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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 14.07.2003
Aktenzeichen: 16 Sa 512/00
Rechtsgebiete: AEntG, SGB III, BRTV/Bau, VTV


Vorschriften:

AEntG § 1
SGB III § 211 Abs. 1
BRTV/Bau § 8 Ziff. 15
VTV § 59
1. Ein polnisches Unternehmen, das Arbeitnehmer zur Erbringung baulicher Leistungen in die Bundesrepublik Deutschland entsendet, ist zur Erbringung der nach den für allgemeinverbindlich erklärten Bautarifverträgen vorgesehenen Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen auch dann verpflichtet, wenn zwar im Gesamtbetrieb, also unter Einrechnung der in Polen erbrachten betrieblichen Tätigkeiten, nichtbauliche Leistungen arbeitszeitlich überwiegend durchgeführt werden, gleichzeitig aber eine baugewerbliche Betriebsabteilung unterhalten wird, der die nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer zuzuordnen sind (im Anschluss an BAG 26.06.2002 - 9 AZR 322/01).

2. § 1 Abs. 1 und 3 AEntG und die dadurch vorgenommene Erstreckung tariflicher Normen auf ausländische Arbeitgeber aus Nicht-EG-Ländern verstößt weder gegen höherrangiges Recht noch gegen zwingende Vorschriften des deutschen Urlaubsrechts.


Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes ! Urteil

Aktenzeichen: 16 Sa 512/00

Verkündet laut Protokoll am 14. Juli 2003

In dem Berufungsverfahren

hat das Hessische Landesarbeitsgericht Kammer 16 in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hattesen als Vorsitzenden die ehrenamtliche Richterin Strack und den ehrenamtlichen Richter Artzen als Beisitzer

beschlossen:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden v. 26.01.2000 - 3 Ca 1304/99 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage des Beklagten wird die Klägerin verurteilt,

1. dem Beklagten Auskunft auf dem hierfür vorgesehenen Formular hinsichtlich jedes einzelnen gewerblichen Arbeitnehmers, den sie im Kalenderjahr 1999 in die Bundesrepublik entsandt hat, über

1.1 Name, Vorname, Geburtsdatum und Heimatadresse

1.2 Bankverbindung im Inland oder Ausland, soweit insoweit vorhanden,

1.3 Art der Tätigkeit während der Beschäftigung in Deutschland,

1.4 Beginn und Dauer der Beschäftigung in Deutschland;

2. dem Beklagten Auskunft auf dem hierfür vorgesehenen Formular über Name, Vorname, Geburtsdatum, Beschäftigungszeit und Höhe des Bruttolohns in Deutscher Mark jedes einzelnen von der Klägerin nach Deutschland entsandten gewerblichen Arbeitnehmers für die jeweiligen Monate Januar 1999 bis Dezember 1999 sowie die Höhe des für die einzelnen vorgenannten Monate jeweils fällig gewordenen Urlaubskassenbeitrags zu erteilen;

3. für den Fall, dass sie ihre Auskunftspflicht gem. Ziff. 1 innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt, eine Entschädigung in Höhe von € 511,29 (i.W.: Fünfhundertelf 29/100 Euro) zu zahlen;

4. für den Fall, dass sie ihre Auskunftspflicht gem. Ziff. 2 innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt, eine Entschädigung in Höhe von € 58,957,07 (i.W.: Achtundfünfzigtausendneunhundertsiebenundfünfzig 07/100 Euro) zu zahlen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin gegenüber dem Beklagten verpflichtet ist, bezüglich ihrer in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer Auskünfte zu erteilen und Beiträge zu leisten.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft polnischen Rechts mit Sitz in (Polen). Mit Hilfe polnischer Arbeitnehmer führt sie seit 1999 in der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin Rohbauarbeiten aus. Die polnischen Arbeitnehmer sind zum deutschen Arbeitsmarkt zugelassen. In Reutlingen unterhält die Klägerin eine Zweigstelle, die für die Abwicklung der von Polen aus geschlossenen Werkverträge zuständig ist. In welchem Ausmaß die Klägerin auch in Polen bauliche Tätigkeiten erbringt, ist zwischen den Parteien im Streit.

Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Nach § 8 Ziff. 15.1 des für allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV/Bau) vom 03.02.1981 bzw. ab 01.09.2002 vom 04.07.2002, in den ab 1999 geltenden Fassungen, haben die baugewerblichen Arbeitgeber, die dazu erforderlichen Mittel durch Beiträge aufzubringen. Auf diese Beiträge hat der Beklagte einen unmittelbaren Anspruch. Die Höhe der Beiträge, der Beitragseinzug sowie die Leistungen des Beklagten sind in einem ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Verfahrenstarifvertrag, für 1999 vom 12.11.1986 i.d.F. vom 28.01.1999, 09.04.1999 und 26.05.1999, ab 01.01.2000 vom 20.12.1999, 01.12.2000, 15.05.2001, 14.12.2001, 22.02.2002 und 04.07.2002 geregelt.

Nachdem der Beklagte von der Klägerin für die Zeit ab 01.01.1999 die Erteilung von Auskünften und die Zahlung von Beiträgen für die in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer verlangt, die Klägerin dies zurückgewiesen und der Beklagte auf seiner Forderung bestanden hatte, begehrt die Klägerin, mit ihrer Klage die Feststellung, dass sie zu Auskünften und Beitragszahlungen an den Beklagten nicht verpflichtet sei.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie müsse den in den tarifvertraglichen Vorschriften des Baugewerbes genannten Verpflichtungen zur Auskunftserteilung und zur Beitragszahlung nicht nachkommen, da die entsprechenden Vorschriften für sie keine Wirkung entfalten könnten.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, am Urlaubskassenverfahren des Beklagten für außerhalb Deutschlands ansässige Arbeitgeber und ihre in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmern gem. den §§ 55 bis 71 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12.11.1986 (Verfahrenstarifvertrag) i.d.F. vom 28.01.1999 sowie § 8 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV/Bau) vom 03.02.1981 i.d.F. vom 13.11.1998 teilzunehmen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, der Klägerin sei zur Teilnahme am Sozialkassenverfahren, mithin auch zur Auskunftserteilung und Beitragszahlung nach den entsprechenden Bestimmungen verpflichtet.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 26.01.2000 stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 188 bis 209 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 14.07.2003 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er wiederholt und vertieft seine Ansicht, wonach die Klägerin zur Auskunftserteilung und Beitragszahlung verpflichtet sei, verweist darauf, dass die von der Klägerin im Klageantrag genannten Tarifverträge zwischenzeitlich teilweise modifiziert worden seien und macht im Wege der Widerklage Auskunftsansprüche, für den Fall der Nichterfüllung binnen bestimmter Frist Entschädigungsansprüche, für den Zeitraum Januar bis Dezember 1999 geltend. In den betreffenden Monaten habe die Klägerin, wie sich aus Meldungen der Klägerin an ihn bzw. die Landesarbeitsämter ergebe, Arbeitnehmer beschäftigt, jedoch weder die ihm zustehenden Auskünfte erteilt noch Zahlungen geleistet. Der für den Fall der Nichterfüllung der Auskunftspflicht insofern verlangte Entschädigungsbetrag entspreche 80% der mutmaßlichen Beiträge. Die Klägerin befasse sich, auch unter Einschluss der Tätigkeiten außerhalb Deutschlands überwiegend mit baulichen Leistungen. Soweit Arbeitnehmer in Polen Korrosionsschutzarbeiten durchführten, seien dies, genauso wie die Verlegung chemisch-synthetischer Bodenbeläge bauliche Tätigkeiten. Die Arbeitszeit der von der Klägerin beschäftigten technischen und kaufmännischen Angestellten sei entsprechend der Verteilung der Arbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmer auf bauliche und nichtbauliche Tätigkeiten zu verteilen.

