Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 08.09.2006
Aktenzeichen: 3 Sa 1635/05
Rechtsgebiete: BGB, BBiG


Vorschriften:

BGB § 817
BBiG a. F. § 19
1. Rückforderung einer Ausbildungsgebühr

2. Zur Auslegung des Begriffs "einstellen" in § 19 BBiG a. F.


Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 10. August 2005 - 1 Ca 43/05 - abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.000,00 EUR (in Worten: Vierzehntausend und 00/100 Euro) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 16. September 2004 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten keine vertragliche Beziehung im Sinne eines "Lehrlingsvertrages" besteht.

Die Klägerin hat vorab die durch die Anrufung des Landgerichts Hanau entstandenen Kosten zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Rückzahlung einer "Ausbildungsgebühr" sowie über den Fortbestand eines "Lehrlingsvertrages".

Der Beklagte betreibt ein Tattoo- und Piercing-Studio. Die am 9. Juni 1970 geborene Klägerin trat Ende 2003 in Kontakt zu dem Beklagten, weil sie diese Tätigkeit erlernen wollte, um eine sog. Ich-AG zu gründen. Deshalb hatte sie sich bereits im November 2003 einen Gewerbeschein zur Ausübung der Tätigkeit als Tätowiererin besorgt. Die Parteien vereinbarten einen Lehrlingsvertrag, insoweit wird auf Bl. 22 d.A. Bezug genommen, über eine 12-monatige Ausbildung. Dieser enthält u.a. folgende Regelungen:

3. Der Lehrling steht in einem Ausbildungsverhältnis mit A Tattoo + Piercing. Der Lehrling darf nur das Erlernte unter Aufsicht und mit Einverständnis des Kunden ausüben. Die bei A Tattoo + Piercing gesehenen Arbeitsabläufe dürfen von Lehrling ohne abgeschlossene Ausbildung mit Zertifikat nicht ausgeübt werden.

9. Der Lehrling darf im Umkreis von fünfzig Kilometer von A Tattoo und Piercing keine selbständige oder anderweitig berufsbezogene Tätowier- oder Piercingarbeiten ohne schriftliches Einverständnis von A Tattoo + Piercing ausüben, sonst tritt Punkt 7. dieses Vertrages ein.

12. Die Ausbildungsgebühr in Höhe von € 14.000,00 (i.W.: vierzehntausend Euro), ist bei Antritt zur Ausbildung zu zahlen und beinhaltet die theoretische Ausbildung mit Lehrbüchern und Fachliteratur, praktische Ausbildung inklusive Verbrauchsmaterialien zu Übungszwecken; Dozent-Gebühren und die Erstanschaffung aller benötigten Geräte und Instrumente um nach Abschluss sofort selbständig arbeiten zu können.

In der Ausbildungsgebühr enthalten war Ausbildungsmaterial gemäß der Aufstellung Bl. 20, 21 d.A. im Wert von € 3.941,00 sowie Verbrauchsmaterialien für praktische Übungen, Fachliteratur, Tattoo-Vorlagen und EDV-Unterstützung für € 1.059,00.

Der Beklagte überreichte der Klägerin einen Ausbildungsplan (Bl. 18, 19 d.A.). Danach sollten 220 Stunden allgemeine medizinische Grundlagen, 40 Stunden spezielle Notfallmedizin, 20 Stunden Herz, Lungen, Wiederbelebung, 60 Stunden Berufs-, Gesetzes- und Staatsbürgerkunde sowie 30 Stunden praktische Schulung unterrichtet werden. Ferner war eine Praktikumszeit von 600 Stunden vorgesehen, während der 30 Fallberichte geschrieben werden sollten. Im Anschluss hieran sollte eine Prüfung abgelegt werden. Bei Bestehen der Prüfung sollte hierüber ein Zertifikat erteilt werden.

Nach erfolgter Zahlung der Ausbildungsgebühr nahm die Klägerin Ende März 2004 die Ausbildung auf. In der Folgezeit wurde sie vom Beklagten täglich etwa 4 Stunden in dessen Tattoo- und Piercing-Studio ausgebildet. Die zeitliche Lage der Ausbildung richtete sich nach den Wünschen der Klägerin, insbesondere danach, zu welchen Zeiten eine Betreuung ihres Kindes gewährleistet war.

