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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 08.12.2003
Aktenzeichen: 16 Sa 785/03
Rechtsgebiete: AEntG, SGB III, VTV/Bau 2000


Vorschriften:

AEntG § 1
SGB III § 211 Abs. 1
VTV/Bau 2000 § 13 Abs. 1
VTV/Bau 2000 § 18 Abs. 5
1. Hat ein polnischer Bauunternehmer an die nach Deutschland entsandten polnischen Arbeitnehmer, auf deren Arbeitsverhältnis zu ihrem Arbeitgeber polnisches Recht Anwendung findet, nach Beendigung der Entsendung und Auflösung der Arbeitsverhältnisse in Polen für die Zeit der Entsendung nach polnischem Recht Urlaubsabgeltungen zu zahlen gehabt und gezahlt, kann er von der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse Erstattung dieser gezahlten Urlaubsabgeltung verlangen.

2. Mit dem vorbezeichneten Erstattungsanspruch kann der polnische Arbeitgeber jedenfalls dann gegen Beitragsansprüche der Urlaubskasse aufrechnen, wenn er seine Tätigkeit in Deutschland eingestellt hat.

3. Zur Frage, wann ein ausländischer, nach Deutschland Arbeitnehmer zur Ausführung von Bauleistungen entsendender Arbeitgeber eine baulich Betriebsabteilung iSv § 211 Abs. 1 SGB III unterhält.


Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes! Urteil

Aktenzeichen: 16 Sa 785/03

Verkündet laut Protokoll am 08. Dezember 2003

In dem Berufungsverfahren

hat das Hessische Landesarbeitsgericht Kammer 16 in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 08. Dezember 2003

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hattesen als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter Huy und den ehrenamtlichen Richter Weber als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 9. April 2003 - 3 Ca 3616/00 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung -teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 17,375,40 (i.W.: Siebzehntausenddreihundertfünfundsiebzig 40/100 Euro) zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 3/5, die Beklagte 2/5 zu tragen.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für die von ihr in der Zeit von Januar bis August 2000 in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte ist eine 1991 gegründete juristische Person polnischen Rechts mit Sitz in (Polen), die sich in Polen im Schneiderhandwerk (Herstellung von Textilien) betätigt. Im Kalenderjahr 2000 führte sie mit Hilfe aus Polen entsandter polnischer Arbeitnehmer auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin in der Bundesrepublik Deutschland Rohbauarbeiten durch. In Berlin unterhielt die Beklagte während der Zeit der Tätigkeit in Deutschland ein von ihr als "Außenstelle Berlin" bezeichnetes Büro. Von diesem Büro aus und mit dem dem Namen der Beklagten beigefügten Zusatz "Außenstelle Berlin" wurden u.a. die gegenüber den Landesarbeitsämtern nach den Bestimmungen des Arbeitnehmerentsendegesetzes (AEntG) abzugebenden Meldungen über die in der Bundesrepublik Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer erteilt.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte sei aufgrund ihrer baugewerblichen Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträge für ihre nach Deutschland entsandten und hier beschäftigten Arbeitnehmer verpflichtet. Arbeitszeitlich überwiegend seien im Jahre 2000 von der Beklagten, auch unter Berücksichtigung ihrer Tätigkeit in Polen, Rohbauarbeiten und damit bauliche Leistungen ausgeführt worden. Die überwiegende Arbeitszeit der beschäftigten Arbeitnehmer sei auf die Tätigkeiten in Deutschland entfallen. Während die Beklagte, ausweislich der Auskunft einer Wirtschaftsauskunftei, in Polen durchschnittlich 21 Arbeitnehmer beschäftige, seien im Jahre 2000 im Januar und März 53, im Februar 59, im April 28, im Mai 17, im Juni 20, im Juli 19 und im August 4 Arbeitnehmer in Deutschland eingesetzt worden. In jedem Fall habe die Beklagte in Deutschland eine selbständige Betriebsabteilung unterhalten. Das belege das Büros in Berlin, die räumliche Trennung der Tätigkeiten in Deutschland und Polen sowie die gegenüber dem Betätigungsfeld in Polen völlig andersartige Tätigkeit der Beklagten in Deutschland. Entsprechend schulde die Beklagte Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes für die Monate Januar bis August 2000. Für die Monate Januar und Februar, für die die Beklagte Meldungen über die Bruttolöhne erteilt habe, stehe unter Berücksichtigung von Anrechnungen noch ein Betrag von 35.822,86 DM offen. Für die Monate März bis August berechne er die Beitragsforderung anhand der tariflichen Mindestlöhne, einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 7,8 Stunden pro Arbeitstag, der sich aus den Meldungen gegenüber den Landesarbeitsämtern bzw. der Zollverwaltung ergebenden Beschäftigungsdauer entsandter Arbeitnehmer und dem tariflichen Beitragssatz. Daraus errechne sich für März bis August ein Beitrag von 52.859,72 DM, den die Beklagte mindestens schulde.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 45.342,68 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, sie schulde dem Kläger keine Beiträge, weil sie nicht verpflichtet sei, für ihre nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer Sozialkassenbeiträge zu zahlen. Im Übrigen handele es sich bei ihr um ein Unternehmen, das im Kalenderjahr 2000 nicht überwiegend baugewerblichen Tätigkeiten ausgeführt habe. In diesem Jahre seien in Polen 37 Arbeitnehmer im Rahmen des Schneidergewerbes beschäftigt gewesen, während in Deutschland für die Durchführung von Bauleistungen durchschnittlich 11 Arbeitnehmer eingesetzt worden seien. Damit habe die von ihr in Deutschland ausgeübte, lediglich zusätzliche Tätigkeit nur knapp 30% der Arbeitskräfte in Anspruch genommen. Im übrigen habe sie ihre Tätigkeiten in Deutschland im Jahre 2000 eingestellt, weil die deutschen Auftraggeber ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen seien. Zwischenzeitlich seien auch die Arbeitsverträge mit den nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern aufgelöst worden. Nach den Vorschriften den polnischen Rechts sei sie verpflichtet gewesen, Urlaubsgelder an diese Arbeitnehmer, die in Deutschland eingesetzt worden seien, für die Zeit ihres Einsatzes in Deutschland zu zahlen. Das habe sie auch gemacht und insgesamt 54.699,22 DM für 2000 an Arbeitnehmer an Urlaubsgeld ausgezahlt. Bei dieser Sachlage sei für die Durchführung des tariflichen Urlaubskassenverfahrens kein Raum.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 09. April 2003 abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 179 bis 187 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 08. Dezember 2003 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er meint, die Beklagte sei im Jahre 2000 ein Baubetrieb schon deshalb gewesen, weil sie nach ihrem eigenen Vorbringen in Polen lediglich 252 Mann-Monate Schneiderarbeiten, dagegen in Deutschland, ausgehend von den vorgetragenen Beschäftigungszeiten von Arbeitnehmern, 253 Mann-Monate Bauleistungen durchgeführt habe. Tatsächlich seien, wie sich aus der Auskunft der Wirtschaftsauskunftei ergebe, im Gesamtbetrieb, also einschließlich der Tätigkeiten in Polen überhaupt nur durchschnittlich 21 Arbeitnehmer beschäftigt worden, so dass sich aufgrund der in Deutschland geleisteten Arbeitszeit ein deutliches überwiegen baulicher Leistungen ergebe. Im übrige habe es sich bei der Außenstelle Berlin um eine selbständige Betriebsabteilung gehandelt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 09.04.2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 45.342,68 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint, das Arbeitsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger weder ausreichend dargelegt habe, dass im Gesamtbetrieb der Beklagten überwiegend bauliche Leistungen erbracht worden seien noch dass die Voraussetzungen einer selbständigen Betriebsabteilung vorgelegen hätten. Aus den vom Kläger selbst vorgelegten Meldungen nach § 3 AEntG ergebe sich, dass 2000 weit weniger als 252 Mann-Monate an Arbeitszeit in Deutschland geleistet worden seien. Der Kläger habe übersehen, dass einige Arbeitnehmer nicht kontinuierlich während eines ganzen Monats, sondern nur für wenige Tage eingesetzt worden seien. Die Auskunft der Wirtschaftsauskunftei über die Zahl beschäftigter Arbeitnehmer beziehe sich offenbar lediglich auf die Tätigkeiten in Polen und zudem auf den Stichtag 31. Dezember 2001. Im übrigen habe sie aufgrund der an ihre in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer gezahlten Urlaubsgelder einen Erstattungsanspruch gegen den Kläger, eine Verrechnung mit einem Erstattungsanspruch gegenüber dem Zahlungsanspruch des Klägers könne erfolgen, sie stelle klar, dass sie hilfsweise mit den bereits erstinstanzlich bezeichneten, gegenüber den polnischen Arbeitnehmern erfolgten Urlaubsabgeltungen gegen die Klageforderung aufrechne.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 08. Dezember 2003 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung teilweise, nämlich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, Erfolg, während sie im übrigen nicht begründet ist. Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung von € 17.375,40 verlangen; im übrigen muss die Klage erfolglos bleiben, weil über den vorgenannten Betrag hinausgehende Zahlungsansprüche des Klägers durch Aufrechnung erloschen sind.

Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren des Klägers ist § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG i.V.m. § 8 Ziff. 15.1 BRTV/Bau und § 18 VTV (in der ab 01.01.2000 geltenden Fassung).

Nach § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG ist ein Arbeitgeber im Sinne des Abs. 1 S. 1 verpflichtet, einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien die ihr nach S. 1 zustehenden Beiträge - das sind im Zusammenhang mit der Gewährung von tariflichen Urlaubsansprüchen durch allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge einer gemeinsamen Einrichtung zustehende Beiträge - zu leisten. Diese Regelung ist geltendes Recht und trifft die Beklagte.

§ 1 Abs. 3 S. 1 AEntG regelt nichts anderes als eine Erstreckung von tariflichen Normen, die aufgrund Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) - und damit kraft Tarifrechts - für inländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten, auf einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seine im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer. Diese Erstreckung erfolgt nicht etwa durch den entsprechenden Tarifvertrag, sondern unmittelbar durch das Gesetz selbst.

Für die damit gesetzlich normierte Erstreckung bestimmter tarifvertraglicher Vorschriften auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer spielt es auch keine Rolle, ob für die Arbeitsverhältnisse deutsches oder ausländisches Recht gilt. Deshalb ist es unerheblich, dass für die Arbeitsverhältnisse zwischen der Beklagten und ihren nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern nicht deutsches, sondern polnisches Recht gilt. Denn deutsche Vorschriften sind, unabhängig vom Arbeitsvertragsstatut, stets dann auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden, wenn Bestimmungen des deutschen Rechts betroffen sind, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln (Art. 34 EGBGB). Um eine solche international zwingende Bestimmung handelt es sich bei § 1 Abs. 1 und 3 AEntG (vgl. BAG 25.06.2002 - 9 AZR 405/00 - AP Nr. 12 zu § 1 AEntG; BAG 25.06.2002 - 322/01 - NZA 2003, 519; BAG 25.06.2002 - 9 AZR 439/01 - AP Nr. 15 zu § 1 AEntG; BAG 25.06.2002 - 9 AZR DB 2003, 2287; BAG 9 AZR 406/00; 9 AZR 106/01; 9 AZR 264/01; 9 AZR 440/01).

Die durch das Gesetz mit international zwingender Wirkung erfolgte Erstreckung für allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge des Baugewerbes auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre in die Bundesrepublik Deutschland entsandten Arbeitnehmer wird im vorliegenden Fall auch nicht durch § 285 Abs. 2 SGB III iVm § 3 der Anwerbestoppausnahmeverordnung vom 17.09.1998 (BGBl I S. 2893) verdrängt. Der Regelungsgehalt dieser Bestimmung und der des § 1 AEntG sind nicht vergleichbar (vgl. BAG 25.06.2002 aaO).

Die gesetzliche Regelung des § 1 AEntG verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht.

Unerheblich ist im vorliegenden Fall, ob § 1 Abs. 1 und 3 AEntG gegen Bestimmungen des EG-Vertrages verstoßen. Bei der Beklagten handelt es sich um ein polnisches Unternehmer, Polen ist (noch) nicht Mitglied der EG, so dass die europarechtliche Bestimmungen der Art. 49, 50 EG, die die Dienstleistungsfreiheit regeln, für die Beklagte nicht gelten. Selbst wenn die in § 1 Abs. 3 AEntG geregelt Beitragspflicht ausländischer Unternehmen zum Urlaubskassenverfahren mit europarechtlichen Bestimmungen unvereinbar sein sollten (dafür: Kammerurteile v. 24.03.2003 - 16 Sa 497/00 u. 874/02), führt dies nämlich nicht zur Nichtigkeit der gesetzlichen Regelungen, sondern lediglich dazu, dass diese Bestimmungen vom Gemeinschaftsrecht verdrängt werden und damit, soweit das Gemeinschaftsrecht gilt, nicht mehr angewendet werden dürfen. Der EG Vertrag gilt jedoch nicht im Verhältnis zu Polen.

Nichts anderes gilt für die EG Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG vom 16.12.1996). Denn auch diese findet nur für Unternehmen mit einem Sitz in einem Mitgliedsstaat Anwendung.

Die in § 1 Abs. 3 S. 1 AEntG statuierte gesetzlich zwingende Wirkung bestimmter für allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge auch für ausländische Arbeitgeber und ihre im räumlichen Geltungsbereich des entsprechenden Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer verstößt, entgegen der Ansicht der Beklagten, auch nicht gegen Bestimmungen des Europaabkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits vom 16.12.1991 (Abl. EG 1993 L 348/1 ff). Bestimmungen in Beitragsabkommen gewähren nur dann unmittelbare Rechte, wenn ihre Durchführung nicht vom Erlass weiterer Akte abhängt (vgl. EuGH 29.01.2002 NZA 2002, 377) Umsetzungsakte hinsichtlich der im Assoziationsabkommen enthaltenen Regelungen über den Dienstleistungsverkehr (Art. 55) und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 42) sind bislang nicht getroffenen worden. Auch aus anderen Bestimmungen des Assoziationsabkommens lässt sich ein Verstoß des AEntG gegen dieses Abkommen nicht herleiten (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.).