Der Beklagte beantragt,

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

2. sowie auf die Widerklage die Klägerin zu verurteilen,

2.1 dem Beklagten Auskunft auf dem hierfür vorgesehenen Formular hinsichtlich jedes einzelnen gewerblichen Arbeitnehmers, den sie im Kalenderjahr 1999 in die Bundesrepublik entsandt hat, über

2.1.1 Name, Vorname, Geburtsdatum und Heimatadresse,

2.1.2 Bankverbindung im Inland oder Ausland, soweit insoweit vorhanden,

2.1.3 Art der Tätigkeit während der Beschäftigung in Deutschland,

2.1.4 Beginn und Dauer der Beschäftigung in Deutschland;

2.2 dem Beklagten Auskunft auf dem hierfür vorgesehenen Formular über Name, Vorname, Geburtsdatum, Beschäftigungszeit und Höhe des Bruttolohns in Deutsche Mark jedes einzelnen von der Klägerin nach Deutschland entsandten gewerblichen Arbeitnehmers für die jeweiligen Monate Januar bis Dezember 1999 sowie die Höhe des für die einzelnen vorgenannten Monate jeweils fällig gewordenen Urlaubskassenbeitrags zu erteilen;

2.3 für den Fall, dass sie ihre Auskunftspflichten gem. Ziff. 2.1 innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt, eine in das Ermessen des Gerichts gestellte angemessene Entschädigung in Geld, mindestens jedoch DM 1.000,00;

2.4 und für den Fall, dass sie ihre Auskunftspflichten gem. Ziff. 2.2 innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt, eine Entschädigung in Höhe von DM 115.310,00 zu zahlen.

Die Klägerin erklärt - nach Klarstellung des Klageantrags dahingehend, dass festgestellt werden soll, dass die Klägerin gegenüber dem Beklagten seit dem 01.01.1999 keine Auskunfts- und Beitragsverpflichtungen bzgl. der von ihr in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer, die im Rahmen von Werkverträgen auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt werden -, den Klageantrag in der Hauptsache für erledigt und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, wiederholt und vertieft ihre Ansicht, wonach für sie keine Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften und zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen bestehe, rügt die Zulässigkeit der Widerklage und trägt vor, in ihrem Gesamtbetrieb, d. h. unter Einschluss der Tätigkeiten in Polen seien seit 1999 bauliche Tätigkeiten niemals arbeitszeitlich überwiegend durchgeführt worden. Das folge aus den in den Jahren 1999 bis 2001 erbrachten Einzelstunden und ihrer Aufteilung. Insoweit wird auf den Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 10.07.2003 (Bl.404 bis 407) und die beigefügten Aufstellungen (Bl. 408 bis 414 d.A.) die Klage habe sich in der Hauptsache erledigt, nachdem von Beklagtenseite Auskunfts- und Beitragsklagen erhoben worden seien.

Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung ausdrücklich nicht angeschlossen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereiteten Schriftsätze, sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 14. 07. 2003 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 516, 518, 519 ZPO a.F.) und damit insgesamt zulässig. Die vorstehend bezeichneten Bestimmungen der ZPO in der bis zum 31,12.2001 maßgeblichen Fassung (ZPO a.F.) sind im vorliegenden Fall anzuwenden, weil die mündliche Verhandlung, auf die das erstinstanzliche Urteil ergangen ist, vor dem 01. Januar 2002 geschlossen wurde (§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. Art. 3 Nr. 3 Ziff. 5 ZPO-RG vom 27.07.2001, BGBl. I 2001, S. 1887).

In der Sache hat die Berufung Erfolg. Die Klage ist nicht in der Hauptsache erledigt, die Widerklage ist zulässig und begründet.

In der einseitigen Erledigungserklärung eines Klägers liegt eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Änderung des ursprünglichen Klageantrags auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache (vgl. OLG Düsseldorf 18.06.1997,NJW-RR 1997,1586; Putzo in Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. 2003 § 91 a Rz 32). Der Einlegung einer Anschlussberufung bedurfte es insoweit nicht, weil eine solche nur erforderlich ist, wenn der Berufungsbeklagte die im ersten Rechtszug gestellten Anträge erweitern oder neue Ansprüche geltend machen will (vgl. BGH 24.11.1977 MDR 1978,398). Das ist bei einseitiger Erledigung der Hauptsache nicht der Fall, weil die einseitige Erledigungserklärung nicht die Rechtshängigkeit des für erledigt erklärten Anspruchs beendet, sondern dieser verfahrensmäßig die Hauptsache bleibt (vgl. Kammerurteil v. 14.02.2002 - 16 Sa 992/99; Bergerfurth NJW 1992, 1655, 1658).

Nach der einseitig gebliebenen Erklärung der Klägerin über die Erledigung der Klage ist Streitgegenstand insoweit nunmehr die Frage, ob die Hauptsache tatsächlich erledigt ist. Das bedeutet, dass auf einseitige Erledigungserklärung die Erledigung der Hauptsache nur ausgesprochen werden kann, wenn die Hauptsache tatsächlich erledigt ist. Das ist sie nur dann, wenn nach Rechtshängigkeit der Klage ein Ereignis eingetreten ist, dass einer bislang zulässigen und begründeten Klage die Zulässigkeit oder Begründetheit genommen hat (vgl. BAG 05.09.1995 AP Nr. 67 zu § 74 HGB; BAG 01.08.1995 AP Nr. 13 zu § 74a HGB; BAG 22.01.1975 AP Nr. 23 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). So ist es hier nicht. Die Feststellungsklage der Klägerin war zwar zulässig, aber niemals begründet.

Die Feststellungsklage war zulässig.

Der von der Klägerin ursprünglich verfolgte Feststellungsantrag genügte den Anforderungen des § 253 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, weil er hinreichend bestimmte Angaben des Gegenstandes und des Grundes enthält.

Bei einer lediglich am Wortlaut des erstinstanzlichen Antrages orientierten Auslegung bestehen zwar insoweit Bedenken, weil der von der Klägerin verwendete Begriff der "Teilnahme am Urlaubskassenverfahren des Beklagten" zu unbestimmt ist. Bei sachgerechtem Verständnis des Klageantrags konnte freilich bereits erstinstanzlich nicht unklar sein, was die Klägerin festgestellt haben möchte.

Bei der Auslegung von Prozesserklärungen ist ebenso wenig wie bei materiell-rechtlichen Willenserklärungen an dem buchstäblichen Wortlaut der Erklärung zu haften. Maßgebend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er auch aus den Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen kann. Für die Auslegung des Klageantrages ist daher auch die Klagebegründung heranzuziehen. Im Übrigen müssen Klageanträge im Zweifel so ausgelegt werden, wie es dem Inhalt des mit der Klage verfolgten materiellen Anspruchs entspricht (vgl. BGH 01.12.1997, MDR 1998, 556). Die danach gebotene Auslegung ergibt, dass die Klägerin die Feststellung begehrte, dass sie nicht verpflichtet ist, dem Beklagten bezüglich der von ihr auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen von Werkverträgen eingesetzten ausländischen Arbeitnehmer Auskünfte und Beiträge nach dem BRTV/Bau und dem VTV in den 1999 gültigen Fassungen zu leisten. Eben so hatte sie ihren Klageantrag auch zweitinstanzlich formuliert. Dabei handelt es sich um die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, für das das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben ist (vgl. BAG 25.06.2002 AP Nr. 12 zu § 1 AEntG).

