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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 27.02.2008
Aktenzeichen: 18 Sa 767/07
Rechtsgebiete: ZPO, ETV T-Systems International, ERTV T-Systems International


Vorschriften:

ZPO § 256 Abs. 1
ETV T-Systems International § 4
ERTV T-Systems International
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. März 2007 - 16 Ca 6203/06 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Jahreszielgehalt des Klägers gemäß § 4 des Entgeltrahmentarifvertrags (ERTV) vom 20. März 2002, geschlossen zwischen der T-Systems International GmbH (TSI) und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) - Bundesvorstand -, in der Vergütungsgruppe 6 gem. Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 des Entgelttarifvertrags (ETV) vom 20. März 2002, geschlossen zwischen denselben Tarifvertragsparteien, ab dem 01. Januar 2004 nach dem Tarifvertrag vom 28. November 2003, geschlossen zwischen denselben Tarifvertragsparteien, bis zu einer späteren Erhöhung bei einer Wochenarbeitszeit (WAZ) von 35,5 Stunden 40.713,48 EUR betrug.

Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Höhe des dem Kläger zum 01. Januar 2004 zustehenden Jahresgehalts und damit um die Auslegung eines Entgelttarifvertrages.

Die Beklagte zu 1.) ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2.), der A AG.

Der Kläger wurde zum 19. Januar 2002 von der Beklagten zu 2.) beurlaubt und wechselte zur Beklagten zu 1.). Mit Vertrag vom 23. Juli 2002 vereinbarten die Beklagte zu 1.) und der Kläger mit Wirkung ab 01. September 2002 ein Arbeitsverhältnis, welches den von der Beklagten zu 1.) abgeschlossenen Tarifverträgen unterlag. Zur Wiedergabe des Inhalts des Arbeitsvertrages vom 23. Juli 2002 wird auf die Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 12. März 2007 verwiesen (Bl. 140 - 148 d.A.). Der Abschluss des Arbeitsvertrages erfolgte wegen der Verschmelzung des Bereichs MVS, welcher bei der Beklagten zu 2.) angesiedelt war, auf die Beklagte zu 1.) zum 01. September 2002 erst mit Wirkung zu diesem Datum. Dieser Arbeitsvertrag wurde durch weiteren Vertrag vom 06. September 2002 abgeändert, mit welchem die Eingruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe 6 bestätigt wurde (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 12.03.2007, Bl. 149 f. d.A.).

Aufgrund von Übergangsvorschriften waren auf das Arbeitsverhältnis des tarifgebundenen Klägers bis zum 31. August 2002 die Tarifverträge der A AG und nicht die von der Beklagten zu 1.) abgeschlossenen Tarifverträge anwendbar. Erst ab 01. September unterfiel das Arbeitsverhältnis des tarifgebundenen Klägers den von der Beklagten zu 1.) abgeschlossenen Tarifverträgen.

Zwischen der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) - Bundesvorstand - und der Beklagten zu 1.) war am 20. März 2002 ein Entgeltrahmentarifvertrag (folgend: ERTV 2002) und ein Entgelttarifvertrag (folgend: ETV 2002) geschlossen worden. Beide Tarifverträge traten rückwirkend zum 01. Januar 2002 in Kraft. Zur vollständigen Wiedergabe des Inhalts dieser Tarifverträge wird auf die Anlage zur Klageschrift (ETV 2002: Bl. 13 - 15 d.A.) und die Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 16. November 2006 (ERTV 2002: Bl. 62 - 84 d.A.) verwiesen.

Kennzeichnend für die Entgeltfindung nach diesen Tarifverträgen ist die Festlegung von Bandbreiten innerhalb der Vergütungsgruppen mit Spannen von 100% bis 150% bzw. 100% bis maximal 161,5% und die Festlegung individueller Jahreszielgehälter der Arbeitnehmer innerhalb der Bandbreite ihrer Vergütungsgruppe mit fixen und variablen Anteilen.

Die Beklagte zu 1.) schloss mit der Gewerkschaft ver.di am 28. November 2003 nach zuvor erfolgter Kündigung des ETV 2002 einen weiteren Entgelttarifvertrag (folgend: ETV 2003) mit rückwirkender Geltung ab 01. Januar 2003. Durch den ETV 2003 wurden die Gehaltsbänder des zum 31. Dezember 2002 gekündigten ETV 2002 wieder in Kraft gesetzt. Arbeitnehmern, die sowohl am 31. Dezember 2002, am 01. Juli 2003 und über den 30. November 2003 hinaus in einem tariflichen Arbeitsverhältnis zu der Beklagten zu 1.) standen, wurde eine Einmalzahlung für das erste Halbjahr 2003 zugewendet sowie einen Anspruch auf individuelle Gehaltsüberprüfung mit Rückwirkung ab 01. Juli 2003. Diese war durchzuführen bis März 2004, wofür ein Budget von 3,2% der Gesamtvergütung der berechtigten Arbeitnehmer bereitgestellt wurde. Zum umfassenden Wiedergabe dieser tariflichen Regelung wird auf die weitere Anlage zur Klageschrift (Bl. 11 f. d.A.) verwiesen.

Der Kläger arbeitete ab 01. September 2002 mit einer Wochenarbeitszeit (WAZ) von 38 Stunden. Seine WAZ wurde mit Wirkung ab 01. Dezember 2003 auf 35,5 Wochenstunden abgesenkt und zum 01. Dezember 2004 auf 37,5 Stunden, ab 01. März 2005 auf 38,0 Stunden erhöht.

Aufgrund der Regelung zur Gehaltsüberprüfung durch den ETV 2003 teilte die Beklagte zu 1.) dem Kläger mit Schreiben vom 23. März 2004 mit, dass sich sein Jahreszielgehalt rückwirkend ab 01. Juli 2003 auf € 39.907,44 brutto erhöht habe (Kopie als Anlage zur Klageschrift, Bl. 9 d.A.). Das angegebene Jahreszielgehalt bezog sich auf eine WAZ von 38 Stunden und erhöhte rechnerisch die vom Kläger bis zum 30. Juni 2003 bezogene Vergütung um 3,2%.

Mit weiterem Schreiben vom 07. April 2004 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 8 d.A.) informierte die Beklagte zu 1.) den Kläger darüber, dass seine "tarifliche Absicherung" aufgrund seiner überdurchschnittlichen Leistungen im Jahr 2003 mit Wirkung zum 01. Januar 2004 um 10% erhöht worden sei. Die "tarifliche Absicherung" ab dem genannten Datum betrage € 39.451,05. Entsprechend habe er Anspruch auf ein individuelles Jahreszielgehalt in Höhe von € 39.451,05. Die tarifliche Absicherung und das Jahreszielgehalt waren auf der Grundlage einer WAZ von 35,5 Stunden berechnet.

Der Kläger forderte die Beklagte zu 1.) mit Schreiben vom 28. Juli 2004 auf, die mit Schreiben vom 07. April 2004 mitgeteilte Erhöhung um 10% nicht aus dem unveränderten Gehaltsband seiner Vergütungsgruppe zu berechnen, sondern aus dem wegen des ETV 2003 zuvor fiktiv um 3,2% erhöhten unteren Bandwert (Anlage zur Klageschrift, Bl. 6 d.A.). Die Beklagte zu 1.) reagierte darauf durch eine E-Mail vom 21. Januar 2005 und gab an, wegen der Anwendung des "110% - 112%-Automatismus" würden Gespräche mit ver.di geführt (Anlage zur Klageschrift, Bl. 7 d.A.). Zu der angekündigten Klärung zwischen den Tarifpartnern kam es in der Folge nicht.

