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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 09.12.2005
Aktenzeichen: 3 Sa 61/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a
1. Aus der Übernahme der essentiellen Betriebsmittel, der nahtlosen Fortsetzung des Betriebs und der gleich bleibenden Tätigkeit kann allein noch nicht auf das Vorliegen eines Betriebsübergangs i.S.v. § 613 a BGB geschlossen werden, da diese Umstände die Identität der wirtschaftlichen Einheit noch nicht ausmachen. Bei Dienstleistungsbetrieben wird die wirtschaftliche Einheit entscheidend durch die Organisationsstruktur der zu verrichtenden Dienstleistung bestimmt. Maßgeblich ist, ob die betrieblichen Funktionszusammenhänge erhalten bleiben.

2. Kein Betriebsübergang liegt danach vor, wenn ein Speditionsunternehmen einen Teil des Personals eines anderen Speditionsunternehmens in seine bestehende Arbeitsorganisation eingliedert und mit diesen einzelnen Aufträgen jenes Unternehmens abarbeitet.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. August 2004 - 6 Ca 7504/03 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Annahmeverzugslohnansprüche im Zusammenhang mit einem vom Kläger behaupteten Betriebsübergang.

Die Beklagte betreibt seit mehr als 100 Jahren ein Speditionsunternehmen mit Niederlassungen in allen größeren deutschen Städten und firmiert seit langer Zeit unter dem heutigen Namen A GmbH. Insgesamt beschäftigt sie in Deutschland derzeit 274 Mitarbeiter. Ihre Niederlassung in B besteht seit 1976. Dort befindet sich ihre Zentralleitung für den Luftfrachtverkehr, in der am 30. September 2002 14 Mitarbeiter beschäftigt wurden. Dort wickelt die Beklagte ihr operatives Import- und Exportgeschäft ab. Sämtliche Verwaltungs- und BackofficeAufgaben führt sie in ihrer Zentrale in C durch.

Der am 14. Juli 1964 geborene, verheiratete, 2 Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger war seit 01. September 2000 bei der Firma D, Inhaber E, als Verkaufs-/Marketingleiter Gebiet X aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 25. April 2000 beschäftigt; insoweit wird auf Bl. 7 - 11 d.A. Bezug genommen. § 6 Nr. 1 - 3 Arbeitsvertrag lautet:

"§ 6 Bezüge

1. F erhält ein monatliches - am Monatsende zahlbares - Bruttogehalt von 8.100 DM.

2. Die Firma gewährt F ein 13. Monatsgehalt, fällig am 30.11. eines jeden Jahres. Mit der Vergütung ist die gesamte Tätigkeit im Dienste der Firma, auch etwaige Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit abgegolten.

3. Ferner erhält F eine Verkaufskommission sowie sonstige Leistungen entsprechend der Regelung in Anhang A."

Anhang A zum Arbeitsvertrag lautet:

"Anhang A

1. Verkaufskommission

Über eine Verkaufskommissionierung muss bis zum 30.09.2002 zwischen den Parteien eine Vereinbarung getroffen werden.

2. Fahrzeug

F benutzt ein eigenes, geeignetes Fahrzeug. Der Arbeitnehmer erhält dafür einen monatlichen Zuschuss von DM 1.400,- brutto zu seinem Grundgehalt.

Der Arbeitnehmer übernimmt die Kfz-Steuer sowie die Haftpflichtversicherung. Die Vollkaskoversicherung, sowie Kraftstoffkosten werden vom Arbeitgeber zusätzlich übernommen."

In einem Nachtrag zum Angestelltenvertrag vom 01. September 2000 wurde unter Nr. 2. vereinbart:

"Der Arbeitgeber übernimmt DM 52,00 zur Sparkassen-Lebensversicherung."

Ausweislich der Gehaltsabrechnung der Firma D vom 30. Dezember 2001 (Bl. 12 d.A.) betrug der Zuschuss zu den Fahrzeugkosten zuletzt DM 1.800,00.

Mit Schreiben vom 07. März 2002 kündigte die Firma D das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos. Mit Urteil vom 14. August 2002 - 6 Ca 3210/02 - stellte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main fest, dass das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht aufgelöst wurde. Die hiergegen eingelegte Berufung wurde vom Hessischen Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 06. Oktober 2003 - 10 Sa 1817/02 - zurückgewiesen.