Dass die Klägerin ihren Feststellungsantrag zweitinstanzlich auf die gesamte Zeit ab 01.01.1999 erstreckt hatte, begegnet ebenfalls keinen prozessualen Bedenken. Insoweit bedurfte es keiner Anschlussberufung. Bei sachgerechtem Verständnis des ursprünglichen erstinstanzlichen Klageantrags sollte sich die von ihr begehrte Feststellung nämlich nicht nur auf das Kalenderjahr 1999, sondern auch auf die folgenden Jahre erstrecken. Das zeigt hinreichend deutlich der Umstand, dass die Klägerin generell und nicht nur bezüglich der für dieses Jahr geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen Verpflichtungen zur Erteilung von Auskünften und zur Zahlung von Beiträgen gegenüber dem Beklagten in Abrede gestellt hat. Das zwingt zu dem Schluss, dass erstinstanzlich bei der Formulierung des Klageantrages lediglich übersehen wurde, dass bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht andere als die im Antrag genannten Tarifverträge nunmehr gelten. Aus diesem Grunde ist es unschädlich, dass die Klägerin ihren letzten Klagenantrag lediglich zu Protokoll erklärt hat und damit die Formvorschriften für eine Anschlussberufung (§ 522a Abs. 1 und 2 ZPO a.F.) nicht beachtet wurden.

Die Klage war niemals begründet. Denn die Klägerin war seit 1999 und ist auch jetzt gegenüber dem Beklagten zu Auskunftserteilungen und Beitragszahlungen bezüglich der von ihr in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer, die im Rahmen vom Werkverträgen auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt wurden und werden, verpflichtet. Das folgt aus § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG i.V.m. § 8 Ziff. 15.1 BRTV/Bau und den einschlägigen Bestimmungen des VTV.

Nach § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG ist ein Arbeitgeber im Sinne des Abs. 1 S. 1 verpflichtet, einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien die ihr nach S. 1 zustehenden Beiträge - das sind im Zusammenhang mit der Gewährung von tariflichen Urlaubsansprüchen durch allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge einer gemeinsamen Einrichtung zustehende Beiträge - zu leisten. Diese Regelung ist geltendes Recht und trifft die Beklagte.

§ 1 Abs. 3 S. 1 AEntG regelt nichts anderes als eine Erstreckung von tariflichen Normen, die aufgrund Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) - und damit kraft Tarifrechts - für inländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten, auf einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seine im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer. Diese Erstreckung erfolgt nicht etwa durch den entsprechenden Tarifvertrag, sondern unmittelbar durch das Gesetz selbst.

Für die damit gesetzlich normierte Erstreckung bestimmter tarifvertraglicher Vorschriften auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer spielt es auch keine Rolle, ob für die Arbeitsverhältnisse deutsches oder ausländisches Recht gilt. Deshalb ist es unerheblich, dass für die Arbeitsverhältnisse zwischen der Beklagten und ihren nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern nicht deutsches, sondern polnisches Recht gilt. Denn deutsche Vorschriften sind, unabhängig vom Arbeitsvertragsstatut, stets dann auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden, wenn es sich um Bestimmungen des deutschen Rechts handelt, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln (Art. 34 EGBGB). Um eine solche international zwingende Bestimmung handelt es sich bei § 1 Abs. 1 und 3 AEntG (vgl. BAG 25.06.2002 - 9 AZR 405/00 - AP Nr. 12 zu § 1 AEntG; BAG 25.06.2002 - 322/01 - NZA 2003, 519; BAG 25.06.2002 - 9 AZR 439/01 -AP Nr. 15 zu § 1 AEntG; BAG 25.06.2002 - 9 AZR 9 AZR 406/00; 9 AZR 106/01; 9 AZR 264/01; 9 AZR 440/01).

Die durch das Gesetz mit international zwingender Wirkung erfolgte Erstreckung für allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge des Baugewerbes auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre in die Bundesrepublik Deutschland entsandten Arbeitnehmer wird im vorliegenden Fall auch nicht durch § 285 Abs. 2 SGB III iVm § 3 der Anwerbestoppausnahmeverord-nung vom 17.09.1998 (BGBl. I S. 2893) verdrängt. Der Regelungsgehalt dieser Bestimmung und der des § 1 AEntG sind nicht vergleichbar (vgl. BAG 25.06. 2002 aaO).

Die gesetzliche Regelung des § 1 AEntG verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht.

Unerheblich ist im vorliegenden Fall, ob § 1 Abs. 1 und 3 AEntG gegen Bestimmungen des EG-Vertrages verstoßen. Bei der Beklagten handelt es sich um ein polnisches Unternehmer, Polen ist nicht Mitglied der EG, so dass die europarechtliche Bestimmungen der Art. 49, 50 EG, die die Dienstleistungsfreiheit regeln, für die Beklagte nicht gelten. Selbst wenn die in § 1 Abs. 3 AEntG geregelt Beitragspflicht ausländischer Unternehmen zum Urlaubskassenverfahren mit europarechtlichen Bestimmungen unvereinbar sein sollten (dafür Kammerurteile v. 24.03.2003 - 16 Sa 497/00 u. 874/02), führt dies nämlich nicht zur Nichtigkeit der gesetzlichen Regelungen, sondern lediglich dazu, dass diese Bestimmungen vom Gemeinschaftsrecht verdrängt werden und damit, soweit das Gemeinschaftsrecht gilt, nicht mehr angewendet werden dürfen. Der EG Vertrag gilt jedoch nicht im Verhältnis zu Polen.

Nichts anderes gilt für die EG Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG vom 16.12.1996). Denn auch diese findet nur für Unternehmen mit einem Sitz in einem Mitgliedsstaat Anwendung.

Die in § 1 Abs. 3 S. 1 AEntG statuierte gesetzlich zwingende Wirkung bestimmter für allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge auch für ausländische Arbeitgeber und ihre im räumlichen Geltungsbereich des entsprechenden Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer verstößt auch nicht gegen Bestimmungen des Europaabkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits vom 16.12.1991 (Abl. EG 1993 L 348/1 ff). Bestimmungen in Beitragsabkommen gewähren nur dann unmittelbare Rechte, wenn ihre Durchführung nicht vom Erlass weiterer Akte abhängt (vgl. EuGH 29.01.2002 NZA 2002, 377) Umsetzungsakte hinsichtlich der im Assoziationsabkommen enthaltenen Regelungen über den Dienstleistungsverkehr (Art. 55) und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 42) sind bislang nicht getroffenen worden. Auch aus anderen Bestimmungen des Assoziationsabkommens lässt sich ein Verstoß des AEntG gegen dieses Abkommen nicht herleiten (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.).

Die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 1 und 3 AEntG verstößt auch nicht gegen deutsches Verfassungsrecht.

Die Tariferstreckung durch Gesetz verstößt nicht gegen Art. 3 GG. Soweit die Ansicht vertreten wird, es handele sich um einen Sonderschutz im wesentlichen nur für eine Branche (Baugewerbe), für den ein Sachgrund fehle (vgl. MünchArbR/Löwisch/Rieble, 2. Aufl. 2000 Band 3 § 268 Rz 115), überzeugt das nicht durch die gesetzliche Erstreckung bestimmter für allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge des Baugewerbes auch auf ausländische Arbeitgeber und die von ihnen nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer wird zwar ein bestimmter Gewerbezweig besonders gegen Lohnunterbietung durch ausländische Konkurrenz geschützt. Eine ausreichende sachliche Rechtfertigung für diesen "Sonderschutz" liegt jedoch bereits deshalb vor, weil das Baugewerbe, anders als andere Produktionszweige, dadurch gekennzeichnet ist, dass die Dienstleistungen von ausländischen Anbietern notwendigerweise auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden müssen. Damit sind - anders als in anderen Branchen - Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsmarkt nicht nur durch das Angebot billigerer, weil mit niedrigeren Löhnen im Ausland hergestellter Produkte mittelbar, sondern unmittelbar - nämlich durch eine Konkurrenzsituation "vor Ort" - betroffen. Zudem wird die Tarifautonomie deutscher Tarifvertragsparteien unmittelbar tangiert. Wenn sich bei dieser Sachlage der Gesetzgeber entschloss, im Baugewerbe tarifliche Normen, die kraft AVE ohnehin für alle inländischen Betriebe gelten, auf ausländische Arbeitgeber und ihre nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer zu erstrecken, ist sie, im Lichte von Art. 3 GG gesehen, nicht zu beanstanden, weil durch Sachgründe gerechtfertigt (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.).

