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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 24.05.2005
Aktenzeichen: 18/4 TaBV 139/04
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 23
BetrVG § 99
BetrVG § 100
Die Zustimmung zur Einstellung ist nicht zu ersetzen, wenn der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß über den Arbeitsplatz und die Eingruppierung unterrichtet worden ist.

Einzelfall eines - mangels grober Pflichtverletzung - unbegründeten Unterlassungsantrags


Tenor:

Auf die Beschwerde des Betriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 01.09.2004 - Az 5 BV 8/04 - teilweise unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Die Wideranträge werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten auch zweitinstanzlich um die Ersetzung der vom Betriebsrat (Beteiligter zu 2. und Beschwerdeführer) verweigerten Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers sowie um das vom Betriebsrat begehrte Unterlassungsgebot gegen die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1. und Beschwerdegegnerin) betreffend die Einstellung von Arbeitnehmern ohne Beteiligung des Betriebsrats.

Wegen des zugrunde liegenden unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Vorbringens der Beteiligten und ihrer Anträge erster Instanz wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 01. September 2004 den Hauptantrag des Arbeitgebers zurückgewiesen und auf den Hilfsantrag die Zustimmung zur Einstellung der Arbeitnehmer A, B und C ersetzt und die Wideranträge des Betriebsrats zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Betriebsrats, mit der er die Zurückweisung des Zustimmungsersetzungsantrags und die Wideranträge weiterverfolgt. Wegen der für die Zulässigkeit der Beschwerde erheblichen Daten wird auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift vom 24. Mai 2005 (Bl. 127 d.A.) verwiesen.

Der Betriebsrat meint, dass sein Widerspruch gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG berechtigt sei. Die Chancen der im Betrieb Beschäftigten darauf, einen Regelarbeitsplatz zu bekommen, hätten sich durch die weiteren Einstellungen verringert. Der Betriebsrat ist der Auffassung, der Unterlassungsantrag sei nunmehr hinreichend bestimmt; die Arbeitgeberin könne daraus entnehmen, dass er sich an das gesetzliche Zustimmungsersetzungsverfahren, insbesondere an das Verfahren nach § 100 BetrVG halten müsse. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrags beruhe darauf, dass der Arbeitgeberin in zukünftigen Verfahren der Einwand abgeschnitten werden solle, dass es sich um schwierige ungeklärte Rechtsfragen handele, so dass kein grober Verstoß vorliege. Für das weitere zweitinstanzliche Vorbringen des Betriebsrats wird auf die Beschwerdebegründung mit Schriftsatz vom 03. Dezember 2003 verwiesen.

Nachdem beide Beteiligte das Verfahren hinsichtlich des Zustimmungsersetzungsantrags bezüglich der Arbeitnehmer A und B und hinsichtlich des hilfsweise gestellten Widerantrags bezüglich des Arbeitnehmers D für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren insoweit eingestellt worden.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 01. September 2004 - 5 BV 8/04 - abzuändern und

1. die Anträge der Arbeitgeberin zurückzuweisen;

2. der Arbeitgeberin unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 10.000,00 für jeden Fall der Zuwiderhandlung aufzugeben, es zu unterlassen, ohne vorherig erteilte, als erteilt geltende oder gerichtlich ersetzte Zustimmung des Betriebsrats Einstellungen von Mitarbeitern durch Zuversetzungen aus anderen Betrieben endgültig vorzunehmen, falls nicht die Arbeitgeberin die für die Durchführung der Einstellungen als vorläufige personelle Maßnahme gem. § 100 BetrVG nach § 100 Abs. 2 BetrVG bestimmten Schritte vorgenommen hat;

3. hilfsweise festzustellen, dass die Arbeitgeberin durch die Einstellung der Arbeitnehmer A, B und C das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt hat;

