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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 29.10.2007
Aktenzeichen: 16 Sa 2012/06
Rechtsgebiete: AEntG, BGB


Vorschriften:

AEntG § 1
AEntG § 1a
BGB § 768
1. Geht der Hauptschuldner vor Ablauf der Verjährungsfrist für die Hauptschuld als Rechtspersönlichkeit unter (hier: Auflösung einer Limited nach britischem Recht), genügt zur Unterbrechung der Verjährung eine Klageerhebung gegen den Bürgen innerhalb der Verjährungsfrist für die Hauptschuld (Anschluss an BGH 28. Januar 2003 NJW 2003, 1250)

2. Zur Frage, ob es sich bei Arbeitskräften, die im Rahmen eines auf die Erbringung von Bauleistungen gerichteten Werkvertrages zwischen einem britischen Unternehmen und einem deutschen Unternehmen bauliche Tätigkeiten erbringen, um Arbeitnehmer des britischen Unternehmens oder um Selbständige handelt.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 05. September 2006 - 1061/05 - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 05. September 2006 - 8 Ca 1126/05 - mit der Maßgabe abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger Euro 9.804,40 (in Worten: Neuntausendachthundertvier und 40/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Oktober 2002 aus Euro 7.651,92 (in Worten: Siebentausendsechshunderteinundfünfzig und 92/100 Euro) und aus weiteren Euro 2.152,48 (in Worten: Zweitausendeinhundertzweiundfünfzig und 48/100 Euro) seit dem 20. April 2005 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen wird.

Von den Kosten 1. Instanz des arbeitsgerichtlichen Verfahrens 8 Ca 1126/05 hat der Kläger 1/4, die Beklagte 3/4 zu tragen. Die Kosten der Berufungen hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte in zwei vor dem Arbeitsgericht getrennt geführten und vom Berufungsgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtsstreiten nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) als Bürge für Urlaubskassenbeiträge in Anspruch.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütungen zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte, die ihren Sitz in Xxxxxxx hat, betreibt ein Entwicklungs- und Bauträgerunternehmen. Am 25. Juli 2001 schloss sie mit dem am 26. März 2001 gegründeten britischen Unternehmen Xxxxxxx Xxxxxxx Limited (künftig: Xxxxxxx) mit Sitz in Xxxxxxxx Xxxxxxxxx, South Yorkshire, einen Bauleistungsvertrag, wonach sich dieses Unternehmen verpflichtete, beim Neubau eines Bürogebäudes in XXXXX Xxxxxxxxxx Betonarbeiten, Maurerarbeiten, Stahlbetonarbeiten, Montieren von Fertigbetonteilen, Dachdeckungsarbeiten, Malerarbeiten, Arbeiten an abgehängten Decken und sonstige Arbeiten aller Art zu erbringen. Hinsichtlich des Inhalts des Bauleistungsvertrages wird auf Bl. 10 bis 13 der mitverbundenen Akten16 Sa 2013/06 Bezug genommen. Am 22. April 2002 schloss die Beklagte einen weiteren Bauleistungsvertrag mit dem am 18. Januar 2002 gegründeten britischen Unternehmen Xxxxxxxxx Services Limited (künftig: Xxxxxxxxx) mit Sitz in Xxxxxxx Xxxxxxx Xxxxxxxxxxxxx, Worcestershire, über gleichartige Arbeiten am vorgenannten Bauvorhaben ab. Hinsichtlich des Inhalts dieses Bauleistungsvertrages wird auf Bl. 10. bis 12 Bezug genommen. Beide britischen Unternehmen unterhielten auf der Baustelle in Xxxxxxxxxx ein eigenes Büro.

Die vorbezeichnete Baustelle wurde am 22. Mai 2002 vom Hauptzollamt Koblenz geprüft. Dabei wurden mehrere britische Staatsangehörige, die dort Arbeitsleistungen erbrachten, befragt. Hinsichtlich des Inhalts der entsprechenden Befragungen wird auf Bl. 13 bis 20 d.A. und Bl. 14 bis 23 der mitverbundenen Akten 16 Sa. 2013/06 Bezug genommen. In der Zeit von April bis Juli 2002 waren auf der Baustelle in Xxxxxxxxxx mehrere britische Staatsangehörige tätig. Dabei handelte es sich um die aus der Anlage K3a zum klägerischen Schriftsatz vom 01. September 2006 (Bl. 126 d.A.) und die aus der Anlage K 3b zum Schriftsatz vom 01. September 2006 (Bl. 109 der mitverbundenen Akte 16 Sa 2013/06) ersichtlichen Personen. Ob diese Personen als Arbeitnehmer für die britischen Unternehmen oder als Selbständige tätig waren, ist zwischen den Parteien im Streit.

Mit zwei Schreiben vom 12. Juli 2002 (Bl. 186/186 d.A. und Bl. 165/166 der mitverbundenen Akte) verlangte der Kläger von beiden britischen Unternehmen die Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für die von ihnen in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 (Bl 62 der mitverbundenen Akte) teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Xxxxxxx sei bereit, eine Erklärung wie die beiliegende zu unterzeichen. In dem beiliegenden Entwurf einer Erklärung (Bl. 62a der mitverbundenen Akte) bestätigt der Verfasser, dass er in Deutschland tätig sei, keine baugewerblich tätigen Arbeitnehmer im Angestelltenverhältnis habe und mit anderen Unternehmen Gruppen in Form von Arbeitsgemeinschaften bilde, die Bauleistungsverträge erledigten Mit Schreiben vom 08. Januar 2003 an den Kläger (Bl., 40 d.A.). gab die Xxxxxxxxx eine dem vorstehend bezeichneten Entwurf entsprechende Erklärung ab.

