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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 20.05.2009
Aktenzeichen: 18 Sa 1532/08
Rechtsgebiete: TVG


Vorschriften:

TVG § 1
Das in §§ 7 und 8 des Überleitungstarifvertrages der dt. Flugsicherung (ÜTV 2007) verwendete Tatbestandsmerkmal: "am 31. Oktober 2006 Beschäftigung (...) auf einer Stelle, die nach dem von der DFS zugrunde gelegten Anforderungsprofil die Qualifikation als Lotse voraussetzte", erfasst nur solche Stellen, für welche eine abgeschlossene Ausbildung als Lotse erforderlich war.

Stellen, welche auch mit Bewerbern besetzt werden konnten, die einer Lotsenausbildung gleich zu bewertende Kenntnisse und Fähigkeiten durch eine (andere) Ausbildung und Berufspraxis erworben hatten, gehören nicht dazu.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 6. April 2008 - 5 Ca 68/08 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Höhe des dem Kläger seit 01. November 2006 zustehenden tariflichen Monatsgehalts, sich aus der Frage um die richtige Eingruppierung seiner Tätigkeit ergebende Vergütungsdifferenzen und damit um die Auslegung eines Überleitungstarifvertrages.

Die Beklagte ist ein aus der Privatisierung der ehemaligen Bundesanstalt für Flugsicherung hervorgegangenes Flugsicherungsunternehmen mit bundesweit mehr als 5.000 Arbeitnehmern. Sie nimmt die operativen Flugsicherungsaufgaben für den gesamten deutschen Luftraum wahr und unterhält Niederlassungen an allen bedeutenden deutschen Verkehrsflughäfen.

Der Kläger trat im Jahr 1970 als Beamtenanwärter im mittleren Dienst bei der damaligen Bundesanstalt ein und wurde folgend als Flugdatenbearbeiter eingesetzt. Von April 1983 bis September 1984 absolvierte er ein Studium an der Fachhochschule des Bundes, welches er als Diplom-Verwaltungsbetriebwirt abschloss. Im Oktober 1986 wurde der Kläger als Flugdatenbearbeiter aus dem mittleren Dienst in den gehobenen Dienst übernommen. Der Kläger hat keine Ausbildung zum Fluglotsen absolviert, er verfügt nicht über die für eine Tätigkeit als Fluglotse notwendigen Erlaubnisse und Berechtigungen. Anlässlich der Privatisierung der Beklagten wechselte der Kläger zum 01. November 1993 als so genannter FS Sachbearbeiter in ein Arbeitsverhältnis, seine Vergütung bestimmte sich nach der Vergütungsgruppe 9 Stufe 2 des Eingruppierungstarifvertrages. Zur Wiedergabe des Inhalts des am 15. September 1993 unterzeichneten Arbeitsvertrages wird auf die Anlage zur Klageschrift verwiesen (Bl. 15 f. d.A.).1997 bewarb sich der Kläger erfolgreich auf eine intern ausgeschriebene Stelle als Sachbearbeiter/-in Air Traffic Flow Management (FDF15). In der Ausschreibung war u.a. als Voraussetzung angegeben (Anlage zur Klageschrift, Bl. 17 d.A.):

"- Abgeschlossene Ausbildung als Flugverkehrslotse oder durch gleichzubewertende Ausbildung und Berufspraxis erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten (...)"

Der Kläger übt seither die Tätigkeit eines Sachbearbeiters Air Traffic Flow Management aus. Er wurde zunächst nach der Vergütungsgruppe 9 Stufe 3 vergütet, ab 01. Mai 1998 nach der Vergütungsgruppe 10 Stufe 2 (vgl. Mitteilung vom 28. Mai 1998 als Anlage zur Klageschrift, Bl. 19 d.A.). Der Kläger arbeitet in der Center-Niederlassung der Beklagten in Langen, er bezeichnet seine Stelle als die eines Senior-ATM-Spezialisten im operativen FS-Dienst. Bis einschließlich 31. Oktober 2006 erhielt der Kläger neben dem tariflichen Grundbetrag eine Zulage gemäß § 2 Zulagentarifvertrag Nr. 2 (Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 131 - 138 d.A.) und eine Funktionszulage in Höhe von 3%, dies machte monatlich 7.483,98 € brutto aus.

Bei der Beklagten wurde im Jahr 2007 rückwirkend ab 01. November 2006 durch den Abschluss neuer Tarifverträge eine geänderte Vergütungsstruktur eingeführt. Die bisher im Zulagentarifvertrag geregelte operative Zulage und wurde in das tarifliche Grundgehalt nach dem neuen Eingruppierungstarifvertrag (folgend: ETV 2007) eingegliedert. Die Systematik der Vergütungsgruppen 1 bis 11 wurde aufrechterhalten. Eine Differenzierung innerhalb der Vergütungsgruppen erfolgt nicht mehr durch Stufen, sondern aufsteigend durch Bänder A bis G. Zur Überleitung der Arbeitnehmer in den ETV 2007 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft der Flugsicherung am 25. April 2007 einen Überleitungstarifvertrag (folgend: ÜTV 2007) ab.