Mit Schreiben vom 30. August 2004 (Bl. 27 - 30 d.A.) erklärte die Klägerin die Anfechtung des Lehrlingsvertrages wegen arglistiger Täuschung und verlangte die Rückzahlung der Ausbildungsgebühr bis spätestens 15. September 2004. Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe sie durch falsche Angaben zum Abschluss des Lehrlingsvertrages veranlasst. Ferner seien die ihr übergebenen Tätowiermaschinen in mangelhaftem Zustand gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 14.000,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 16.09.2004 zu bezahlen;

2. festzustellen, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten keine vertragliche Beziehung im Sinne eines "Lehrlingsvertrages" besteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat bestritten, die Klägerin bei Vertragsschluss arglistig getäuscht zu haben.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit dem Rechtsmittel der Berufung.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ihr gesagt, dass sie das von ihm vergebene Zertifikat benötige, um ein eigenes Studio zu eröffnen. Die Klägerin ist der Auffassung, für die Rechtsbeziehung der Parteien gelte § 19 BBiG a.F., mit der Folge, dass nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BBiG a.F. die Verpflichtung zur Zahlung einer Ausbildungsentschädigung nichtig sei. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei der Feststellungsantrag zulässig. Das Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass bei einem Fortbestand der Vertragsbeziehung sich die Klägerin einem Wettbewerbsverbot ausgesetzt sehe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 10. August 2005 - 1 Ca 43/05 - abzuändern und

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 14.000,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 16. September 2004 zu zahlen;

2. festzustellen, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten keine vertragliche Beziehung im Sinne eines "Lehrlingsvertrags" besteht.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend. Der Beklagte ist der Ansicht, die Voraussetzungen des § 19 BBiG a.F. lägen hier nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).

B.

Die Berufung ist begründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Hinsichtlich der Zulässigkeit des Leistungsantrags bestehen keine Bedenken.

Auch der Feststellungsantrag (Klageantrag zu 2.) ist zulässig. Der Feststellungsantrag bezieht sich auf ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO, nämlich das Bestehen des "Lehrlingsvertrags". Das besondere Feststellungsinteresse der Klägerin ergibt sich daraus, dass sie bei einem Fortbestand des "Lehrlingsvertrags" befürchten muss, bei einer Wettbewerbstätigkeit auf Zahlung von Schadensersatz gemäß Nr. 9 des Vertrages in Anspruch genommen zu werden. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist der Antrag auch hinreichend bestimmt, denn mit "vertraglicher Beziehung im Sinne eines Lehrlingsvertrages" meint die Klägerin, wie eine Auslegung ihres Klagebegehrens unzweifelhaft ergibt, den zwischen den Parteien schriftlich abgeschlossenen, als "Lehrlingsvertrag" bezeichneten Vertrag.

II.

Die Klage ist begründet.

1.

Die Klägerin kann vom Beklagten Zahlung von € 14.000,00 nebst Zinsen verlangen.

a) Zwar folgt die Berufungskammer der Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Klägerin nicht im Einzelnen dargelegt hat, vom Beklagten beim Abschluss des Vertrages arglistig getäuscht worden zu sein. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Klägerin selbst in der Berufungsverhandlung erklärt hat, ihr sei bekannt gewesen, dass es sich bei dem Beruf des Piercers und Tätowierers nicht um einen Ausbildungsberuf handele und sie habe bereits seit November 2003 über einen Gewerbeschein zur Ausübung dieser Tätigkeit verfügt. Aufgrund dessen war ihr klar, dass sie keine weiteren Erlaubnisse für die Ausübung der gewünschten Tätigkeit benötigte. Selbst wenn der Beklagte geäußert haben sollte, die Klägerin benötige das von ihm angebotene Zertifikat um ein eigenes Studio zu eröffnen, konnte sie diese Äußerung nur dahingehend verstehen, dass sie ohne die entsprechenden Fachkenntnisse, die von dem Beklagten vermittelt werden, nicht tätig werden kann, weil sie zur Ausübung der Tätigkeit fachlich nicht in der Lage ist.

b) Der Zahlungsantrag ist gem. § 817 Satz 1 BGB begründet. Die Absprache, die der Zahlung des Betrages von € 14.000,00 an den Beklagten zugrunde lag, ist unwirksam. Das folgt aus § 134 BGB i.V.m. §§ 19, 5 Abs. 2 Nr. 1, 6 Abs. 1 Nr. 3 BBiG a.F. Die Wirksamkeit der von den Parteien getroffenen Vereinbarung ist nach Maßgabe des zu diesem Zeitpunkt (Ende 2003) geltenden Rechts zu beurteilen, sodass das Berufsbildungsgesetz in seiner alten Fassung anzuwenden ist.