Die Tariferstreckung durch Gesetz verstößt auch nicht gegen Art. 9 Abs. 3 GG, weil hierdurch weder die positive noch die negative Koalitionsfreiheit ausländischer Arbeitnehmer und Arbeitgeber unzulässig beeinträchtigt wird.

Das individuelle Recht des einzelnen, einer Koalition fernzubleiben (negative Koalitionsfreiheit), das von Art. 9 Abs. 3 GG mitumfasst ist, wird nicht beeinträchtigt. Insoweit gilt nichts anderes als hinsichtlich der AVE von Tarifverträgen nach § 5 TVG. Durch diese wird die negative Koalitionsfreiheit nicht verletzt (vgl. BVerfG 15.07.1980 AP Nr. 17 zu § 5 TVG).

Auch die Tarifautonomie, also die Freiheit, Tarifverträge abzuschließen, wird nicht verletzt.

Es ist bereits zweifelhaft, ob Art. 9 Abs. 3 GG auch die Freiheit ausländischer Koalitionen schützt, nach ausländischen Rechtsordnungen Tarifverträge abzuschließen, die sich auf die Regelung von Arbeitsbedingungen beziehen, die in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden. Selbst wenn man dies bejaht, liegt ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 3 GG nämlich nicht deshalb vor, weil solche ausländischen Tarifverträge durch § 1 Abs. 1 und 3 AEntG bezüglich der Erbringung von Arbeitsleistungen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verdrängt werden. 1 1 AEntG verfolgt, wie die historisch-genetische Auslegung belegt (vgl. BT-Drucks. 523/95 S. 6), gerade auch den Zweck des Abbaus der Arbeitslosigkeit im Baugewerbe. Die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit hat, wie die Sozialstaatsklausel des Art. 20 Abs. 1 GG belegt, Verfassungsrang. Denn diese Bestimmung gebietet staatliche Fürsorge für Einzelne und Gruppen, die aufgrund persönlicher Lebensumstände und gesellschaftlicher Benachteiligungen in ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung gehindert sind (vgl. BVerfG 22.04.1999 DB 2000, 331). Dieses Ziel zu erreichen, ist § 1 AEntG geeignet. Ob die Einschätzung des Gesetzgebers zutrifft, dass die angestrebten Ziele durch die gesetzliche Regelung erreicht werden können, bedarf keiner Beurteilung. Denn der Gesetzgeber hat insoweit eine Einschätzungsprärogative (vgl. BVerfG 27.04.1999 aaO.).

Der gesetzlichen Regelung lässt sich auch nicht entgegenhalten, ein inländischer baugewerblicher Arbeitgeber könne sich durch Abschluss eines Firmen- (Haus-) Tarifvertrages von der Bindung an die in § 1 Abs. 1 und 3 AEntG für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge des Baugewerbes befreien so dass das Ziel gleichmäßiger (tarifvertraglicher) Mindestregelungen wegen des Vorrangs des Haustarifvertrages nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz für das Baugewerbe ohnehin nicht zu erreichen sei. Jedenfalls hinsichtlich der im vorliegenden Fall allein interessierenden, für allgemeinverbindlich erklärten urlaubsrechtlichen Regelungen unter Einschaltung einer gemeinsamen Einrichtung trifft das nämlich nicht zu. Denn die nach § 1 Abs. 3 S. 1 AEntG für einen ausländischen Arbeitgeber geltende Beitragspflicht trifft nach § 1 Abs. 3 S. 3 AEntG kraft Gesetzes auch einen unter den Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber mit Sitz im Inland, unabhängig davon, ob der Tarifvertrag kraft Tarifbindung oder AVE bzw. Rechtsverordnung für ihn gilt. Diese gesetzliche Verpflichtung kann durch Abschluss eines Firmentarifverträge nicht ausgeschlossen werden. Vielmehr ist es sowohl Arbeitgebern des Baugewerbes mit Sitz im Ausland, die Bauarbeiter nach Deutschland entsenden, wie auch vergleichbaren deutschen Arbeitgebern nicht möglich, die Erstreckung von Tarifverträgen durch das AEntG dadurch auszuschließen, dass sie speziellere Tarifverträge schließen (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.). Aus dem gleichen Grunde kann die Rspr des BAG nicht aufrechterhalten werden kann, wonach allein die Mitgliedschaft eines von den für allgemeinverbindlich erklärten Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes erfassten Arbeitgebers in einem Verband, der einen konkurrierenden Tarifvertrag abgeschlossen hat, diesen von der Beitragspflicht an die Sozialkassen des Baugewerbes befreit, soweit der konkurrierende Tarifvertrag spezieller ist (vgl. zuletzt BAG 04.12.2002 AP Nr. 28 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz).

Die gesetzlichen Regelungen sind auch, bezogen auf das gewünschte Ziel, erforderlich. Denn nur durch zwingende, und zwar international zwingende Geltung der in § 1 AEntG genannten tarifvertraglichen Vorschriften kann die erstrebte Wirkung, nämlich die Einheitlichkeit der Arbeitsbedingungen im Bezug auf ein Mindestniveau, erreicht werden.

Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG sind in Bezug auf das Verhältnis zwischen den Parteien im vorliegenden Fall gegeben.

Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien, dem i. S. von § 1 Abs. 3 S. 1 AEntG im Zusammenhang mit der Gewährung von tariflichen Urlaubsansprüchen nach § 1 Abs. 1 die Einziehung von Beiträgen durch allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge übertragen ist.

Die Klägerin ist Arbeitgeber i. S. von § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG, weil sie Vertragspartner von Arbeitnehmern ist, die im räumlichen Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages des Bauhaupt- und Baunebengewerbes i. S. der §§ 1 und 2 Baubetriebe VO, nämlich des BRTV/Bau, von ihr beschäftigt werden.

Der BRTV/Bau ist ein Tarifvertrag des Bauhaupt- und Baunebengewerbes i. S. der §§ 1, 2 Baubetriebe VO. Denn sein betrieblicher Geltungsbereich erstreckt sich auf eben die Betriebe, die in den §§ 1, 2 Baubetriebe VO genannt sind (§ 1 Abs. 2 BRTV/Bau). Dieser Tarifvertrag ist seit jeher und auch im Klagezeitraum für allgemeinverbindlich erklärt worden.

Bedenken gegen die Wirksamkeit der AVE bestehen nicht Erheblichen Tatsachenvortrag, der Zweifel am Vorliegen der Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG aufkommen lassen könnte, hat die Klägerin nämlich nicht gehalten.

Ein Tarifvertrag kann von der zuständigen Behörde nach § 5 Abs. 1 TVG für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 % der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen und wenn die AVE im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 5 TVG bestehen nicht. Die AVE ist im Verhältnis zu den ohne sie nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein Rechtsetzungsakt eigener Art zwischen autonomer Regelung und staatlicher Rechtsetzung, der seine eigenständige Grundlage in Art. 9 Abs. 3 GG findet (vgl. BVerfG 24.05.1977 und 15.07.1980, AP Nr. 15 und 17 zu § 5 TVG; BAG 24.01.1979 und 28.03.1990, AP Nr. 16 und 25 zu § 5 TVG; BAG 22.09.1993, AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Gerüstbau; BAG 15.11.1995 - 10 AZR 150/95 -, Kammerurteil vom 20.08.1990 - 16 Sa 281/90 -).