Zum 01. Oktober 2002 plante die Beklagte aufgrund des zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen hohen Arbeitsaufkommens die Zahl ihrer Mitarbeiter von damals 14 auf dauerhaft 18 - 20 zu erhöhen. Weil die D in Schwierigkeiten geraten war, trat deren Inhaber an die Beklagte heran und bot an, einzelne interessante Kunden auf die Beklagte überzuleiten; er beabsichtigte, die D zu liquidieren. Die Beklagte war an der Ausweitung ihres Kundenstamms interessiert. Daraufhin wurde E als Niederlassungsleiter der Beklagten in B sowie 7 Mitarbeiter der D, G, H, I, J, K, L und M von der Beklagten eingestellt. Diese Mitarbeiter wurden in die bereits bestehende Arbeitsorganisation der Beklagten in B eingebunden. Ihren bisherigen Niederlassungsleiter in B, N, versetzte die Beklagte auf die Position des Leiters Operations für die gesamte Luftfracht der Beklagten in ihrer Zentrale. E war nunmehr für die gesamte Niederlassung B verantwortlich. Die von der Beklagten eingestellten ehemaligen Mitarbeiter der D waren nicht ausschließlich mit der Bearbeitung ehemaliger D-Kunden beschäftigt, sondern auch und in erster Linie mit bereits bestehenden Kunden der Beklagten. Entsprechend ihren Vorkenntnissen (Export, Import, Vertrieb) wurden sie den jeweiligen Abteilungen der Beklagten zugeordnet.

E hatte gegenüber der Beklagten angekündigt, er wolle versuchen, die interessantesten Kunden der D "auf die Beklagte überzuleiten". Dies gelang jedenfalls teilweise. So konnte die Beklagte zu folgenden ehemaligen Kunden der D eine Geschäftsbeziehung herstellen: O in P, Q GmbH. In einer Pressemitteilung vom 30. September 2002 informierte die Beklagte darüber, dass zum 01. Oktober 2002 die Aktivitäten der "D" in die Luftfracht A B übernommen wurden; insoweit wird auf Bl. 19 d.A. verwiesen. Die bisherigen Räumlichkeiten der D nutzte die Beklagte nicht. E verbrachte Büroeinrichtungsgegenstände der D in die Räumlichkeiten der Beklagten in B und bot ihr diese zum Kauf an, der jedoch nicht zustande kam. Die Beklagte nutzte diese nicht.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Mai 2003 - 810 IN 72/03 - (Bl. 93 d.A.) wurde über das Vermögen des E, Inhaber der D, das Insolvenzverfahren eröffnet.

Mit Anwaltsschreiben vom 17. Januar 2003 hat der Kläger von der Beklagten Zahlung der rückständigen Vergütung für den Zeitraum vom 01. Oktober 2002 - Dezember 2002 verlangt und seine Arbeitsleistung angeboten. Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung von Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01. Oktober 2002 - 30. April 2004 abzüglich in der Zeit vom 01. Oktober 2002 bis 26. Dezember 2003 erhaltenem Arbeitslosengeld sowie die Zahlung vermögenswirksamer Leistungen verlangt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, aufgrund eines zum 01. Oktober 2002 erfolgten Betriebsübergangs bestehe das zwischen ihm und der D begründete Arbeitsverhältnis nunmehr mit der Beklagten fort. Hierzu hat er behauptet, die Beklagte habe den Kundenstamm der D übernommen. Diese sei im Besitz der kompletten Akten, Geschäftsunterlagen, Kundendaten, Computer und Büroeinrichtung der D.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 117.395,14 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils € 6.061,79 brutto seit dem 01. November 2002, 01. Januar 2003, 01. Februar 2003, 01. März 2003, 01. April 2003, 01. Mai 2003, 01. Juni 2003, 01. Juli 2003, 01. August 2003, 01. September 2003, 01. Oktober 2003, 01. November 2003, 01. Januar 2004, 01. Februar 2004, 01. März 2004, 01. April 2004 und 01. Mai 2004 sowie aus weiteren € 10.203,25 brutto seit dem 01. Dezember 2002 und 01. Dezember 2003 abzüglich an Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01. Oktober 2002 bis 26. Dezember 2003 erhaltener € 26.399,36 netto zu zahlen;