Die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 1 und 3 AEntG verstößt auch nicht gegen deutsches Verfassungsrecht. Denn es ist weder ein Verstoß gegen Art. 3 noch Art. 9 Abs. 3 GG gegeben. Das hat das BAG in seinen vorzitierten Entscheidungen vom 25.06.2002 im einzelnen ausgeführt. Darauf wird zur Vermeidung blosser Wiederholungen verwiesen. Die Berufungskammer vertritt diese Auffassung seit jeher und hat diese auch in Kenntnis der Rechtsprechung des BAG mehrfach ausdrücklich bestätigt (vgl. zB Kammerurteil v. 11.08.2003 - 16 Sa 580/00). Neue, bislang nicht behandelte Argumente hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG sind in Bezug auf das Verhältnis zwischen den Parteien im vorliegenden Fall gegeben.

Die Beklagte ist Arbeitgeber i. S. von § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG, weil sie Vertragspartner von Arbeitnehmern ist, die im räumlichen Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages des Bauhaupt- und Baunebengewerbes i. S. der §§ 1 und 2 Baubetriebe VO, nämlich des BRTV/Bau, von ihr beschäftigt werden.

Der BRTV/Bau ist ein Tarifvertrag des Bauhaupt- und Baunebengewerbes i. S. der §§ 1, 2 Baubetriebe VO. Denn sein betrieblicher Geltungsbereich erstreckt sich auf eben die Betriebe, die in den §§ 1, 2 Baubetriebe VO genannt sind (§ 1 Abs. 2 BRTV/Bau). Dieser Tarifvertrag ist seit jeher und auch im Klagezeitraum für allgemeinverbindlich erklärt worden.

Bedenken gegen die Wirksamkeit der AVE bestehen nicht. Erheblichen Tatsachenvortrag, der Zweifel am Vorliegen der Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG aufkommen lassen könnte, hat die Beklagte nicht gehalten. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist das Veröffentlichungsverfahren mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar (vgl. BVerfG 10.09.1991 AP Nr. 27 zu § 5 TVG).

Die Beklagte unterhielt im Klagezeitraum einen Betrieb, von dem überwiegend Bauleistungen i. S. des § 211 Abs. 1 SGB III erbracht wurden.

Nach § 211 Abs. 1 S. 2 SGB III sind Bauleistungen alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Dazu gehören auch Rohbauarbeiten, weil diese darauf gerichtet sind, ein Gebäude oder sonstiges Bauwerk zu erstellen.

Die Beklagte unterhielt im Klagezeitraum auch einen Betrieb, von dem überwiegend Bauleistungen durchgeführt werden. Insoweit gilt für § 211 Abs. 1 SGB III nichts anderes als für die Frage der Unterworfenheit unter den Geltungsbereich der Bautarifverträge (vgl. BSG 09.12.1997, AP Nr. 205 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Es kommt darauf an, ob die überwiegende Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf bauliche Tätigkeiten entfällt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BAG 24.08.1994, AP Nr. 181 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Das ist in Bezug auf die Beklagte der Fall.

Aus § 1 Abs. 4 AEntG folgt dies freilich nicht. Nach dieser Bestimmung gelten für die Zuordnung zum betrieblichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach den Abs. 1, 2, 3 und 3a die vom Arbeitgeber mit Sitz im Ausland im Inland eingesetzten Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit als Betrieb. Nach dem unmissverständlichen Wortlaut bezieht sich diese Fiktion ausschließlich auf die tarifliche Zuordnung, nicht aber auf den Betriebsbegriff des § 1 Abs. 1 AEntG. Die Systematik der gesetzlichen Regelung bestätigt das. Der mit "wenn" eingeleitete Nebensatz des § 1 Abs. 1 AEntG ("wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 SGB III erbringt") beschreibt die Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland überhaupt kraft Gesetzes an die Rechtsnormen eines derartigen Tarifvertrages gebunden sein kann. Erst wenn dies der Fall ist, wird über § 1 Abs. 4 AEntG fingiert, dass die entsandten Arbeitnehmer von den üblicherweise auf "Betriebe" einer bestimmten Branche abstellenden Geltungsbereichsnormen von Tarifverträge erfasst werden (vgl. Kammerurteile v. 14.07.2003 - 16 Sa 1956/02 u. 16 Sa 512/00).

Im vorliegenden Fall kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass sie, unter Einrechnung der Tätigkeiten in Polen, im Kalenderjahr 2000 einen einheitlichen Gesamtbetrieb unterhalten hatte, von dem arbeitszeitlich überwiegend andere als bauliche Leistungen durchgeführt worden waren. Denn darauf kommt es streitentscheidend nicht an. Gleichwohl unterhielt die Beklagte im Kalenderjahr 2000 nämlich einen "Betrieb" iSv § 211 Abs. 1 SGB, weil die in Deutschland durchgeführten baulichen Tätigkeiten von einer (baulichen) Betriebsabteilung der Beklagten ausgeführt wurden.

"Betrieb" iSv § 211 Abs. 1 SGB III ist auch eine Betriebsabteilung. Das bestimmt ausdrücklich § 211 Abs. 1 S. 4 SGB III. Weil § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG den gesamten Abs. 1 des § 211 SGB II in Bezug nimmt, kann das nur bedeuten, dass von § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG auch solche Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre im räumlichen Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Bautarifvertrages Anwendung finden, wenn eine Betriebsabteilung dieser Arbeitgeber überwiegend Bauleistungen erbringt (vgl. BAG 25.06.2002 - 9 AZR 322/01 NZA 2003, 519; Kammerurteile v. 14.07.2003 - 16 Sa 582/00 - und 16 Sa 1956/02; OLG Stuttgart 05.09.2002 Justiz 2003,175; LAG Düsseldorf 14.10.2003 - 16 Sa 1589/02)). Bekräftigt wird dies dadurch, dass § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG auch auf §§ 1, 2 der Baubetriebe VO verweist. Denn § 1 Baubetriebe VO erfasst ausdrücklich Betriebe und Betriebsabteilungen, die gewerblich überwiegend Bauleistungen erbringen. Auch der Sinn und Zweck der Inbezugnahme des § 211 Abs. 1 SGB III bestätigt dies. Die Verweisung in § 1 Abs. 1 S. 1 AEntG auf § 211 Abs. 1 SGB III verfolgt den Zweck, die Organisationseinheiten von Arbeitgebern zu beschreiben, auf die sich für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge erstrecken sollen. Maßgebliche Organisationseinheit soll das sein, was es auch in § 211 Abs. 1 SGB III ist. Dort sind es der Betrieb und die Betriebsabteilung.

Die Beklagte wird durch dieses Auslegungsergebnis auch nicht verfassungswidrig gegenüber inländischen Unternehmen diskriminiert. Denn für inländische Mischbetriebe, also solche, die sowohl bauliche wie nichtbauliche Leistungen erbringen, gilt, selbst wenn die nichtbaulichen Leistungen überwiegen, nichts anderes. Wird von einem solchen Betrieb eine bauliche Betriebsabteilung unterhalten, findet § 211 Abs. 1 SGB III Anwendung.

Die von der Beklagten im Klagezeitraum in Deutschland eingesetzten und mit baulichen Tätigkeiten beschäftigten Arbeitnehmer gehörten zu einer von der Klägerin unterhaltenen (baulichen) Betriebsabteilung.

