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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 01.12.2003
Aktenzeichen: 16 Sa 461/03
Rechtsgebiete: AEntG


Vorschriften:

AEntG § 1
Türkische Arbeitgeber, die türkische Arbeitnehmer zur Erbringung von Bauleistungen in die Bundesrepublik Deutschland entsenden, sind verpflichtet, nach § 1 Abs. 3 AEntG Urlaubskassenbeiträge für diese Arbeitnehmer an die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft zu zahlen. Diese Verpflichtung verstößt weder gegen das Assoziationsabkommen EG-Türkei v. 12.09.1963 noch gegen Art. 41 des Zusatzprotokolls v. 23.11.1970.
Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes ! Urteil

Aktenzeichen: 16 Sa 461/03

Verkündet laut Protokoll am 01. Dezember 2003

In dem Berufungsverfahren

hat das Hessische Landesarbeitsgericht Kammer 16 in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 01. Dezember 2003

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Maltesen als Vorsitzenden den ehrenamtlichen Richter Dr. Hoßfeld und die ehrenamtliche Richterin Tonn als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 5. Februar 2003 - 7 Ca 2176/00 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte dem Kläger für die Monate Januar bis November 2000 die Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen bezüglich ihrer in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer schuldet.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Nach § 8 Ziff. 15.1 des für allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV/Bau) haben die baugewerblichen Arbeitgeber, die dazu erforderlichen Mittel durch Beiträge aufzubringen. Auf diese Beiträge hat der Beklagte einen unmittelbaren Anspruch. Die Höhe der Beiträge, der Beitragseinzug sowie die Leistungen des Beklagten sind in einem ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Verfahrenstarifvertrag (VTV) geregelt.

Die Beklagte ist eine Gesellschaft türkischen Rechts mit Sitz in (Türkei). Mit Hilfe türkischer Arbeitnehmer wurden von ihr im Kalenderjahr 2000 in der Bundesrepublik Deutschland laufend auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin Maurerarbeiten durchgeführt. Die türkischen Arbeitnehmer waren zum deutschen Arbeitsmarkt zugelassen. In der Türkei unterhält die Beklagte einen Betrieb, von dem Staudämme, Häfen, Hafendämme, Tunnel, Brücken, Produktionsbetriebe und Straßen errichtet werden.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte schulde hinsichtlich ihrer im Klagezeitraum in der Bundesrepublik Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer die in den Bautarifverträgen normierten Urlaubskassenbeiträge. Deren Höhe ergebe sich aus den von der Beklagten selbst gemeldeten Beiträgen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 43.786,98 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, das Werkvertragsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei schließe als speziellere Regelung die Anwendbarkeit der tariflichen Vorschriften des Baugewerbes auf sie und ihre nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer aus. Darüber hinaus sei es rechtlich nicht möglich, durch deutsches Gesetz festzulegen, dass für ihr Unternehmen deutsche Tarifverträge Anwendung finden. Letztlich fehle es bezüglich der von ihr eingesetzten Arbeitnehmer auch an der von den Bautarifverträgen vorausgesetzten Fluktuation.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit seinem am 05. Februar 2003 verkündeten Urteil stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 125 bis 139 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 01. Dezember 2003 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Sie verfolgt ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren Unter Wiederholung und Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Auffassung weiter.

Der Kläger beantragt Zurückweisung der Berufung, verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt sein erstinstanzliches vorbringen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereiteten Schriftsätze, sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 01. Dezember 2003 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von € 43.786,98 verurteilt.

Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren des Klägers ist § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG i.V.m. § 8 Ziff. 15.1 BRTV/Bau und § 18 VTV (in der ab 01.01.2000 geltenden Fassung).

Nach § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG ist ein Arbeitgeber im Sinne des Abs. 1 S. 1 verpflichtet, einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien die ihr nach S. 1 zustehenden Beiträge - das sind im Zusammenhang mit der Gewährung von tariflichen Urlaubsansprüchen durch allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge einer gemeinsamen Einrichtung zustehende Beiträge - zu leisten. Diese Regelung ist geltendes Recht und trifft die Beklagte.

§ 1 Abs. 3 S. 1 AEntG regelt nichts anderes als eine Erstreckung von tariflichen Normen, die aufgrund Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) - und damit kraft Tarifrechts - für inländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten, auf einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seine im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer. Diese Erstreckung erfolgt nicht etwa durch den entsprechenden Tarifvertrag, sondern unmittelbar durch das Gesetz selbst.