4. hilfsweise festzustellen, dass die Arbeitgeberin zukünftig nicht berechtigt ist, Einstellungen endgültig durchzuführen, ohne vorherig erteilte, als erteilt geltende oder gerichtlich ersetzte Zustimmung des Betriebsrats vorliegen zu haben, sofern nicht die Arbeitgeberin die für die Durchführung dieser Einstellung als vorläufige personelle Maßnahme nach § 100 Abs. 2 BetrVG bestimmten Schritte vorgenommen hat.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, den Betriebsrat hinsichtlich der Einstellung des Arbeitnehmers C hinreichend unterrichtet zu haben. Da der Arbeitnehmer C unbezahlt beurlaubt gewesen sei, habe man keine Informationen hinsichtlich der Tätigkeit erteilen können. Die Arbeitgeberin ist weiter der Auffassung, der Unterlassungsantrag sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Der Arbeitgeberin sei allein die Verletzung der Pflicht, beim Arbeitsgericht eine Entscheidung über die vorläufige personelle Maßnahme einzuholen, vorzuwerfen. Da es sich weder um eine Vielzahl von Fällen handele noch in der Vergangenheit zu solchen Verstößen gekommen sei, liege kein grober Verstoß vor. Hinsichtlich des Feststellungsantrags fehle es am Rechtsschutzbedürfnis. Für das zweitinstanzliche Vorbringen der Arbeitgeberin wird im Übrigen auf die Beschwerdeerwiderung mit Schriftsatz vom 09. Mai 2005 (Bl. 116 ff. d.A.) verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats hat hinsichtlich des Zustimmungsersetzungsantrags nach § 99 Abs. 4 BetrVG Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

1.

Die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Arbeitnehmers Thomas C kann nicht gem. § 99 Abs. 4 BetrVG ersetzt werden, da die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet hat.

a) Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG ist es, dem Betriebsrat die Prüfung zu ermöglichen, ob ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme vorliegt. Die vollständige Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber ist Voraussetzung dafür, dass der Betriebsrat seine Rechte nach § 99 Abs. 2 BetrVG ordnungsgemäß wahrnehmen kann. Daraus folgt, dass sich die Unterrichtung auf diejenigen tatsächlichen Umstände erstrecken muss, welche die Prüfung eines Zustimmungsverweigerungsgrundes ermöglichen (vgl. BAG, Beschluss vom 10.11.1992 - 1 ABR 21/92 - AP Nr. 100 zu § 99 BetrVG; Hess. LAG, Beschluss vom 01.02.2000 - 4 TaBV 15/99). Damit sind dem Betriebsrat die für die Einstellung maßgebenden Umstände mitzuteilen. Dazu gehören der Name und die genauen Personalien und alle Umstände über die fachliche und persönliche Eignung für den vorgesehenen Arbeitsplatz. Ferner ist der Betriebsrat über die betrieblichen Auswirkungen zu unterrichten. Schließlich ist der Betriebsrat bei Einstellungen und Versetzungen gem. § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG über den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung zu unterrichten. Unterrichtet der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht im erforderlichen Maß, so kommt grundsätzlich eine Zustimmungsersetzung nicht in Betracht (BAG, Beschluss vom 28. März 2000 - 1 ABR 16/99 - BAGE 94, 169, zu II. 1.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber anlässlich einer geplanten personellen Einzelmaßnahme Angaben zur Person, zum vorgesehenen Arbeitsplatz und zur Eingruppierung gemacht hat und der Betriebsrat nicht innerhalb einer Woche ergänzende Auskünfte angefordert hat; nur in diesem Fall kann er sich nicht auf die unvollständige Unterrichtung berufen (vgl. BAG, Beschluss vom 14. März 1989 - 1 ABR 80/87 - AP Nr. 64 zu § 99 BetrVG; Hess. LAG, Beschluss vom 12. März 2000 - 4 TaBV 92/01).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt eine Zustimmungsersetzung mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung des Betriebsrats nicht in Betracht. Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat schon hinsichtlich der Person des Arbeitnehmers C nur zum Teil unterrichtet. Sie hat mitgeteilt, dass es sich um einen Angestellten handelt, der bis 15. September 2004 für das Studium unbezahlt beurlaubt sei (Bl. 13 d.A.). Über den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht informiert. Arbeitsplatz ist nicht nur der räumliche Ort, an dem die Arbeit geleistet wird, sondern auch die Funktion, in der der Bewerber bzw. Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert werden soll. Über diese Funktion enthält die Unterrichtung keine konkreten Angaben. Die reine Angabe der Abteilung (Abt. 96), in welcher der Arbeitnehmer C eingesetzt werden sollte, ist nicht hinreichend, da sich hieraus nicht ergibt, welche Funktion Herr C einnehmen soll.