Unter "Betriebsabteilung" im Sinne von § 211 Abs. 1 S. 4 SGB III wird das verstanden, was man allgemein im arbeitsrechtlichen Sinne darunter versteht (vgl. BSG 20.01.1982 SozR 4100 § 75 Nr. 9); nämlich einen vom Gesamtbetrieb organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil, der eine personelle Einheit aufweist und mit eigenen technischen Arbeitsmitteln einen eigenen Betriebszweck verfolgt, der auch ein Hilfszweck sein kann (vgl. z.B. BAG 08.10.1975 und 11.09.1991 AP Nr. 25 und 145 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dabei ist freilich ein eigener Betriebszweck nicht zwingend erforderlich, da es möglich ist, dass ein Betrieb aus mehreren organisatorisch abgegrenzten Betriebsteilen besteht, die den gleich arbeitstechnischen Zweck verfolgen (vgl. Niesei SGB III 2. Aufl. 2002 § 171 Rz 7).

Diese Merkmale sind im Hinblick auf die von der Beklagten im Kalenderjahr 2000 in Deutschland durchgeführten baulichen Tätigkeiten erfüllt. Diese wurden von einer (baulichen) Betriebsabteilung der Beklagten erbracht.

Die Tätigkeiten der Beklagten in Deutschland waren räumlich von derjenigen in Polen deutlich abgegrenzt. Diese Tätigkeiten wurden auch von einer eigenen Personaleinheit, nämlich eigenem, speziell der Tätigkeit in Deutschland zuzuordnendem Personal durchgeführt, weil ein steter Arbeitnehmeraustausch bezüglich der in Polen und der in Deutschland durchgeführten Arbeiten aufgrund der räumlichen Entfernung ausgeschlossen ist. Anderes ist auch von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Ob die Arbeitnehmer nach ihrer Rückkehr nach Polen (wieder) dort beschäftigt wurden, ist ohne Belang. Erforderliches Merkmal einer Betriebsabteilung ist nicht der ausschließliche Einsatz bestimmter Arbeitnehmer in dieser Einheit, sondern lediglich die Möglichkeit einer Zuordnung von Arbeitnehmern zu dieser Einheit. Eine solche Zuordnung ist unproblematisch möglich, wenn diese Arbeitnehmer, wie hier, für bestimmte Zeit, von den übrigen räumlich getrennt, bestimmte, in der Arbeitseinheit anfallende Tätigkeiten ausüben. Im übrigen hat die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen die der Arbeitsverhältnisse mit ihren nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern - jedenfalls einen Großteil davon - nach Aufgabe der Tätigkeiten in Deutschland beendet. Das deutet in die Richtung, dass die in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer sogar ausschließlich hier tätig waren.

Dass für die in Deutschland durchgeführten baulichen Leistungen eigene technische Arbeitsmittel Verwendung fanden, ist selbstverständlich, weil schon die räumliche Entfernung der Arbeitnehmer von der Betriebsstätte in Polen den Einsatz von Arbeitsmitteln, die im gleichen Zeitraum auch in Polen - zur Verwendung kommen, ausschließt. Zudem ist es evident, dass bei Arbeiten im Rahmen der Herstellung von Textilien und bei Arbeiten im Rahmen der Rohbauerstellung unterschiedliche technische Arbeitsmittel Verwendung finden.

Es handelte sich bei den baulichen Tätigkeiten in Deutschland auch um einen organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil der Beklagten. Da "Organisation" nichts anderes ist als ein "Teil eines gegliederten Ganzen" (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Jubiläumsausgabe 1990 S. 134), bzw., betriebswirtschaftlich, eine "ordnende Gestaltung" (vgl. Schneck, Lexikon der Betriebswirtschan, 3. Aufl. 1998 S. 541), ist zur Annahme einer Betriebsabteilung ein abgrenzbarer (personeller) Apparat erforderlich, der gerade die in der Teileinheit anstehenden arbeitstechnisch erforderlichen Maßnahmen plant, d.h. gedanklich vorwegnimmt, und damit den arbeitstechnischen Ablauf im Hinblick auf das gewünschte Ergebnis festlegt und steuert.

Es spricht bereits eine tatsächliche Vermutung für einen von der Beklagten bezüglich der von ihr in Deutschland durchgeführten baulichen Leistungen unterhaltenen, vom übrigen Betrieb abgegrenzten verselbständigten arbeitstechnischen Leitungsapparat. Denn die arbeitstechnische Abwicklung und Koordinierung von Werkverträge in Deutschland ist, nicht nur wegen der Vielzahl der zu beachtenden rechtlichen Vorgaben, sondern auch wegen der Notwendigkeit eines den jeweiligen Gegebenheiten an den Baustellen Rechnung tragenden Personaleinsatzes, ohne speziell darauf ausgerichtete übergeordnete, das heißt alle in Deutschland anfallenden Bauvorhaben erfassende planerische Tätigkeit, praktisch nicht möglich.

Das gilt umso mehr, als die Tätigkeit der Klägerin in Polen von der arbeitstechnischen Zielsetzung her gesehen eine gänzlich andere war als die in Deutschland ausgeführte. Während in Deutschland bauliche Leistungen erbracht wurden, war und ist die Beklagte in Polen mit der Herstellung von Textilien befasst. Derartig unterschiedliche, zudem räumlich deutlich geschiedene arbeitstechnische Zwecke können regelmäßig nur sachgerecht verfolgt werden, wenn dezentrale relativ verselbständigte Leitungseinheiten vorhanden sind.

Dass die erforderliche Steuerung der in Deutschland von der Klägerin verfolgten arbeitstechnischen Zwecke, nämlich der Durchführung baulicher Leistungen, nicht zentral von Polen aus geschah, belegt schließlich greifbar der Umstand, dass die Beklagte im Klagezeitraum in Deutschland ein als "Außenstelle Berlin" firmierendes Büro unterhalten hat. Diese Außenstelle der Beklagten war, wie die Schreiben die Landesarbeitsämter zeigen, hinsichtlich der in Deutschland erbrachten Tätigkeiten Ansprechpartner und Kontaktstelle für Dritte, von dort aus wurde, wie die Schreiben zeigen, das insoweit eingesetzte Personal verwaltungsmäßig betreut. Dann spricht alles dafür, dass auch arbeitstechnischen Leitungsaufgaben im Hinblick auf die Tätigkeiten der Beklagten in Deutschland nicht zentral von Polen aus wahrgenommen wurden, sondern an Personal vor Ort, nämlich solches in der Außenstelle in Berlin, delegiert waren. Damit war eine Leitungsebene in Bezug auf die verfolgten arbeitstechnischen Zwecke für die Tätigkeit in Deutschland vorhanden. Entsprechend unterhielt die Beklagte in Deutschland eine bauliche Betriebsabteilung.

Weil die Beklagte im Klagezeitraum einen Betrieb iSv § 211 Abs. 1 SGB unterhielt, ist sie dem Kläger gegenüber zu Leistungen nach den tariflichen Vorschriften über das Urlaubsverfahren verpflichtet.

Dem Kläger ist durch Rechtsnormen des BRTV/Bau, nämlich § 8 BRTV/Bau, im Zusammenhang mit der Gewährung von Urlaubsansprüchen die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen übertragen. Nach § 8 Ziff. 15.1 BRTV/Bau hat der Kläger insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der Urlaubsvergütung zu sichern, nach § 8 Ziff. 15.1 S. 2 haben die Arbeitgeber die dazu erforderlichen Mittel durch Beiträge aufzubringen, auf diese hat der Beklagte einen unmittelbaren Anspruch (§ 8 Ziff. 15.1 S. 3). Das bedeutet nichts anderes, als dass der Kläger aufgrund der tarifvertraglichen Bestimmungen gegenüber den tarifunterworfenen Arbeitgebern Gläubiger der Beitragsansprüche und der betroffene Arbeitgeber Schuldner derselben ist (vgl. BAG 11.01.1990, AP Nr. 11 zu § 4 TVG Gemeinsame Einrichtungen).