Zum 01. Juli 2005 erhielt der Kläger aufgrund eines weiteren Tarifabschlusses eine Erhöhung seiner Vergütung um 2,7%, wobei Berechnungsgrundlage der Steigerung der seit 01. Januar 2004 zugestandene Prozentsatz innerhalb des Gehaltsbandes der Vergütungsgruppe 6 war.

Anfang 2005 erhöhte sich seine Jahreszielvergütung aufgrund eines von den Parteien nicht genauer erläuterten Gruppenstufensprungs, der auf der Umsetzung einer Anwartschaft noch aus der Beschäftigung bei der Beklagten zu 2.) vor dem Wechsel zu der Beklagten zu 1.) beruhte. Inwieweit die Umsetzung des Gruppenstufensprungs vom damaligen Jahreszielgehalt des Klägers bei der Beklagten zu 1.) abhängig war, ist in der Verhandlung vom 27. Februar 2008 nicht zu klären gewesen.

Mit Wirkung zum 26. August 2005 ist das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613 a BGB wieder von der Beklagten zu 1.) auf die Beklagte zu 2.) übergegangen. Nach dem Tarifvertrag über Sonderregelungen II bei der A AG (folgend: TV SR II), dort Protokollnotiz zu § 1 Nr. 4, fanden jedoch auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten zu 2.) bis 31. Dezember 2005 weiterhin die Tarifverträge Anwendung, welche die Beklagte zu 1.) mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen hatte.

Seit 01. Dezember 2006 ist der Kläger gem. § 19 TV SR II mit seinem Bezugsentgelt in das Entgeltsystem der Beklagten zu 2.) überführt worden. Basis des Bezugsentgelts war nach der tariflichen Regelung das bis dahin vom Kläger erreichte Jahreszielentgelt mit zusätzlichen Detailregelungen. Zur Wiedergabe der Regelungen des TV SR II wird auf die mit dem Schriftsatz des Klägers vom 21. Februar 2008 überreichte Kopie verwiesen (Bl. 360 - 374 d.A.).

Mit seiner am 31. August 2006 bei dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst nur gegenüber der Beklagten zu 1.) die Feststellung beantragt, dass sein Jahreszielgehalt zum 01. Januar 2004 € 43.112,42 betrug. Unter Berücksichtigung der zum 01. Januar 2004 schon reduzierten WAZ von 35,5 Stunden und dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 2.) hat der Kläger seinen Feststellungsantrag dann einerseits auf die Beklagte zu 2.) erweitert, andererseits auf ein Jahreszielgehalt von € 40.713,48 bei einer WAZ von 35,5 Stunden beschränkt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, durch den Tarifabschluss vom 28. November 2003 sei die Beklagte zu 1.) verpflichtet gewesen, bei der Berechnung der ab 01. Januar 2004 maßgeblichen "tariflichen Absicherung" von 100% auf 110% die Banduntergrenze zunächst fiktiv um 3,2% zu erhöhen. Der Kläger hat dazu insoweit unbestritten vorgetragen, dass die Tarifpartner bei Abschluss des ETV 2003 berücksichtigen wollten, dass Gruppen von Arbeitnehmern, welche durch Verschmelzungen auf die Beklagte zu 1.) übergegangen waren, bereits im Jahr 2003 Gehaltserhöhungen erhalten hatten. Dies habe zur Fortschreibung der Gehaltsbänder 2002 geführt, so dass die Tariferhöhung von 3,2% nicht tabellenwirksam umgesetzt wurde. Der Kläger hat daraus gefolgert, dass für die begünstigten Arbeitnehmer deshalb von einer Schattentabelle mit um 3,2% erhöhten Werten auszugehen sei. Die Regelung zu einer fiktiven Erhöhung der Gehaltsbänder in Ziff. 1. c) Abs. 4 ETV 2003 sei nicht lediglich auf den Anpassungstag 01. Juli 2003 beschränkt gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass sein Jahreszielgehalt am 01. Januar 2004 bei einer Wochenarbeitszeit von 35,5 Stunden € 40.713,48 betrug.

Die Beklagten zu 1.) und 2.) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, eine weitere Anhebung der tariflichen Absicherung von 110% um die im ETV 2003 vereinbarten 3,2% sei nicht vorgesehen gewesen. Im ETV 2003 hätten sich die Tarifvertragsparteien ausschließlich auf eine fiktive Erhöhung der Gehaltsbänder um 3,2% für die Gehaltsüberprüfung zum 01. Juli 2003 geeinigt. Die vom Kläger gezogene Schlussfolgerung, dass für die begünstigten Arbeitnehmer Schattenbänder gelten sollten, sei unzutreffend. Da der Kläger erst zum 01. Januar 2004 die Voraussetzungen der 110%-Regelung erfüllt habe, habe er zu diesem Zeitpunkt auch nur einen Anspruch auf die 10%ige Erhöhung des Werts des unteren Gehaltsbandes gehabt. Die fiktive Erhöhung der Gehaltsbänder habe sich auf den 01. Juli 2003 beschränkt und nicht bis zum 01. Januar 2004 fortgewirkt. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass die Gewerkschaft ver.di bei nachfolgenden Tarifverhandlungen die 2003 festgeschriebenen Gehaltsbänder und nicht durch fiktive Erhöhungen entstandene Schattenbänder zum Ausgangspunkt ihrer Verhandlungen gemacht habe.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat durch am 14. März 2007 verkündetes Urteil den Feststellungsantrag des Klägers als unbegründet abgewiesen. Zuvor hatten die Beklagten zu 1.) und 2.) in der Verhandlung vom 14. März 2007 zu Protokoll erklärt, dass sie im Falle einer rechtskräftigen Feststellung die Bezüge des Klägers auch ohne Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen neu abrechnen und auszahlen würden (vgl. Sitzungsniederschrift vom 14. März 2007, Bl. 156 d.A.).

Das Arbeitsgericht Frankfurt hat die Abweisung des Feststellungsantrags damit begründet, dass die Tarifvertragsparteien unter Ziff. 1. c) Abs. 3 ETV 2003 eine Stichtagsregelung zum 01. Dezember 2003 getroffen hätten. Da der Kläger zum 01. Dezember 2003 nicht die Voraussetzungen einer tariflichen Absicherung nach § 4 Abs. 10 ERTV 2002 erfüllt habe, könne er nicht die Berücksichtigung der Tariferhöhung von 3,2% bei der Bemessung der "tariflichen Absicherung" von 110% verlangen. Zur vollständigen Wiedergabe der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird auf diese Bezug genommen (Bl. 165 - 170 d.A.).

Der Kläger hat gegen das ihm am 20. April 2007 zugestellte Urteil mit am 16. Mai 2007 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Seine Berufungsbegründung ist nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag hin bis zum 20. August 2007 an diesem Tag bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen.

Mit der Berufung vertieft der Kläger sein Vorbringen. Er wendet sich gegen die vom Arbeitsgericht Frankfurt am Main angenommene Stichtagsregelung zum 01. Dezember 2003 und wiederholt seine Rechtsauffassung, die fiktive Erhöhung sei nicht auf den 01. Juli 2003 beschränkt gewesen, sondern habe für die Gesamtlaufzeit des ETV 2003 gegolten. Die Regelung unter Ziff. 1. c) Abs. 4 ETV 2003 sei überflüssig und ohne Sinngehalt, wenn die fiktive Erhöhung der Gehaltsbänder nur punktuell gewirkt hätte. Den Tarifvertragsparteien sei bekannt gewesen, dass eine Erhöhung aufgrund der sog. 110%-Regelung erst im folgenden Kalenderjahr wirksam werden würde. Eine Klärung der Streits über die Auslegung des Tarifvertrages sei in den Verhandlungen zur Vergütungsrunde 2004 nicht erfolgt.

