierten Ausbildung dieser Art lässt sich nämlich nicht folgern, dass es sich bei dem Geschäftsführer um einen Fachmann gerade des Glaserhandwerks handelt.

Dass schließlich die Arbeiten, die auch dem Glaserhandwerk zuzurechnen sind, zu mindestens 20% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit von gelernten Glasern durchgeführt worden sind, hat die Beklagte, trotz Erörterung dieser Frage im Berufungstermin, nicht einmal behauptet.

Kann danach auf der Grundlage der Rechtsprechung des BAG nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte im Klagezeitraum einen Betrieb des Glaserhandwerks im Sinne von § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4 VTV unterhielt, so gilt das erst recht, wenn man - entgegen der aufgezeigten Rechtsprechung des BAG - von der Rechtsprechung der Berufungskammer (vgl. zuletzt Kammerurteil v.16. Juli 2007 - 16 Sa 238/07 und v. 31. Juli 2006 - 1889/05)) ausgeht. Maßgeblich für die Erfüllung der Merkmale der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.4 VTV ist danach allein, ob wesentliche Tätigkeiten dieses Handwerkszweigs vom Betrieb ausgeführt werden. Welche Tätigkeiten wesentlich sind, bestimmt sich nach handwerksrechtlichen Maßstäben, weil die Tarifvertragsparteien einen Betrieb des Glaserhandwerks verlangen.

Das war im Klagezeitraum nicht der Fall.

Von wesentlichen Tätigkeiten eines Handwerks, hier des Glaserhandwerks, kann dann nicht gesprochen werden, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, zu denen auch in staatlich anerkannten, nicht handwerklichen Berufen ausgebildet wird. Denn das signalisiert deutlich, dass es sich bei solchen Arbeiten lediglich um periphere und damit nicht wesentliche Arbeitsvorgänge im Rahmen eines Handwerks handelt. Es wäre nämlich widersprüchlich, als wesentliche handwerkliche Tätigkeiten auch solche anzusehen, zu deren Ausübung Kenntnisse eines Handwerks gar nicht verlangt werden (vgl. § 1 Abs.2 HandwO). .

So ist es beim Einsetzen von Glasscheiben in Fensterrahmen(konstruktionen) und dem Einbau von Glaselementen in Fassadenkonstruktionen. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten werden nämlich, wie ausgeführt, nicht nur im Rahmen der Ausbildung zum Glaser vermittelt, sondern auch bei der Ausbildung zum Trockenbaumonteur bzw. Fassadenmonteur. Dann kann die Ausführung derartiger Tätigkeiten auch nicht die Merkmale einer "wesentlichen" Tätigkeit des Glaserhandwerks erfüllen. Die Regelungen der Handwerksordnung selbst belegen dies nachdrücklich. Denn der Einbau von genormten Bauteilen ist in der Anlage B zur Handwerksordnung ausdrücklich einem Gewerbe zugeordnet, das handwerksähnlich betrieben werden kann (III Nr. 24). Hierzu zählt auch eine sich auf das Einsetzen von Scheiben einschließlich Verfugungen bzw. das Einbauen von Glaselementen in Alukonstruktionen im Rahmen des Fassadenbaus beschränkende Tätigkeit. Es wäre widersprüchlich, Tätigkeiten, die auch handwerksähnlich betrieben werden können, als wesentliche Tätigkeiten eines Handwerks anzusehen (vgl. Honig HandwO 3. Aufl 2004 § 1 Rz 54). Vielmehr kann es sich bei einem Betrieb, der solche Tätigkeiten ausübt, nur dann um einen Handwerksbetrieb handeln, wenn andere wesentliche Tätigkeiten des Handwerks hinzukommen.

Offen bleiben kann, ob zur Erfüllung der Merkmale des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 4 darüber hinaus zu verlangen ist, dass wesentliche Tätigkeiten des Glaserhandwerks arbeitszeitlich überwiegend durchgeführt werden (dafür Kammerurteil vom 05.Juni 1994 - 16 Sa 1072/93). Selbst wenn man davon ausgeht, es reiche die Durchführung wesentlicher Tätigkeiten aus, greift § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 4 VTV nicht ein. Denn jedenfalls darf der Umfang der Durchführung wesentlichen Tätigkeiten des Glaserhandwerks nicht unerheblich sein, weil sonst die von den Tarifvertragsparteien geforderte, tätigkeitsbezogen zu ermittelnde, Besonderheit des Glaserhandwerks fehlt. Setzt man diesen nicht unerheblichen Umfang, wie das BAG, mit 20% der Gesamtarbeitszeit an, hilft das der Beklagten nicht, weil sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht ergibt, dass wesentliche Tätigkeiten des Glaserhandwerks zu mindestens 20% der Gesamttätigkeit durchgeführt worden sind.

Handelt es sich danach bei dem Betrieb der Beklagten im gesamten Klagezeitraum um einen solchen des Baugewerbes im tariflichen Sinne, so schuldet die Beklagte der Klägerin die der Höhe nach unstreitigen Beiträge.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Die Klägerin ist nämlich kostenpflichtig, soweit sie die Klage erstinstanzlich teilweise zurückgenommen hat (§ 269 Abs.3 S.2 ZPO). Wird die Klage teilweise zurückgenommen, gilt diese Vorschrift allerdings mit der Maßgabe, dass § 92 ZPO entsprechend anzuwenden ist (vgl. BGH 19. Oktober 1995 NJW-RR 196,256). Daher waren die erstinstanzlichen Kosten verhältnismäßig zu verteilen, während die Beklagte als unterlegene Partei die Kosten des Berufungsverfahrens in vollem Umfang zu tragen hat

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG

Ende der Entscheidung

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