Die durch das Gesetz mit international zwingender Wirkung erfolgte Erstreckung für allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge des Baugewerbes auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre in die Bundesrepublik Deutschland entsandten Arbeitnehmer wird im vorliegenden Fall auch nicht durch § 285 Abs. 2 SGB III iVm § 3 der Anwerbestoppausnahmeverordnung vom 17. 09. 1998 (BGBl I S. 2893) verdrängt. Der Regelungsgehalt dieser Bestimmung und der des § 1 AEntG sind nicht vergleichbar (vgl. BAG 25.06.2002 - 9 AZR 405/00 - AP Nr.12 zu § 1 AEntG; BAG 25.06.2002 - 322/01 - NZA 2003,519; BAG 25.06.2002 - 9 AZR 439/01 - AP A/r.75 zu § 1 AEntG; BAG 25.06.2002 - 9 AZR 406/00 DB 2003,2287; BAG 9 AZR 106/01; 9 AZR 264/01; 9 AZR 440/01).

Die gesetzliche Regelung des § 1 AEntG verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht.

Unerheblich ist im vorliegenden Fall, ob § 1 Abs. 1 und 3 AEntG gegen Bestimmungen des EG-Vertrages verstoßen. Bei der Beklagten handelt es sich um ein türkisches Unternehmer, die Türkei ist nicht Mitglied der EG, so dass die europarechtliche Bestimmungen der Art. 49, 50 EG, die die Dienstleistungsfreiheit regeln, für die Beklagte nicht gelten. Selbst wenn die in § 1 Abs. 3 AEntG geregelt Beitragspflicht ausländischer Unternehmen zum Urlaubskassenverfahren mit europarechtlichen Bestimmungen unvereinbar sein sollte (dafür: Kammerurteile vom 24.03.2003 - 16 Sa 497/00 u. 874/02), führt dies nämlich nicht zur Nichtigkeit der gesetzlichen Regelungen, sondern lediglich dazu, dass diese Bestimmungen vom Gemeinschaftsrecht verdrängt werden und damit, soweit das Gemeinschaftsrecht gilt, nicht mehr angewendet werden dürfen. Der EG Vertrag gilt jedoch nicht im Verhältnis zur Türkei.

Nicht anders ist es mit der EG Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG vom 16.12.1996). Denn auch diese findet nur für Unternehmen mit einem Sitz in einem Mitgliedsstaat Anwendung.

Die Beklagte kann auch aus dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12.09.1963 (BGBl II 1964, 510ff) und dem Zusatzprotokoll vom 23.11.1970 (BGBl II 7972, 385ff.) nichts zu ihren Gunsten herleiten.

Richtig ist allerdings, dass Art.41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls, wonach die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einführen, unmittelbare Wirkungen in den Mitgliedsstaaten hat (vgl. EuGH 05.10.2000 EAS EG Vertrag Art. 238 Nr. 26). Richtig ist ferner, dass Dienstleistungen im Sinne dieser Bestimmung auch Bauleistungen sind, die von einem Unternehmen in der Türkei durch eigene entsandte Arbeitnehmer in einem Mitgliedsstaat der EG erbracht werden. Gleichwohl liegt in der durch § 1 Abs. 3 AEntG normierten Erstreckung des tariflichen Urlaubskassenverfahrens kein Verstoß gegen Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls.

Auch insoweit bedarf es im vorliegenden Fall keiner Beurteilung, ob, wie die Berufungskammer angenommen hat (vgl. Kammerurteile vom 24.03.2003 aaO.), § 1 AEntG gegen die Dienstleistungsfreiheit des Art.49 EG verstößt. Denn hierauf kommt es streitentscheidend nicht an. Durch Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls wird nämlich türkischen Unternehmen nicht dieselbe Rechtsstellung eingeräumt wie Unternehmen in einem EG-Mitgliedsstaat. Vielmehr beinhaltet diese Bestimmung eine Stillhalteklausel, die es den Mitgliedsstaaten verbietet, neue Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls im jeweiligen Mitgliedsstaat einzuführen (vgl. EuGH 10.05.2000 aaO.). Insoweit ist zu prüfen, ob die für die Klägerin aufgrund des § 1 AEntG nunmehr geltenden Regelungen, nämlich die Verpflichtung zur Teilnahme am baugewerblichen Sozialkassenverfahren, ungünstiger ist als diejenige, die am 19.05.1972, dem Tag des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BGBl II 1972, 385) galt.