c) Die Arbeitgeberin kann sich auch nicht darauf berufen, dass bei der Niederlassung berufliche Bildung ein großer Teil der Arbeitskräfte keinen Regelarbeitsplatz haben und dass zum Zeitpunkt der Unterrichtung noch nicht festgestanden habe, welche Tätigkeit Herr C nach seiner Rückkehr ausüben sollte. Die Arbeitgeberin hätte dem Betriebsrat jedenfalls mitteilen können und müssen, ob beabsichtigt ist, den Arbeitnehmer C nach Rückkehr auf einem Regelarbeitsplatz zu beschäftigen oder ihn ohne Regeleinsatz zu belassen. Nur mit dieser Information hätte der Betriebsrat prüfen können, ob ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 BetrVG besteht. Die Arbeitgeberin kann sich die Entscheidung, auf welchem Arbeitsplatz der Arbeitnehmer nach Freistellung eingesetzt werden soll, nicht bis zu dessen Rückkehr vorbehalten, wenn sie den Betriebsrat vorher gem. § 99 BetrVG zur Einstellung anhört. Der Betriebsrat muss anhand der Unterrichtung seine Entscheidung treffen. Die Rückkehr des Arbeitnehmers aus der Freistellung löst ebenso wie die Freistellung selbst kein Mitbestimmungsrecht aus (vgl. BAG, Beschluss vom 28.03.2000 - 1 ABR 17/99 - a.a.O.; Hess. LAG, Beschluss vom 02.02.1999 - 4 TaBV 89/98), so dass der Betriebsrat anlässlich der Rückkehr als solcher nicht nochmals zu beteiligen ist. Schließlich ist die Unterrichtung des Betriebsrats auch deshalb unzureichend, da entgegen § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die vorgesehene Eingruppierung nicht mitgeteilt ist.

d) Da der Betriebsrat nicht ausreichend zum vorgesehenen Arbeitsplatz und zur Eingruppierung unterrichtet worden ist, ist es dem Betriebsrat auch außerhalb der Wochenfrist nicht verwehrt, sich auf die unvollständige Unterrichtung zu berufen.

2.

Der auf Unterlassung von Einstellungen ohne seine vorherige Zustimmung gerichtete Widerantrag des Betriebsrats ist in der im Beschwerdeverfahren gestellten Fassung zulässig, aber unbegründet.

a) Soweit die im Beschwerdeverfahren vorgenommene Formulierung des Unterlassungsantrags durch den Betriebsrat eine Antragsänderung gegenüber dem in erster Instanz gestellten Antrag zu sehen ist, so ist dies unbedenklich und steht einer Sachentscheidung im Rahmen des neu formulierten Antrags nicht entgegen. Antragsänderungen sind auch noch im Beschwerdeverfahren möglich (§ 87 Abs. 2 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 81 Abs. 3 ArbGG). Die Antragsänderung ist im Hinblick auf ihre Sachdienlichkeit zulässig. Sie hebt auf den bisherigen Sach- und Streitstand ab, erfordert keine weitere Sachaufklärung und erweitert auch nicht die rechtlichen Gesichtspunkte, die bisher schon im Verfahren eine Rolle gespielt haben.

Dem im Hinblick auf § 100 BetrVG eingeschränkten Unterlassungsantrag des Betriebsrats begegnen keine Bedenken hinsichtlich seiner Vollstreckbarkeit. Im Vollstreckungsverfahren lässt sich ohne größere Schwierigkeiten klären und feststellen, ob der Arbeitgeber die nach § 100 Abs. 2 BetrVG erforderlichen - eher formalen - Schritte vorgenommen hat, um zunächst ohne Zustimmung des Betriebsrats die personellen Maßnahmen als vorläufige durchführen und aufrechterhalten zu dürfen (vgl. Beschlüsse des Hess. LAG vom 25.03.2003 - 4 TaBV 88/02; 25. Mai 1999 - 4 TaBV 112/98; 15. Dezember 1998 - 4 TaBV 107/98).

b) Der Unterlassungsantrag des Betriebsrats ist unbegründet.

aa) Der Betriebsrat hat keinen Unterlassungsanspruch gem. § 23 Abs. 3 BetrVG. Ein Unterlassungsanspruch gem. § 23 Abs. 3 BetrVG, dessen Anwendung nicht durch § 101 BetrVG ausgeschlossen wird (BAG AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG) setzt einen groben Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz voraus. Die Arbeitgeberin hat durch die Einstellung der Arbeitnehmer A und B das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt; diese Pflichtverletzung ist jedoch nicht als grob im Sinn des § 23 Abs. 3 BetrVG anzusehen.