Ausweislich von Eintragungen in Companies House, einem Organ des britischen Departments of Business, Enterprise and Regulation Reform (BERR), bei dem alle britischen Gesellschaften registriert sind, wurde die Xxxxxxx am 11. März 2003, die Xxxxxxxxx am 04. November 2003 aufgelöst ("dissolved").

Mit seinen zunächst vor dem Arbeitsgericht Xxxxxxxx erhobenen und von dort an das Arbeitsgericht Xxxxxxxxx verwiesenen Klagen vertritt der Kläger unter Berufung auf § 1 a AEntG die Ansicht, die Beklagte sei als Bürge verpflichtet, die von den beiden britischen Gesellschaften geschuldeten, bei Arbeiten auf der Baustelle Xxxxxxxxxx angefallenen Urlaubskassenbeiträge zu zahlen.

Im erstinstanzlichen Verfahren 8 Ca 1067/05 hat der Kläger vorgetragen, Arbeitnehmer der Xxxxxxxxx seien im Zeitraum von April bis Juni 2002 auf der Baustelle Xxxxxxxxxx eingesetzt gewesen. Für diese Arbeitnehmer schulde die britische Gesellschaft Urlaubskassenbeiträge, weil von dieser sowohl in Deutschland wie auch im Ausland arbeitszeitlich überwiegend die in den Bauleistungsverträgen mit der Beklagten angeführten Arbeiten durchgeführt worden seien. Für diese Beiträge hafte die Beklagte als Bürge. Der Höhe nach berechne er seinen Anspruch auf der Grundlage der für die betreffenden Arbeitnehmer von der Beklagten erstellten und im Rechtsstreit vorgelegten Anwesenheitslisten, einer täglichen Arbeitszeit von 7.8 Stunden entsprechend den bautariflichen Regelungen, der mit den Arbeitnehmern vereinbarten Stundenvergütung von € 16,00 sowie dem tariflichen Urlaubskassenbeitragsatz. Daraus ergäbe sich ein Betrag von € 5.597,16. Sämtliche von ihm namentlich bezeichneten Personen seien gewerbliche Arbeitnehmer und keine Selbständigen gewesen. Das folge bereits aus der Art der Tätigkeit. Dies gelte auch für die Herren Xxxxxx und Xxxxxxxxxxxx, für die Beiträge von € 2.122,41 angefallen seien. Diese seien weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der britischen Gesellschaft gewesen und hätten genauso gearbeitet wie die anderen Arbeitnehmer.

Im erstinstanzlichen Verfahren 8 Ca 1126/06 hat der Kläger vorgetragen, die Xxxxxxx habe die mit der Beklagten vertraglich vereinbarten Tätigkeiten sowohl in Deutschland wie auch im Ausland arbeitszeitlich überwiegend erbracht und sei daher zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für die auf der Baustelle Xxxxxxxxxx eingesetzten Arbeitnehmer verpflichtet. Für den Zeitraum April bis Juli 2002 errechne sich der geschuldete Urlaubskassenbeitrag unter Zugrindelegung der von der Beklagten selbst mitgeteilten Anwesenheitszeiten der von ihm namentlich benannten Arbeitnehmer, einer Arbeitszeit von 7,8 Stunden täglich, dem vereinbarten Stundenlohn von € 16,00 und dem tariflichen Beitragssatz. Für die Monate Februar und März berechne sie Urlaubskassenbeiträge für den Arbeitnehmer Xxxxxx. Dieser habe gegenüber dem Hauptzollamt angegeben, in diesen Monaten auf der Baustelle tätig gewesen zu sein. Daher seien für Februar ein und für März 20 Arbeitstage in Ansatz zu bringen. Damit errechneten sich Urlaubskassenbeiträge von € 10.198,83.

Der Kläger hat in dem erstinstanzlichen Verfahren 8 Ca 1062/05 beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 5.597,16 zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von € 5.280,39 seit dem 01. Oktober 2002 und aus einem Restbetrag von € 316,77 seit Rechtshängigkeit,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 3.474,75 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Oktober 2002.

In dem erstinstanzlichen Verfahren 8 Ca 1126/05 hat der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 10.198,83 zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von € 8.046,36 seit dem 01. Oktober 2002 und aus einem Restbetrag von € 2.152,48 seit Rechtshängigkeit