Dies ist nicht der Fall.

Voraussetzung für die Erbringung von Bauleistungen durch ein türkisches Unternehmen in Deutschland durch aus der Türkei entsandte Arbeitnehmer war und ist die Erteilung einer Arbeitserlaubnis für die entsandten Arbeitnehmer. Die Vorschriften über die Assoziation EWG-Türkei lassen aber die Befugnis der Mitgliedsstaaten unberührt, Vorschriften über die Voraussetzungen für die erste Beschäftigung türkischer Staatsangehöriger zu erlassen. Geregelt ist lediglich die Stellung türkischer Arbeitnehmer, die bereits ordnungsgemäß in den Arbeitsmarkt des Mitgliedsstaates eingegliedert sind (vgl. EuGH 23.01.1997 EAS EG-Vertrag Art.238 Nr. 10). Um letztere geht es bei der in der Regel vorläufigen Entsendung nicht (vgl. EuGH 25.10.2001 AP Nr. 8 zu § 1 AEntG (Finalarte)). Dass im vorliegenden Fall anderes gelten würde, ist nicht vorgetragen worden.

Die nationalgesetzlichen Regelungen über die Voraussetzungen für die erstmalige Beschäftigung türkischer, in die Bundesrepublik Deutschland zur Erbringung von Bauleistungen durch ein türkisches Unternehmen entsandter Arbeitnehmer waren im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls in Deutschland nicht günstiger als die nunmehr geltenden Regelungen.

Nach den im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls geltenden Bestimmungen des § 19 AFG und des § 1 AEVO (vom 02.03.1971, BGBl I 1971, 152) war bei Erteilung einer Arbeitserlaubnis für zur Erbringung von Bauleistungen nach Deutschland entsandter Arbeitnehmer die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bauwirtschaft sowie die Arbeitsmarktsituation deutscher Bauarbeitnehmer mit zu berücksichtigen. Denn nach § 1 AEVO konnte die Arbeitserlaubnis nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes erteilt werden. Mithin war es möglich, die Erbringung von Bauleistungen durch ein türkisches Bauunternehmen mittels entsandter Arbeitnehmer dann durch Verweigerung der erforderlichen Arbeitserlaubnisse zu verhindern, wenn dies im Hinblick auf die Lage vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer oder die Wettbewerbssituation der deutschen Bauwirtschaft erforderlich erschien. Geschah dies, war die Erbringung von Bauleistungen durch derartige Arbeitnehmer unmöglich.

Durch § 1 AEntG ist insoweit keine Verschlechterung eingetreten.