(1) Gemäß § 99 BetrVG darf der Arbeitgeber eine Einstellung erst als endgültige personelle Einzelmaßnahme durchführen, wenn die Zustimmung des Betriebsrats erteilt worden ist oder als erteilt gilt (§ 99 Abs. 3 BetrVG) oder die fristgerecht vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung vom Arbeitsgericht rechtskräftig ersetzt worden ist (§ 99 Abs. 4 BetrVG). Vorher darf der Arbeitgeber die personelle Maßnahme als vorläufige nur unter den Voraussetzungen des § 100 BetrVG durchführen. Hierzu ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme unterrichtet. Bestreitet der Betriebsrat unverzüglich die dringliche Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung, darf der Arbeitgeber gem. § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG die vorläufige personelle Maßnahme aufrechterhalten, wenn er innerhalb von 3 Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringlich erforderlich war.

Nach diesen Grundsätzen hat die Arbeitgeberin durch die Einstellung der Arbeitnehmer A und B gegen das Betriebsverfassungsgesetz verstoßen. Sie hat den Betriebsrat gem. § 99 Abs. 1 BetrVG zur Einstellung der Arbeitnehmer A und B angehört und diese eingestellt, ohne dass die Zustimmung des Betriebsrats erteilt war, als erteilt galt oder durch das Arbeitsgericht ersetzt war. Sie hat auch die nach § 100 BetrVG vorgesehenen Schritte nicht ergriffen. Hinsichtlich des Arbeitnehmers C hat die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats mangels Einstellung dieses Arbeitnehmers nicht verletzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG vom 22.04.1997, AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG Einstellung; vom 28.04.1992, AP Nr. 98 zu § 99 BetrVG) liegt eine mitbestimmungspflichtige Einstellung vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Es kommt daher auf die tatsächliche Beschäftigung und nicht auf den Abschluss des Arbeitsvertrages oder - wie vorliegend - auf die Übernahme freigestellter Arbeitnehmer in die Personalliste an. Eine tatsächliche Beschäftigung des Herrn C und eine Eingliederung in den Betrieb ist unstreitig nicht erfolgt.

(2) Dieser Verstoß der Arbeitgeberin stellt keine grobe Pflichtverletzung im Sinn von § 23 Abs. 3 BetrVG dar.

Eine grobe Pflichtverletzung muss objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend sein (BAG, Beschluss vom 29.02.2000, AP Nr. 105 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Dafür müssen nicht zwingend mehrere Verstöße vorliegen; es reicht auch ein einmaliger Verstoß des Arbeitgebers gegen die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung aus, wenn dieser eine objektiv schwerwiegende Belastung für die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung ist (BAG, Beschluss vom 14.11.1989 - 1 ABR 87/88 - AP Nr. 76 zu § 99 BetrVG 1972).

Eine solche objektive schwere Belastung für die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung ist durch die Pflichtverletzung der Arbeitgeberin nicht eingetreten. Es handelt sich nicht um eine Vielzahl von Verstößen, sondern um einen einmaligen Verstoß, der zwei Arbeitnehmer betrifft. Dieser Verstoß stellt keine objektive schwere Belastung für die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung dar, da die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht gänzlich außer Acht gelassen hat, sondern durch ihr Verhalten gezeigt hat, dass sie ihren betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten nachkommen wollte. Sie hat den Betriebsrat zunächst nach § 99 BetrVG angehört. Dann hat sie zwar die Einstellung auch ohne Zustimmung des Betriebsrats durchgeführt, ohne die für die vorläufige Durchführung nach § 100 Abs. 2 BetrVG erforderlichen Schritte vorzunehmen. Sie hat jedoch das vorliegende Verfahren eingeleitet und beantragt festzustellen, dass die Zustimmung des Betriebsrats - mangels ordnungsgemäßen Widerspruchs - gem. § 99 Abs. 3 BetrVG als erteilt gilt. Dabei ist die Arbeitgeberin von einer unzutreffenden Rechtsansicht ausgegangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genügt der Betriebsrat seiner gesetzlichen Begründungspflicht, wenn es als möglich erscheint, dass mit seiner schriftlich gegebenen Begründung einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgeführten Verweigerungsgründe geltend gemacht wird; nur eine Begründung, die offensichtlich auf keinen der Verweigerungsgründe des Gesetzes Bezug nimmt, bleibt unbeachtlich (BAG, Beschluss vom 06.08.2002, AP Nr. 27 zu § 99 BetrVG Eingruppierung; Beschluss vom 11.06.2002, AP Nr. 118 zu § 99 BetrVG 1972). Der Betriebsrat hat die Zustimmungsverweigerung damit begründet, dass die Zuversetzung die Aussichten der Beschäftigten auf einen Regelarbeitsplatz in der neuen Organisationseinheit schmälerten; diese Begründung lässt sich dem Verweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG zuordnen. Da die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Zeitpunkt der Einstellung bekannt war, hat die Arbeitgeberin nicht in einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage nach einer vertretbaren Rechtsansicht gehandelt (was einen groben Verstoß ausschließen würde; vgl. BAG, Beschluss vom 14.11.1989, AP Nr. 76 zu § 99 BetrVG 1972). Durch ihr Verhalten hat die Arbeitgeberin allerdings gezeigt, sich an sich rechtstreu verhalten zu wollen. Dies relativiert das Gewicht des Verstoßes.

bb) Dem Betriebsrat steht kein allgemeiner Unterlassungsanspruch zur Seite.