2. die Beklagte weiter zu verurteilen, an vermögenswirksamen Leistungen zugunsten des Klägers auf dessen Vertrag bei der Sparkassen Lebensversicherung € 478,62 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils € 26,59 seit 01. November 2002, 01. Dezember 2002, 01. Januar 2003, 01. Februar 2003, 01. März 2003, 01. April 2003, 01. Mai 2003, 01. Juni 2003, 01. Juli 2003, 01. August 2003, 01. September 2003, 01. Oktober 2003, 01. November 2003, 01. Dezember 2003, 01. Januar 2004, 01. Februar 2004, 01. März 2004, 01. April 2004 und 01. Mai 2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Betriebsübergang im Sinn von § 613 a BGB liege nicht vor. Sie habe den Betrieb der D weder insgesamt, noch selbständige Teile hiervon übernommen und führe diesen auch nicht fort. Die Beklagte hat behauptet, die Büroeinrichtung der D sei bei ihr lediglich untergestellt und später an den Insolvenzverwalter herausgegeben worden. Eine Kundenkartei der D habe die Beklagte nicht übernommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage - mit Ausnahme des Anspruchs auf Zahlung der Tantieme - stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt.

Die Beklagte ist der Ansicht, ein Betriebsübergang liege deshalb nicht vor, weil die wirtschaftliche Einheit der D nicht gewahrt geblieben sei. Eine "Wahrung der Identität" liege nicht vor, wenn Aufgaben innerhalb einer gänzlich andersartigen Arbeitsorganisation fortgeführt werden. Dies sei hier deshalb der Fall, weil die ehemaligen Mitarbeiter der D in die Betriebsorganisation der Beklagten eingegliedert worden seien. Es sei von Anfang an geplant gewesen, diese nicht ausschließlich mit bisherigen Kunden der D, sondern auch mit bestehenden Kunden der Beklagten zu beschäftigen. E sei ab 01. Oktober 2002 Niederlassungsleiter der gesamten Niederlassung B gewesen. Die Beklagte habe lediglich 15% - 20% der Kunden der online air cargo übernommen und mit diesen von 2002 bis 2004 durchschnittlich ihre Umsätze um 5,1% gesteigert.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. August 2004 - 6 Ca 7504/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts als zutreffend. Die Beklagte habe die Aktivitäten der D in ihre B Niederlassung integriert. Aufträge und Kunden seien nahtlos zum 01. Oktober 2002 auf die Beklagte übergegangen. Die Beklagte habe die gesamte kaufmännische Mannschaft, bestehend aus 7 Mitarbeitern zuzüglich des freien Mitarbeiters, R, und damit die nach Anzahl und Sachkunde wesentliche Belegschaft der D übernommen. Unter der Führung von E als Leiter der Niederlassung habe die D die Arbeitsorganisation bei der Beklagten bestimmt. Alle wesentlichen Betriebsmittel der D seien bei der Beklagten vorhanden gewesen und genutzt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).

B.

Die Berufung ist begründet.

I.

Das Arbeitsgericht hat gemeint, das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der D, Inhaber E, sei mit Wirkung ab 01. Oktober 2002 nach § 613 a BGB auf die Beklagte übergegangen. Die Beklagte habe neben dem Inhaber der D weitere 8 von zuletzt rund 15 Arbeitnehmern dieses Unternehmens nahtlos ab 01. Oktober 2002 beschäftigt. In ihrer Pressemitteilung vom 30. September 2002 spreche die Beklagte selbst von einer Übernahme der Aktivitäten der D. Die Beklagte habe Luftfrachtgeschäfte früherer Kunden der D ab 01. Oktober 2002 abgewickelt. Die materiellen Betriebsmittel und -unterlagen der D hätten sich ab 01. Oktober 2002 bei der Beklagten befunden, die in diesem Zusammenhang von "Einlagern" spreche. Die Beklagte sei auch im gleichen Geschäftsfeld wie die D tätig. Vor diesem Hintergrund wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, der Annahme eines Betriebsübergangs durch genauen und konkreten Sachvortrag zu entkräften. Daran fehle es. Diesen Ausführungen folgt die Berufungskammer nicht.

II.

Die Beklagte ist nicht nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in das mit der D bestehende Arbeitsverhältnis des Klägers eingetreten. Ein Übergang des Betriebs der D auf die Beklagte hat nicht stattgefunden.

1.