Nunmehr setzt § 285 Abs. 1 S.1 Nr.3 SGB III für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis voraus, dass die ausländischen Arbeitnehmer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutschen Arbeitnehmer beschäftigt werden. Damit wird dem betroffenen Arbeitnehmer zwar keine eigene Rechtsposition auf gleiche Vergütung eingeräumt (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.) Dies geschieht jedoch durch § 1 AEntG, für das Urlaubskassenverfahren durch Statuierung eines eigenen Rechts des Beklagten auf Beitragseinzug (§ 1 Abs. 3 AEntG). Erklärtes Ziel des AEntG ist es nämlich, bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen lohnbedingte Wettbewerbsvorteile ausländischer Konkurrenten in den lohnintensiven Bereichen von Bau- und Montageleistungen durch eine Angleichung wesentlicher materieller Arbeitsbedingungen dadurch zu beseitigen dass bestimmten Regelungen des deutschen Rechts zwingender Charakter beigelegt wird. Zweck der Regelung ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bauwirtschaft zu stärken, den Abbau der Arbeitslosigkeit im Baugewerbe zu erreichen und zudem die Tarifautonomie deutscher Sozialpartner zu schützen (vgl. RegE BR-Drucksache 523/95, S. 6f; Wiedemann, TVG, 6. Aufl. 1999, § 1, Rz. 74). Damit ist, im Bereich der Erbringung von Bauleistungen durch ausländische Unternehmen durch aus dem Ausland entsandte Arbeitnehmer, nunmehr eine, die Belange des deutschen Bauarbeitsmarktes berücksichtigende gesetzliche Regelung vorhanden. Diese jetzt geltenden Regelungen, einschließlich des § 1 AEntG, sind, in Bezug auf die Erbringung von Dienstleistungen durch Ausführung von Bauarbeiten durch entsandte türkische Arbeitnehmer nach Deutschland, für die Beklagte und ihre Arbeitnehmer nicht ungünstiger als diejenigen, die 1972 für sie gegolten haben. Denn die Erbringung von Bauleistungen durch entsandte Arbeitnehmer ist in der Gesamtsicht von keinen strengeren Bedingungen abhängig gemacht worden, als sie 1972 gegolten haben. Die Erbringung von Bauleistungen durch entsandte Arbeitnehmer konnte in der Vergangenheit durch Versagung erforderlicher Arbeitserlaubnisse im Hinblick auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Bauunternehmen und Gesichtspunkte des deutschen Arbeitsmarktes eingeschränkt werden. Durch die Vorschriften des AEntG wird heute, lediglich rechtstechnisch anders, nämlich durch entsprechende international zwingende gesetzliche Verpflichtungen des türkischen Arbeitgebers, sichergestellt, dass den Belangen der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Bauunternehmen und denen des deutschen Arbeitsmarktes Rechnung getragen ist. Das ist keine neue, gegenüber dem früheren Rechtszustand im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls weiterreichende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit iSv Art. 41 Abs. 1 des Zusatzabkommens.

Die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 1 und 3 AEntG verstößt auch nicht gegen deutsches Verfassungsrecht.

Die Tariferstreckung durch Gesetz verstößt nicht gegen Art. 3 GG. Soweit die Ansicht vertreten wird, es handele sich um einen Sonderschutz im wesentlichen nur für eine Branche (Baugewerbe), für den ein Sachgrund fehle (vgl. MünchArbR/Löwisch/Rieble, 2. Aufl. 2000 Band 3 § 268 Rz 115), überzeugt das nicht durch die gesetzliche Erstreckung bestimmter für allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge des Baugewerbes auch auf ausländische Arbeitgeber und die von ihnen nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer wird zwar ein bestimmter Gewerbezweig besonders gegen Lohnunterbietung durch ausländische Konkurrenz geschützt. Eine ausreichende sachliche Rechtfertigung für diesen »Sonderschutz« liegt jedoch bereits deshalb vor, weil das Baugewerbe, anders als andere Produktionszweige, dadurch gekennzeichnet ist, dass die Dienstleistungen von ausländischen Anbietern notwendigerweise auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden müssen. Damit sind - anders als in anderen Branchen - Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsmarkt nicht nur durch das Angebot billigerer, weil mit niedrigeren Löhnen im Ausland hergestellter Produkte mittelbar, sondern unmittelbar - nämlich durch eine Konkurrenzsituation »vor Ort« - betroffen. Zudem wird die Tarifautonomie deutscher Tarifvertragsparteien unmittelbar tangiert. Wenn sich bei dieser Sachlage der Gesetzgeber entschloss, im Baugewerbe tarifliche Normen, die kraft AVE ohnehin für alle inländischen Betriebe gelten, auf ausländische Arbeitgeber und ihre nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer zu erstrecken, ist sie, im Lichte von Art. 3 GG gesehen, nicht zu beanstanden, weil durch Sachgründe gerechtfertigt (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.).

Die Tariferstreckung durch Gesetz verstößt auch nicht gegen Art. 9 Abs. 3 GG, weil hierdurch weder die positive noch die negative Koalitionsfreiheit ausländischer Arbeitnehmer und Arbeitgeber unzulässig beeinträchtigt wird (vgl. BAG 25.06.2003 aaO.)

Das individuelle Recht des einzelnen, einer Koalition fernzubleiben (negative Koalitionsfreiheit), das von Art.9 Abs. 3 GG mitumfasst ist, wird nicht beeinträchtigt. Insoweit gilt nichts anderes als hinsichtlich der AVE von Tarifverträgen nach § 5 TVG. Durch diese wird die negative Koalitionsfreiheit nicht verletzt (vgl. BVerfG 15.07.1980 AP Nr. 17 zu § 5 TVG).