Die Beklagte hat jeweils beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat in beiden Verfahren vorgetragen, weder die Xxxxxxxxx noch die Xxxxxxx hätten überwiegend bauliche Leistungen erbracht. Auf der Baustelle Xxxxxxxxxx hätten nur jeweils drei Tätige Fertigteile montiert. Die übrigen hätten Spachtelarbeiten, Baureinigung, Verglasungsarbeiten und Anstricharbeiten durchgeführt. Nach dem 02. Juni 2002 seien nur noch Verglasungsarbeiten an vorgefertigten Elementen, Spachtel- und Anstricharbeiten sowie Baureinigung ausgeführt worden .Bei sämtlichen Personen, die der Kläger benannt und die vom Hauptzollamt auf der Baustelle angetroffen worden seien, habe es sich nicht um Arbeitnehmer, sondern um Selbständige gehandelt. Dies hätten diese Personen selbst auch teilweise gegenüber dem Hauptzollamt bestätigt. In jedem Fall könne der Kläger lediglich den tariflichen Mindeststundenlohn seiner Berechnung zugrunde legen. Außerdem könne er nur für die in ihren Anwesenheitslisten aufgeführten Personen, insbesondere nicht für Herrn Xxxxxx für Februar und März sowie für die Herren Xxxxxx und Xxxxxxxxxxxx Beiträge fordern. Letztere seien Geschäftsführer bzw. Gesellschafter der Xxxxxxxxx gewesen. Letztendlich seien Forderungen des Klägers verfallen, beide englischen Gesellschaften seien nicht im englischen Handelsregister gelöscht.

Das Arbeitsgericht hat beiden Klagen mit seinen Urteilen vom 05. September 2006 stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Urteile (Bl. 128 bis 141 und Bl. 111 bis 122 der mitverbundenen Akte 16 Sa 2013/06) Bezug genommen.

Gegen beide Urteile hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 29. Oktober 2007 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Sie verfolgt in beiden Verfahren ihr jeweils auf Klageabweisung gerichtetes Begehren in vollem Umfang weiter und trägt vor, die arbeitsgerichtlichen Urteile seien fehlerhaft. Sie bestreite weiterhin, dass sowohl die Xxxxxxxxx wie die Xxxxxxx Unternehmen seien, für die das AEntG gelte. Beide Unternehmen hätten jeweils lediglich einen Kran beschickt, auf dem Fertigteile angeschlagen worden seien, die dann von insgesamt drei Personen verlegt worden seien. Die übrigen Subunternehmer seien nicht mit Bauarbeiten, sondern mit den bereits erstinstanzlich bezeichneten Arbeiten befasst gewesen. Über Kenntnisse davon, welche Tätigkeiten von Xxxxxxxxx und Xxxxxxx außerhalb des Bauvorhabens Xxxxxxxxxx ausgeführt worden seien, verfüge sie nicht. Mit Nichtwissen bestreite sie, dass die vom Hauptzollamt angetroffenen Personen Arbeitnehmer gewesen seien. Auch die Inhalte der Erfassungsbögen des Hauptzollamtes rechtfertigten diese Annahme nicht. Die Höhe der eventuellen Beitragsforderung bestreite sie. Sie habe erstinstanzlich genaue Anwesenheitszeiten der in Rede stehenden Personen angegeben. Demgegenüber fehle jeglicher hinreichender Vortrag des Klägers insbesondere bezüglich der Monate Februar und März in Bezug auf die Xxxxxxx. Im übrigen seien Urlaubskassenbeitragsforderungen gegenüber beiden britischen Gesellschaften verfallen bzw. verjährt, beide Gesellschaften seien nicht im Handelsregister gelöscht bzw. aufgelöst.

Der Kläger beantragt Zurückweisung der Berufungen, verteidigt die erstinstanzlichen Urteile und wiederholt und vertieft sein Vorbringen zur Haftung der Beklagten.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 29. Oktober 2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthaften Berufungen begegnen hinsichtlich des jeweiligen Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie sind auch beide form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil 8 Ca 1061/05 keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage nämlich zu Recht stattgegeben. Die Beklagte schuldet dem Kläger Zahlung von € 5.507,16. Die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil 8 Ca 1126/05 ist nur zu einem geringen Teil erfolgreich. Verlangen kann der Kläger von der Beklagten die Zahlung von € 9.804,40, im Übrigen ist die Klage abzuweisen und die Berufung begründet.

Im Einzelnen gilt:

Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren ist die in §§ 1 a, 1 Abs. 3 Satz 2 AEntG i.V.m. §§ 8 Ziffer 15.1 BRTV/Bau, 18 VTV normierte Bürgenhaftung.

Nach § 1 a AEntG haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinn von § 211 Abs. 1 SGB III beauftragt, u.a. für die Verpflichtung dieses Unternehmers zur Zahlung von Beiträgen zu einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 1 Abs. 1 AEntG wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen §1a AEntG sind nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht zu erkennen (vgl. BVerfG 20. März 2007 NZA 2007,609), europarechtlich ist die Bestimmung nicht zu beanstanden (vgl. EuGH 12. Oktober 2004 AP Nr 9 zu Art.49 EG Wolff & Müller; BAG 12. Januar 2005 AP Nr.2 zu § 1a AEntG).

Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind im Verhältnis zwischen den Parteien gegeben.

Beide im Tatbestand bezeichneten englischen Unternehmen schulden dem Kläger die Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen.

Nach § 1 Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 1 AEntG (in der für das Jahr 2002 gültigen Fassung) werden die Rechtsnormen eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrages des Bauhauptgewerbes oder Baunebengewerbes im Sinne der §§ 1 und 2 BaubetriebeVO auch auf ein Arbeitsverhältnis erstreckt, das zwischen einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinen im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmern besteht. Die Erstreckung setzt voraus, dass der ausländische Arbeitgeber in seinem Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 SGB III erbringt. Dann hat der ausländische Arbeitgeber, ebenso wie ein inländischer Arbeitgeber, den im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmern mindestens die am Arbeitsort geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen zu gewähren, u.a. soweit die Dauer des Erholungsurlaubs, das Urlaubsentgelt oder ein zusätzliches Urlaubsgeld betroffen sind (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 AEntG).