Die in § 8 BRTV/Bau enthaltenen Regelungen verstoßen nicht gegen Gesetzesrecht.

Dadurch, dass sich die Regelung des § 8 BRTV/Bau nur auf Arbeiter, nicht aber auf Angestellte erstreckt, wird nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen (vgl. BAG 25.06.2002 aaO.; Kammerurteil v. 13.01.2003 - 16 Sa 142/02).

Es liegt auch kein Verstoß gegen zwingende Bestimmungen des deutschen Urlaubsrechts vor. Zwar weichen die tarifvertraglichen Regelungen von den sonst unabdingbaren Vorschriften des BUrlG ab. Das ist jedoch wegen § 13 Abs. 2 BUrlG gerechtfertigt. Nach dieser Bestimmung kann für das Baugewerbe und sonstige Wirtschaftszweige, in denen als Folge häufigen Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfange üblich sind, durch Tarifvertrag von den vorstehenden Vorschriften des Gesetzes abgewichen werden, soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Es spielt keine Rolle, ob die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 BUrlG auch für von einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland in die Bundesrepublik Deutschland entsandte Arbeitnehmer zutreffen. Durch Tarifvertragsrecht werden derartige Arbeitnehmer nämlich nicht von § 8 BRTV/Bau erfasst, weil dieser Tarifvertrag nach seinem Geltungsbereich nur für Arbeitsverhältnisse gilt, die zu einem Arbeitgeber mit Betrieb in der Bundesrepublik Deutschland bestehen.

Demgegenüber gelten die tarifvertraglichen Regelungen für ausländische "Entsender" (Arbeitgeber mit Sitz im Ausland) und entsandte Arbeitnehmer aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung, nämlich wegen § 1 Abs. 1 und 3 AEntG. Damit ist für derartige Arbeitsverhältnisse das Gesetz selbst, nämlich § 1 Abs. 1 und 3 AEntG Grundlage für eine von den sonst unabdingbaren Bestimmungen des BUrlG abweichende Regelung. Als zeitlich jüngere Norm geht § 1 Abs. 1 und 3 AEntG in seinem Anwendungsbereich den sonst unabdingbaren Bestimmungen des BUrlG vor.

Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, die ausländerrechtlichen Regelungen ließen einen Arbeitsplatzwechsel polnischer Arbeitnehmer rechtlich und faktisch nicht zu, so dass der Zweck der Urlaubskassenregelung, nämlich einen zusammenhängenden Jahresurlaub zu sichern, gegenüber diesen Arbeitnehmern leer liefe und ein Unternehmen wie das der Klägerin lediglich durch die Verpflichtung zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen belastet werde. Der Zweck des tariflichen Urlaubsverfahrens wird verkürzt wiedergegeben, wenn nur auf die Sicherung des Urlaubsanspruchs bei Arbeitsplatzwechseln von Arbeitnehmern abgestellt wird. Durch das Urlaubskassenverfahren sollen die Lasten der Freizeitgewährung und Bezahlung gleichmäßig auf die Schultern aller Arbeitgeber einer Branche verteilt und so der "Urlaubslohn" kollektiv abgesichert werden (vgl. BAG 08.10.1981 AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler). Zur "Baubranche" gehören auch ausländische Arbeitgeber und ihre nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer, soweit bauliche Leistungen von letzteren erbracht werden.

Die durch § 1 Abs. 3 AEntG gesetzlich vermittelte Erstreckung der Norm des § 8 BRTV/Bau gilt in Bezug auf die Beklagte. Denn sie unterhielt im räumlichen Geltungsbereich des BRTV/Bau im Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb iSd Geltungsbereichsbestimmung des § 1 Abs. 2 BRTV/Bau. Das folgt aus § 1 Abs. 4 AEntG und dem Umstand, dass die überwiegend in Deutschland durchgeführten Arbeiten solche sind, die von der Geltungsbereichsbestimmung des § 1 Abs. 2 BRTV/Bau erfasst werden.

Die Beklagte wird gegenüber inländischen Baubetrieben auch nicht dadurch diskriminiert, dass § 1 Abs. 2 Abschn. VI BRTV/Bau nicht allgemein eine Betriebsabteilung, sondern nur eine "selbständige" Betriebsabteilung einem Betrieb gleichstellt und damit inländische Arbeitgeber, die arbeitszeitlich andere als bauliche Leistungen erbringen, nur dann von den tarifvertraglichen Vorschriften erfasst werden, wenn sie eine selbständige baulich Betriebsabteilung unterhalten Denn die von der Klägerin in Berlin im Jahre 2000 unterhaltene Betriebsabteilung erfüllt auch dieses zusätzliche Merkmal, weil eine deutliche räumliche und organisatorische Abgrenzung der dort unterhaltenen Betriebsabteilung vom übrigen Betrieb vorhanden war. Das belegt die Entfernung zwischen Polen und Deutschland sowie der Umstand, dass die Beklagte außerhalb Deutschlands gänzlich andersartige Tätigkeiten durchführt.

Der Höhe nach kann der Kläger als Beitragszahlung für den Klagezeitraum nach § 18 VTV € 17.375,40 verlangen.

Die Regelungen des VTV gelten für die Beklagte ebenfalls, weil der betriebliche Geltungsbereich dieses Tarifvertrages mit dem des BRTV/Bau identisch ist und § 1 Abs. 4 AEntG Anwendung findet.

Soweit es um Beitragsforderungen für Januar und Februar geht, hat der Kläger deren Höhe nach den eigenen Meldungen der Beklagten berechnet und anzurechnende Beträge abgesetzt. Insoweit hat die Beklagte auch keine Einwände erhoben. Soweit es um Forderungen für März bis August geht, ist es nicht zu beanstanden, dass der Kläger die Beitragsforderungen anhand der tariflichen Mindestlöhne berechnet hat (vgl. BAG 25.06.2002- 9 AZR 106/01). Der Vortrag des Klägers ist insoweit schlüssig, erhebliche Einwände hat die Beklagte nicht vorgebracht. Ihr Verweis darauf, die vom Kläger vorgenommene Berechnung der Beschäftigungsdauer anhand der Meldungen der Beklagten nach § 3 AEntG sei unzureichend, geht fehl. Der Kläger hat insoweit konkrete Behauptungen hinsichtlich der Beschäftigungsdauer von Arbeitnehmern, ebenso wie hinsichtlich der jeweiligen Arbeitszeit, aufgestellt. Hierzu musste die Beklagte wegen § 138 Abs. 2 ZPO konkret Stellung. Das gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die Beklagte nach § 21 VTV zur Auskunftserteilung über die gezahlten Bruttolöhne und die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes verpflichtet ist. Diese materiellrechtliche Pflicht der Beklagten erweitert ihre prozessuale Darlegungsobliegenheit dahin, dass sie substantiiert, durch konkreten Gegenvortrag, zur Höhe der Beitragsforderungen für die Monate März bis August 2000 Stellung zu nehmen hatte. Dies hat die Beklagte unterlassen, damit gilt das Vorbringen des Klägers zur Höhe als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Die sich danach für den Klagezeitraum ergebende Beitragsforderung des Klägers in Höhe von € 45.342,68 ist in Höhe von € 27,967,27 erloschen. Denn in dieser Höhe hat die Beklagte einen Zahlungsanspruch gegen den Kläger, mit diesem hat sie gegen die Beitragsforderung des Klägers aufgerechnet, die erklärte Aufrechnung bewirkt, dass die Forderung der Beklagten und die Zahlungsforderung des Klägers in nämlicher Höhe erloschen sind. (§ 389 BGB).