Allerdings unterliegt die AVE, wie alle Rechtsnormen, der gerichtlichen Nachprüfung. Das gilt auch für die Voraussetzung der erforderlichen Beschäftigtenzahl bei tarifgebundenen Arbeitnehmern nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG (vgl. BAG 28.03.1990, a.a.O.). Freilich bedarf es insoweit eines Tatsachenvortrages, der Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzung aufkommen lässt. Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die zuständige Behörde die AVE eines Tarifvertrages nur unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen ausspricht (vgl. BAG 19.03.1975, AP Nr. 14 zu § 5 TVG; kritisch Schlachter Anm. zu BAG 25.06.2002 AR Bl. ES 370.3 Nr. 7). Hier hat die Klägerin keinen Tatsachenvortrag gehalten, der Zweifel am Vorliegen der Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG aufkommen lassen könnte.

Soweit die Klägerin darauf abhebt, Betriebe (richtig: Betriebsinhaber) mit Beschäftigtenzahlen von 1 bis 49 Mitarbeitern seien in der Regel nicht Mitglieder der tarifvertragschließenden Verbände des Baugewerbes, so dass schon anhand der Zahl der von diesen Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer im Verhältnis zur Gesamtzahl der im Baugewerbe beschäftigten Arbeitnehmer die 50-Prozent-Klausel jedenfalls ab 1998 nicht erreicht sein könne, bewegen sich die Darlegungen der Klägerin im Bereich der Spekulation. Es ist nämlich nicht erkennbar, aufgrund welcher empirischer Anhaltspunkte die Klägerin zu der Annahme kommt, Betriebsinhaber von Betrieben zwischen 1 und 49 Beschäftigten seien "in der Regel" nicht tarifgebunden. Ein Erfahrungssatz dieser Art existiert nicht (vgl. BAG 25.05.2002 AP Nr. 12 zu § 1 AEntG), konkrete Anzeichen für ihre Behauptung hat die Klägerin nicht vorgetragen. Darüber hinaus sind auch die von der Klägerin zugrunde gelegten Beschäftigtenzahlen nicht aussagekräftig. Diese aus der Tarifsammlung für die Bauwirtschaft (herausgegeben vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie) entnommenen Zahlen beziehen sich nämlich lediglich auf das sogenannte Bauhauptgewerbe und die insoweit vom Statistischen Bundesamt erhobenen Zahlenangaben. Der BRTV/ Bau erfasst jedoch nach seinem betrieblichen Geltungsbereich auch das sogenannte Ausbaugewerbe, soweit dieses nicht ausdrücklich vom betrieblichen Geltungsbereich ausgenommen ist (st. Rspr., vgl. zB BAG 07.07.1999 AP Nr. 221 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Bauhaupt- und Ausbaugewerbe werden statistisch getrennt erfasst (vgl. Systematik der Wirtschaftszweige mit Erläuterungen, Ausgabe 1979, Ziff. 30 und Ziff. 31). Ohne Vorlage von bzw. zumindest Hinweisen auf Zahlenangaben zum Ausbaugewerbe vermögen dann die Berechnungen der Klägerin von vornherein keine Zweifel an dem Vorliegen der Voraussetzung der 50-Prozent-Klausel des § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG zu begründen.

In die Zahl der nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG vom BRTV/Bau erfassten Arbeitnehmer ist auch nicht die Zahl der von ausländischen Arbeitgebern mit Betriebssitz im Ausland in die Bundesrepublik Deutschland entsandten Arbeitnehmer einzubeziehen. § 5 TVG bezieht sich nur auf Arbeitsverhältnisse, die deutschem Recht unterliegen, so dass auch das Quorum des § 5 TVG nur danach berechnet werden kann und muss (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.)

Bedenken gegen die Wirksamkeit der AVE resultieren auch nicht aus der Art der Veröffentlichung der AVE. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist das Veröffentlichungsverfahren mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar (vgl. BVerfG 10.09.1991, AP Nr. 27 zu § 5 TVG).

Die Klägerin unterhielt im Klagezeitraum einen Betrieb, von dem überwiegend Bauleistungen i. S. des § 211 Abs. 1 SGB III erbracht werden.

Nach § 211 Abs. 1 S. 2 SGB III sind Bauleistungen alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Dazu gehören auch Rohbauarbeiten, weil diese darauf gerichtet sind, ein Gebäude oder sonstiges Bauwerk zu erstellen.

Die Klägerin unterhielt im Klagezeitraum auch einen Betrieb, von dem überwiegend Bauleistungen durchgeführt werden. Insoweit gilt für § 211 Abs. 1 SGB III nichts anderes als für die Frage der Unterworfenheit unter den Geltungsbereich der Bautarifverträge (vgl. BSG 09.12.1997, AP Nr. 205 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Es kommt darauf an, ob die überwiegende Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf bauliche Tätigkeiten entfällt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BAG 24.08.1994, AP Nr. 181 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Das ist in Bezug auf die Klägerin der Fall.

Aus § 1 Abs. 4 AEntG folgt dies freilich nicht. Nach dieser Bestimmung gelten für die Zuordnung zum betrieblichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach den Abs. 1, 2, 3 und 3a die vom Arbeitgeber mit Sitz im Ausland im Inland eingesetzten Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit als Betrieb. Nach dem unmissverständlichen Wortlaut bezieht sich diese Fiktion ausschließlich auf die tarifliche Zuordnung, nicht aber auf den Betriebsbegriff des § 1 Abs. 1 AEntG. Die Systematik der gesetzlichen Regelung bestätigt das. Der mit "wenn" eingeleitete Nebensatz des § 1 Abs. 1 AEntG ("wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 SGB III erbringt") beschreibt die Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland überhaupt kraft Gesetzes an die Rechtsnormen eines derartigen Tarifvertrages gebunden sein kann. Erst wenn dies der Fall ist, wird über § 1 Abs. 4 AEntG fingiert, dass die entsandten Arbeitnehmer von den üblicherweise auf "Betriebe" einer bestimmten Branche abstellenden Geltungsbereichsnormen von Tarifverträge erfasst werden.

Im vorliegenden Fall kommt es streitentscheidend jedoch nicht darauf an, ob die Klägerin, wie sie meint, unter Einbeziehung ihrer in Polen ausgeführten Tätigkeiten im Klagezeitraum überwiegend andere als bauliche Tätigkeiten durchgeführt hat. Denn dieser Vortrag der Klägerin ist nicht erheblich. Auch wenn man davon ausgeht, das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin ergebe in der Tat, dass im Gesamtbetrieb arbeitszeitlich überwiegend nicht bauliche, sondern andere Leistungen durchgeführt wurden und werden, unterhielt und unterhält sie nämlich einen "Betrieb" iSv § 211 Abs. 1 SGB, weil die in Deutschland durchgeführten baulichen Tätigkeiten von einer (baulichen) Betriebsabteilung der Klägerin ausgeführt werden.

"Betrieb" iSv § 211 Abs. 1 SGB III ist auch eine Betriebsabteilung. Das bestimmt ausdrücklich § 211 Abs. 1 S. 4 SGB III. Weil § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG den gesamten Abs. 1 des § 211 SGB II in Bezug nimmt, kann das nur bedeuten, dass von § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG auch solche Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre im räumlichen Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Bautarifvertrages Anwendung finden, wenn eine Betriebsabteilung dieser Arbeitgeber überwiegend Bauleistungen erbringt (vgl. BAG 25.06.2002 - 9 AZR 322/01 NZA 2003, 519). Bekräftigt wird dies dadurch, dass § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG auch auf §§ 1,2 der Baubetriebe VO verweist. Denn § 1 Baubetriebe VO erfasst ausdrücklich Betriebe und Betriebsabteilungen, die gewerblich überwiegend Bauleistungen erbringen. Auch der Sinn und Zweck der Inbezugnahme des § 211 Abs. 1 SGB III bestätigt dies. Die Verweisung in § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG auf § 211 Abs. 1 SGB III verfolgt den Zweck, die Organisationseinheiten von Arbeitgebern zu beschreiben, auf die sich für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge erstrecken sollen. Maßgebliche Organisationseinheit soll das sein, was es auch in § 211 Abs. 1 SGB III ist. Dort sind es der Betrieb und die Betriebsabteilung.