In § 1 des ÜTV 2007 sind die "Grundsätze der Überleitung der vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" wie folgt geregelt (Anlage zur Klageschrift, Bl. 77 d.A.):

1. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bisher nach dem Eingruppierungstarifvertrag vom 19. November 2004, zuletzt geändert durch Tarifvertrag vom 26. Juli 2006 (dem alten Eingruppierungstarifvertrag), eingruppiert sind, werden durch diesen Tarifvertrag einer Vergütungsgruppe nach § 4 des Eingruppierungstarifvertrages 2007 zugeordnet. Im Zuge der Überleitung bildet die A die nachfolgend festgelegten Zuordnungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Systemen ihrer Personaldatenverwaltung ab.

2. Maßgeblich für die Überleitung ist die Vergütungsgruppe des alten Eingruppierungstarifvertrages, der die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter in den Systemen der Personaldatenverwaltung der A zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages zugeordnet ist. Soweit in diesem Tarifvertrag nicht ein anderes bestimmt ist, werden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Vergütungsgruppe des alten Eingruppierungstarifvertrages dem Band A der Gruppe derselben Nummer nach § 4 des Eingruppierungstarifvertrages 2007 zugeordnet.

3. Von der Überleitung nach diesem Tarifvertrag abweichende, dem § 4 des Eingruppierungstarifvertrages 2007 entsprechende Zuordnungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu den Vergütungsgruppen werden durch die Bestimmungen in den §§ 2 bis 10 dieses Tarifvertrages nicht ausgeschlossen.

(...)"

Mit Schreiben vom 22. Juni 2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er mit Wirkung ab 01. November 2006 der Vergütungsgruppe 10 Band C Stufe 03 zugeordnet worden sei und sich die Vergütung aus dem tariflichen Grundbetrag in Höhe von 7.324,00 € und der Funktionszulage in Höhe von 219,72 € zusammensetze, also insgesamt 7.543,72 € brutto betrage (Anlage zur Klageschrift, Bl. 92 d.A.). Der Kläger vertrat in dem darauf folgenden Schriftverkehr die Auffassung, seine Tätigkeit sei gemäß § 8 Abs. 15 ÜTV 2007 in die Vergütungsgruppe 10 Band G Stufe 03 einzugruppieren, da für die Sachbearbeitertätigkeit Air Traffic Flow Management eine abgeschlossene Ausbildung als Flugverkehrslotse und oder eine gleich zu bewertende Ausbildung gefordert worden sei. Zur Wiedergabe der vorprozessualen Auseinandersetzung der Parteien um die zutreffende Eingruppierung der Tätigkeit des Klägers wird auf die Anlagen zur Klageschrift verwiesen (Bl. 93 bis 100 d.A.). Der Unterschied zwischen einer Vergütung nach der Vergütungsgruppe 10 Band C und einer nach der Vergütungsgruppe 10 Band G betrug für den Kläger in der Zeit von 01. November 2006 bis einschließlich 31. Oktober 2007 1.873,57 € brutto monatlich, seit 01. November 2007 1.929,19 € brutto und seit 01. November 2008 1.845,89 € brutto im Monat.

Mit seiner am 10. März 2008 bei dem Arbeitsgericht Offenbach am Main eingereichten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, ihm stehe gemäß § 8 Abs. 15 ÜTV 2007 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe 10 Band G zu. Er werde auf einer Stelle beschäftigt, die nach dem von der Beklagten zu Grunde gelegten Anforderungsprofil eine "Qualifikation als Lotse" im Tarifsinne voraussetze. Das Tatbestandsmerkmal "Qualifikation als Lotse" in § 8 Abs. 15 ÜTV 2007 sei sowohl durch eine abgeschlossene Ausbildung als Flugverkehrslotse als auch durch ein gleich zu bewertendes Know-how zu erfüllen. Eine alternative Ausbildung nebst entsprechender Berufspraxis werde zugelassen, eine abgeschlossene Berufsausbildung als Fluglotse sei nicht zwingend erforderlich.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach der Vergütungsgruppe 10 G, Stufe 3 gemäß des Vergütungstarifvertrages Nr. 3 für die bei der A beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (VTV) in der zur Zeit gültigen Fassung sowie eine Funktionszulage von 3 % des tariflichen Grundbetrages gemäß § 3 des vorgenannten Vergütungstarifvertrages entsprechend des Zulagentarifvertrages Nr. 3 für die bei der A beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (ZTV) in der zur Zeit gültigen Fassung zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 39.845,55 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB aus 1.873,57 EUR seit 01. Dezember 2006,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. Januar 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. Februar 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. März 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. April 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. Mai 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. Juni 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. Juli 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. August 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. September 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. Oktober 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. November 2007,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Dezember 2007,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Januar 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Februar 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. März 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. April 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Mai 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Juni 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Juli 2008 sowie