c) Nach § 19 BBiG a.F. gelten, soweit nicht ein Arbeitsverhältnis vereinbart ist, für Personen, die eingestellt werden, um berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes handelt, die §§ 3 - 18 BBiG mit den in dieser Norm im Einzelnen aufgeführten Maßgaben. Die Vorschrift findet keine Anwendung auf Arbeitsverhältnisse, die neben der Arbeitsleistung auch eine berufliche Fortbildung des Arbeitnehmers zum Gegenstand haben (BAG 05. Dezember 2002 - 6 AZR 216/01 - BBiG § 19 Nr. 2, zu I. 1. d.Gr.). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Arbeitsverhältnis vor, wenn die Leistung von Diensten nach Weisung des Dienstberechtigten und gegen Zahlung von Entgelt Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses ist. Die Parteien haben kein Arbeitsverhältnis vereinbart. Aus dem Lehrlingsvertrag ergibt sich nicht, dass die Klägerin die Leistung von Diensten schuldete. Insbesondere haben die Parteien nicht vereinbart, dass sie nach Bestehen der Prüfung gegen Zahlung von Entgelt für den Beklagten als Tätowiererin tätig wird. Vielmehr bezieht sich der Lehrlingsvertrag ausschließlich auf die Ausbildung der Klägerin, wie sich insbesondere aus dessen Nr. 3 ergibt. Auch während der Ausbildungszeit schuldete die Klägerin nach dem Inhalt des Vertrages keine weisungsgebundenen Tätigkeiten. Dem Lehrlingsvertrag lässt sich auch insoweit nicht entnehmen, dass die Klägerin einem Direktionsrecht des Beklagten unterlag. Dagegen spricht auch, dass die Anwesenheitszeiten nicht einseitig auf Anordnung des Beklagten festgelegt wurden, sondern nach den Wünschen der Klägerin gestaltet wurden. Gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses spricht auch, dass der Vertrag ausdrücklich als "Lehrlingsvertrag" bezeichnet wurde, dass arbeitsvertragstypische Leistungsinhalte (Bezeichnung der auszuübenden Tätigkeit etc.) nicht benannt wurden sowie eine Vergütung und der Umfang einer zu leistenden Arbeitszeit nicht vereinbart wurden (zu den Abgrenzungskriterien im Einzelnen siehe: Braun/Mühlhausen/Munk/Stück, BBiG, 2004, § 19 Rn 2; Gedon/Spiertz, BBiG, Stand April 2006, § 26 Rn 5; Leinemann/Taubert, BBiG, 2002, § 19 Rn 2).

d) Die Klägerin wurde auch vom Beklagten gemäß § 19 BBiG a.F. eingestellt.

aa) Bei der Auslegung einer Norm ist von deren Wortlaut auszugehen. Zu berücksichtigen ist ferner der Gesamtzusammenhang der Regelung (Systematik). Schließlich ist der Sinn und Zweck der Norm festzustellen (Palandt-Heinrichs, BGB 64. Auflage Einleitung Rn 50 ff).

bb) Der Begriff "Einstellen" bedeutet, jemanden in Arbeit, in den Dienst nehmen (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch in 6 Bänden, 1981, S. 428). Wie sich aus dem Gegensatz zum ersten Halbsatz ("soweit nicht ein Arbeitsverhältnis vereinbart ist") des § 19 BBiG a.F. ergibt, können Personen auch in andere Rechtsverhältnisse als in ein Arbeitsverhältnis "eingestellt" werden. Ansonsten ergäbe die Norm keinen Sinn. Mit "Einstellen" meint § 19 BBiG a.F. daher die Begründung einer vertraglichen Beziehung, die auf den Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen gerichtet ist. Der Begriff des Einstellens in § 19 BBiG a.F. verlangt nicht, dass die auszubildende Person einem Direktionsrecht unterstellt wird, was hier zweifelhaft sein könnte, weil sich die zeitliche Lage der Ausbildung (vormittags oder nachmittags) nach den Wünschen der Klägerin richtete. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung, diejenigen Personen zu schützen, denen berufliche Kenntnisse außerhalb eines Arbeitsverhältnisses und außerhalb einer Berufsausbildung im Sinne des BBiG vermittelt werden. Außerhalb dieser Vertragsbeziehungen fehlt es jedoch häufig, wenn nicht regelmäßig an einer persönlichen Weisungsunterworfenheit. Damit liefe der Schutzzweck des § 19 BBiG a.F. weitgehend leer. Aus dem gleichen Grund steht der Anwendung des § 19 BBiG a.F. nicht entgegen, dass die Klägerin durch die vermittelten Kenntnisse zum selbstständigen Betreiben eines Tattoo-Studios befähigt werden sollte (vgl. LG Tübingen 26.4.1993 - 1 S 392/92 - NJW-RR 1994, 116, 117 - Schuh- und Schlüsseldienst).