Auch die Tarifautonomie, also die Freiheit, Tarifverträge abzuschließen, wird nicht verletzt.

Es ist bereits zweifelhaft, ob Art. 9 Abs. 3 GG auch die Freiheit ausländischer Koalitionen schützt, nach ausländischen Rechtsordnungen Tarifverträge abzuschließen, die sich auf die Regelung von Arbeitsbedingungen beziehen, die in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden. Selbst wenn man dies bejaht, liegt ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 3 GG nämlich nicht deshalb vor, weil solche ausländischen Tarifverträge durch § 1 Abs. 1 und 3 AEntG bezüglich der Erbringung von Arbeitsleistungen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verdrängt werden. § 1 AEntG verfolgt, wie bereits ausgeführt, gerade auch den Zweck des Abbaus der Arbeitslosigkeit im Baugewerbe. Die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit hat, wie die Sozialstaatsklausel des Art. 20 Abs. 1 GG belegt, Verfassungsrang. Denn diese Bestimmung gebietet staatliche Fürsorge für Einzelne und Gruppen, die aufgrund persönlicher Lebensumstände und gesellschaftlicher Benachteiligungen in ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung gehindert sind (vgl. BVerfG 22.04.1999 DB 2000, 331). Dieses Ziel zu erreichen, ist § 1 AEntG geeignet. Ob die Einschätzung des Gesetzgebers zutrifft, dass die angestrebten Ziele durch die gesetzliche Regelung erreicht werden können, bedarf keiner Beurteilung. Denn der Gesetzgeber hat insoweit eine Einschätzungsprärogative (vgl. BVerfG 27.04.1999 aaO.).

Der gesetzlichen Regelung lässt sich auch nicht entgegenhalten, ein inländischer baugewerblicher Arbeitgeber könne sich durch Abschluss eines Firmen- (Haus-) Tarifvertrages von der Bindung an die in § 1 Abs. 1 und 3 AEntG für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge des Baugewerbes befreien, so dass das Ziel gleichmäßiger (tarifvertraglicher) Mindestregelungen wegen des Vorrangs des Haustarifvertrages nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz für das Baugewerbe ohnehin nicht zu erreichen sei. Jedenfalls hinsichtlich der im vorliegenden Fall allein interessierenden, für allgemeinverbindlich erklärten urlaubsrechtlichen Regelungen unter Einschaltung einer gemeinsamen Einrichtung trifft das nämlich nicht zu. Denn die nach § 1 Abs. 3 S. 1 AEntG für einen ausländischen Arbeitgeber geltende Beitragspflicht trifft nach § 1 Abs. 3 S. 3 AEntG kraft Gesetzes auch einen unter den Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber mit Sitz im Inland, unabhängig davon, ob der Tarifvertrag kraft Tarifbindung oder AVE bzw. Rechtsverordnung für ihn gilt. Diese gesetzliche Verpflichtung kann durch Abschluss eines Firmentarifvertrages nicht ausgeschlossen werden. Vielmehr ist es sowohl Arbeitgebern des Baugewerbes mit Sitz im Ausland, die Bauarbeiter nach Deutschland entsenden, wie auch vergleichbaren deutschen Arbeitgebern nicht möglich, die Erstreckung von Tarifverträgen durch das AEntG dadurch auszuschließen, dass sie speziellere Tarifverträge abschließen (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.). Aus dem gleichen Grunde kann die Rspr des BAG (vgl. zuletzt. BAG 04.12.2002 AP Nr. 28 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz) nicht aufrechterhalten werden kann, wonach allein die Mitgliedschaft eines von den für allgemeinverbindlich erklärten Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes erfassten Arbeitgebers in einem Verband, der einen konkurrierenden Tarifvertrag abgeschlossen hat, diesen von der Beitragspflicht an die Sozialkassen des Baugewerbes befreit, soweit der konkurrierende Tarifvertrag spezieller ist (vgl. Kammerurteil v. 14.07.2003 - 16 Sa 530/02).

Die gesetzlichen Regelungen sind auch, bezogen auf das gewünschte Ziel, erforderlich. Denn nur durch zwingende, und zwar international zwingende Geltung der in § 1 AEntG genannten tarifvertraglichen Vorschriften kann die erstrebte Wirkung, nämlich die Einheitlichkeit der Arbeitsbedingungen im Bezug auf ein Mindestniveau, erreicht werden.