Der Kläger hat seinen Antrag im Einverständnis mit den Beklagten zu 1.) und 2.) präzisiert und beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14.03.2007 - 16 Ca 6203/06 - festzustellen, dass sein Jahreszielgehalt gem. § 4 des Entgeltrahmentarifvertrages (ERTV) vom 20. März 2002, geschlossen zwischen der T-Systems International GmbH (TSI) und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) - Bundesvorstand -, in der Vergütungsgruppe 6 gem. Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 des Entgelttarifvertrages (ETV) vom 20. März 2002, geschlossen zwischen denselben Tarifvertragsparteien, ab dem 01. Januar 2004 nach dem Tarifvertrag vom 28. November 2003, geschlossen zwischen denselben Tarifvertragsparteien,

bis zu einer späteren Erhöhung bei einer Wochenarbeitszeit (WAZ) von 35,5 Stunden € 40.713,48 betrug.

Die Beklagten zu 1.) und 2.) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten zu 1.) und 2.) verteidigen die angegriffene Entscheidung. Sie behaupten, der Regelungsgehalt des ETV 2003 habe sich mit der Umsetzung der Gehaltsüberprüfung zum 01. Juli 2003 erschöpft. Eine weitergehende Regelung sei von den Tarifvertragsparteien nicht gewollt worden. Die Regelung in Ziff. 1. c) ETV 2003 beschränke sich nach ihrem Wortlaut auf eine Gehaltsüberprüfung gemäß § 4 Abs. 11 ERTV 2002 mit Wirkung ab 01. Juli 2003. Die Regelung in Absatz 4 habe lediglich bezweckt, bei der Durchführung der individuellen Gehaltsüberprüfung für die Anwendung der Regelungen zur erhöhten "tariflichen Absicherung" (sog. 110%-Regelung) sowie zum tariflichen Automatismus (sog. 112%-Regelung) auf die fiktiv erhöhten Werte abzustellen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 27. Februar 2008 (Bl. 376 f. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. März 2007 ist zulässig gem. §§ 64 Abs. 2 b), 8 Abs. 2 ArbGG. Sie ist gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß und rechtzeitig begründet worden.

I.

Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage ist gegenüber beiden Beklagten zulässig.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt werden, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch ein Urteil alsbald festgestellt werde. Dabei können auch einzelne Elemente einer Berechnung Gegenstand einer Feststellungsklage sein.

Geht es in der Sache um Höhe und Umfang einer Leistungsverpflichtung des Arbeitgebers ist sorgfältig zu prüfen, ob tatsächlich eine auf eine einzelne Berechnungsgrundlage oder Anspruchsvoraussetzung beschränkte Feststellungsklage prozesswirtschaftlich ist. Grundsätzlich ist eine Leistungsklage vorrangig, durch die ein Urteil erwirkt wird, aus dem auch vollstreckt werden kann. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, durch ein Urteil ein Rechtsgutachten zu einzelnen Fragestellungen zu erstatten.

Der Vorrang einer Leistungsklage ist jedoch dann eingeschränkt, wenn im konkreten Fall durch eine Feststellungsklage eine einfache, sachgemäße Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen eine Leistungsklage sprechen. Dies hat schwerpunktmäßig im Recht der betrieblichen Altersversorgung zur Anerkennung eines Rechtsschutzinteresses für (auf Berechnungsgrundlagen beschränkte) Feststellungsklagen geführt, insbesondere wenn eine endgültige Berechnung aufwendig ist und der Streit der Parteien sich auf Ausgangswerte einer Berechnung und nicht den Rechenweg selbst bezieht (BAG Urteil vom 08.05.1984 - 3 AZR 68/82 - DB 1984, 2518; BAG Urteil vom 24. April 2001 - 3 AZR 355/00 - EzA § 1 BetrAVG Nr. 73, jeweils m.w.N.).

Ein Rechtsschutzinteresse für einen Feststellungsantrag statt einer Leistungsklage kann aber auch außerhalb des Betriebsrentenrechts bejaht werden, wenn dies in einer ähnlichen Konstellation prozessökonomisch ist. Das ist der Fall, wenn das angestrebte Urteil mit seiner ideellen, einer Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Rechtsstreite zwischen ihnen zu verhindern. Führt der Feststellungsstreit hingegen nur zur Klärung eines Teilaspekts des Gesamtstreits zwischen den Prozessparteien und ist eine einfache Erledigung weiterer Streitpunkte nicht zu erwarten, besteht kein hinreichendes Interesse an der beantragten Feststellung (BAG Urteil vom 21.05.1992 - 6 AZR 187/91 - n.v., zitiert nach juris; BAG Urteil vom 28.09.2005 - 5 AZR 181/04 - n.v., zitiert nach juris; BAG Urteil vom 29.08.2007 - 4 AZR 561/06 - n.v., zitiert nach juris).

1.

Der Streit der Parteien wird um eine Berechnungsgrundlage der Arbeitsvergütung geführt. Je um welchen Betrag sich die Vergütung des Klägers mit Wirkung ab 01. Januar 2004 änderte, lag späteren Gehaltserhöhungen eine andere Berechnungsgrundlage zu Grunde.

Die Höhe des Jahreszielgehalts des Klägers und damit auch der ihm monatlich zustehenden fixen Vergütung bestimmte sich ab dem 01. Juli 2003 nach dem zwischen der Beklagten zu 1.) und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) am 20. März 2002 geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), dem am selben Tag geschlossenen Entgelttarifvertrag (ETV) sowie dem zwischen denselben Tarifpartnern in der Tarifrunde 2003 am 28. November 2003 geschlossenen Tarifvertrag (ETV 2003). Mit der Feststellung des konkreten Jahreszielgehalts des Klägers zum Stichtag 01. Januar 2004 wird nicht nur dessen Vergütungsanspruch geklärt, sondern auch festgelegt, welcher Prozentsatz im Gehaltsband seiner Vergütungsgruppe dem Kläger ab diesem Zeitpunkt zustand.

Das nach dem ERTV maßgebliche Vergütungssystem, insbesondere das Verhandlungsergebnis des ETV 2003, führt dazu, dass die Höhe eines fixen Vergütungsanspruchs pro Monat sowie die Höhe der an den festen Vergütungsanspruch anknüpfenden Zulagen nicht nur für die Geltungsdauer eines bestimmten Entgeltvertrages festgestellt werden kann. Die Höhe der zutreffenden Vergütung des Klägers zu Beginn des Jahres 2004 wirkte sich zumindest bis in das Jahr 2006 gem. § 19 Abs. 1 des Tarifvertrages über Sonderregelungen II bei der A AG (TV SR II) auf den Entgeltanspruch des Klägers in seinem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten zu 2.) aus.

Durch den ERTV sind Vergütungsgruppen mit Ober- und Untergrenzen festgelegt worden, so dass ein fixer Vergütungsanspruch eines Arbeitnehmers als Prozentsatz zwischen 100% und 150% seiner Vergütungsgruppe definiert wurde. Ein solcher Prozentsatz steigt nicht in allen Fällen exakt um einen Tarifabschluss. Nach dem System des ERTV ist der Umfang einer Entgelterhöhung wegen einer Tariferhöhung auch von der konkreten Lage der individuellen Vergütung innerhalb des Bandes der Vergütungsgruppe abhängig. Dazu treten Ansprüche auf Verdiensterhöhung, welche losgelöst von einem etwaigen Tarifschluss nach dem Grad der persönlichen Zielerreichung und Dauer der Beschäftigung eintreten.