Die tatsächlichen Voraussetzungen der Erstreckung liegen bezüglich der britischen Unternehmen vor.

Maßgebend ist, ob in dem Kalenderjahr des Anspruchszeitraums, hier 2002, im Betrieb der Subunternehmer arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt wurden, die unter § 1 Abs. 2 Abschnitt I bis V VTV fallen, wobei es auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder auf handels- und gewerberechtliche Kriterien nicht ankommt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG 23. August 1995 und 14. Januar 2004 AP Nr.193 und 263 zu § 1 TVG: ). Das ist entweder der Fall, wenn in dem gesamten Betrieb sowohl der Xxxxxxxxx wie auch der Xxxxxxx, also unter Einbeziehung der in Deutschland und im Ausland von diesen erbrachten Arbeitsleitungen, bauliche Tätigkeiten arbeitszeitlich überwogen oder wenn beide Unternehmen im streitbefangenen Zeitraum in Deutschland eine Betriebsabteilung iSd. § 211 Abs. 1 Satz 4 SGB III und eine selbständige Betriebsabteilung iSv. § 1 Abs. 2 Abschnitt VI VTV unterhielten, deren Arbeitnehmer bauliche Tätigkeiten erbracht haben (vgl. BAG 28. September 2005 NZA 2006, 379; BAG 25. Januar 2005 AP Nr.22 zu § 1 AEntG).

Danach unterhielten beide britischen Unternehmen im Kalenderjahr 2002 einen baugewerblichen Betrieb.

Mit seinem Vortrag, beide Subunternehmerinnen der Beklagten hätten 2002 auch unter Einschluss der nicht in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer arbeitszeitlich überwiegend Rohbauarbeiten erbracht, hat der Kläger einen insoweit schlüssigen Vortrag gehalten. Rohbauarbeiten sind bauliche Leistungen iSv § 211 Abs.1 SGB III und iSv § 1 Abs.2 VTV. Zu den baulichen Leistungen im Sinne dieser Bestimmungen gehören alle Arbeiten, die, wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet, dazu bestimmt sind, ein Bauwerk zu erstellen oder zu ändern (vgl. BAG 05.September 1990 AP Nr. 135 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dazu zählen sämtliche Rohbauarbeiten. Rohbauarbeiten sind alle Arbeiten, die dazu bestimmt sind, einen Rohbau zu erstellen. "Rohbau" ist nach allgemeinem Sprachgebrauch der nur aus rohen Mauern (ohne Putz und Innenausbau) bestehende Bau (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Jubiläumsausgabe 1990 S. 1074).

Diesen Vortrag hat die Beklagte nicht hinreichend bestritten.

Soweit sie darauf verweist, es seien von beiden Unternehmen in Deutschland lediglich Fertigteile montiert, Spachtelarbeiten, Anstricharbeiten, Verglasungsarbeiten und Baureinigungsarbeiten durchgeführt worden, ist dieser Vortrag unerheblich. Zutreffend ist zwar, dass § 1 AEntG die Erstreckung bautariflicher Bestimmungen über das bautarifvertragliche Urlaubskassenverfahren an die Voraussetzung knüpft, dass von dem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland in Deutschland bauliche Leistungen erbracht werden, so dass es nicht ausreicht, dass derartige Tätigkeiten im Ausland, nicht aber in Deutschland durchgeführt werden (vgl. Kammerurteil v. 23. Oktober 2006 - 16 Sa 527/06 - NZA-RR 2007, 234). Die von der Beklagten insoweit angegebenen Tätigkeiten sind jedoch allesamt bauliche Leistungen iSv § 211 Abs.1 SGB III und § 1 Abs.2 VTV, den entsprechenden Vortrag der Beklagten hat sich der Kläger auch ausdrücklich hilfsweise zu eigen gemacht.

Die Montage von Fertigteilen fällt unter § 1 Abs.2 Abschn. V Nr.13 VTV, Anstrich- und Spachtel- und Verglasungsarbeiten gehören zu den baulichen Leistungen iSd allgemeinen Bestimmung des § 1 Abs.2 Abschn. II VTV, weil sie sämtlich dazu bestimmt sind, irgendwie, wenn auch nur auf einem kleinen Gebiet, der Vollendung des Bauwerkes zu dienen (vgl BAG 05 September 1990 AP Nr.135 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Kammerurteil v. 25. Oktober 1999 - 16 Sa 184/00 - AR.Bl. ES 370.8 Nr.188). Baureinigungsarbeiten, die, wie hier, im Zusammenhang mit eigenen baulichen Tätigkeiten vom Betrieb durchgeführt werden, rechnen als notwendige Nebenarbeiten kraft Sachzusammenhangs mit zu den baulichen Leistungen. Anhaltspunkte dafür, dass von einem oder beiden britischen Unternehmen die Voraussetzungen einer der Einschränkungsklauseln des § 1 Abs.2 Abschn. VII VTV erfüllt worden wären, sind weder vorgetragen worden noch sonst wie ersichtlich.