Ein Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisatorischen Gesamtheit "Betrieb" bei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls. Zu den maßgeblichen Tatsachen zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, in betriebsmittelarmen Betrieben die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen sowie die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit (ständige Rechtsprechung BAG im Anschluss an EuGH 11. März 1997 - Rs C-13/95 [Ayse Süzen] - EuGHE I 1997, 1259 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14; BAG 25. Mai 2000 - 8 AZR 416/99 - BAGE 95, 1; 16. Mai 2002 - 8 AZR 319/01 - AP BGB § 613 a Nr. 237; 05. Februar 2004 - 8 AZR 639/02 - AP BGB § 613 a Nr. 263, zu II. 2. b) d.Gr.). Dabei darf eine Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu.

Aus der Übernahme der essentiellen Betriebsmittel, der nahtlosen Fortsetzung des Betriebs und der gleich bleibenden Tätigkeit kann aber allein noch nicht auf das Vorliegen eines Betriebsübergangs im Sinne des § 613 a Abs. 1 BGB geschlossen werden, da diese Umstände die Identität der wirtschaftlichen Einheit noch nicht ausmachen (BAG 22. Juli 2004 - 8 AZR 350/03 - AP BGB § 613 a Nr. 274, zu B. II. 2. b) (5) d.Gr. - Gefahrstofflager; vgl. auch BAG 25. Mai 2000 - 8 AZR 335/99 - Juris, zu B. II. 2. e) d.Gr. - Armaturenfabrik). Bei Dienstleistungsbetrieben wird die wirtschaftliche Einheit entscheidend durch die Organisationsstruktur der zu verrichtenden Dienstleistung bestimmt. Maßgeblich ist, ob die betrieblichen Funktionszusammenhänge erhalten blieben (BAG 22. Juli 2004, a.a.O.).

2.

Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt ein Betriebsübergang nicht vor.

a) Die Beklagte hat nicht die vorhandene Organisationsstruktur der D fortgeführt. Soweit sie Mitarbeiter der D übernommen hat, hat sie diese in ihre bestehende Arbeitsorganisation eingegliedert, indem diese ihren Vorkenntnissen entsprechend (Export, Import, Vertrieb) den jeweiligen Abteilungen bei der Beklagten zugeordnet wurden. Dies gilt auch für den ehemaligen Inhaber der D, der nunmehr als Niederlassungsleiter der Beklagten nicht allein für die bisherigen Kunden der D verantwortlich war, sondern für alle Kunden der Niederlassung der Beklagten. Hierdurch wurde die bisherige Organisationsstruktur der D vollständig aufgelöst. Die Beklagte führte lediglich einzelne Aufträge der D mit einem Teil des ehemaligen Personals der D weiter, dies jedoch innerhalb ihrer bereits bestehenden Arbeitsorganisation.

b) Die Beklagte hat auch nicht einen wesentlichen Teil des Personals der D übernommen. Sie hat mit 7 von 15 Arbeitnehmern der D ein Arbeitsverhältnis begründet. Auch wenn in Betrieben, die stärker durch das Spezialwissen und die Qualifikation der Arbeitnehmer geprägt sind, bereits ein Anteil von weniger als 75% der früheren Beschäftigten ausreichen kann (vgl. BAG 18. Februar 1999 - 8 AZR 500/97 - Juris, zu II. 1. a) d.Gr.), reicht die Übernahme von etwa 50% der Mitarbeiter hier jedenfalls nicht aus. Im Übrigen ist nicht dargetan, welche der ehemaligen Mitarbeiter der D über ein besonderes Spezialwissen verfügen.

c) Zwar kann die Einstellung des bisherigen Betriebsinhabers als "know how"-Träger indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Betriebsübergangs haben, da dieser als ehemaliger Unternehmer und Rechtsträger des Betriebs über sämtliche Kunden- und sonstigen Geschäftskontakte sowie die gesamten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verfügt (BAG 20. Juni 2002 - 8 AZR 459/01 - AP InsO § 113 Nr. 10, zu II. 3. b) bb) (1) d.Gr. - Malerbetrieb). Dies war hier der Fall. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung kommt diesem Umstand jedoch keine derart entscheidende Bedeutung zu, dass deshalb von einem Betriebsübergang auszugehen ist. Gegenüber der Zerschlagung der bisherigen Arbeitsorganisation der D fällt die Beschäftigung ihres bisherigen Betriebsinhabers durch die Beklagte nicht entscheidend ins Gewicht. Auch das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 20. Juni 2002 dieses Kriterium nur als eines von mehreren mit berücksichtigt. Gerade der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt verdeutlicht, dass im vorliegenden Fall jedenfalls nicht von einem Betriebsübergang ausgegangen werden kann. Dort ist der bisherige Betriebsinhaber in eine von seiner Ehefrau neu gegründete GmbH eingetreten, die sodann unter Übernahme der Betriebsmittel gänzlich unverändert Malerarbeiten ausführte. Das Bundesarbeitsgericht hat im dortigen Fall ausdrücklich festgestellt, dass eine Änderung der Arbeitsorganisation nicht erfolgte (20. Juni 2002 - 8 AZR 459/01 - AP InsO § 113 Nr. 10, zu II. 3. b) bb) (5) d.Gr.). Dies stellt nach Auffassung der Berufungskammer den entscheidenden Unterschied zum vorliegenden Fall dar.