Der Anwendung der tariflichen Urlaubskassenregelungen steht auch nicht die deutsch-türkische Vereinbarung über die Beschäftigung türkischer Arbeitnehmer auf der Grundlage von Werkverträgen vom 12.12.1991 (BGB11992 II S. 54) und v. 06.01.1998 (BGBl II 1998 S. 94) entgegen. Denn dieses Werkvertragsabkommen ist nur ein Verwaltungsabkommen iSv Art. 59 Abs. 2 S. 2 GG, das die innerstaatliche Gesetzgebung nicht einschränken und daher § 1 AEntG nicht vorgehen kann (vgl. BAG 25.06.2002 aaO). Deshalb spielt es auch keine Rolle, ob mit der Türkei keine Regelung getroffen worden ist, nach der diese sich verpflichtet, sich hinsichtlich der Entsendung deutschem Recht zu unterwerfen.

Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG sind in Bezug auf das Verhältnis zwischen den Parteien im vorliegenden Fall gegeben.

Die Beklagte ist Arbeitgeber i. S. von § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG, der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien, dem i. S. von § 1 Abs. 3 S. 1 AEntG im Zusammenhang mit der Gewährung von tariflichen Urlaubsansprüchen nach § 1 Abs. 1 die Einziehung von Beiträgen durch allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge übertragen ist. Bedenken gegen die Wirksamkeit der AVE bestehen nicht.

Die Beklagte unterhielt im Kalenderjahr 2000 auch einen Betrieb, von dem überwiegend Bauleistungen i. S. des § 211 Abs. 1 SGB III erbracht worden sind. Insoweit gilt für § 211 Abs. 1 SGB III nichts anderes als für die Frage der Unterworfenheit unter den Geltungsbereich der Bautarifverträge (vgl. BSG 09.12.1997, AP Nr. 205 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Es kommt darauf an, ob die überwiegende Arbeitszeit der Arbeitnehmer, und zwar im jeweiligen betroffenen Kalenderjahr (vgl. BAG 22.04.1987 u. 12.12.1988 AP 82 u. 106 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau), auf bauliche Tätigkeiten entfällt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BAG 24.08.1994 AP Nr. 181 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Das ist in Bezug auf die Beklagte der Fall.

Auf die Frage, ob wegen § 1 Abs. 4 AEntG nur auf die nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer abzustellen ist oder ob auf die Arbeitszeit im Gesamtbetrieb, also einschließlich der betrieblichen Tätigkeiten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, abgehoben werden muss oder ob, selbst bei einem arbeitszeitlichen Überwiegen nicht baulicher Tätigkeiten im Gesamtbetrieb, die Zuordnung der nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer zu einer baugewerblichen Betriebsabteilung ausreicht (vgl. Kammerurteil v. 14.07.2003 - 16 Sa 512/00), bedarf es im vorliegenden Fall keiner Antwort. Auch wenn man die gesamtbetriebliche Tätigkeit der Beklagten als entscheidend ansieht, überwogen im Klagezeitraum arbeitszeitlich bauliche Leistungen, weil solche auch unter Berücksichtigung der außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgeführten Arbeiten im Kalenderjahr 2000 überwiegend erbracht wurden.

Nach § 211 S. 2 SGB III sind Bauleistungen alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Dazu gehören auch die von der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland ausgeführten Maurerarbeiten (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 21 BaubetriebeVO). Nichts anderes gilt bezüglich der von der Beklagten in der Türkei ausgeführten, im Tatbestand wiedergegebenen Arbeit. Diese waren sämtlich dazu bestimmt, Bauwerke herzustellen.

Weil die Beklagte danach einen Betrieb iSv § 211 Abs. 1 SGB unterhielt, ist sie dem Beklagten gegenüber zu Leistungen nach den tariflichen Vorschriften über das Urlaubsverfahren verpflichtet.

Dem Beklagten ist durch Rechtsnormen des BRTV/Bau, nämlich § 8 BRTV/Bau, im Zusammenhang mit der Gewährung von Urlaubsansprüchen die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen übertragen. Die in der Bundesrepublik Deutschland von der Beklagten im Kalenderjahr 2000 durchgeführten Tätigkeiten unterfallen dem Geltungsbereich dieses Tarifvertrages. Maurerarbeiten sind in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 23 BRTV/Bau ausdrücklich genannt. Ob die Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland einen Betrieb iSd § 1 Abs. 2 BRTV/Bau unterhielt, ist gleichgültig, weil die nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit nach § 1 Abs. 4 AEntG als Betrieb anzusehen sind.