Soweit die Beklagte darüber hinaus allgemein bestritten hat, dass beide englischen Unternehmen im Kalenderjahr 2002 insgesamt, also auch unter Einschluss der nicht in Deutschland durchgeführten Arbeiten, überwiegend bauliche Tätigkeiten durchgeführt haben, ist dieses Bestreiten unerheblich. Mit reinem Bestreiten durfte sich die Beklagte nämlich prozessual nicht begnügen.

Nach § 138 Abs.4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Insoweit ist allerdings anerkannt, dass auch Vorgänge im eigenen Geschäfts- oder Verantwortungsbereich den eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen iSv. § 138 Abs. 4 ZPO gleichzustellen sind (BGH 15. November 1989 BGHZ 109, 205; BGH 10. Oktober 1994 NJW 1995, 130;). Hier hatte die Beklagte, wie die Bauleistungsverträge belegen, die beiden englischen Unternehmen mit der Durchführung baulicher Tätigkeiten beauftragt. Das konnte sie bei lebensnaher Betrachtungsweise nur, wenn sie über Erkenntnisse dahingehend verfügte, dass diese Unternehmen sachlich und fachlich zur Durchführung derartiger Arbeiten imstande waren. Derartige Kenntnisse wiederum konnte sie nur dann erlangen, wenn sie sich über beide Unternehmen, und damit auch über deren Leistungsspektrum, informiert hatte. Bei dieser Sachlage war von der Beklagten zu erwarten, der Behauptung des Klägers, jedes der beiden Unternehmen habe insgesamt im Jahre 2002 arbeitszeitlich überwiegend Rohbauarbeiten durchgeführt, mehr entgegenzusetzen als schlichtes Bestreiten mit Nichtwissen. Zumindest musste sie offen legen, was ihr über das Tätigkeitsgebiet beider Unternehmen bekannt war. Das gilt umso mehr, als die Beklagte selbst Kenntnis von den Erklärungen bzw. beabsichtigten Erklärungen der beiden Subunternehmen (Bl. 40 d.A. und Bl. 62 der mitverbundenen Akte) hatte, in denen beide Unternehmen bestätigten bzw. bestätigen wollten, dass sie Bauleistungsaufträge erledigten.

Beide britischen Unternehmen waren auch Arbeitgeber der Personen, die auf der Baustelle der Beklagten eingesetzt waren und die der Kläger im einzelnen namentlich benannt hat.

Arbeitgeber i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG ist, entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch, der Vertragspartner von Arbeitnehmern, der Gläubiger der Arbeitsleistung und Schuldner der Dienstleistung ist.

Danach waren sowohl Xxxxxxxxx wie Xxxxxxx Arbeitgeber der namentlich nicht im Streit stehenden Personen, die auf der Baustelle der Beklagten im Klagezeitraum eingesetzt waren. Denn diese waren Arbeitnehmer der britischen Unternehmen.

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BAG 25. Mai 2005 AP Nr.117 zu § 611 BGB Abhängigkeit) ist AN derjenige Mitarbeiter, der aufgrund privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Arbeitsverhältnis ist ein auf den Austausch von Arbeitsleistungen und Vergütung gerichtetes Dauerschuldverhältnis. Die vertraglich geschuldete Leistung ist im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Selbständig ist dagegen, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, Es sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgebend

Diese Begriffsbestimmung ist im vorliegenden Fall maßgeblich. Daran ändert der Umstand, dass die vertraglichen Beziehungen zwischen den beiden britischen Unternehmen und den hier in Rede stehenden Personen britischem Recht unterstanden, nichts. § 1 AEntG spricht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Damit sind die entsprechenden Begriffe nach deutschem Rechtsverständnis gemeint. Zudem enthält § 1 AEntG international zwingendes Recht ISv Art. 34 EGBGB. Europarechtlich ist das schon deshalb unbedenklich, weil durch § 1 AEntG die Entsenderichtlinie 96/71/EG v. 16. Dezember 1996 (ABl.EG Nr.L1 8 v.21. Januar 1997 S.1ff) umgesetzt wird und der Begriff des Arbeitnehmers nach Art.2 Abs.2 der Richtlinie nach Maßgabe des Rechts desjenigen Mitgliedstaates verwendet wird, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer entsandt wird. Das wird in der Praxis insbesondere bei Entsendungen auch Großbritannien aktuell, weil dort sog. Einmanngesellschaften als Selbständige gelten während derartige Personen in Deutschland dem Arbeitnehmerbegriff unterfallen können (vgl. Preis/Temming, Die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse im Kontext des Gemeinschaftsrechts 2006 S.60).

Rechtsgeschäftliche, auf die Erbringung von Arbeitsleistungen gerichtete Abreden bestanden zwischen den namentlich vom Kläger benannten Personen und den beiden beiden britischen Gesellschaften. Das folgt aus dem Sachvortrag des Klägers in Verbindung mit dem unstreitigen Sachverhalt.