Dieses System ist durch den Tarifabschluss vom 28. November 2003 nicht vereinfacht geworden. Da die Gehaltsbänder unverändert blieben, an die von der Tariferhöhung erfasste Arbeitnehmergruppe aber insgesamt 3,2% Erhöhung des Gesamtvergütungsanspruchs dieser Gruppe zu verteilen waren, änderte sich für alle Arbeitnehmer der begünstigten Gruppe - zumindest auch den Kläger - der ihm innerhalb des Gehaltsbandes seiner Vergütungsgruppe zustehende Prozentsatz. Spätere Gehaltsänderungen des Klägers nach einem Tarifabschluss und aufgrund von Anwartschaften aus seiner Beschäftigungszeit bei der Beklagten zu 2.) vor Januar 2002 eingetretene Verdiensterhöhungen knüpften an den konkreten Prozentsatz an, welchen der Kläger zuvor innerhalb des Bandes erreicht hatte.

Die sich daraus zum 31. Dezember 2005 ergebende Vergütung ist schließlich dann gem. § 19 TV SR II Grundlage der Überleitung in das bei der Beklagten zu 2.) geltende tarifliche Regelungssystem zum Entgelt gewesen.

2.

Durch eine Leistungsklage könnte der Streit der Parteien nur dann vollständig beigelegt werden, wenn sämtliche Vergütungsansprüche des Klägers seit 01. Januar 2004 gegenüber beiden Beklagten durch diese Klage erfasst wären. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers berechneten sich neben der Vergütung für geleistete Mehrarbeit auch die Nachtzuschläge aus dem Jahreszielgehalt. Darüber hinaus wäre zu berücksichtigen, dass der Kläger in der Zeit von 01. Januar 2004 bis 31. Dezember 2005 teilweise mit unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten arbeitete. Bei einer unfassenden Geltendmachung wären also eine Vielzahl von Berechnungen vorzunehmen, die alle vom Streit um einen Ausgangswert am 01. Januar 2004 abhingen. Dies würde bei den Parteien und dem angerufenen Gericht zu einem hohen und nicht erwünschten Arbeitsaufwand führen

Beide Beklagten haben zu Protokoll erklärt, dass sie einer rechtskräftigen Feststellung Folge leisten und entsprechend der Entscheidung die Vergütungsansprüche des Klägers neu abrechnen und auszahlen würden (vgl. Sitzungsniederschrift vom 14. März 2007, Bl. 156 d.A. und klarstellend Sitzungsniederschrift vom 27. Februar 2008, Bl. 378 d.A.). Ein Streit über sonstige Voraussetzungen der Entgeltansprüche des Klägers ist nicht ersichtlich.

3.

Aus den dargestellten prozessökonomischen Gründen besteht das besondere Feststellungsinteresse des Klägers auch Auswirkungen einer Feststellung gegenüber der Beklagten zu 1.), obwohl diese auf die Zeit vom 01. Januar 2004 bis 25. August 2005 beschränkt sind.

Wird eine Klage auf Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, so ist sie nur dann zulässig, wenn sich aus der Feststellung noch Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben (BAG Urteil vom 24.09.1997 - 4 AZR 429/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Reichsbund Nr. 1; BAG Urteil vom 09.03.2005 - 5 AZR 385/02 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177).

Auch wenn seit 25. August 2005 wieder ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2.) und damit nicht mehr zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1.) besteht, hat der Streit um den zutreffenden Prozentsatz im Gehaltsband des Klägers ab 01. Januar 2004 konkrete Rechtsfolgen für Gegenwart und Zukunft.

Die dem Kläger seit dem 25. August 2005 zustehende Vergütung hängt davon ab, welchen Prozentsatz im Gehaltsband er bis zu diesem Zeitpunkt erreicht hatte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das von der Beklagten zu 1.) im Jahr 2002 abgeschlossene Tarifwerk auch im Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten zu 2.) im Jahr 2005 nach der Protokollnotiz zu § 1 des TV SR II Anwendung fand.

Es ist deshalb gerechtfertigt, die gegenüber den Beklagten zu 1.) und 2.) einheitlich zu beantwortenden Auslegung des ETV 2003 trotz der beendeten Vertragsbeziehungen des Klägers zu der Beklagten zu 1.) auch einheitlich festzustellen. Verzichtete man im Verhältnis des Klägers zu der Beklagten zu 1.) auf eine Feststellung, müsste der Kläger monatsweise seine Vergütungsansprüche für die Zeit von 01. Januar 2004 bis 24. August 2005 berechnen und die Differenzen einklagen.

Im Verhältnis des Klägers zu der Beklagten zu 2.) ergibt sich das rechtliche Interesse, die Höhe eines Vergütungsanspruchs für einen Zeitpunkt feststellen zu lassen, an dem - zwischenzeitlich - kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand, aus den zitierten Überleitungsvorschriften des TV SR II.

II.

Die Berufung ist auch im Übrigen erfolgreich, der Feststellungsantrag ist begründet.

Dem Kläger stand ab 01. Januar 2004 bei einer Wochenarbeitszeit (WAZ) von 35,5 Stunden eine Vergütung in Höhe von € 40.713,48 zu, was einem Prozentsatz von 113,52% in der Vergütungsgruppe 6 der Anlage 1 in dem durch den ETV 2003 unveränderten Gehaltsband entspricht.

Die Beklagte zu 1.) hatte gem. § 4 Abs. 10 2. Unterabs. ERTV 2002 i.V.m. Ziff. 1. c) 4. Unterabs. ETV 2003 die "tarifliche Absicherung" nicht auf 110% des nach Ziff. 1. a) ETV 2003 unverändert wieder in Kraft gesetzten Gehaltsbands der Vergütungsgruppe 6 zu bemessen, sondern auf 110% des zuvor fiktiv um 3,2% erhöhten Gehaltsbandes nach Ziff. 1. c) Unterabs. 3 ETV 2003 festzusetzen. Als Ausgangspunkt für die Berechnung seiner fixen wie variablen Vergütung sowie für weitere Gehaltsanpassungen hatte der Kläger somit einen höheren Prozentsatz erreicht, als die Beklagte zu 1.) und die Beklagte zu 2.) ihm bisher zustanden (113,52% des nach Ziff. 1. a) unveränderten Gehaltsbandes statt 110%). Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. März 2007 war daher abzuändern.

1.

Die Feststellung, dass dem Kläger in der Vergütungsgruppe 6 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 ETV 2002 bei einer WAZ von 35,5 Stunden ab 01. Januar 2004 ein Jahreszielgehalt in Höhe von € 40.713,48 (113,52%) statt von € 39.451,05 (110%) zustand, folgt aus der Auslegung der 2002 und 2003 abgeschlossenen Entgelt-Tarifverträge.