Die Beklagte hatte gegen den Kläger einen Anspruch auf Zahlung von € 27.067,27.

Wie die Beklagte unbestritten vorgetragen hat, hat sie an namentlich bezeichnete, im Kalenderjahr 2000 nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer wegen Beendigung der Arbeitsverhältnisse nach polnischem Recht Urlaubsvergütungen (ohne gleichzeitige Gewährung von Urlaub) zu zahlen gehabt. Diese Leistungen hat sie nach ihrem vom Kläger nicht bestrittenen Vorbringen in einer Gesamthöhe von € 27.087,27 auch an die Arbeitnehmer erbracht. In dieser Höhe hat die Beklagte einen Erstattungsanspruch gegen den Kläger.

Ein solcher Erstattungsanspruch folgt zwar nicht aus den tariflichen Bestimmungen unmittelbar. Er ergibt sich jedoch daraus, dass auf Fallkonstellationen wie die vorliegende § 13 Abs. 1 S. 1 VTV entsprechend anzuwenden ist.

Einer analogen Anwendung von § 13 Abs. 1 S. 1 VTV lässt sich nicht von vornherein entgegenhalten, es sei den Arbeitsgerichten nicht erlaubt, im Wege der Analogie Ansprüche zu schaffen, die die Tarifvertragsparteien unbewusst oder gar bewusst nicht eingeräumt haben. Richtig ist, dass ein korrigierender Eingriff in tarifliche Regelungen in der Regel unzulässig ist, weil die Gerichte damit eine Aufgabe übernehmen würden, die das Grundgesetz (Art. 9 Abs. 3 GG) allein den Tarifvertragsparteien zugewiesen hat Im vorliegenden Fall ist das jedoch anders. Die Geltung der tariflichen Bestimmungen über den Urlaub im Baugewerbe beruht für die Beklagte und ihre entsandten Arbeitnehmer nicht auf Tarifrecht. Die Geltung ergibt sich vielmehr ausschließlich und unmittelbar aus einer gesetzlichen Regelung, nämlich aus § 1 Abs. 3 AEntG.

Damit kann die alleinige Befugnis der Tarifvertragsparteien, über die von ihnen geschaffenen Regelungen zu befinden, einer erforderlichen Lückenausfüllung nicht entgegenstehen. Ist Geltungsgrund der tariflichen Regelungen gegenüber den ausländischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nämlich allein das Gesetz, so kann und darf auch nach den für Gesetze maßgeblichen Grundsätzen geprüft werde, ob eine lückenhafte Regelung durch Analogie zu schließen ist. Ganz in diesem Sinne hat denn auch das BAG in seinen Entscheidungen vom 25.06.2002 (aaO) ganz selbstverständlich Ausführungen darüber gemacht, wie die seines Erachtens bei Entsendefällen anstehenden Probleme bei der Abwicklung des Verfahrens zu lösen sind und seine Lösungen aus einer "bestimmungsgemäßen" Anwendung der Tarifverträge hergeleitet. Der Sache nach ist dies nichts anderes als Lückenschließung.

Nach § 13 Abs. 1 S. 1 VTV hat der baugewerbliche Arbeitgeber gegenüber dem Kläger einen Erstattungsanspruch, wenn er den Arbeitnehmern (unter Gewährung von Freizeit) Urlaubsvergütung ausgezahlt hat und einen Anspruch auf Erstattung der Urlaubsabgeltung in den Fällen (§ 8 Ziff. 6.2 S. 3), in denen der Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet ist. Diese Vorschrift ist entsprechend anzuwenden, wenn ein ausländischer Arbeitgeber an die ins Ausland zurückgekehrten Arbeitnehmer wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach ausländischem Recht Urlaubsabgeltung zu zahlen hat und zahlt, soweit diesen gleichzeitig ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 8 Ziff 6.1 BRTV/Bau zusteht.

Eine entsprechende Anwendung kommt dann in Betracht, wenn die gesetzliche Regelung planwidrig lückenhaft erscheint und zur Ausfüllung der Lücke die Übertragung der Rechtsfolge eines gesetzlichen Tatbestandes auf einen vergleichbaren, aber im Gesetz nicht geregelten Tatbestand erforderlich ist (vgl. BAG 13.02.2003 AP 24 zu § 611 BGB Organvertreter m.w.N.).

Die tariflichen, kraft Gesetzes für die Beklagte geltenden tariflichen Bestimmungen sind insoweit lückenhaft, als sie einen Erstattungsanspruch des ausländischen Arbeitgebers für nach ausländischem Recht gezahlte Urlaubsabgeltung nicht vorsehen, wenn der entsandte Arbeitnehmer auch einen Urlaubsabgeltungsanspruch nach deutschem Recht hat.

Der entsandte Arbeitnehmer, der sowohl die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegen den Kläger nach § 8 Ziff.6.1 BRW/Bau wie auch diejenigen eines Urlaubsabgeltungsanspruchs nach ausländischem Recht gegen seinen Arbeitgeber erfüllt, kann die Zahlung von Urlaubsabgeltung nur einmal und zwar in Höhe des sich aus ausländischem (hier: polnischem) und deutschem Recht ergebenden Maximalbetrages verlangen. Das ergibt sich aus einer sachgerechten Auslegung der tariflichen Bestimmungen über den Urlaub.

Die tariflichen Regelungen des BRTV/Bau normieren einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub in bestimmter Länge mit bestimmter Zahlungspflicht des Arbeitgebers. Dem Zweck dieser materiell-rechtlichen tariflichen, kraft Gesetzes für entsendende Arbeitgeber und entsandte Arbeitnehmer geltenden Regelungen über Urlaub und Urlaubsvergütung liefe es zuwider, wenn man davon ausgehen wollte, Ansprüche nach dem BRTV/Bau und nach ausländischem Recht würden nebeneinander bestehen.