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. August 2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, § 8 Abs. 15 ÜTV 2007 regele durch das Tatbestandsmerkmal "Qualifikation als Lotse" das die Stelle, auf welcher der Mitarbeiter beschäftigt war, nach dem von ihr zu Grunde gelegten Anforderungsprofil zwingend diese Qualifikation im Sinne einer erfolgreich abgeschlossen Ausbildung zum Flugverkehrslotsen voraussetzte. Diese Voraussetzung sei bei der Stelle des Klägers nicht erfüllt. Ausweislich der Stellenausschreibung sei es gerade möglich gewesen, eine Qualifikation als Lotse durch Kenntnisse und Fähigkeiten einer gleich zu bewertenden Ausbildung und Berufspraxis zu ersetzen. Dieses Ergebnis werde auch dadurch bestätigt, dass eine Erhöhung der Vergütung um mehr als 1.800,00 € monatlich durch die Einführung der neuen tariflichen Vergütungsstruktur nicht beabsichtigt worden sei. Die vorgenommene Überführung der Funktionszulage in das Grundgehalt spiegele sich in den unterschiedlichen Bändern des ETV 2007 bzw. ÜTV 2007 wieder. Dem folgend könne der Kläger nicht so behandelt werden, als habe ihm vor 01. November 2006 einer Zulage entsprechend dem Anspruch eines ausgebildeten Flugverkehrslotsen zugestanden. Die vom Kläger monatlich geltend gemachte Differenz spiegele - ohne Beachtung erfolgter Tariferhöhungen - den Unterschied zwischen der früheren operativen Zulage eines Flugdatenbearbeiters in der Kategorie II und der Zulage eines Lotsen nach der Kategorie VII wieder.

Das Arbeitsgericht Offenbach hat durch am 06. August 2008 verkündetes Urteil den Feststellungsantrag und die Leistungsklage des Klägers als unbegründet abgewiesen. Das Arbeitsgericht Offenbach hat die Abweisung damit begründet, dass die Tarifvertragsparteien in § 8 Abs. 15 ÜTV 2007 mit dem Tatbestandsmerkmal "Qualifikation als Lotse" eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Fluglotsen gemeint hätten. Die Voraussetzungen der geforderten Eingruppierung erfülle nur eine Tätigkeit, für die eine abgeschlossene Ausbildung als Flugverkehrslotse erforderlich sei. Dies erfolge aus dem Wortlaut der tariflichen Regelung und einer systematischen Auslegung des Tarifvertrages unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des ÜTV 2007. Zur vollständigen Wiedergabe des Tatbestands und der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird auf diese Bezug genommen (Bl. 214 - 225 d.A.).

Der Kläger hat gegen das ihm am 10. September 2008 zugestellte Urteil mit am 30. September 2008 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Seine Berufungsbegründung ist am 03. November 2008 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen.

Mit der Berufung vertieft der Kläger sein Vorbringen. Er wendet sich gegen die vom Arbeitsgericht Offenbach vorgenommene Auslegung und wiederholt seine Rechtsauffassung. Der Kläger meint, dass den Tarifvertragsparteien die Problematik bekannt gewesen sei, dass Stellen nicht nur mit ausgebildeten Fluglotsen besetzt werden konnten, sondern auch mit Bewerbern, die (nur) eine gleich zu bewertende Qualifikation besaßen. Wenn eine Vergütungsregelung für eine Stelle durch den ÜTV 2007 daher voraussetze, dass ausschließlich eine abgeschlossene Lotsenausbildung deren Voraussetzungen erfülle, sei damit zu rechnen gewesen, dass dies ausdrücklich durch einen Zusatz wie "ausschließlich Ausbildung als Fluglotse" klargestellt worden sei. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene systematische Auslegung aus dem vermeintlichen Regelungszweck des ÜTV 2007 sei durch nichts belegt. §§ 2 bis 10 ÜTV 2007 ließen vielmehr erkennen, dass Ausnahmen von der in § 1 Abs. 2 Satz 2 ÜTV 2007 bestimmten Überleitung den Regelfall bildeten. Der Kläger behauptet, er sei als ATM-Spezialist in der Sachbearbeitung des Bereichs Flugverkehrskontrolldienst (FVK) tätig, also in einer besonders qualifizierten FVK-Sachbearbeitung. Auch aus § 1 ÜTV 2007 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 ETV 2007 ergebe sich, dass er in das Band G der Vergütungsgruppe 10 einzugruppieren sei, da seine Tätigkeit als besonders qualifizierte FVK-Sachbearbeitung in der Center-Niederlassung B einzustufen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 06. August 2008 - 5 Ca 68/08 - abzuändern und