Nach § 8 Ziff. 15.1 BRTV/Bau hat der Kläger insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der Urlaubsvergütung zu sichern, nach § 8 Ziff. 15.1 S. 2 haben die Arbeitgeber die dazu erforderlichen Mittel durch Beiträge aufzubringen, auf diese hat der Beklagte einen unmittelbaren Anspruch (§ 8 Ziff. 15.1 S. 3). Das bedeutet nichts anderes, als dass der Beklagte aufgrund der tarifvertragliehen Bestimmungen gegenüber den tarifunterworfenen Arbeitgebern Gläubiger der Beitragsansprüche und der betroffene Arbeitgeber Schuldner derselben ist (vgl. BAG 11.01.1990, AP Nr. 11 zu § 4 TVG Gemeinsame Einrichtungen).

Die in § 8 BRTV/Bau enthaltenen Regelungen verstoßen nicht gegen Gesetzesrecht.

Dadurch, dass sich die Regelung des § 8 BRTV/Bau nur auf Arbeiter, nicht aber auf Angestellte erstreckt, wird nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.; Kammerurteil v. 13.01.2003 - 16 Sa 142/02).

Es liegt auch kein Verstoß gegen zwingende Bestimmungen des deutschen Urlaubsrechts vor. Zwar weichen die tarifvertraglichen Regelungen von den sonst unabdingbaren Vorschriften des BUrlG ab. Das ist jedoch wegen § 13 Abs. 2 BUrlG gerechtfertigt. Nach dieser Bestimmung kann für das Baugewerbe und sonstige Wirtschaftszweige, in denen als Folge häufigen Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfange üblich sind, durch Tarifvertrag von den vorstehenden Vorschriften des Gesetzes abgewichen werden, soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Bei § 8 BRTV/Bau handelt es sich um eine Urlaubsregelung für das Baugewerbe, für das der Gesetzgeber nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung davon ausgeht, dass Arbeitnehmer häufig den Arbeitsplatz wechseln. Anhaltspunkte dafür, wieso die vom Gesetz abweichende tarifvertragliche Urlaubsregelung nicht »erforderlich« sein sollte, um einen zusammenhängenden Jahresurlaub zu gewährleisten, sind nicht erkennbar. Maßgeblich ist allein, ob die Regelungen inhaltlich sicherstellen, dass im Falle kurzer Arbeitsverhältnisse zusammenhängende Urlaubsansprüche gewährt werden könne. Das ist beim Urlaubskassenverfahren der Fall (vgl. BAG 25.06.2002 - 9 AZR 405/00 AP Nr. 12 zu § 1 AEntG).

Demgegenüber spielt es keine Rolle, ob die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 BUrlG auch für von einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland in die Bundesrepublik Deutschland entsandte Arbeitnehmer zutreffen. Durch Tarifvertragsrecht werden derartige Arbeitnehmer nämlich nicht von § 8 BRTV/Bau erfasst, weil dieser Tarifvertrag nach seinem Geltungsbereich nur für Arbeitsverhältnisse gilt, die zu einem Arbeitgeber mit Betrieb in der Bundesrepublik Deutschland bestehen. Demgegenüber gelten die tarifvertraglichen Regelungen für ausländische "Entsender" (Arbeitgeber mit Sitz im Ausland) und entsandte Arbeitnehmer aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung, nämlich wegen § 1 Abs. 1 und 3 AEntG. Damit ist für derartige Arbeitsverhältnisse das Gesetz selbst, nämlich § 1 Abs. 1 und 3 AEntG Grundlage für eine von den sonst unabdingbaren Bestimmungen des BUrlG abweichende Regelung. Als zeitlich jüngere und speziellere Norm geht § 1 Abs. 1 und 3 AEntG in seinem Anwendungsbereich den sonst unabdingbaren Bestimmungen des BUrlG vor.

Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, die ausländerrechtlichen Regelungen ließen einen Arbeitsplatzwechsel türkischer Arbeitnehmer rechtlich und faktisch nicht zu, so dass der Zweck der Urlaubskassenregelung, nämlich einen zusammenhängenden Jahresurlaub zu sichern, gegenüber diesen Arbeitnehmern leer liefe und ein Unternehmen wie das der Beklagten lediglich durch die Verpflichtung zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen belastet werde. Der Zweck des tariflichen Urlaubsverfahrens wird verkürzt wiedergegeben, wenn nur auf die Sicherung des Urlaubsanspruchs abgestellt wir. Durch das Urlaubskassenverfahren sollen die Lasten der Freizeitgewährung und Bezahlung gleichmäßig auf die Schultern aller Arbeitgeber einer Branche verteilt und so der »Urlaubslohn« kollektiv abgesichert werden (vgl. BAG 08.10.1981 AP Nr.2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler). Zur »Baubranche« gehören auch ausländische Arbeitgeber und ihre nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer, soweit bauliche Leistungen von letzteren erbracht werden.

Der Höhe nach kann der Kläger als Beitragszahlung für den Klagezeitraum nach § 18 VTV € 43.786,98 verlangen.

Die Regelungen des VTV gelten für die Beklagte ebenfalls, weil der betriebliche Geltungsbereich dieses Tarifvertrages mit dem des BRTV/Bau identisch ist und § 1 Abs. 4 AEntG Anwendung findet.

Die Forderungshöhe ergibt sich nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers aus den eigenen von der Beklagten dem Kläger gegenüber gemachten Angaben.

Die Zahlungsverpflichtung der Beklagten entfällt auch nicht wegen einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Urlaubsvergütung bzw. Urlaubsabgeltung an ihre Arbeitnehmer nach türkischem Recht oder eine Erfüllung einer solchen Verpflichtung.

Soweit es um Urlaubsvergütung geht, ist die Beklagte nach den Bestimmungen des BRTV/Bau zur Zahlung einer Urlaubsvergütung nach diesen Bestimmungen verpflichtet und hat einen entsprechenden Erstattungsanspruch gegen den Kläger (§ 13 VTV). Mit der Zahlung der Urlaubsvergütung nach türkischem Recht erfüllt die Beklagte in Höhe der geleisteten Zahlung gleichzeitig ihre entsprechende Pflicht nach dem BRTV/Bau. Denn der Arbeitnehmer kann materiellrechtlich für gewährten Urlaub Urlaubsvergütung nur einmal fordern, deutsche und polnische Regelungen sind lediglich, sich bei unterschiedlicher Höhe ggf. ergänzende, unterschiedliche Anspruchsgrundlagen. Das ergibt sich aus einer sachgerechten Auslegung der tariflichen Urlaubsbestimmungen. Diese normieren nicht mehr und nicht weniger als einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub in bestimmter Länge mit bestimmter Zahlungspflicht des Arbeitgebers. Damit ist die Gefahr einer Doppelzahlungsverpflichtung ausgeschlossen.

Soweit die Beklagte an ihre Arbeitnehmer Urlaubsabgeltung nach türkischem Recht zu zahlen und derartige Zahlungen geleistet hat, wird sie ebenfalls nicht unzumutbar wirtschaftlich belastet. Zwar bleibt sie zur Beitragszahlung an den Beklagten verpflichtet und erhält von diesem für gezahlte Urlaubsabgeltung keine Erstattung. Sie hat jedoch, soweit sie Urlaubsabgeltungsansprüche von Arbeitnehmern nach polnischem Recht befriedigt hat, einen Ausgleichsanspruch gegen den Beklagten in Höhe der gezahlten Urlaubsabgeltung. Denn in dieser Höhe hat sie den Kläger von seiner tarifvertraglichen Verpflichtung zur Zahlung der Urlaubsabgeltung an die türkischen Arbeitnehmer befreit. Urlaubsabgeltung kann vom Arbeitnehmer nämlich nur einmal und zwar in Höhe des sich aus deutschem oder türkischem Recht ergebenden Maximalbetrages verlangt werden (ähnlich BAG 25.06.2002 aaO.).

Substantiierten Vortrag über nach türkischem Recht geleistete Zahlungen hat die Beklagte hier jedoch nicht gehalten. Damit erübrigen sich Ausführungen darüber, ob sie solche Zahlungen dem Beitragsverlangen des Klägers entgegenhalten kann.

Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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