Durch die über § 1 Abs. 3 AEntG international zwingend ausgestalteten Bestimmungen des BRTV/Bau soll ein Mindeststandard, nämlich der des geltenden deutschen Tarifrechts, auch für entsandte Arbeitnehmer, garantiert werden. Das verbietet die Annahme, ausländische und deutsche Regelungen hinsichtlich des Urlaubs ständen beziehungslos nebeneinander und seien u.U. zu kumulieren. § 8 Ziff. 13 BRTV/Bau bestätigt dies. Denn danach werden Urlaubstage und Urlaubsvergütungen, welche ein außerhalb Deutschlands ansässiger Arbeitgeber bereits vor der Entsendung für das laufende Kalenderjahr gewährt hat, auf die während der Entsendezeit bis zum jeweiligen Zeitpunkt der Anrechnung entstandenen Urlaubsansprüche angerechnet. Damit sollen Doppelbelastungen des Arbeitgebers und gleichzeitig durch Kumulation sich ergebende Vergünstigungen ausländischer entsandter Arbeitnehmer vermieden werden. Eben diese Konsequenzen würden jedoch entstehen, wenn der entsendende Arbeitgeber sowohl nach den deutschen Regelungen wie nach ausländischem Recht auch während der Entsendung verpflichtet bliebe, Urlaub und Urlaubsvergütung sowohl nach deutschem wie nach ausländischem Recht zu gewähren oder nach Beendigung der Entsendung für die Zeit der Entsendung Urlaubsabgeltungsansprüche vom Arbeitnehmer sowohl nach ausländischem wie nach deutschem Recht geltend gemacht werden könnten. Das würde dem Schutzzweck der tariflichen Regelungen zuwiderlaufen. Weil durch nationale deutsche Regelungen nicht in ausländische Regelungen über Urlaub und Urlaubsvergütung für entsandte Arbeitnehmer eingegriffen und der Wille zu einem derartigen Eingriff dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden kann, kann daher die gesetzliche Regelung nur so verstanden werden, dass die Erfüllung von Urlaubs- und Urlaubsvergütungsansprüchen gegenüber den entsandten Arbeitnehmern durch den entsendenden Arbeitgeber nach ausländischem Recht zu berücksichtigen sind, und zwar in der Weise, dass dieser Umstand geeignet ist, tarifliche Verpflichtungen nach dem BRTV/Bau teilweise, nämlich im Umfang ihrer Gewährung, zum Erlöschen zu bringen. Bei gewährtem Urlaub und gezahlter Urlaubsvergütung bedeutet dies, dass der ausländische Arbeitgeber insoweit in Höhe der gewährten Zahlungen, einen Erstattungsanspruch nach § 13 VTV erwirbt. Hinsichtlich der Urlaubsabgeltung kann nichts anderes gelten. Alles andere stände in Widerspruch zu den tariflichen Verfahrensregeln.

Sinn der tariflichen Regelungen über die verfahrensmäßige Ausgestaltung der Urlaubsansprüche und die Einschaltung des Klägers ist die Sicherung der Auszahlung der sich aus den tariflichen Bestimmungen ergebenden Urlaubsvergütung (§ 8 Ziff. 15.1 BRTV/Bau). Gesichert wird die Auszahlung bezüglich Urlaubsvergütung für gewährten Urlaub indirekt, nämlich dadurch, dass es für den Arbeitgeber unatraktiv ist, sich seiner Zahlungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer zu entziehen. Denn mit dem Kläger steht eine Institution zur Verfügung, die die Beiträge einzutreiben hat und dies, wie die Erfahrung lehrt, auch unnachsichtig tut. Wirtschaftlich ist es daher ein Gebot der Vernunft für den Arbeitgeber, die Urlaubsvergütungen zu zahlen, um damit seinerseits geldwerte Erstattungsansprüche gegen den Kläger zu erwerben, die sogar, allerdings nur, soweit der Arbeitgeber am sog. Spitzenausgleichsverfahren teilzunehmen berechtigt ist, mit Beitragsansprüchen saldiert werden (§ 23 VTV). Hinsichtlich der Urlaubsabgeltungsansprüche, die unmittelbar gegenüber dem Kläger geltend zu machen sind (§ 8 Ziff. 6.2 BRTV/Bau), folgt die Sicherung schließlich schon daraus, dass dem Arbeitnehmer mit dem Kläger ein jederzeit wirtschaftlich potenter Schuldner zur Verfügung steht.

Dem mit der Einschaltung des Klägers in die Realisierung von Urlaubsansprüchen durch entsandte Arbeitnehmer verbundenen Sicherungszweck ist bei der gesetzlich statuierten Anwendung der Verfahrensbestimmungen des VW Rechnung zu tragen.

Unvereinbar mit der Sicherungsfunktion wäre eine Befugnis des Klägers, Beiträge einzutreiben, ohne dass dem entsprechende Leistungen an Arbeitnehmer gegenüberstehen (vgl. BAG 25.06.2002 aaO). Ein solcher Fall kann jedoch bei Urlaubsabgeltungsansprüchen entsandter Arbeitnehmer eintreten. Wie ausgeführt, kann ein entsandter Arbeitnehmer, der sowohl die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 8 Ziff.6.1 BRTV/Bau wie auch nach seinem Heimatrecht erfüllt, Urlaubsabgeltung vom Kläger nur noch in Höhe des Differenzbetrages zum ausländischen Recht verlangen, wenn er Urlaubsabgeltung - für den nämlichen Zeitraum - nach seinem Heimatrecht fordern kann und bereits erhalten hat. Mithin wird der Kläger in einem solchen Fall durch die Zahlung von Urlaubsabgeltung nach ausländischem Recht durch die Beklagte an die entsandten Arbeitnehmer von seiner Verpflichtung zur Zahlung der Urlaubsabgeltung in der von der Beklagten gezahlten Höhe befreit. Damit verblieben, ohne entsprechende Erstattungsansprüche des ausländischen Arbeitgebers, die vom ausländischen Arbeitgeber gezahlten Beiträge in Höhe der nach ausländischen Recht gezahlten Urlaubsabgeltung beim Kläger, ohne dass entsprechende Leistungen in dieser Höhe an die Arbeitnehmer seitens des Klägers zu erbringen sind. Dieses Ergebnis ist systemwidrig. Systemkonform zu korrigieren ist es durch einen Erstattungsanspruch des Arbeitgebers in Höhe der gezahlten Urlaubsabgeltungen nach ausländischem Recht, wie er für andere Fälle in § 13 Abs. 1 S. 1 VTV vorgesehen ist.

Hier liegen die Voraussetzungen für einen derartigen Erstattungsanspruch auf Seiten der Beklagten vor. Unstreitig hat sie an die, aus Arbeitsverhältnissen zu ihr nach Beendigung der Tätigkeit in Deutschland ausgeschiedenen, Arbeitnehmer für das Kalenderjahr 2000 Urlaubsabgeltungen nach polnischem Recht zu zahlen gehabt und dies in Höhe von insgesamt € 27.067,67 an die im einzelnen aufgeführten Arbeitnehmer auch getan. Dass diese Arbeitnehmer im Kalenderjahr 2000 nicht nur in Deutschland, sondern auch in Polen im Rahmen des Schneidergewerbes, von der Beklagten eingesetzt worden sind, ist nichts vorgetragen worden, hierfür spricht auch nichts. Gleichzeitig haben diese Arbeitnehmer drei Monate nach ihrer Rückkehr nach Polen nach den tariflichen Vorschriften Urlaubsabgeltungsansprüche - erworben. Das folgt aus § 8 Ziff.6.1 lit. f BRTV/Bau, weil die Arbeitnehmer mit ihrer Rückkehr nach Polen vom BRTV/Bau nicht mehr erfasst wurden und die Arbeitsverhältnisse erst in Polen beendet worden sind.