Ausweislich der Bauleistungsverträge hatten die beiden britischen Unternehmen sich gegenüber der Beklagten zur Durchführung bestimmtet Arbeiten verpflichtet und auf der Baustelle der Beklagten mit einem Büro auch eine Anlaufstelle für den Arbeitseinsatz eingerichtet. Vertragliche Abreden zwischen den britischen Mitarbeitern selbst und der Beklagten existierten demgegenüber unstreitig nicht. Die von den britischen Unternehmen geschuldeten Leistungen mussten unter Zuhilfenahme menschlicher Arbeitskraft erbracht werden und wurden auch, wie zwischen den Parteien nicht im Streit steht, durch die vom Kläger namentlich bezeichneten Personen erbracht. Entsprechend mussten vertragliche Abreden zwischen den britischen Mitarbeitern und den beiden britischen Unternehmen hinsichtlich der Durchführung der Arbeiten existieren

Durch diese vertraglichen Abreden wurden Arbeitsverhältnisse begründet.

Bereits die Art der von den britischen Arbeitskräften durchgeführten Tätigkeiten spricht entscheidend dafür, dass der Erbringung dieser Leistungen ein als Arbeitsverhältnis zu qualifizierendes Rechtsverhältnis zugrunde gelegen hat.

Typischerweise werden die vom Kläger behaupteten, aber auch die von der Beklagten geschilderten Arbeitsleistungen, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht. Als Gegenstand freier Dienstverhältnisse sind die von den fraglichen Personen durchgeführten und durchzuführenden Arbeiten demgegenüber unter Beachtung der Verkehrsanschauung in der Regel undenkbar. Bei Erbringung von baulichen Leistungen bestehen nämlich von vornherein nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf Zeit, Ort und Art der Arbeitsleistung. Schon wenige organisatorische Weisungen können den Beschäftigten in der Ausübung der Arbeit nämlich so festlegen, dass von einer im Wesentlichen freien Gestaltung der Tätigkeit nicht mehr die Rede sein kann (vgl. Kammerurteil v. 20. März 2000 - 16 Sa 591/99 - LAGE § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr.41) Das bedingt eine organisatorische Einbindung.

So war es auch hier bezüglich der britischen Mitarbeiter.

Im Hinblick auf den Arbeitsort waren diese notwendigerweise von Weisungen ihres Vertragspartners abhängig, weil sie dort zu arbeiten hatten, wo dieser sie, entsprechend den von ihm hereingeholten Aufträge, einsetzte. Ebenso wenig kann von zeitlicher Souveränität gesprochen werden. Bereits die Art der Tätigkeiten belegt dies. Sämtliche von den britischen Arbeitskräften durchgeführten baulichen Leistungen sind nämlich nach der Praxis des Arbeitslebens im Hinblick darauf, dass es in der Regel um die Fertigstellung innerhalb eines Gesamtprojektes geht, zeitlich und nach der Art der Durchführung mit anderen Bauarbeiten so verzahnt, dass es einer Koordination der verschiedenen Arbeiten bedarf, die für zeitliche Selbständigkeit keinen Raum lässt. Von einer Selbstbestimmung im Hinblick auf die Arbeitszeit kann daher in der Regel nicht die Rede sein

Bei dieser Sachlage wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ableiten ließe, warum die Rechtsverhältnisse zwischen den britischen Unternehmen und den britischen Arbeitskräften gleichwohl nicht als Arbeitsverhältnisse zu qualifizieren sein sollen. Solche Tatsachen hat sie nicht vorgebracht.

Die gegenüber dem Kläger abgegebenen Erklärung von Xxxxxxx und die von Xxxxxxxxx beabsichtigte, inhaltlich gleichlautende Erklärung besagen nichts Entscheidendes. Denn dort werden in Bezug auf vertragliche Vereinbarungen mit Dritten lediglich rechtliche Bewertungen abgegeben. Der Hinweis auf den Zusammenschluss zu einer Arbeitsgemeinschaft, also einer Personengesellschaft in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), ist inhaltsleer. Der Zusammenschluss zum Erreichen eines gemeinsamen Zwecks ist konstituierendes Erfordernis zur Annahme eines Vertrages zur Gründung einer GbR, weil sich hierdurch die GbR u. a. von den Austauschverträgen, wie Dienst- und Arbeitsverträgen, bei denen es um die Erbringung wechselseitiger Leistungen geht und bei denen jeder Vertragspartner seine eigenen Zwecke verfolgt, unterscheidet. Nichts spricht dafür, dass sich die britischen Mitarbeiter mit den britischen Gesellschaften in dieser Weise rechtlich verbunden hätten. Vielmehr wurden von den britischen Arbeitskräften schlicht bestimmte Arbeitsleistungen gegen Entgelt erbracht. Das ist Kennzeichen eines Austauschvertrages.

Der Hinweis der Beklagten darauf, dass einige der in Rede stehenden Personen sich bei ihrer Befragung durch das Hauptzollamt als "Selbständige" bezeichnet haben, ist ebenso unergiebig. Nicht die Selbsteinschätzung eines Mitarbeiters, sondern die wahre Rechtslage ist für die Einordnung eines Rechtsverhältnisses maßgeblich.

Danach waren die beiden britischen Subunternehmer der Beklagten verpflichtet, am Urlaubskassenverfahren teilzunehmen und an den Kläger für die beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer Urlaubskassenbeiträge nach § 18 VTV zu zahlen. Anhaltspunkte dafür, dass die auf das Rechtsverhältnis des entsenden Arbeitgebers zu seinen Arbeitnehmern anzuwendenden urlaubsrechtlichen Regelungen des Heimatlandes für die entsandten Arbeitnehmer günstiger sind als die durch § 1 AEntG erstreckten tariflichen Normen sind weder vorgetragen worden noch sonst wie ersichtlich. Eine vergleichbare Einrichtung wie den Kläger gibt es in Großbritannien nicht, so dass § 8 15.2 BRTV/Bau nicht zum Zuge kommt.