Die Parteien streiten nur um die Frage, ob die dem Kläger aufgrund seiner Leistungen zustehende tarifliche Absicherung von 110% des Bandwertes seiner Vergütungsgruppe (§ 4 Abs. 10 Unterabs. 2 ERTV 2002) aus dem unveränderten Gehaltsband (1. a) ETV 2003) oder aus einem fiktiv um 3,2% erhöhten Gehaltsband (1. c) Abs. 4 ETV 2003) zu berechnen war.

a)

Der ETV 2003 lautet auszugsweise (Anlage 2 zur Klageschrift, Bl. 11 f. d.A.):

"1. Entgeltanpassungen

a) Gehaltsbänder gem. ETV

Die Gehaltsbänder ETV TSI GmbH werden in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung wieder in Kraft gesetzt

b) Einmalzahlung

Arbeitnehmer, die dem Geltungsbereich des ERTV TSI GmbH unterfallen, erhalten eine Einmalzahlung in Höhe von 400 Euro (beurlaubte Beamte: 350 Euro), wenn sie am 31. Dezember 2002 schon und am 30. Juni 2003 noch in einem tariflichen Arbeitsverhältnis gestanden haben und sie nicht spätestens mit Ablauf des 30. November 2003 aus dem Unternehmen bzw. dem tariflichen Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind.

(...)

c) Individuelle Gehaltsüberprüfung

Für Arbeitnehmer, die dem Geltungsbereich des ERTV TSI unterfallen und die am 31. Dezember 2002 schon und am 01. Juli 2003 noch in einem tariflichen Arbeitsverhältnis gestanden haben, erfolgt eine Gehaltsüberprüfung gem. ERTV TSI GmbH § 4 Abs. 11 mit Wirkung ab 01. Juli 2003. In Abänderung der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 11 ERTV wird diese spätestens bis März 2004 durchgeführt.

Ausgenommen sind Mitarbeiter die mit Ablauf des 30. November 2003 oder früher aus dem Unternehmen bzw. dem tariflichen Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind.

Hierfür wird ein Budget gem. ERTV TSI GmbH § 4 Abs. 17 in Höhe von 3,2 Prozent bereitgestellt. Stichtag für die Berechnung der Budgetsumme ist der 01. Dezember 2003.

Für die Anwendung der 110%- und der 112%-Regelung im Rahmen dieser Gehaltsüberprüfung werden die entsprechenden Absolut-Beträge der Gehaltsbänder fiktiv um 3,2 Prozent erhöht.

d) Ausnahmen und Sonderregelungen

(...)

e) Budgeteinheiten

(...)

1. Inkrafttreten

Dieser Tarifvertrag tritt am 01. Januar 2003 in Kraft.

2. Kündigungsbestimmungen

Der Entgelttarifvertrag T-Systems International GmbH kann schriftlich mit einer Frist von einem Monat zum Ende eines Kalendermonats, frühestens zum 30.06.2004, gekündigt werden."

Soweit der ETV 2003 die Voraussetzungen einer individuellen Gehaltsüberprüfung (GÜP) anpasst, ein Budget zur Gehaltsüberprüfung festlegt und in Ziff. 1.) c) Abs. 4 auf die Anwendung einer 110%- und einer 112%-Regelung Bezug nimmt, ist der ERTV 2003 heranzuziehen, dort bezeichnet als ERTV TSI.

Der ERTV 2002 vom 20. März 2002, welcher rückwirkend ab 01. Januar 2002 in Kraft trat, enthält - soweit hier erheblich - folgende Regelungen (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 16.11.2006, Bl. 62 - 84 d.A.):

"(...)

§ 3

Vergütungsgrundsatz

(1) Der Arbeitnehmer erhält ein Jahreszielgehalt, das sich aus einem fixen und einem variablen Anteil zusammensetzt. Der fixe Anteil des Jahreszielgehalts wird in zwölf gleichen Teilen (Monatsgehalt) gezahlt. Dem fixen Anteil des Jahreszielgehaltes liegt die Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zugrunde (Zeitentgelt).

(2) Der variable Anteil des Jahreszielgehaltes richtet sich nach dem Erreichungsgrad von festgelegten Zielgrößen.

(3) Abweichend hiervon erhalten Arbeitnehmer, die bis zu sechs Monate befristet beschäftigt werden, nur den Festentgeltanteil.

§ 4

Jahreszielgehalt

(1) Der Arbeitnehmer erhält ein Jahreszielgehalt. Er wird nach der Vergütungsgruppe, in die der Arbeitnehmer eingruppiert ist, bemessen.

(2) Je Vergütungsgruppe wird eine tarifliche Unter- und Obergrenze des Jahreszielgehaltes festgelegt. Der Korridor zwischen Unter- und Obergrenze beträgt in den Vergütungsgruppen 1 bis 7 50%, in der Vergütungsgruppe 8 52%, in der Vergütungsgruppe 9 54% und in der Vergütungsgruppe 10 61,5% der tariflichen Untergrenze. Tarifliche Erhöhungen wirken sich nur auf die Unter- und Obergrenzen des Jahreszielgehaltes aus.

(3) Die Unter- und Obergrenzen des Jahreszielgehaltes je Vergütungsgruppe bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit gemäß § 9 MTV TSI ergeben sich aus den Vergütungstabellen, die in Anlage 1 und 2 des ETV TSI festgelegt sind.

(4) Der fixe Anteil des Jahreszielgehalts beträgt in den Vergütungsgruppen 1 bis 8 90% und in den Vergütungsgruppen 9 und 10 85% des Jahreszielgehaltes. Der variable Anteil des Jahreszielgehaltes beträgt in den Vergütungsgruppen 1 bis 8 10% und in den Vergütungsgruppen 9 und 10 15% des Jahreszielgehaltes bei 100% Zielerreichung.

(...)

(7) Die Höhe des individuellen Jahreszielgehaltes des Arbeitnehmers wird unter Heranziehung der Kriterien gemäß Absatz 11 vom Arbeitgeber festgelegt. Das individuelle Jahreszielgehalt entspricht mindestens der tariflichen Untergrenze der jeweiligen Vergütungsgruppe (100%-Wert des Jahreszielgehalts).

(8) Arbeitnehmer, deren individuelles Jahreszielgehalt im Band bis einschließlich 112% liegt, erhalten mindestens den Prozentsatz der allgemeinen Tariferhöhung bezogen auf ihr individuelles Jahreszielgehalt unter der Voraussetzung, dass ihre Zielerreichung bei der unmittelbar vorangegangenen Zielerreichungsfeststellung mindestens 50% betragen hat.

(9) Arbeitnehmer, deren individuelles Jahreszielgehalt oberhalb des 112%-Wertes des tariflichen Jahreszielgehaltsbandes liegt, haben einen Anspruch auf Gehaltsüberprüfung zum Zeitpunkt der allgemeinen Tariferhöhung. Ein Anspruch auf Anpassung des individuellen Jahreszielgehaltes besteht nicht.

(10) Arbeitnehmer, die ihrer Vergütungsgruppe mindestens zwei Jahre zugeordnet sind, haben Anspruch auf eine um 10% erhöhte tarifliche Absicherung (110%-Bandwert) ab dem darauf folgenden Kalenderjahr, wenn durch ihre jeweils letzte Zielerreichung nachgewiesen ist, dass ihre Leistung in der Gesamtbewertung den Anforderungen entspricht (= 100% Zielerreichung).

Arbeitnehmer, die ihrer Vergütungsgruppe mindestens 1 Jahr zugeordnet sind, haben Anspruch auf eine um 10% erhöhte tarifliche Absicherung (110% Bandwert) ab dem darauf folgenden Kalenderjahr, wenn durch ihre jeweils letzte Zielerreichung nachgewiesen ist, das ihre Leistung in der Gesamtbewertung die Anforderungen übertrifft (= größer 100% Zielerreichung).