Die von der Beklagten im Klagezeitraum in Deutschland eingesetzten und mit baulichen Tätigkeiten beschäftigten Arbeitnehmer gehören zu einer von der Klägerin unterhaltenen (baulichen) Betriebsabteilung.

Unter "Betriebsabteilung" im Sinne von § 211 Abs. 1 S. 4 SGB II ist das zu verstehe, was man allgemein im arbeitsrechtlichen Sinne darunter versteht (vgl. BSG 20.01.1982 SozR 4100 § 75 Nr. 9). Danach ist eine Betriebsabteilung ein vom Gesamtbetrieb organisatorisch abgegrenzter Betriebsteil, der eine personelle Einheit aufweist und mit eigenen technischen Arbeitsmitteln einen eigenen Betriebszweck verfolgt, der auch ein Hilfszweck sein kann (vgl. z.B. BAG 08.10.1975 und 11.09.1991 AP Nr. 25 und 145 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dabei ist freilich ein eigener Betriebszweck nicht zwingend erforderlich, da es möglich ist, dass ein Betrieb aus mehreren organisatorisch abgegrenzten Betriebsteilen besteht, die den gleich arbeitstechnischen Zweck verfolgen (vgl. Niesei SGB III 2. Aufl. 2002 § 171 Rz 7).

Diese Merkmale sind im Hinblick auf die von der Klägerin in Deutschland durchgeführten baulichen Tätigkeiten erfüllt. Sie werden von einer Betriebsabteilung der Klägerin erbracht.

Die Tätigkeiten der Klägerin in Deutschland sind räumlich von derjenigen in Polen deutlich abgegrenzt. Diese Tätigkeiten werden auch von eigenem, speziell der Tätigkeit in Deutschland zugeordnetem Personal durchgeführt, weil ein Arbeitnehmeraustausch zwischen den in Polen und den in Deutschland durchgeführten Arbeiten aufgrund der räumlichen Entfernung ausgeschlossen ist. Dass insoweit eigene technische Arbeitsmittel Verwendung finden, ist selbstverständlich, weil schon die räumliche Entfernung der Arbeitnehmer vom Betriebssitz den Einsatz von Arbeitsmitteln, die auch in Polen zur Verwendung kommen, ausschließt.

Es handelt sich insoweit auch um eine organisatorisch abgegrenzte Arbeitseinheit. Denn die Klägerin unterhält in Deutschland eine Zweigstelle, die für die Abwicklung der Werkverträge in Deutschland zuständig ist, der Leiter dieser Zweigstelle wird von der Klägerin selbst als "Niederlassungsleiter" bezeichnet. Damit existiert insoweit ein organisatorisch verselbständigter Ansprechpartner gerade für die Durchführung der baulichen Tätigkeiten in Deutschland und auch eine organisatorisch abgegrenzte Arbeitseinheit. Denn eine Abwicklung der Werkverträge in Deutschland erfordert hierauf bezogene dezentral ausgestaltete technische und personelle Leitungsbefugnisse, die von der Zweigstelle wahrzunehmen sind. So ist denn auch die Prozessvollmacht des Klägervertreters (Bl. 47 d.A.) neben einer Unterschrift mit einem diese Zweigstelle benennenden Firmenstempel versehen worden. Hinzukommt, dass eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass für die Abwicklung und Koordinierung der Werkverträge in Deutschland wegen der Vielzahl der zu beachtenden rechtlichen und tatsächlichen Vorgaben eine eigenständige Leitungsstruktur existiert.

Damit ist, unbeschadet des Umstandes, dass die Klägerin auch in Polen bauliche Leistungen erbringt, eine auf die Erbringung von Bauleistungen in Deutschland bezogene organisatorische Teileinheit und damit eine Betriebsabteilung vorhanden, auf die Frage, ob der Gesamtbetrieb überwiegend bauliche Tätigkeiten ausübt, kommt es nicht an.

Die Klägerin wird durch dieses Auslegungsergebnis auch nicht verfassungswidrig gegenüber inländischen Unternehmen diskriminiert. Denn für inländische Mischbetriebe, also solche, die sowohl bauliche wie nichtbauliche Leistungen erbringen, gilt, selbst wenn die nichtbaulichen Leistungen überwiegen, nichts anderes. Wird von einem solchen Betrieb eine bauliche Betriebsabteilung unterhalten, findet § 211 Abs. 1 SGB III Anwendung.

Weil die Klägerin danach einen Betrieb iSv § 211 Abs. 1 SGB unterhielt und unterhält, ist sie dem Beklagten gegenüber zu Leistungen nach den tariflichen Vorschriften über das Urlaubsverfahren verpflichtet.

Dem Beklagten ist durch Rechtsnormen des BRTV/Bau, nämlich § 8 BRTV/Bau, im Zusammenhang mit der Gewährung von Urlaubsansprüchen die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen übertragen. Nach § 8 Ziff. 15.1 BRTV/Bau hat der Beklagte insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der Urlaubsvergütung zu sichern, nach § 8 Ziff. 15.1 S. 2 haben die Arbeitgeber die dazu erforderlichen Mittel durch Beiträge aufzubringen, auf diese hat der Beklagte einen unmittelbaren Anspruch (§ 8 Ziff. 15.1 S. 3). Das bedeutet nichts anderes, als dass der Beklagte aufgrund der tarifvertraglichen Bestimmungen gegenüber den tarifunterworfenen Arbeitgebern Gläubiger der Beitragsansprüche und der betroffene Arbeitgeber Schuldner derselben ist (vgl. BAG 11.01.1990, AP Nr. 11 zu § 4 TVG Gemeinsame Einrichtungen).

Die in § 8 BRTV/Bau enthaltenen Regelungen verstoßen nicht gegen Gesetzesrecht.

Dadurch, dass sich die Regelung des § 8 BRTV/Bau nur auf Arbeiter, nicht aber auf Angestellte erstreckt, wird nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.; Kammerurteil v. 13.01.2003 - 16 Sa 142/02).

Es liegt auch kein Verstoß gegen zwingende Bestimmungen des deutschen Urlaubsrechts vor. Zwar weichen die tarifvertraglichen Regelungen von den sonst unabdingbaren Vorschriften des BUrlG ab. Das ist jedoch wegen § 13 Abs. 2 BUrlG gerechtfertigt. Nach dieser Bestimmung kann für das Baugewerbe und sonstige Wirtschaftszweige, in denen als Folge häufigen Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfange üblich sind, durch Tarifvertrag von den vorstehenden Vorschriften des Gesetzes abgewichen werden, soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Bei § 8 BRTV/Bau handelt es sich um eine Urlaubsregelung für das Baugewerbe, für das der Gesetzgeber nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung davon ausgeht, dass Arbeitnehmer häufig den Arbeitsplatz wechseln. Anhaltspunkte dafür, wieso die vom Gesetz abweichende tarifvertragliche Urlaubsregelung nicht "erforderlich" sein sollte, um einen zusammenhängenden Jahresurlaub zu gewährleisten, sind nicht erkennbar.

Maßgeblich ist allein, ob die Regelungen inhaltlich sicherstellen, dass im Falle kurzer Arbeitsverhältnisse zusammenhängende Urlaubsansprüche gewährt werden könne. Das ist beim Urlaubskassenverfahren der Fall (vgl. BAG 25.06.2002 - 9 AZR 405/00 AP Nr. 12 zu § 1 AEntG).