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach der Vergütungsgruppe 10 G, Stufe 3 gemäß des Vergütungstarifvertrages Nr. 4 für die bei der A beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (VTV) in der zur Zeit gültigen Fassung sowie eine Funktionszulage von 3 % des tariflichen Grundbetrages gemäß § 3 des vorgenannten Vergütungstarifvertrages entsprechend des Zulagentarifvertrages Nr. 4 für die bei der A beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (ZTV) in der zur Zeit gültigen Fassung zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 56.708,46 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB

aus 1.873,57 EUR seit 01. Dezember 2006,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. Januar 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. Februar 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. März 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. April 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. Mai 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. Juni 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. Juli 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. August 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. September 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. Oktober 2007,

aus weiteren 1.873,57 EUR seit 01. November 2007,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Dezember 2007,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Januar 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Februar 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. März 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. April 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Mai 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Juni 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Juli 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. August 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. September 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. Oktober 2008,

aus weiteren 1.929,19 EUR seit 01. November 2008,

aus weiteren 1.845,89 EUR seit 01. Dezember 2008,

aus weiteren 1.845,89 EUR seit 01. Januar 2009,

aus weiteren 1.845,89 EUR seit 01. Februar 2009,

aus weiteren 1.845,89 EUR seit 01. März 2009,

aus weiteren 1.845,89 EUR seit 01. April 2009 sowie

aus weiteren 1.845,89 EUR seit 01. Mai 2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung. Sie behauptet, bei Abschluss der neuen Tarifverträge sei berücksichtigt geworden, dass in der Vergangenheit Stellen besetzt wurden, für die keine vorherige Ausbildung als Fluglotse zwingende Voraussetzung gewesen sei, sondern gleich zu bewertende Kenntnisse ausreichten. Diesem Umstand sei durch die Formulierung "Qualifikation als Lotse" Rechnung getragen worden. Damit seien ausschließlich Stellen gemeint, auf denen ausgebildete Fluglotsen arbeiteten. Hilfsweise macht die Beklagte geltend, dass für den Kläger, falls ihm eine Vergütung nach Vergütungsgruppe 10 Band G zustehen würde, gemäß § 2 Abs. 4 ETV 2007 nur eine stufenweise Erhöhung der Vergütung in Betracht komme.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 20. Mai 2009 (Bl. 345 f. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 06. August 2008 ist zulässig gem. §§ 64 Abs. 2 lit. b, 8 Abs. 2 ArbGG. Sie ist gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß und rechtzeitig begründet worden. Die mit der Berufung vorgenommene Klageerweiterung auf Vergütungsansprüche für die Zeit von August 2008 bis einschließlich April 2009 ist zulässig gemäß § 533 ZPO. Die Erweiterung ist sachdienlich, die Beklagte hat ihr nicht widersprochen. Die Höhe der monatlichen Vergütungsdifferenz ist zwischen den Parteien unstreitig, so dass eine Entscheidung keiner neuen Tatsachen zugrunde zu legen sind.

Die Berufung ist jedoch ohne Erfolg

I. Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat neben seinem Leistungsantrag auch einen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsprechenden Eingruppierungsfeststellungsantrag gestellt. Eine Eingruppierungsfeststellungsklage ist als allgemeine Feststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, dass sie geeignet ist, alle über die bloße Vergütung hinausgehenden Rechtsfolgen zu erfassen und zu klären, welche sich aus der Zugehörigkeit eines Arbeitnehmers zu einer bestimmten Entgeltgruppe ergibt (BAG Urteil vom 8. März 2006 - 10 AZR 186/05 - ZTR 2006, 585). Dies gilt auch im Bereich der Privatwirtschaft (BAG Urteil vom 12. Juli 2003 - 8 AZR 288/02 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Krankenanstalten Nr. 2).

II. Dem Kläger steht keine Vergütung nach der Vergütungsgruppe 10 Band G zu, so dass die Berufung insgesamt zurückzuweisen ist.

1. In § 8 ÜTV 2007 ist auszugsweise folgendes geregelt:

"(3)

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vergütungsgruppe 10 des alten Eingruppierungstarifvertrages, die nach einer Tätigkeit als

- Flugfernmelderin oder Flugfernmelder (Vergütungsgruppe 4),

- Flugdatenbearbeiterin oder Flugdatenbearbeiter (Vergütungsgruppe 5),

- Flugberaterin oder Flugberater (Vergütungsgruppe 5),

- Senior- Flugfernmelderin oder Senior- Flugfernmelder (Vergütungsgruppe 5),

- Senior-Flugdatenbearbeiterin oder Senior-Flugdatenbearbeiter (Vergütungsgruppe 6),

- Senior-Flugberaterin oder Senior-Flugberater (Vergütungsgruppe 6),

- ATM-Spezialistin oder ATM-Spezialist (Vergütungsgruppe 6),

- Platzkoordinatorin oder Platzkoordinator (Vergütungsgruppe 6),

- Wachleiterin oder Wachleiter Flugfernmelder (Vergütungsgruppe 6),

- Senior-ATM-Spezialistin oder Senior-ATM-Spezialist (Vergütungsgruppe 7),

- Senior-Platzkoordinatorin oder Senior-Platzkoordinator (Vergütungsgruppe 7),

- Supervisor FDB (Vergütungsgruppe 7),

- Wachleiterin oder Wachleiter FB (Vergütungsgruppe 7) oder

- Fachlehrerin oder Fachlehrer Flugverkehrskontrolle mit Kenntnissen und Erfahrungen

aus einer Tätigkeit als Supervisor FDB, Wachleiterin FB, Wachleiter FB, Flugdatenbearbeiterin, Flugdatenbearbeiter, ATM-Spezialistin, ATM-Spezialist, Platzkoordinatorin, Platzkoordinator, Flugberaterin oder Flugberater (Vergütungsgruppe 10)

im operativen FS-Dienst am 31. Oktober 2006 in der besonders qualifizierten FVK/FDB/FB/FST-Sachbearbeitung beschäftigt waren und einen tariflichen Anspruch auf eine Funktionszulage nach § 3 des alten Zulagentarifvertrages hatten, werden der Vergütungsgruppe 10C zugeordnet.