Für die Beitragsschulden der beiden britischen Unternehmen hat die Beklagte nach § 1 a AEntG einzustehen.

Eine Geltendmachung von Ansprüchen des Klägers gegen die Beklagte aufgrund der Bürgenhaftung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die (Haupt-)Schuld der britischen Unternehmen erloschen wäre. Denn das ist nicht der Fall.

Ansprüche gegen die Hauptschuldnerin sind nicht verfallen. Nach § 25 VTV verfallen Ansprüche des Klägers gegen einen Arbeitgeber, wenn sie nicht innerhalb von 4 Jahren seit Fälligkeit geltend gemacht worden sind. Für den Beginn der Frist gilt § 199 BGB entsprechend. Fällig waren die Beitragsansprüche des Klägers gegenüber den britischen Subunternehmern der Beklagten am jeweiligen 15. des Folgemonats (§ 22 Abs. 2 VTV). Diese Verfallfrist hat der Kläger eingehalten. Denn er hat seine Beitragsforderung, u.a. für den Klagezeitraum, gegenüber beiden Subunternehmen jeweils mit Schreiben vom 12. Juli 2003 und damit fristgerecht geltend gemacht.

Die Forderungen des Klägers sind auch nicht verjährt.

Richtig ist, dass die Beklagte als Bürge nach § 768 BGB die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden, und damit auch die Verjährungseinrede bezüglich der Hauptforderung geltend machen kann. Richtig ist auch, dass die Verjährungsfrist für die Beitragsforderung des Klägers gegenüber beiden britischen Unternehmen nach § 25 Abs.4 VTV vier Jahre beträgt und dieser Zeitraum am 31. Dezember 2006 abgelaufen ist. Gleichwohl führt dies nicht dazu, dass der Kläger keine durchsetzbaren Bürgschaftsansprüche gegen die Beklagte mehr hat. Die Hauptschulden sind nämlich wegen Wegfalls der beiden Hauptschuldnerinnen vor Ablauf der Verjährungsfristen erloschen, so dass eine Rechtsverfolgung vor Ablauf der Verjährungsfrist nur, wie erfolgt, gegenüber der Beklagten als Bürge in Betracht kam.

Insoweit gilt:

Dass beide Hauptschuldnerinnen inzwischen aufgelöst worden sind, steht fest. Der Kläger hat entsprechende Kopien aus den Veröffentlichungen von Companies House zu den Akten gereicht. Dort sind alle britischen Gesellschaften registriert. Bei dieser Sachlage wäre es Sache der Beklagten gewesen, wenn sie die Auflösung beider Hauptschuldner erfolgreich in Frage stellen wollte, konkret vorzutragen, wieso die entsprechenden Eintragungen nicht den Tatsachen entsprechen sollen. Solchen Vortrag hat die Beklagte unterlassen. Im Gegenteil hat sie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie ihrerseits nichts getan habe, um sich nach dem Verbleib der Hauptschuldner zu erkundigen.

Mit der Auflösung vor Ablauf der Verjährungsfrist sind die Hauptschuldner als Rechtspersonen untergegangen. Denn deren Vermögen ist mit allen Rechten an die englische Krone gefallen ist (section 652 companies act 2006 part 31 chapter 2 1012 (1) = s.654 (1) companies act 1985). Damit genügten zur Unterbrechung der Verjährung wegen der Verselbständigung der Bürgschaft Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung gegenüber der Beklagten als Bürge (vgl. BGH 28. Januar 2003 NJW 2003, 1250). Diese hat der Kläger durch seine Anfang 2005 gegen die Beklagte erhobenen Klagen ergriffen (§ 204 Abs.1 Nr.1 BGB).

Der Höhe nach kann der Kläger von der Beklagten bezüglich der Hauptschuldnerin Xxxxxxxxx € 5.597,16 verlangen.

Der Kläger hat seiner letzten Forderungsberechnung die von der Beklagten selbst angegebenen Anwesenheitszeiten der namentlich bezeichneten Arbeitnehmer zugrunde gelegt und damit den insoweit von der Beklagten zunächst erhobenen Einwänden Rechnung getragen. Unter Zugrundelegung der von der Beklagten nicht in Abrede gestellten Arbeitsstunden von 7,8 pro Arbeitstag und der seitens des Klägers unbestritten vereinbarten Vergütung von € 16,00 pro Stunde errechnet sich unter Zugrundelegung des tariflichen Urlaubskassenbeitrages dieser Betrag.

Die Einwände der Beklagten sind nicht geeignet, die Klageforderung auch nur teilweise der Höhe nach zu Fall zu bringen.