d) Dass die Beklagte den wesentlichen Kundenstamm der D übernommen hätte, ist nicht erkennbar. Unstreitig hat sie lediglich mit zwei bisherigen Kunden der D, den Firmen O, Geschäftsbeziehungen aufgenommen. Der insoweit darlegungspflichtige Kläger hat nicht im Einzelnen dargelegt, welche weiteren Kunden der D nunmehr Vertragsbeziehungen mit der Beklagten unterhalten.

e) Materielle Betriebsmittel der D hat die Beklagte nicht übernommen. Sie nutzt nach wie vor ihre bisherigen Räumlichkeiten. Die bei ihr untergestellten Büromöbel der D stellen jedenfalls keine wesentlichen Betriebsmittel dar.

3.

Es liegt auch nicht der Übergang eines Betriebsteils vor. Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt. Betriebsteile sind Teileinheiten (Teilorganisationen) des Betriebs. Bei übertragenen sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln muss es sich um eine organisatorische Untergliederung des gesamten Betriebs handeln, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird, auch wenn es sich hierbei nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt. § 613 a BGB setzt für einen Teilbetriebsübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten. Es reicht nicht aus, wenn der Erwerber mit einzelnen bislang nicht teilbetrieblich organisierten Betriebsmitteln erst einen Betrieb oder Betriebsteil gründet (BAG 26. August 1999 - 8 AZR 718/98 - AP BGB § 613 a Nr. 196, zu B. I. d.Gr., m.w.N.). Selbst wenn man den kaufmännischen Bereich der D in diesem Sinn als Teilorganisation des Betriebs ansieht, hat diese ihre Identität nicht bewahrt, denn die kaufmännischen Mitarbeiter wurden in die vorhandene Organisation der Beklagten eingegliedert. Die bisherige Struktur dieser Teileinheit wurde damit aufgelöst. Ein Teilbetriebsübergang würde voraussetzen, dass die kaufmännischen Mitarbeiter nicht nur bei der D eine selbständige Arbeitsorganisation gebildet haben, sondern dies auch bei der Beklagten geblieben sind (vgl. BAG 05. Februar 2004 - 8 AZR 639/02 - AP BGB § 613 a Nr. 263, zu II. 2. d) d.Gr. - Kadertrainer).

Ein Teilbetriebsübergang liegt nicht deshalb vor, weil die Beklagte Kunden der D "übernommen" hat, für die der Kläger zuständig war (Aufträge der Firmen P). Zwar kann die Abwicklung einer auf Dauer eingerichteten Geschäftsbeziehung mit einem Großkunden einen Teilzweck innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks darstellen. Die Wahrnehmung eines dauerhaften Teilzwecks führt jedoch nur dann zu einer selbständig übertragungsfähigen Einheit, wenn eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen vorliegt (BAG 26. August 1999 - 8 AZR 718/98 - AP BGB § 613 a Nr. 196, zu B. II. 2. d.Gr.). Dies ist nicht der Fall, wenn die Organisation des Betriebs "auftragsübergreifend" erfolgte (BAG 24. April 1997 - 8 AZR 848/94 - NZA 1998, 253, zu II. 2. b) dd) d.Gr.). Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die D für die Abarbeitung der Aufträge der Kundin P eine eigenständige betriebliche Organisation, der der Kläger zuzuordnen war, unterhielt. Jedenfalls trifft dies nicht auf die Beklagte zu, die die Aufträge in einer einheitlichen betrieblichen Organisation abarbeitet.

C.

Als unterlegene Partei hat der Kläger gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wurde nicht zugelassen, weil kein Revisionsgrund im Sinne von § 72 Abs. 2 ArbGG vorliegt. Insbesondere liegt dem Rechtsstreit keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde.

Ende der Entscheidung

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