(15)

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vergütungsgruppe 10 des alten Eingruppierungstarifvertrages in der Unternehmenszentrale, an den Center-Niederlassungen C, D, B und E und den Tower-Niederlassungen F und E, die nach einer Tätigkeit als

- Flugdatenbearbeiterin oder Flugdatenbearbeiter (Vergütungsgruppe 5),

- Senior-Flugdatenbearbeiterin oder Senior-Flugdatenbearbeiter (Vergütungsgruppe 6),

- ATM-Spezialistin oder ATM-Spezialist (Vergütungsgruppe 6),

- Platzkoordinatorin oder Platzkoordinator (Vergütungsgruppe 6),

- Senior-ATM-Spezialistin oder Senior-ATM-Spezialist (Vergütungsgruppe 7),

- Senior-Platzkoordinatorin oder Senior-Platzkoordinator (Vergütungsgruppe 7),

- Supervisor FDB (Vergütungsgruppe 7),

im operativen FS-Dienst am 31. Oktober 2006 in der besonders qualifizierten FVK/FDB/FB/FST-Sachbearbeitung auf einer Stelle beschäftigt waren, die nach dem von der A zugrunde gelegten Anforderungsprofil die Qualifikation als Lotse voraussetzte, und einen tariflichen Anspruch auf eine Funktionszulage nach § 3 des alten Zulagentarifvertrages hatten, werden der Vergütungsgruppe 10G zugeordnet."

2. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebende Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG Urteil vom 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - NZA 2008, 950; BAG Urteil vom 30. Mai 2001 - 4 AZR 269/00 - NZA-RR 2001, 664).

3. "Qualifikation als Lotse" meint die Befähigung, eine Tätigkeit als Fluglotse oder Fluglotsin auszuüben, nicht nur das Vorhandensein des Know-hows eines Fluglotsen oder einer Fluglotsin, wie das Arbeitsgericht Offenbach zutreffend erkannt hat.

a) Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Qualifikation als Lotse", welches nicht nur in § 8 Abs. 15 ÜTV 2007 verwendet wird, sondern sowohl in § 7 ÜTV 2007 (für die Vergütungsgruppe 9) als in § 8 ÜTV 2007 (für die Vergütungsgruppe 10) jeweils zur Zuordnung von Tätigkeiten zu den Bändern D bis G, hat für alle Absätze der §§ 7 und 8 ÜTV 2007 einheitlich zu erfolgen. Die Absätze 5, 8, 11 und 14 des § 7 ÜTV 2007 sowie die Absätze 6, 9, 12 und 15 des § 8 ÜTV 2007 sind nach einem einheitlichen System aufgebaut. Vorausgesetzt werden kumulativ:

eine frühere Tätigkeit im operativen Flugsicherungsdienst (FS-Dienst) also Flugfernmelderin oder Flugfernmelder (Vergütungsgruppe 4) odero Flugdatenbearbeiterin oder Flugdatenbearbeiter (Vergütungsgruppe 5) odero Flugberaterin oder Flugberater (Vergütungsgruppe 5) odero Senior- Flugfernmelderin oder Senior- Flugfernmelder (Vergütungsgruppe 5) odero Senior-Flugdatenbearbeiterin oder Senior-Flugdatenbearbeiter (Vergütungsgruppe 6) odero Senior-Flugberaterin oder Senior-Flugberater (Vergütungsgruppe 6) odero ATM-Spezialistin oder ATM-Spezialist (Vergütungsgruppe 6) odero Platzkoordinatorin oder Platzkoordinator (Vergütungsgruppe 6) odero Wachleiterin oder Wachleiter Flugfernmelder (Vergütungsgruppe 6) odero Senior-ATM-Spezialistin oder Senior-ATM-Spezialist (Vergütungsgruppe 7) odero Senior-Platzkoordinatorin oder Senior-Platzkoordinator (Vergütungsgruppe 7) odero Supervisor FDB (Vergütungsgruppe 7) odero Wachleiterin oder Wachleiter FB (Vergütungsgruppe 7) odero Fachlehrerin oder Fachlehrer Flugverkehrskontrolle mit Kenntnissen und Erfahrungen aus einer Tätigkeit als Supervisor FDB, Wachleiterin FB, Wachleiter FB, Flugdatenbearbeiterin, Flugdatenbearbeiter, ATM-Spezialistin, ATM-Spezialist, Platzkoordinatorin, Platzkoordinator, Flugberaterin oder Flugberater (Vergütungsgruppe 10)

- am 31. Oktober 2006 eine Tätigkeit auf einer Stelle in der besonders qualifizierten FVK/FDB/FB/FST-Sachbearbeitung (Vergütungsgruppe 9: in der qualifizierten FVK/FDB/FB/FST-Sachbearbeitung oder der besonders qualifizierten FS-bezogenen Sachbearbeitung), wobei diese Stelle nach dem von der A zugrunde gelegten Anforderungsprofil die Qualifikation als Lotse voraussetzte (im Tarifvertrag nicht unterstrichen)

- am 31. Oktober 2006 einen tariflichen Anspruch des Stelleninhabers auf eine Funktionszulage nach § 3 des alten Zulagentarifvertrages.