Soweit die Beklagte meint, die Herren Xxxxxx und Xxxxxxxxxxxx seien als Geschäftsführer bzw. Gesellschafter der Subunternehmerin keine Arbeitnehmer gewesen, ist ihr Vortrag unerheblich. Als Vortrag einer Organstellung dieser beiden Personen reicht der Vortrag nicht hin, weil Organ einer Limited nicht irgendwelche Geschäftsführer sind, sondern diese durch Direktoren vertreten wird. Allein eine mögliche Gesellschafterstellung beider Personen schließt die Qualfizierung ihres Rechtsverhältnisses zu Xxxxxxxxx als Arbeitsverhältnis nicht aus. Auch ein Arbeitnehmer kann, wie das Beispiel des Belegschaftsaktionärs zeigt, ohne weiters an einer juristischen Person beteiligt sein. Der Umstand, dass beide Personen, die unstreitig jedenfalls die von der Beklagten angeführten Arbeiten durchführten, Xxxxxxxxx beim Abschluss des Bauleistungsvertrages vertreten haben, ist unergiebig. Rechtsgeschäftlich können auch Arbeitnehmer bevollmächtigt werden.

Soweit die Beklagte weiter meint, sie hafte als Bürge nur für eine am tariflichen Mindestlohn orientierte Beitragsforderung gegenüber den Hauptschuldnern, findet diese Ansicht im Gesetz keine Stütze. Nach § 1a AEntG haftet der Bürge für die Zahlung von Beiträgen an den Kläger. Die Beitragsverpflichtung wiederum bemisst sich nicht nach dem tariflichen Mindestlohn, sondern nach dem dem Arbeitnehmer zu zahlenden Bruttolohn (§ 18 Abs.1, 4 VTV). Bruttolohn ist das jeweils geschuldete Arbeitsentgelt vor Vornahme der darauf entfallenen, nach den Bestimmungen des Steuerrechts und des Sozialversicherungsrechts durchzuführenden Abzüge (vgl. BAG 20. Oktober 1982, AP Nr. 45 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Geschuldet wird vom Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung, nur wenn diese unterhalb des tariflichen Mindestlohns liegt, dieser.

Bezüglich der Hauptschuldnerin Xxxxxxx kann der Kläger € 9.804,40 fordern.

Auch insoweit hat der Kläger die von der Beklagten vorgelegten Arbeitsnachweislisten berücksichtigt. Nicht verlangen kann er lediglich, wie gefordert, Urlaubsklassenbeiträge für den Arbeitnehmer Xxxxxx für die Monate Februar und März 2003, so dass die Klage hinsichtlich des auf diesen Arbeitnehmer für diesen Zeitraum entfallenen Teilbetrages (€ 394,43) nicht begründet ist.

Dessen Tätigkeit in dieser Zeit hat die Beklagte bestritten. Das konnte sie (vgl. BAG 02. August 2006 AP Nr.3 zu § 1a AEntG). Den ihm danach obliegenden Beweis dafür, dass dieser Arbeitnehmer in diesem Zeitraum für Xxxxxxx auf der Baustelle der Beklagten tätig war, hat der Kläger nicht geführt.

Durch den diesen Arbeitnehmer betreffenden Erfassungsbogen des Hauptzollamtes ist der erforderlich Beweis nicht hinreichend geführt. Die Angaben im Erfassungsbogen sind insoweit bereits nicht eindeutig genug. Als Arbeitgeber angeführt ist die Beklagte, die Korrektur auf in "Xxxxxxx" wurde nachträglich vorgenommen, ohne dass klar wäre, aus welchem Grunde diese Abänderung erfolgt ist. Zudem findet sich in den Bemerkungen des Prüfers als Firma vor der Beklagten die "Fa. Xxxx Xxxxxx Ltd." Damit schließt der Inhalt des Erfassungsbogens nicht die Annahme aus, dass der Arbeitnehmer Xxxxxx zwar seit Februar 2002 auf der betreffenden Baustelle tätig war, aber für ein anderes Unternehmen als die Hauptschuldnerin Xxxxxxx. Jedenfalls konnte die Berufungskammer aus dem Erfassungsbogen allein nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Arbeitnehmer Xxxxxx auch im Februar und März 2002 auf der Baustelle der Beklagten für die Hauptschuldnerin tätig war. Hinsichtlich eines Unternehmens "Xxxx Xxxxxx Ltd" wird die Beklagte nicht in Anspruch genommen.

Bezüglich der übrigen von der Beklagten erhobenen Einwände gilt das zur Hauptschuldnerin Xxxxxxxxx ausgeführte entsprechend: Dies Einwände greifen nicht durch.

Die jeweiligen Zinsforderungen resultieren aus § 288, 284, 291 ZPO. Einwände hat die Beklagte insoweit auch nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO. Insoweit war Bedacht darauf zu nehmen, dass sich wegen des teilweisen Obsiegens der Beklagten mit ihrem Klageabweisungsbegehren unter Berücksichtigung der erstinstanzlich erfolgten Klagerücknahmen des Klägers, für die dieser kostenpflichtig ist, und unter Berücksichtigung von § 281 Abs.2 S.3 ZPO, eine abweichende Kostenverteilung bezüglich des Verfahrens 8 Ca 1126/05 hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten ergibt.. Die Kosten der Berufungsverfahren hat dagegen insgesamt die Beklagte zu tragen. Das gilt einmal, soweit sie mit ihrem Rechtsmittel, nämlich bezüglich des erstinstanzlichen Verfahrens 8 Ca 1061/05, vollständig erfolglos geblieben ist, aber auch hinsichtlich des Verfahrens 8 Ca 1126/05, weil ihr Obsiegen verhältnismäßig geringfügig ist und keine weiteren Kosten veranlasst hat (§§ 97 Abs.1, 92 Abs.2 Nr1 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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