Es spielt keine Rolle, ob die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 BUrlG auch für von einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland in die Bundesrepublik Deutschland entsandte Arbeitnehmer zutreffen. Durch Tarifvertragsrecht werden derartige Arbeitnehmer nämlich nicht von § 8 BRTV/Bau erfasst, weil dieser Tarifvertrag nach seinem Geltungsbereich nur für Arbeitsverhältnisse gilt, die zu einem Arbeitgeber mit Betrieb in der Bundesrepublik Deutschland bestehen. Vielmehr gelten die tarifvertraglichen Regelungen für ausländische "Entsender" (Arbeitgeber mit Sitz im Ausland) und entsandte Arbeitnehmer aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung, nämlich wegen § 1 Abs. 1 und 3 AEntG. Damit ist für derartige Arbeitsverhältnisse das Gesetz selbst, nämlich § 1 Abs. 1 und 3 AEntG Grundlage für eine von den sonst unabdingbaren Bestimmungen des BUrlG abweichende Regelung. Als zeitlich jüngere Norm geht § 1 Abs. 1 und 3 AEntG in seinem Anwendungsbereich den sonst unabdingbaren Bestimmungen des BUrlG vor.

Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, die ausländerrechtlichen Regelungen ließen einen Arbeitsplatzwechsel polnischer Arbeitnehmer rechtlich und faktisch nicht zu, so dass der Zweck der Urlaubskassenregelung, nämlich einen zusammenhängenden Jahresurlaub zu sichern, gegenüber diesen Arbeitnehmern leer liefe und ein Unternehmen wie das der Klägerin lediglich durch die Verpflichtung zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen belastet werde. Der Zweck des tariflichen Urlaubsverfahrens wird verkürzt wiedergegeben, wenn nur auf die Sicherung des Urlaubsanspruchs abgestellt wir. Durch das Urlaubskassenverfahren sollen die Lasten der Freizeitgewährung und Bezahlung gleichmäßig auf die Schultern aller Arbeitgeber einer Branche verteilt und so der "Urlaubslohn" kollektiv abgesichert werden (vgl. BAG 08.10.1981 AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler). Zur "Baubranche" gehören auch ausländische Arbeitgeber und ihre nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer, soweit bauliche Leistungen von letzteren erbracht werden.

Demgegenüber spielt auch eine Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von Urlaubsvergütung bzw. Urlaubsabgeltung an ihre Arbeitnehmer nach polnischem Recht keine Rolle.

Soweit es um Urlaubsvergütung für Zeiten ab 01.01.2002 geht, ist die Klägerin nach den Bestimmungen des BRTV/Bau zur Zahlung einer Urlaubsvergütung nach diesen Bestimmungen verpflichtet und hat einen entsprechenden Erstattungsanspruch gegen den Beklagten (§ 13 VTV 2000). Mit der Zahlung der Urlaubsvergütung nach polnischem Recht erfüllt die Klägerin in Höhe der geleisteten Zahlung gleichzeitig ihre entsprechende Pflicht nach dem BRTV/Bau. Denn der Arbeitnehmer kann materiellrechtlich für gewährten Urlaub Urlaubsvergütung nur einmal fordern, deutsche und polnische Regelungen sind lediglich, sich bei unterschiedlicher Höhe ggf. ergänzende, unterschiedliche Anspruchsgrundlagen. Damit ist die Gefahr einer Doppelzahlungsverpflichtung ausgeschlossen.

Soweit die Klägerin an ihre Arbeitnehmer Urlaubsabgeltung nach polnischem Recht zu zahlen und derartige Zahlungen geleistet hat, wird sie ebenfalls nicht unzumutbar wirtschaftlich belastet. Zwar bleibt sie zur Beitragszahlung an den Beklagten verpflichtet und erhält von diesem für gezahlte Urlaubsabgeltung keine Erstattung. Sie hat jedoch, soweit sie Urlaubsabgeltungsansprüche von Arbeitnehmern nach polnischem Recht befriedigt hat, einen Ausgleichsanspruch gegen den Beklagten in Höhe der gezahlten Urlaubsabgeltung. Denn in dieser Höhe hat sie den Beklagten von seiner tarifvertraglichen Verpflichtung zur Zahlung der Urlaubsabgeltung an die polnischen Arbeitnehmer befreit. Urlaubsabgeltung kann vom Arbeitnehmer nämlich nur einmal und zwar in Höhe des sich aus deutschem oder polnischen Rechts ergebenden Maximalbetrages verlangt werden (ähnlich BAG 25.06.2002 aaO.).

Nichts anderes gilt im Ergebnis für das Jahr 1999. Geht man davon aus, dass die in diesem Kalenderjahr einen Direktanspruch der Arbeitnehmer auf Urlaubsvergütung gegen den Beklagten normierenden tariflichen Bestimmungen wirksam waren (so: BAG 25.06.2002 aaO.), so gilt das für die Urlaubsabgeltung Gesagte entsprechend. Geht man davon aus, ausländische Arbeitnehmer und Arbeitgeber seien 1999 in Bezug auf die Urlaubsvergütung wie Inländer zu behandeln gewesen, ist die Situation nicht anders als ab 01.01.2000.

Die durch § 1 Abs. 3 AEntG gesetzlich vermittelte Erstreckung der Norm des § 8 BRTV/Bau gilt in Bezug auf die Klägerin. Denn sie unterhält im räumlichen Geltungsbereich des BRTV/Bau einen baugewerblichen Betrieb iSd Geltungsbereichsbestimmung des § 1 Abs. 2 BRTV/Bau. Das folgt aus § 1 Abs. 4 AEntG und dem Umstand, dass die überwiegend in Deutschland durchgeführten Arbeiten solche sind, die von der Geltungsbereichsbestimmung des § 1 Abs. 2 BRTV/Bau erfasst werden.

Die tarifvertraglichen Urlaubsregelungen des BRTV/Bau erfüllen auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 AEntG. § 8 Ziff. 13 enthält Anrechnungsregelungen bezüglich Urlaubstagen und Urlaubsvergütungen, welche ein außerhalb Deutschlands ansässiger Arbeitgeber bereits vor der Entsendung für das laufende Kalenderjahr erbracht hat, § 8 Ziff. 15.2 bestimmt, dass ein außerhalb Deutschlands ansässiger Arbeitgeber, der während der Entsendung Beiträge zu einer vergleichbaren Einrichtung (Urlaubskasse) im Staate seines Betriebssitzes erbringt, nicht zu Leistungen an den Beklagten verpflichtet ist. Diese Einschränkungen treffen für die Beklagte nicht zu. Tatsachen, aus denen sich herleiten ließe, dass die Beklagte in Polen Leistungen an eine dem Beklagten vergleichbare Einrichtung erbringt, hat sie nicht vorgetragen.

Konkrete Auskünfte- und Beitragsverpflichtungen der Klägerin ergeben sich aus dem VTV, weil § 8 Ziff. 15 BRTV/Bau insoweit auf diesen verweist. Für die Zeit ab 01.01.2000 folgt dies aus §§ 18, 21 VTV v. 20.12.1999 (VTV2000) in den jeweils gültigen, für allgemeinverbindlich erklärten Fassungen, für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.1999 nach der Rspr. des BAG (25.06.2000 aaO.) aus §§ 55ff VTV, nach Ansicht der Berufungskammer in den BAG-Urteilen vorangegangenen Entscheidungen bezüglich Zahlungsverpflichtungen aus §§ 24 Abs. 1, 48 Abs. 1, 74 Abs. 1 VTV. iVm § 61 Abs. 1 VTV, bezüglich Auskunftsverpflichtungen aus einer, wie im einzelnen noch auszuführen, sich aus der Zahlungsverpflichtung ergebenden tarifvertraglichen Nebenpflicht.

Die Widerklage hat Erfolg.