Die Zuordnung zu den Bändern D bis G erfolgt nach dem Tätigkeitsort, wobei eine einheitliche Rangordnung der Tower-Niederlassungen oder Center-Niederlassungen offensichtlich nach der Größe und dem Verkehrsaufkommen der jeweiligen Flughäfen erfolgt ist, die sich auch in den Regelungen für die Vergütungsgruppe 8 wieder findet. Die Unternehmenszentrale ist den Flughäfen des Bandes G gleichgesetzt. Diese Systematik der Tarifbestimmungen zeigt, dass die Tarifvertragsparteien bestimmte Tätigkeiten einheitlich regeln wollten, differenziert nur nach dem Schwierigkeitsgrad (qualifizierte Sachbearbeitung, besonders qualifizierte Sachbearbeitung) und dem Tätigkeitsort und seinen Anforderungen. Daher ist das Tatbestandsmerkmal "Qualifikation als Lotse" einheitlich auszulegen.

b) Eine Qualifikation ist eine Fähigkeit, Eignung, Befähigung (nach Wahrig, Dt. Wörterbuch, 6. Aufl.). Der Wortlaut der tariflichen Regelung schließt weder das Auslegungsergebnis des Klägers ("Fähigkeit", auch im Sinne von Fähigkeiten wie ein Lotse) noch das der Beklagten ("Befähigung", d.h. Befugnis, die Tätigkeit eines Lotsen auszuüben) aus. Zu berücksichtigen ist aber weiter, dass damit das Tatbestandsmerkmal nur unvollständig wiedergegeben wird. Durch den ÜTV 2007 wird gefordert, dass die am 31. Oktober 2006 besetzte Stelle nach dem von der A zugrunde gelegten Anforderungsprofil die Qualifikation als Lotse voraussetzte. In Zusammenhang mit dem Anforderungsprofil einer Stelle ist der Begriff "Qualifikation" eher als "Befähigung" zu verstehen, sonst hätte nahe liegend auch formuliert werden könne, dass die Stelle Lotsenkenntnisse statt einer Lotsenqualifikation erfordert. Hinzukommt, dass die Tätigkeit eines Fluglotsen oder einer Fluglotsin nur von einer Person ausgeübt werden darf, welche die entsprechenden Erlaubnisse und Berechtigungen besitzt. Ein "Einspringen" für einen Fluglotsen durch eine Person mit denselben Kenntnissen, aber ohne erforderlichen die Erlaubnisse und Berechtigungen, ist ausgeschlossen. Nach dem unmittelbaren Sprachverständnis meint eine Qualifikation als Lotse daher auch die Berechtigung, als Lotse zu arbeiten. Der Begriff "Qualifikation" wird auch als Synonym für "Befähigungsnachweis" verwendet (siehe Wahrig, Dt. Wörterbuch, 6. Aufl.).Diese am Wortlaut und der Bezugnahme des Begriffs auf das Anforderungsprofil einer Stelle orientierte Auslegung wird auch durch folgende Überlegung gestützt: Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die Beklagte in der Vergangenheit und auch jetzt bestimmte Stellen nur mit Fluglotsen besetzen würde, wenn diese zur Verfügung stehen würden. Wie das nicht der Fall ist, wird ein Teil dieser Stellen alternativ mit der Anforderung "durch gleich zu bewertende Ausbildung und Berufspraxis erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten" ausgeschrieben, wie auch 1997 für die Stelle des Sachbearbeiters Air Traffic Flow Management geschehen. Der ÜTV 2007 ist ein Firmentarifvertrag. Es hätte nahe gelegen, auch das Tatbestandsmerkmal "Stelle, die nach dem Anforderungsprofil die Qualifikation als Lotse voraussetzte" um die Klarstellung "oder gleich zu bewertende Kenntnisse und Fähigkeiten" zu erweitern, wenn eine solche Regelung beabsichtigt war. Dass dies nicht geschehen ist, ist zu Recht mit dem Arbeitsgericht Offenbach gegen einen entsprechenden Regelungswillen anzuführen.

c) Auch die Systematik des ÜTV 2007 und der Gesamtzusammenhang der ab 01. November 2006 geltenden neuen Tarifverträge sprechen für das enge Auslegungsergebnis.