Ein Absinken unter die vorgenannte erhöhte tarifliche Absicherung ist ausgeschlossen.

(11) Das individuelle Jahreszielgehalt wird einmal jährlich im Zusammenhang mit den tariflichen Erhöhungen der Unter- und Obergrenzen der Jahreszielgehälter durch den Arbeitgeber überprüft. Zur Überprüfung des individuellen Jahreszielgehaltes werden folgende summarisch zu bewertende Kriterien herangezogen:

(...)

Protokollnotiz zu Absatz 11:

Der erste Gehaltsüberprüfungsprozess unter Anwendung der Kriterien nach § 4 Absatz 11 findet in 2003 statt.

(...)

(16) Ein Absinken des Jahreszielgehaltes des Arbeitnehmers unter den bereits erreichten Entgeltwert des Jahreszielgehaltes im Rahmen der Gehaltsüberprüfung ist ausgeschlossen.

(17) Zur Umsetzung der allgemeinen Tariferhöhungen wird je Organisationseinheit ein Budget (Budgeteinheit) ermittelt. Diese Budgets errechnen sich aus dem Prozentsatz der allgemeinen Tariferhöhung multipliziert mit den individuellen Jahreszielgehältern der Arbeitnehmer der betreffenden Budgeteinheit.

Die Budgeteinheiten werden für die Betriebe im Sinne des Zuordnungstarifvertrages gebildet. Die so gebildeten Budgets stellen eine Mindestgröße dar und sind vollumfänglich auszuschütten."

In dem ebenfalls zum 01. Januar 2002 rückwirkend in Kraft getretenen Entgelttarifvertrag vom 20. März 2002 (ETV 2002), kündbar frühestens zum 31. Dezember 2002, war in der Entgelttabelle für Arbeitnehmer gem. § 2 Abs. 1 für die Vergütungsgruppe 6 als Untergrenze (100%-Wert des tariflichen Jahreszielgehalts) ein Betrag von € 37.964,00 und als Obergrenze ein Betrag von € 56.946,00 als Jahreszielgehalt gem. § 4 ERTV 2002 bestimmt.

b)

Die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Wortlaut zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG Urteil vom 22.10.2003 - 10 AZR 152/03 - NZA 2004, 444; BAG Urteil vom 16.06.2004 - 4 AZR 408/03 - NZA 2005, 1421; BAG Urteil vom 24.10.2007 - 10 AZR 878/06 - NZA 2008, 131).

2.

Der Kläger zählt unstreitig zu der Gruppe der Arbeitnehmer, die gemäß Ziff. 1. c) ETV 2003 einen Anspruch auf eine individuelle Gehaltsüberprüfung (GÜP) hatten, für die das in Ziff. 1. c) Abs. 3 geregelte Budget bereitgestellt wurde. Ebenfalls außer Streit steht, dass sein Jahreszielgehalt - bezogen auf die zum 01. Juli 2003 maßgebliche WAZ von 38 Stunden - gemäß dem Schreiben der Beklagten zu 1.) vom 23. März 2004 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 9 d.A.) um 3,2% erhöht wurde. Diese Anpassung ist von der Beklagten zu 1.) in dem Schreiben vom 23. März 2004 auch so erläutert worden. Am unteren Rand des Schreibens findet sich der Hinweis: "Grundlage zur Umsetzung dieser tarifrechtlichen Regelung waren die durch den Tarifabschluss (ETV vom 28.11.2003) um 3,2% fiktiv erhöhten Gehaltsbänder."

Entgegen der Ansicht der Beklagten folgt aus Wortlaut und Systematik der Tarifverträge, dass das um 3,2% erhöhte fiktive Gehaltsband auch noch zu dem nach § 4 Abs. 10 Unterabs. 2 ERTV 2002 maßgeblichen Stichtag 01. Januar 2004 für die Umsetzung der erhöhten "tariflichen Absicherung" galt.

a)

Nach dem Wortlaut von Ziff. 1. (Entgeltanpassungen) des ETV 2003 ist nicht eindeutig festzustellen, ob die fiktive Erhöhung der Gehaltsbänder um 3,2% nach Ziff. 1. c) Abs. 4 auf den rückwirkend festgelegten Anpassungszeitpunkt 01. Juli 2003 beschränkt sein sollte oder nicht. Für eine Beschränkung spricht die Formulierung "... im Rahmen dieser Gehaltsüberprüfung ...", wobei nach Abs. 1 "... eine Gehaltsüberprüfung gemäß ... § 4 Abs. 11 ERTV TSI (= ERTV 2002)" gemeint ist. Dieses Verständnis wirft aber das systematische Argument auf, weshalb überhaupt eine Regelung in Absatz 4 über "die Anwendung der 110%- und 112%-Regelung im Rahmen dieser Gehaltsüberprüfung ..." getroffen wurde, da sie bei einer Beschränkung der fiktiven Erhöhung auf den 01. Juli 2003 nicht notwendig gewesen wäre:

aa)

Nach dem Regelungskonzept des bei der Beklagten im Jahr 2002 erstmalig abgeschlossenen ERTV wird mit der Zuordnung der Tätigkeit eines Arbeitnehmers zu einer Vergütungsgruppe die Höhe der Vergütung nicht endgültig festgelegt. Das individuelle Jahreszielgehalt (fixer und variabler Anteil) beträgt nach § 4 Abs. 7 ERTV 2002 mindestens die Banduntergrenze (100%-Wert), kann aber auch darüber liegen. Die Frage, ob die Leistung eines Arbeitnehmers eine Erhöhung des Prozentsatzes innerhalb des Bandes seiner Vergütungsgruppe rechtfertigt, ist gem. § 4 Abs. 11 ERTV 2002 im Zusammenhang mit einer Tariferhöhung zu überprüfen. Bei Tarifabschlüssen, anlässlich derer eine individuelle Gehaltsüberprüfung (GÜP) durchgeführt werden soll, wird jedoch, wie durch § 4 Abs. 2 Satz 3 ERTV 2002 klargestellt, keine automatische Erhöhung der individuellen Vergütung durchgeführt. Tarifliche Erhöhungen wirken sich nur auf die Unter- und Obergrenzen der Jahreszielgehälter aus. Wie sich eine Tariferhöhung - neben der GÜP, die ja nach § 4 Abs. 11 ETV anlässlich eines Tarifabschlusses durchgeführt wird - auswirkt, ist vielmehr in § 4 Abs. 7 bis 9 ERTV 2002 geregelt worden.

Danach beträgt das individuelle Jahreszielgehalt eines Arbeitnehmers nach § 4 Abs. 7 Satz 2 ERTV 2002 zumindest immer 100%. Die Tariferhöhung wird bei wegen der Erhöhung des unteren Bandwertes also immer an die Arbeitnehmer weitergegeben, die nur 100% erhalten.

Arbeitnehmer, deren Jahreszielgehalt maximal 112% des Bandwertes ihrer Vergütungsgruppe beträgt, erhalten nach § 4 Abs. 8 ERTV 2002 mindestens den Prozentsatz der allgemeinen Tariferhöhung, sofern sie nicht sehr schlechte Leistungen erbrachten (unter 50% Zielerreichung bei der unmittelbar vorangegangenen Zielerreichungsfeststellung).