Zulässigkeitsbedenken gegen die Widerklage bestehen nicht. Die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ist gegeben, weil sich die internationale Zuständigkeit im vorliegenden Fall, mangels irgendwelcher spezialgesetzlicher Regelungen nach den Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit richtet (vgl. BAG 03.05.1995 AP Nr. 32 Internationales Privatrecht). Damit ist § 33 Abs. 1 ZPO entsprechend anzuwenden. Der erforderliche Zusammenhang zwischen Klage und Widerklage liegt ohne weiteres vor, weil beide - bezogen auf Auskunftspflichten für das Kalenderjahr 1999 - die gleichen rechtlichen Fragen betreffen, der bisherige Prozessstoff bleibt verwertbar.

Der Zulässigkeit der Widerklage steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin in diese nicht eingewilligt hat. Denn nach § 530 Abs. 1 ZPO a.F. ist eine Widerklage in der Berufungsinstanz auch zulässig, wenn das Gericht die Geltendmachung des mit ihr verfolgten Anspruchs in dem anhängigen Verfahren für sachdienlich hält. Hier ist Sachdienlichkeit gegeben. Durch eine Entscheidung über die von dem Beklagten verfolgten Auskunftsansprüche wird ein wesentlicher Streitpunkt zwischen den Parteien bereinigt und damit insoweit Rechtsfrieden zwischen ihnen hergestellt (vgl. BAG 25.06.2002 AP Nr. 15 zu § 1 AEntG). Ihre frühere gegenteilige Auffassung gibt die Berufungskammer auf.

Die Widerklage ist auch begründet.

Nach der Rspr. des BAG (v. 25.06.2002 aaO.) ergibt sich die Auskunftsverpflichtung der Klägerin aus § 59 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 VTV, wobei datenschutzrechtliche Bedenken nicht bestehen.

Auch wenn man dem nicht folgt, weil die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nicht befugt sind, für ausländische entsendende Arbeitgeber eigene, von den Bestimmungen für deutsche Arbeitgeber abweichende Vorschriften zu schaffen (vgl. Kammerurteile v. 24.03.2003 aaO.), ist die Auskunftsklage begründet.

Ein Anspruch des Beklagten auf die Auskünfte nach 2.2 des Widerklageantrages ergibt sich nämlich als notwendiger Hilfsanspruch unmittelbar aus § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG i. V. mit § 8 Ziff. 15 BRTV/Bau. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGHZ 97, 188, 192) besteht nämlich eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über den bestehenden Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, er sich die zur Vorbereitung und Durchsetzung seines Anspruchs notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete sie unschwer, d. h. ohne unbillig belastet zu sein, zu geben vermag. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass ein Leistungsanspruch dem Grunde nach besteht. So ist es hier, weil der Beklagte ohne entsprechende Angabe der Klägerin zur Berechnung der ihm gesetzlich zustehenden Beitragsansprüche nicht - jedenfalls nicht vollständig - im Stande ist. Insoweit kann der Beklagte nicht nur allgemein Auskunft über den von den entsandten Arbeitnehmern insgesamt monatlich erzielten Bruttoverdienst beanspruchen, sondern auch die Angabe der Namen, Geburtsdaten und Beschäftigungszeiten der Arbeitnehmer und die Aufschlüsselung des Bruttoentgelts auf die einzelnen Arbeitnehmer. Denn die zur Durchsetzung der Beitragsforderung erforderliche Auskunft muss eine Nachprüfung ihrer Richtigkeit ermöglichen (vgl. OLG Schleswig-Holstein 25.09.1999 NJW-RR 2000, 229). Das erfordert die Angabe von Tatsachen, die der Nachprüfung zugänglich sind und damit hier die geforderten Angaben über die Arbeitnehmer und die entsprechende Aufschlüsselung der Bruttoentgelte.

Nichts anderes gilt im Ergebnis für die begehrten Auskünfte nach 2.1. Diese Auskünfte schuldet die Klägerin jedenfalls aufgrund nebenvertraglicher Verpflichtung aus dem VTV. Denn die Klägerin ist nach den Bestimmungen des VTV auch verpflichtet, ihren Arbeitnehmern die Durchsetzung von evtl. Ansprüchen gegen den Beklagten, z.B. die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs nach § 8 Ziff. 8 BRTV/Bau (in der 1999 geltenden Fassung) zu ermöglichen. Um derartige Ansprüche sachgerecht bearbeiten und erfüllen zu können braucht der Beklagte die von ihm nach seinem Widerklageantrag zu 2.1 begehrten Auskünfte.

Der Ausspruch über die Entschädigungssumme beruht auf § 61 Abs. 2 ArbG.

§ 61 Abs. 2 ArbG ist anwendbar. Von seiner Anwendbarkeit geht das BAG (25.06.2002 AP Nr. 15 zu § 1 AEntG) ganz selbstverständlich aus. Das ist auch zutreffend. Allerdings ist die in dieser gesetzlichen Bestimmung genannten Entschädigung ein materieller Entschädigungsanspruch, der seine Grundlage in der Nichtvornahme der titulierten Handlung (hier: Auskunft) binnen bestimmter Frist hat und nicht etwa ein vollstreckungsrechtliches Mittel zur Erzwingung der Handlung (vgl. Grunsky, ArbGG 7. Aufl. 1995 § 61 Rz 14; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG 4. Aufl. 2002 § 61 Rz 36). Dies und der Umstand, dass es sich bei Auskunftsansprüchen des Beklagten letztlich um aus dem Arbeitsverhältnis der Klägerin zu ihren Arbeitnehmern beruhende Ansprüche handelt, führt jedoch nicht dazu dass § 61 Abs. 2 ArbG deshalb nicht angewendet werden kann, weil für das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und ihren Arbeitnehmern polnisches Recht gilt. Zwar ist § 61 Abs. 2 ArbGG keine Norm ist, die der Gesetzgeber im Interesse des Gemeinwohls oder im sozialpolitischen Interesse geschaffen hat. Vielmehr dient die Vorschrift Individualinteressen, so dass Art. 34 EGBGB nicht unmittelbar einschlägig sein kann. Daraus herzuleiten, wegen Art. 32 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB müssten sich die Folgen der Nichterfüllung der Auskunftspflicht einschließlich der Schadensbemessung nach polnischem Recht bestimmen, griffe jedoch zu kurz.

Im vorliegenden Fall wird das Vertragsstatut, dass zur Anwendung polnischen Rechts führt im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten von den international zwingenden (Art. 34 EGBGB) Bestimmungen des AEntG überlagert: Urlaubskassenbeiträge und - als notwendige Hilfsansprüche - Auskünfte schuldet die Klägerin nach deutschem international zwingenden Recht. Dann müssen sich auch, soll der gesetzgeberischen Zielsetzung Genüge geleistet werden, die Folgen einer Nichterfüllung der in diesen zwingenden Normen statuierten Verpflichtungen nach deutschem Recht richten. Alles andere würde zu Wertungswidersprüchen führen und international zwingende Vorschriften partiell entwerten.

Mithin ist die Klägerin, weil die Voraussetzungen des § 61 Abs. 2 ArbGG im übrigen erfüllt sind, antragsgemäß zu einer Entschädigung zu verurteilen.

Nach der Rechtsprechung des BAG ist bei Auskunftsansprüchen in der Regel eine um 20% gegenüber den mutmaßlichen Zahlungsansprüchen gekürzte Entschädigungssumme festzusetzen (vgl. BAG 07.08.1986 und 26.04.1989 AP Nr. 70 und 110 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 06.05.1987 AP Nr. 7 zu § 61 ArbGG 1979). Davon ist bezüglich des Auskunftsanspruchs zu 2.2 auch hier auszugehen. Die mutmaßliche Höhe eines Zahlungsanspruchs hat der Beklagte unwidersprochen vorgetragen. Angemessen ist auch die mindestens begehrte Entschädigung für die Auskunft zu 2.1 (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.)

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 91 ZPO).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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