aa) Die Bänder D bis G der Vergütungsgruppen 9 und 10 sind nach den übrigen Absätzen der §§ 7 und 8 ÜTV 2007 nur für solche Tätigkeiten vorgesehen, die von Fluglotsen oder ehemaligen Fluglotsen ausgeübt werden. Andere Tätigkeiten werden nur von den Bändern A bis C erfasst. Es liegt deshalb nah, dass generell nur aktive oder ehemalige Fluglotsen eine Vergütung der Bänder D bis G erhalten sollen. Die Bänder D bis G der in §§ 7 und 8 ÜTV 2007 geregelten Vergütungsgruppen 9 und 10 betreffen - soweit die am 31. Oktober 2006 besetzten Stellen nicht nach dem von der A zugrunde gelegten Anforderungsprofil die Qualifikation als Lotse voraussetzten (im Tarifvertrag ohne Unterstreichung) nur Tätigkeiten, welche von ausgebildeten Fluglotsen ausgeübt werden. Die Absätze 4, 7, 10 und 13 des § 7 ÜTV 2007 (für die Vergütungsgruppe 9) regeln nur die Eingruppierung von Lotsen bzw. Senior-Lotsen. Soweit in den Absätzen 6, 9, 12 und 15 bestimmte Sachbearbeitertätigkeiten erfasst sind, ist weiteres notwendiges Tatbestandsmerkmal, dass am 31. Oktober 2006 eine Tätigkeit als Lotse ausgeübt wurde. Entsprechendes trifft in § 8 ÜTV 2007 für die Vergütungsgruppe 10 auf die Absätze 5, 8, 11 und 14 zu, die eine aktuelle Tätigkeit als Lotse, Senior-Lotse oder Supervisor FVK betreffen. Ein Supervisor FVK (Flugverkehrskontrolle) benötigt eine mehrjährige Praxis als Lotse in der Flugverkehrskontrolle, ist also auch ausgebildeter Flugverkehrslotse. Soweit in den Absätzen 7, 10, 13 16 und 17 vergleichbar der Regelung in § 7 ÜTV 2007 bestimmte Sachbearbeitertätigkeiten bzw. die Arbeit als Fachlehrer Flugverkehrskontrolle erfasst sind, ist weiteres notwendiges Tatbestandsmerkmal, dass am 31. Oktober 2006 eine Tätigkeit als Lotse oder Supervisor FVK ausgeübt wurde.

bb) Der Überlegung, dass bei den besonders qualifizierten Sachbearbeitertätigkeiten in § 8 Abs. 6, 9, 12 und 15 ÜTV 2007 bzw. entsprechenden Tätigkeiten in § 7 Abs. 5, 8, 11 und 14 ÜTV 2007 etwas anderes gelten sollte, also auch Lotsen-Know-how statt eine Ausbildung als Lotse für eine Vergütung der Bänder D bis G genügt, steht entgegen, dass dann die in der Abstufung der Bänder ausgedrückte Rangordnung der unterschiedlichen Tätigkeitsorte nicht gerechtfertigt wäre. Kann die Tätigkeit ausgeübt werden, ohne dass die Erlaubnisse und Berechtigungen eines Fluglotsen erworben sein müssen, darf auch kein unmittelbarer Einsatz in der Flugverkehrskontrolle erfolgen. Nur das unterschiedliche Flugaufkommen der verschiedenen Flughäfen bei ansonsten identischer Tätigkeit rechtfertigt aber eine Staffelung der Vergütung nach der Belastung der Arbeitnehmer.

cc) Die Zusammenschau des ÜTV 2007 und des ETV 2007 (vgl. Anlage zur Klageschrift, Bl. 59 - 76 d.A.) rechtfertigt ebenfalls die Auslegung des Begriffs "Qualifikation" im Sinne von "Befähigung". In § 4 Abs. 3 ETV 2007 wird er bei den (Vergütungs-)Gruppen Ziffern 9 und 10 zwischen der besonders qualifizierten bzw. qualifizierten FDB/FB/PK/ATM-Sachbearbeitung in Band C und der besonders qualifizierten bzw. qualifizierten FVK-Sachbearbeitung für die Bänder D bis G unterschieden. Anders als im ÜTV 2007 wird also die FVK-Sachbearbeitung nicht der FDB/FB/PK-Sachbearbeitung (Flugdatenbearbeitung, Flugberatung, Platzkontrolle) gleichgesetzt. Der ETV 2007 führt zusätzlich die ATM-Sachbearbeitung (Air Traffic Management) an, der ÜTV 2007 die FST-Sachbearbeitung (Flugsicherungstechnik). Die Flugverkehrskontrolle (FVK) hat also eine Sonderstellung. Die Erörterung dieser Unterschiede mit den Parteien in der Verhandlung vom 20. Mai 2009 hat ergeben, dass der Begriff Flugverkehrskontrolle in einem weiten Sinn als Oberbegriff und in einem engen Sinn verstanden wird. Auch der Kläger zählt sich als ATM-Sachbearbeiter zur Flugverkehrskontrolle. Seine Tätigkeit als Air Flow Traffic Manager gehört aber zu der von § 4 Abs. 3 Gruppe10 Band C aus dem weiten Begriff der Flugverkehrskontrolle besonders herausgenommen Tätigkeit der ATM-Sachbearbeitung, fällt also nicht unter die im ETV 2007 besonders geregelte FVK-Sachbearbeitung. Dies lässt wiederum den Schluss zu, dass auch im ETV 2007 grundsätzlich nur solche Tätigkeiten der Flugverkehrskontrolle den Bändern D bis G zugeordnet werden sollten, die eine Flugverkehrskontrolle im engeren Sinne meinen, welche von Flugverkehrslotsen oder ehemaligen Flugverkehrslotsen mit entsprechender Ausbildung ausgeübt werden. § 2 Abs. 4 ETV 2007 bestätigt dies. In § 2 Abs. 4 ETV 2007 ist der Sonderfall geregelt, dass Flugdatenbearbeiter oder Flugdatenbearbeiterinnen vor Inkrafttreten dieses Tarifvertrages in eine qualifizierte und oder besonders qualifizierte FVK-Sachbearbeitung wechselten. Die Bestimmung lautet:

"(4) Flugdatenbearbeiterinnen und Flugdatenbearbeiter, die vor Inkrafttreten dieses Tarifvertrages in die qualifizierte oder besonders qualifizierte FVK-Sachbearbeitung gewechselt sind, erhalten vorbehaltlich einer vorherigen Kündigung dieses Tarifvertrages:

- ab dem 01. November 2006 ihre bisherige Vergütung und 20 vom Hundert des Unterschiedsbetrages zwischen der bisherigen Vergütung und dem Tabellenwert des Vergütungstarifvertrages für ihre Sachbearbeitertätigkeit;

- ab dem 01. November 2007 ihre bisherige Vergütung und 40 vom Hundert des genannten Unterschiedsbetrages;

- ab dem 01. November 2008 ihre bisherige Vergütung und 60 vom Hundert des genannten Unterschiedsbetrages;

- ab dem 01. November 2009 ihre bisherige Vergütung und 80 vom Hundert des genannten Unterschiedsbetrages;

- ab dem 01. November 2010 den Tabellenwert für die Sachbearbeitertätigkeit."

Diese Personen erhalten nach den Regelungen in § 4 Abs. 3 ETV 2007 in der Gruppe 9 bzw. der Gruppe 10 je nach Einsatzort eine Vergütung der Bänder D bis G. Dabei muss es sich um eine deutliche Erhöhung der tariflichen Vergütung handeln, da eine stufenweise Anhebung der Vergütung in 20% -Schritten, bezogen auf den Steigerungsbetrag, über fünf Jahre angeordnet ist. Aus dieser Regelung wird also deutlich, der Tarifvertragspartner die Möglichkeit, dass es wegen eines "Band-Aufstiegs" zu einer merklichen Vergütungserhöhung kommen kann, durchaus gesehen haben, aber nur als Ausnahmefall einer Regelung zuführten. Es kann daher wegen der Systematik der Gruppen 9 und 10 gemäß § 4 Abs. 3 ETV 2007 nur eine Flugverkehrssicherung im engeren Sinne gemeint sein, zumindest ohne die ATM-Sachbearbeitung.

Die besonders qualifizierte bzw. qualifizierte FVK-Sachbearbeitung im Sinne von §§ 7 und 8 ÜTV 2007 erfasst aufgrund des zusätzlichen Tatbestandsmerkmals des Stellenanforderungsprofils "Qualifikation als Lotse" deshalb nur die Berechtigung für eine Lotsentätigkeit. Etwaige andere Tätigkeiten der besonders qualifizierten FVK-Sachbearbeitung bzw. der qualifizierten FVK-Sachbearbeitung werden über § 1 Abs. 3 ÜTV 2007 in Verbindung mit §§ 2 Abs. 4, 3 Abs. 4 ETV 2007 geregelt und führen nur zu einer stufenweisen Vergütungsanhebung. Eine weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Qualifikation als Lotse" im Sinne des Klägers würde die Regelung in § 2 Abs. 4 ETV 2007 überflüssig machen. Eine Überführung einer größeren Gruppe von Arbeitnehmern, denen - da nicht ausgebildete Fluglotsen - nach dem alten Zulagentarifvertrags Nr. 2 (vgl. Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 131 - 138 d.A.) eine Zulage der Stufe I oder II zustand, in die Bereiche der Bänder D bis G, die ungefähr den alten Zulagengruppen III bis VII entsprechen, welche nach § 2 Abs. 1 lit. a Zulagentarifvertrag Nr. 2 nur für Fluglotsentätigkeiten vorgesehen waren, kann nicht beabsichtigt gewesen sein.

4. Da die Stelle des Klägers als Air Traffic Flow Manager nicht zur Flugverkehrskontrolle im engeren Sinne gehört, kann offen bleiben, wie nach § 1 Abs. 3 ÜTV 2007 das Verhältnis von ETV 2007 und ÜTV 2007 zu bestimmen ist. Dem Kläger steht nach dem oben Ausgeführten auch gemäß § 4 Abs. 3 ETV 2007 nur eine Vergütung der Gruppe 10 Band C dieses Tarifvertrags zu. Er übt eine besonders qualifizierte ATM-Sachbearbeitung im Sinne des § 4 Abs. 3 ETV 2007 aus, nicht aber eine besonders qualifizierte FVK-Sachbearbeitung, von der die ATM-Sachbearbeitung ausdrücklich ausgenommen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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