Arbeitnehmer, deren Jahreszielgehalt schon über 112% eines Bandwertes liegt, haben nur Anspruch auf eine Überprüfung, die nicht zu einer Anpassung führen muss, wie durch § 4 Abs. 9 ERTV 2002 bestimmt. In diesem Konzept ist schließlich zu berücksichtigen, dass nach § 4 Abs. 17 ERTV 2002 die zur Umsetzung einer Tariferhöhung ermittelten Budgets nach Satz 4 vollständig auszuschütten sind, einzelne Arbeitnehmer also auch prozentuale Erhöhungen erreichen können, die über dem Prozentsatz eines jeweiligen Tarifabschlusses liegen.

Nach der Protokollnotiz zu § 4 Abs. 11 ERTV 2002 sollte der erste (!) Gehaltsüberprüfungsprozess unter Anwendung der Kriterien nach § 4 Abs. 11 ERTV 2002 im Jahr 2003 stattfinden.

bb)

Auf dem Hintergrund dieses Regelungskonzept erschließen sich die Bestimmungen unter Ziff. 1 des ETV 2003. Eine Anhebung der Gehaltsbänder um den Tarifabschluss, die nach § 4 Abs. 2 Satz 3 ERTV 2002 zu erwarten gewesen wäre, unterblieb nach Ziff. 1. a) ETV 2003. Dies beruhte zumindest auch auf dem von allen Parteien vorgetragenen Umstand, dass durch Verschmelzungen in den Jahren 2002 und 2003 Arbeitnehmergruppen zu der Beklagten zu 1.) gelangt waren, die schon Gehaltserhöhungen erhalten und/oder bei denen schon Gehaltsüberprüfungen vorgenommen worden waren. Die im Anhang zum ETV 2003 wiedergegebenen Ausnahmen und Sonderregelungen (S. 4 des Tarifvertrages, vgl. Anlage zur Klageschrift, Bl. 12 Rs d.A.) bestätigen dies.

Für die Gruppe der Arbeitnehmer bei denen - wie durch die Protokollnotiz zu § 4 Abs. 11 ETV 2002 vorgesehen - eine Tariferhöhung und Gehaltsüberprüfung (GÜP) für das Jahr 2003 ausstand, wurde eine Einmalzahlung für das erste Halbjahr 2003 und eine bis März 2004 nachzuholende GÜP mit Rückwirkung ab 01. Juli 2003 durch Ziff. 1. c) ETV 2003 vorgesehen. Dass diese GÜP nicht nur der Überprüfung des individuellen Jahreszielgehalts nach § 4 Abs. 11 ERTV 2002 diente, sondern (selbstverständlich) auch der Verdiensterhöhung aufgrund des Tarifabschlusses, verdeutlicht die Bereitstellung des Budgets gem. § 4 Abs. 17 ERTV 2002 in Höhe von 3,2% durch Ziff. 1. c) Abs. 3 ETV 2003.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main wurde durch die Stichtagsregelung in 1. c) Abs. 3 Satz 2 ETV 2003 nicht zugleich ein Stichtag für die Gehaltsüberprüfung festgelegt. Ein Stichtag war zur Ermittlung des Budgets pro Organisationseinheit nach § 4 Abs. 17 ERTV 2002 erforderlich, welche durch den ETV 2003 erstmals und nur für diesen Tarifabschluss festgelegt wurden (siehe Ziff. 1. e) ETV 2003, Anlage zur Klageschrift, Bl. 12 d.A.). Ein weiterer Zweck wurde mit der Festsetzung des Stichtags nicht verfolgt.

Weil die Gehaltsbänder unverändert blieben, war die Regelung zur individuellen Gehaltsüberprüfung (GÜP) nach Ziff. 1. c) Abs. 1 bis 3 ETV 2003 ausreichend. Eines Absatzes 4 hätte es nicht bedurft. Begünstigte Arbeitnehmer, welche am 01. Juli 2003 nach dem ERTV 2002 und dem maßgeblichen Gehaltsband des ETV 2002 maximal 112% des Bandwertes ihrer Vergütungsgruppe erreicht hatten, konnten eine Erhöhung um 3,2% beanspruchen.

b)

Die in Ziff.1. c) Abs. 4 ETV 2003 geregelte fiktive Erhöhung der "Absolut-Beträge der Gehaltsbänder" war systematisch notwendig, wenn die Tarifpartner mehr erreichen wollten, als die Zuteilung einer Tariferhöhung von 3,2% nach den Regeln des ERTV 2002 an die begünstigte Personengruppe. Dabei lässt sich der verwendete Begriff "Absolut-Beträge" nur in dem Wortsinn verstehen, dass damit die Grenzen der jeweiligen Gehaltsbänder als "absolut", d.h. "für alle geltend", "für sich betrachtet" und "unabhängig" gekennzeichnet werden sollten (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 6. Aufl. 1997).

Der über Ziff. 1. c) Abs. 1 bis 3 ETV 2003 hinausgehende Regelungsgehalt des Ziff. 1. c) Abs. 4 ETV 2003 führt zu der Auslegung, dass für den von der individuellen Gehaltsüberprüfung erfassten Zeitraum vom 01. Juli 2003 bis März 2004 "Schattenbänder" gelten sollten, die fiktive Erhöhung also nicht allein auf den 01. Juli 2003 begrenzt war.

Dies wird insbesondere durch die Formulierung deutlich, dass "... im Rahmen dieser Gehaltsüberprüfung ..." die "110%-Regelung" angewandt werden sollte. Nach § 4 Abs. 10 ERTV 2002 findet die sog. 110%-Regelung, welche zur Erhöhung des Mindestanspruchs innerhalb der Vergütungsgruppe von 100% auf 110% des Bandwertes führt, unabhängig von einer GÜP nach § 4 Abs. 11 ERTV 2003 statt. Die Erhöhung der Vergütung nach § 4 Abs. 10 ERTV 2002 erfolgt in Abhängigkeit von der Dauer der Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Vergütungsgruppe und seiner Zielerreichung mit dem Beginn eines Kalenderjahres. Ein anderer Zeitpunkt ist für diese Form der Vergütungserhöhung nicht vorgesehen. Sie hätte somit auch nicht rückwirkend zum 01. Juli 2003 erfolgen können. Die Regelung in Ziff. 1. c) Abs. 4 ETV 2003, dass die Gehaltsbänder auch für die 110%-Regelung um 3,2% fiktiv zu erhöhen sind, führt zu der Schlussfolgerung, dass mehr als die Gehaltsüberprüfung nach § 4 Abs. 11 ERTV 2002 geregelt werden sollte. Es liegt nahe, dass den Tarifpartnern bewusst war, dass bei einer Anpassungsprüfung im März 2004 bei Rückwirkung ab 01. Juli 2003 auch Arbeitnehmer betroffen sein würden, die aufgrund der Zugehörigkeit zu der Beklagten zu 1.) und guter Leistung ab 01. Januar 2004 einen Anspruch auf eine Jahreszielvergütung von mindestens 110% des Bandwertes erreichen würden.

Dabei standen nur zwei Regelungsvarianten zur Verfügung: Wäre die Erhöhung um 3,2% auf die zum 01. Juli 2003 durchzuführende Überprüfung beschränkt, würden die meisten dieser Arbeitnehmer zwar zum 01. Januar 2004 eine erneute Gehaltserhöhung bekommen, jedoch beschränkt auf 110% der nach Ziff. 1. a) unverändert gebliebenen Gehaltsbänder. Als weitere Regelungsmöglichkeit konnte die Erhöhung um 3,2% nicht auf den Anpassungstag 31. Juli 2003 beschränkt bleiben, sondern auch die Anpassung zum Beginn des Jahres 2004 aufgrund der sog. 110%-Regelung erfassen.