Das Bestehen eines allgemeinen vorbeugenden Unterlassungsanspruchs bezüglich der Vornahme personeller Einzelmaßnahmen ist angesichts des in sich geschlossenen, ausdifferenzierten Regelungskomplexes der §§ 99 ff. BetrVG allenfalls dann in Betracht zu ziehen, wenn - insbesondere bei vorübergehenden personellen Maßnahmen von beschränkter Dauer - eine erhebliche Schutzlücke vorliegt, was das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und seine Ausübung angeht (vgl. BAG vom 06.12.1994, AP Nr. 24 zu § 23 BetrVG 1972; AP Nr. 26 zu § 23 BetrVG 1972). Eine solche Schutzlücke ist nicht ersichtlich. Sie kann gegeben sein bei vorübergehenden Maßnahmen, wie etwa bei wiederholten kurzzeitigen Versetzungen, bei denen ein Aufhebungsanspruch nach § 101 BetrVG ins Leere geht (BAG, Beschluss vom 06.12.1994, AP Nr. 24 zu § 23 BetrVG 1972) und bei offen zu Tage liegender Verfahrensilloyalität des Arbeitgebers. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Die Arbeitnehmer A und B sind auf Dauer in den Betrieb der Niederlassung Berufliche Bildung versetzt worden, befristet war nur die in-sich-Beurlaubung. Für eine offen zu Tage tretende Verfahrensilloyalität der Arbeitgeberin sind keine Umstände ersichtlich.

3.

Die hilfsweise gestellten Feststellungsanträge sind unzulässig. Es fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses möglich. Unter einem Rechtsverhältnis ist die aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandene rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder Gegenständen zu verstehen. Eine solche Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse hat, das Rechtsverhältnis durch gerichtliche Entscheidung alsbald feststellen zu lassen. Wird die Klage auf Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, ist sie nur zulässig, wenn sich aus der Feststellung noch Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben. Diese Grundsätze gelten auch im Beschlussverfahren (BAG, Beschluss vom 05.10.2000 - 1 ABR 52/99 - AP Nr. 35 zu § 23 BetrVG 1972, m.w.N.).

a) Mit dem zunächst gestellten Feststellungsantrag begehrt der Betriebsrat die Feststellung, dass die Arbeitgeberin durch die Einstellung der Arbeitnehmer A, B und C das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt hat. Damit begehrt der Betriebsrat nicht die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, sondern die Feststellung von Tatsachen. Dies ist jedoch gem. § 256 ZPO unzulässig (BAG, Beschluss vom 05.10.2000, a.a.O.).

b) Mit dem weiteren Hilfsantrag begehrt der Betriebsrat die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses. Für diesen Antrag besteht kein rechtliches Interesse an der gerichtlichen Feststellung, da weder das Bestehen des Mitbestimmungsrechts noch dessen Verletzung zwischen den Beteiligten streitig ist. Die Arbeitgeberin hat die Pflichtverletzung im Beschwerdeverfahren eingeräumt, noch bevor der Betriebsrat diesen Feststellungsantrag gestellt hatte. Damit besteht kein über den bereits abgeschlossenen Einzelfall hinausgehendes Interesse an der Entscheidung einer strittigen Rechtsfrage (vgl. BAG, Beschluss vom 16.07.1985 - 1 ABR 35/83 - AP Nr. 21 zu § 99 BetrVG 1972).

Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse wird auch nicht durch die Absicht des Betriebsrats begründet, ein auf die Unterlassung bestimmter Handlungen durch die Arbeitgeberin gerichtetes Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG vorzubereiten. Insoweit würde mit der begehrten Feststellung lediglich über Elemente des dann geltend zu machenden Unterlassungsanspruchs entschieden. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Feststellungsklage, Einzelfragen eines künftigen Leistungsprozesses vorab zu klären (BAG, Beschluss vom 05.10.2000, a.a.O., m.w.N.).

Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht keine Veranlassung nach §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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