Mit dem danach zu ihren Gunsten bestehenden Erstattungsanspruch hat die Beklagte aufgerechnet. Die erforderliche Erklärung (§ 388 BGB) hat die Beklagte bereits erstinstanzlich konkludent dadurch abgegeben, dass sie auch unter Verweis auf die erfolgten Zahlungen das Bestehen der Klageforderung in Abrede gestellt hat. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, wurde die Aufrechnung jedenfalls im Berufungsrechtszug ausdrücklich erklärt. Sie ist auch nach § 533 ZPO zulässig, weil ihre Berücksichtigung die endgültige Beilegung des Streits zwischen den Parteien fördert und sie auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung ohnehin zugrunde zu legen hat, weil die zugrundezulegenden Tatsachen bereits erstinstanzlich vorgebracht worden sind und zudem nicht im Streit stehen.

Die Aufrechnung ist auch nicht ausgeschlossen. Richtig ist zwar, dass nach § 18 Abs. 5 VTV eine Aufrechnung gegen bestehende Beitragsansprüche für den Arbeitgeber ausgeschlossen ist. Dieser keinen rechtlichen Bedenken begegnende Aufrechnungsausschluss greift im vorliegenden Fall jedoch nicht unmittelbar ein.

Der Aufrechnungsausschluss des § 18 Abs. 5 VTV erfasst sowohl nach dem Wortlaut der tariflichen Bestimmung, wie auch nach der Gesamtsystematik der tarifvertraglichen Regelungen des VTV nur die im VTV ausdrücklich normierten Erstattungsforderungen eines baugewerblichen Arbeitgebers.

Den Begriff der "Erstattung" verwenden die Tarifvertragsparteien sowohl in § 13 wie in § 16 VTV für Ansprüche des Arbeitgebers auf Erstattung der dem Arbeitnehmer ausgezahlten Urlaubsvergütung und den dem Arbeitgeber ausgezahlten Lohnausgleich. Bezüglich gezahlter Urlaubsabgeltung besteht ein tariflich ausdrücklich normierter Erstattungsanspruch nur in den im vorliegenden Fall nicht einschlägigen Konstellationen des § 8 Ziff.6.2 S. 3 BRTV/Bau, nämlich in den Fällen, in denen nicht der Kläger die Urlaubsabgeltung gegenüber dem Arbeitnehmer zu zahlen hat (§ 13 Abs. 1 S. 1 VTV).

Wenn die Tarifvertragsparteien dann in § 18 Abs. 5 VTV von Erstattungsansprüchen des Arbeitgebers sprechen, muss das so verstanden werden, dass damit die im Tarifvertrag ausdrücklich normierten Erstattungsansprüche des Arbeitgebers gemeint sein sollen.

§ 18 Abs. 5 VTV ist auf den hier in Rede stehenden Erstattungsanspruch im vorliegenden Fall auch nicht entsprechend anzuwenden. Es fehlt an der erforderlichen Gleichheit der Interessenlage.

Zweck des tariflichen Aufrechnungsausschlusses des § 18 Abs. 5 VTV ist es, im Interesse eines reibungslosen Funktionierens der gemeinsamen Einrichtung, das Beitragsaufkommen zu sichern und zu vermeiden, dass dieses durch Aufrechnungen mit den tariflich geregelten Erstattungsansprüchen teilweise ausgezehrt wird (vgl. BAG 14.12.1977 AP Nr. 1 zu § 4 TVG Gemeinsame Einrichtungen). Diese Sicherung ist erforderlich. Durch ein Urlaubskassenverfahren wie das im Baugewerbe werden, wie bereits ausgeführt, die Lasten, der Freizeitgewährung und Bezahlung gleichmäßig auf die Schultern aller Arbeitgeber einer Branche verteilt. Die insofern erfolgende kollektive Sicherung des "Urlaubslohns" (vgl. BAG 08.10.1981 AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler) würde durch die Befugnis des Arbeitgebers zur Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen konterkariert, weil er sich damit teilweise der zum Funktionieren des Systems unabdingbaren laufenden Beitragszahlungsverpflichtung entziehen könnte.

Bei der Erstattung von Urlaubsabgeltungsansprüchen, die der Arbeitnehmer gegenüber dem Kläger geltend zu machen hat, greift der Gedanke der kollektiven Sicherung freilich seit 01.01.2000 nicht (mehr). Nach § 14 Abs. 1 S. 1 VTV zahlt der Kläger dem Arbeitnehmer nur dann die Urlaubsabgeltung, soweit diese durch einen Beitrag des Arbeitgebers, bei welchem der Urlaubsanspruch entstanden ist, finanziert ist. Damit ist die Durchsetzung derartiger Ansprüche durch entsandte Arbeitnehmer gegenüber dem Kläger unmittelbar abhängig von Beitragszahlungen ihres entsendenden Arbeitgebers. Daraus folgt zweierlei: Zum einen ist das Prinzip kollektiver Absicherung des "Urlaubslohns" teilweise verlassen worden. Zum anderen besteht nicht die Gefahr, dass der Kläger Leistungen (Urlaubsabgeltung) zu erbringen hat, für die es an einer Finanzierung durch Beiträge fehlt. Jedenfalls dann, wenn der ausländischen Arbeitgeber, wie im vorliegenden Fall die Beklagte, seine Tätigkeit in Deutschland eingestellt hat, liegt dann im Hinblick auf den Erstattungsanspruch wegen Zahlung von Urlaubsabgeltungen nach ausländischem Recht kein Tatbestand vor, der mit dem zu vergleichen ist, für den § 18 Abs. 5 VTV einen Aufrechnungsausschluss gegen Beitragsansprüche bestimmt. Die Gefahr einer Auszehrung des Beitragsaufkommens besteht nicht, weil von Seiten des Klägers gar keine Zahlungen in Höhe der vom ausländischen Arbeitgeber erbrachten Urlaubsabgeltungen, soweit sie sich nach Grund und Höhe mit den nach deutschem Recht entstandenen decken, zu erbringen sind. Im übrigen, nämlich in Höhe des Differenzbetrages zwischen Beitrag und gezahlter Urlaubsabgeltung, bleibt der ausländische Arbeitgeber zur Beitragszahlung verpflichtet, so dass Urlaubsabgeltungsansprüche nach deutschem Recht in Höhe des Differenzbetrages, soweit gezahlt wird, finanziert sind bzw. Ihre Finanzierung durch klageweise Geltendmachung und Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung sichergestellt werden kann.

Damit fehlt es an einer Grundlage für eine entsprechende Anwendung des § 18 Abs. 5 VTV auf den hier in Rede stehenden Erstattungsanspruch der Beklagten. Zwar mag manches dafür sprechen, dass ein Aufrechnungsausschluss von den Tarifvertragsparteien auch insoweit geschaffen werden könnte und dann über § 1 Abs. 3 AEntG auch für ausländische entsendende Arbeitgeber gelten würde. Solange das nicht der Fall ist, muss es dabei verbleiben, dass ein ausländischer Arbeitgeber, der seine Tätigkeit in Deutschland aufgegeben hat, mit seinem Anspruch auf Erstattung von selbst nach ausländischem Recht gezahlten, während der Zeit der Entsendung entstandenen und erfüllten Urlaubsabgeltungsansprüchen dieser Arbeitnehmer nach ausländischem Recht gegen Beitragsansprüche aufrechnen kann.

Da beide Parteien im Rechtsstreit teilweise obsiegt haben und unterlegen sind, waren die Kosten verhältnismäßig zu verteilen (§ 92 Abs. 1 S. 1 ZPO).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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