Für die erste Auslegungsvariante spricht die Überlegung, dass bei einem zeitlich früheren Tarifabschluss im Jahr 2003 der Kläger nach einer Gehaltsüberprüfung ohne Anpassung der Gehaltsbänder am 01. Januar 2004 auch nur 110% des festgeschriebenen Gehaltsbandes und nicht eines fiktiven Gehaltsbandes erhalten hätte. Gegen diese Auslegungsalternative ist jedoch anzuführen, dass dann der Verweis auf die 110%-Regelung in Ziff. 1. c) Abs. 4 ETV 2003, wie angeführt, überflüssig gewesen wäre. Der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 10 ERTV 2003 zielt primär auf eine Vergütungserhöhung mit Beginn eines Kalenderjahres. Diese Regelung hätte nach ihrem Unterabs. 3 nur am 01. Juli 2003 eine Rolle spielen können, wenn die Tarifpartner beabsichtigt hätten, ein Absinken der Vergütung einzelner Arbeitnehmer unter einen um 3,2% fiktiv erhöhten Bandwert von 110% auszuschließen. Dies ist mehr als unwahrscheinlich:

Der ERTV ist zum 01. Januar 2002 bei der Beklagten zu 1.) in Kraft getreten und baute nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien nicht auf entsprechenden vorgehenden Regelungen für diesen Betrieb auf. Er regelte ein neues Vergütungssystem. Soweit der ERTV 2002 für bestimmte Arbeitnehmergruppen schon ab 01. Januar 2002 galt, konnte die Regelung unter § 4 Abs. 10 Unterabs. 2 ERTV 2003 also erstmals für leistungsstarke Arbeitnehmer zum 01. Januar 2003 greifen. Diesen war dann bei der im März 2004 ab 01. Juli 2003 nachgeholten Gehaltsüberprüfung (GÜP) ein Bandwert von 110% garantiert. Da diese Arbeitnehmer zugleich unter die Regelung des § 4 Abs. 8 ERTV 2003 fielen, weil ihr Jahreszielgehalt im Band unter 112% des Bandwertes betrug, hatten sie ohnehin Anspruch auf Weitergabe des Prozentsatzes der allgemeinen Tariferhöhung. Ihr Gehalt erhöhte sich auf jeden Fall um 3,2%. Nur in der Konstellation, dass ein Arbeitnehmer im Jahr 2002 eine Zielerreichung von über 100% hatte, im Jahr 2003 jedoch unter 50% Zielerreichung lag, ist in der Zusammenschau von § 4 Abs. 8 ERTV 2002 und § 4 Abs. 10 Unterabs. 3 ERTV 2002 denkbar, dass es notwendig war, die Erhöhung des bereits erreichten Bandwertes von 110% um 3,2% abzusichern. Dies kann als Auslegungsalternative letztlich ausgeschlossen werden. Es ist fern liegend, dass die Tarifpartner eine Rückausnahme zu der unter § 4 Abs. 8 ERTV 2002 bereits geregelten Ausnahme schaffen wollten. Hierfür bestehen keinerlei Anhaltspunkte zumal völlig offen ist, ob eine derartige Konstellation, d.h. überdurchschnittliche Leistungen im Jahr 2002 und unterdurchschnittliche Leistungen im Jahr 2003, überhaupt bei einem Arbeitnehmer eintrat.

Für die zweite Auslegungsvariante, dass durch Ziff. 1. c) Abs. 4 ETV 2003 bewusst die fiktive Erhöhung auch für die erst zum 01. Januar 2004 anfallende Anpassungsentscheidung gem. § 4 Abs. 10 ERTV 2002 greifen sollte, spricht die besondere Erwähnung der 112%-Regelung in diesem Absatz. Wie oben bereits ausgeführt, wäre eine Regelung zu § 4 Abs. 8 ERTV nicht nötig gewesen, da auch ungeachtet des Absatzes 4 alle Arbeitnehmer mit einem Prozentsatz von bis zu 112% einschließlich einen Anspruch auf Weitergabe des Prozentsatzes der Tariferhöhung hatten, falls sie nicht deutlich unterdurchschnittliche Leistungen erbrachten.

Eine fiktive Erhöhung der 112%-Regelung um 3,2% führt nur zu einem eigenständigen Regelungsgehalt, wenn eine Tariferhöhung bindend auch für solche Arbeitnehmer erreicht werden sollte, die unter Berücksichtigung dieser fiktiven Erhöhung bis einschließlich 112% des Bandwertes des Schattenbandes erreichten. Dies ist als Argument dafür anzuführen, dass für die durch Ziff. 1. ETV 2003 begünstigte Arbeitnehmergruppe eine fiktive Erhöhung der für die übrigen Arbeitnehmer nach Ziff. 1. a) ETV 2002 fixierten Gehaltsbänder erreicht werden sollte. 3.

Dieses Auslegungsergebnis wird nicht durch die Behauptung der Beklagten widerlegt, eine Verstetigung der fiktiven Erhöhung sei über den 01. Juli 2003 hinaus nicht gewollt gewesen, denn dies sei von dem Tarifpartner ver.di bei den nachfolgenden Tarifverhandlungen nicht zum Gegenstand gemacht worden.

Eine Verstetigung der fiktiven Erhöhung ist bereits dadurch erfolgt, dass die rückwirkend zum 01. Juli 2003 bei dem Kläger und anderen Arbeitnehmern vorgenommene Anhebung des Jahreszielgehalts fortlaufend gewährt wurde. Es handelte sich nicht um eine Einmalzahlung wie in Ziff. 1. b) ETV 2003 vorgesehen. Das von der Beklagten angeführte Argument, eine generelle Anhebung der Bandwerte um 3,2% in den nachfolgenden Tarifrunden sei unterblieben, ist nicht überzeugend. Hätten anschließende Tarifrunden an einem bereits vorab um 3,2% erhöhten unteren Bandwert angesetzt, wären rückwirkend mit der späteren Tariferhöhung auch diejenigen Arbeitnehmergruppen in den Genuss der Tariferhöhung gekommen, welche nach dem ETV 2003 ausdrücklich ausgenommen waren.

Es war auch nicht zwingend geboten, zur Absicherung der durch den ETV 2003 erfolgten Tariferhöhung für die begünstigte Arbeitnehmergruppe eine über diesen Tarifabschluss hinaus geltende Schattentabelle zu vereinbaren. Da die Gehaltsbänder bei dem Tarifabschluss 2003 nach Ziff. 1. a) ETV 2003 unverändert blieben, wirkten sich die gewährten Gehaltserhöhungen nach Ziff. 1. c) ETV 2003 durch die Steigerung der Prozentsätze innerhalb des jeweiligen Bandes der Vergütungsgruppe aus. Da nach § 4 Abs. 16 ERTV 2002 das Absinken des Jahreszielgehalts eines Arbeitnehmers unter einen bereits erreichten Entgeltwert im Rahmen einer Gehaltsüberprüfung, d.h. im Zusammenhang mit einer Tariferhöhung, ausgeschlossen ist, blieben die durch den ETV 2003 gewährten Gehaltserhöhungen erhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 4 Satz 1 ZPO.

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Um die Auslegung des ETV 2003 wird vor Arbeitsgerichten mehrerer Bundesländer gestritten. In B sind neben dem Kläger aus dem Bereich Broadcast bei der Beklagten zu 1.) nach den Angaben der Parteien in der Verhandlung vom 27. Februar 2008 mehr als 100 Arbeitnehmer betroffen.

Ende der Entscheidung

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