e) Die von den Parteien vereinbarte Bildungsmaßnahme diente dem Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen. Wie sich insbesondere aus dem der Klägerin überreichten Ausbildungsplan (Bl. 18, 19 d.A.) ergibt, sollten dieser vom Beklagten planmäßig umfangreiche theoretische und praktische Kenntnisse für die Tätigkeit der Piercerin und Tätowiererin vermittelt werden. Daneben sollte die Klägerin insgesamt 600 Stunden als Praktikumszeit verbringen, in der sie ersichtlich die Anwendung der theoretischen Kenntnisse einüben sollte. Aufgrund der Dauer der Ausbildung (12 Monate) war auch sichergestellt, dass sie entsprechende Erfahrungen erwerben konnte. Gerade die der Klägerin überreichte Ausbildungsordnung zeigt, dass bei der Vertragsbeziehung der Parteien der Lernzweck im Vordergrund stand und sich die Klägerin von einer Auszubildenden nur darin unterschied, dass sie keine Ausbildung in einem geordneten Ausbildungsgang im Sinne von § 1 Abs. 2 BBiG a.F. durchlief.

f) Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BBiG a.F. ist die Vereinbarung über die Verpflichtung, für die Berufsausbildung eine Entschädigung zu zahlen, nichtig. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 BBiG a.F. sind die Ausbildungsmittel kostenlos zur Verfügung zu stellen.

g) Mit dem Empfang des Betrages von € 14.000,00 verstieß der Beklagte gegen ein gesetzliches Verbot. Er ist deshalb nach § 817 Satz 1 BGB zur Herausgabe verpflichtet. Diesem Anspruch auf Rückgewähr steht § 817 Satz 2 BGB nicht entgegen, weil § 5 Abs. 2 Nr. 1 BBiG a.F. als Verbotsnorm die Rückgewähr des an den Ausbilder gezahlten Betrages verlangt. Nur die Verpflichtung zur Rückgewähr kann den Ausbilder veranlassen, die Annahme des Geldes zu unterlassen. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob der Ausbilder die Entschädigung gefordert hat, oder ob sie ihm von dem Auszubildenden oder dritten Personen angeboten worden ist (vgl. BAG 28. Juli 1982 - 5 AZR 46/81 - NJW 1983, 783).

h) Der Zahlungsantrag ist nicht teilweise abzuweisen und der Beklagte (nur) Zug um Zug gegen Herausgabe des Ausbildungsinventars seitens der Klägerin zu verurteilen. Hinsichtlich der Geräte (Tätowiermaschinen) hat die Klägerin im Termin vom 8. September 2006 ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 125 d.A.) unwidersprochen vorgetragen, dass diese im Studio des Beklagten geblieben sind. Bezüglich der Verbrauchsmaterialien (Nadeln, Kompressen etc.) hat der Beklagte im Schriftsatz vom 20.12.2004 (S. 10, Bl. 45 d.A.) ausgeführt, dass diese in Ermangelung der Vereinbarung eines Übergabezeitpunkts im Rahmen der Ausbildung übergeben werden sollten. Ob bzw. hinsichtlich welcher Verbrauchsmaterialien eine Übergabe an die Klägerin erfolgte, ist nicht ersichtlich.

i) Der Anspruch auf Verzinsung des zugesprochenen Geldbetrages ergibt sich aus §§ 284 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

2.

Der Feststellungsantrag ist begründet. Eine Auslegung des Antrags ergibt, dass die Feststellung des gegenwärtigen Bestehens des Lehrlingsvertrages, also zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer, begehrt wird. Dies ergibt sich aus der Verwendung des Präsens im Klageantrag. Der Lehrlingsvertrag war befristet für die Dauer von 12 Monaten. Er wurde Ende März 2004 in Vollzug gesetzt und endete damit jedenfalls Ende März 2005, weshalb er zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz (08. September 2006) jedenfalls keine Rechtswirkungen mehr entfaltet. Hinsichtlich der Befürchtung der Klägerin, wegen des Wettbewerbsverbots auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommen werden zu können, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Regelung in Nr. 9 des Lehrlingsvertrags nicht auf den Zeitraum nach Ablauf des Lehrlingsvertrags bezieht. Im Übrigen wäre ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach §§ 19, 5 Abs. 1 Satz 1 BBiG a.F. unwirksam.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 ZPO, 17 b Abs. 2 GVG.

Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

Zurück