Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 06.03.2009
Aktenzeichen: 3 Sa 710/08
Rechtsgebiete: TV-Ärzte Hessen


Vorschriften:

TV-Ärzte Hessen § 10 Abs. 1
Die Entgeltgruppe Ä 5 des § 10 Abs. 1 TV-Ärzte Hessen, wonach die Leitung eines entsprechenden Funktionsbereichs durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers übertragen worden sein muss, enthält ein "Vertretungsverbot" des Arbeitgebers und schließt konkludentes Verhalten des Arbeitgebers aus.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Februar 2008 - 14 Ca 7124/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers nach dem Tarifvertrag für die Ärztinnen und Ärzte an den hessischen Universitätskliniken.

Der Kläger ist seit dem 20. November 1989 als Facharzt für Kinderheilkunde anerkannt. Seit dem 01. Januar 1990 wird er in der Kinderklinik der Beklagten als Oberarzt in den Bereichen pädiatrische Stoffwechselmedizin und Diabetes eingesetzt. Zuletzt war er in der Ambulanz der Klinik I (Allgemeine Pädiatrie) tätig. Im Organigramm der Klinik sind innerhalb der Ambulanz neben anderen auch die Bereiche Stoffwechsel und Diabetes als eigene Organisationseinheiten aufgeführt. Für die von ihm verantwortlich betreuten Bereiche Stoffwechselerkrankung und Diabetologie wurden dem Kläger ein Assistent und drei Teilassistentinnen sowie eine Krankenschwester mit einer 3/4-Stelle zugewiesen. Einen ausdrücklichen Beschluss des Klinikdirektors bzw. des zuständigen Organs der Beklagten, wonach dem Kläger die Leitung der Organisationseinheit Stoffwechsel und Diabetes der Kinderklinik (Klinik I) übertragen wird, gibt es nicht.

Der Kläger war zunächst in die Vergütungsgruppe I b BAT eingruppiert. Am 31. Mai 1995 wurde er rückwirkend zum 01. November 1994 in die Vergütungsgruppe I a BAT eingereiht. Im Rahmen der Überleitung in den Tarifvertrag für die Ärztinnen und Ärzte an den hessischen Universitätskliniken (TV-Ärzte/Hessen) wurde er in die Entgeltgruppe Ä 4 des TV-Ärzte/Hessen eingruppiert. Seinen dagegen gerichteten Widerspruch mit dem Ziel einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 5 lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 12. März 2007 ab. Dem ist der Kläger mit seiner Eingruppierungsfeststellungsklage entgegengetreten. Wegen des Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge wird im Übrigen gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils - Bl. 135 - 139 d.A. - Bezug genommen.

Mit dem am 20. Februar 2008 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe Ä 5 des TV-Ärzte/Hessen scheitere daran, dass ihm der wahrgenommene Funktionsbereich nicht durch eine ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers übertragen worden sei. Die faktische Ausübung der Leitungsfunktion reiche nicht aus. Aufgrund des klaren Wortlauts der Tarifnorm verbiete sich eine Auslegung, die letztendlich eine konkludente Anordnung bzw. eine faktische Übertragung genügen lasse. Wegen der vollständigen Entscheidungsgründe wird auf Bl. 140 - 143 d.A. ergänzend Bezug genommen. Gegen dieses am 18.04.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.05.2008 Berufung eingelegt und diese - nach rechtzeitiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 18.07.2008 - mit dem beim Hessischen Landesarbeitsgericht am 11.07.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger verfolgt sein Feststellungsbegehren unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Er meint, dass er in die Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte/Hessen eingruppiert worden wäre, wenn schon damals im November 1994 der TV-Ärzte/Hessen gegolten hätte. Die Beklagte habe ihn so behandelt, als läge eine ausdrückliche Anordnung hinsichtlich der Leitung eines entsprechenden Funktionsbereichs vor. Die Höhergruppierung sei nicht aufgrund seiner Tätigkeit als Facharzt erfolgt und die anderen einschlägigen Tätigkeitsbeispiele der Vergütungsgruppe I a BAT hätten bereits damals eine ausdrückliche Anordnung verlangt. Im Übrigen gehe es bei der Überleitung des Klägers nicht um eine Ersteingruppierung, bei der eine ausdrückliche Anordnung der Übertragung der Leitung eines Funktionsbereichs notwendig sei, sondern um eine Überleitung in die neuen Entgeltgruppen..

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 20.02.2008 - 14 Ca 7124/07 - festzustellen, dass die Beklagte den Kläger rückwirkend ab 01.01.2007 nach der Entgeltgruppe Ä 5, Stufe 5, gem. § 10 TV-Ärzte/Hessen zu vergüten hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Entscheidung des Arbeitsgerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung am 06.03.2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung ist zulässig. Das Rechtsmittel ist gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft und vom Kläger in gesetzlicher Form und Frist gem. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG eingelegt und innerhalb der durch § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bestimmten Frist ordnungsgemäß nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 ZPO begründet worden.

B.

In der Sache hat die Berufung allerdings keinen Erfolg. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist nicht abzuändern, da der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die begehrten Feststellungen verlangen kann.

I.

Das Begehren des Klägers, die Verpflichtung der Beklagten festzustellen ihn ab 01.01.2007 nach der Vergütungsgruppe Ä 5 des TV-Ärzte/Hessen zu vergüten, ist als eine im öffentlichen Dienst übliche Eingruppierungsfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig (statt vieler: BAG 08.10.1997 - 4 AZR 167/96 - Rn 28, zitiert nach juris; BAG 25.01.2006 - 4 AZR 613/04 - Rn 13, zitiert nach juris). Der Zulässigkeit steht auch nicht entgegen, dass sich die begehrte Feststellung zumindest teilweise auf einen in der Vergangenheit liegenden Vergütungszeitraum bezieht (vgl. BAG 20.10.1993 - 4 AZR 47/93 - Rn 18, zitiert nach juris). Soweit der Kläger jedoch die Feststellung einer bestimmten Stufenzuordnung verlangt, fehlt der Klage das erforderliche Feststellungsinteresse für diesen Teil des Feststellungsantrags, weil die Stufenzuordnung zwischen den Parteien nicht streitig ist (vgl. BAG 25.01.2006 - 4 AZR 613/04 - Rn 13, zitiert nach juris).

II.

Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet. Der Kläger kann die begehrte Feststellung nicht beanspruchen, weil er nicht gem. §§ 611 BGB, 10 TV-Ärzte/ Hessen in die Entgeltgruppe Ä 5 eingereiht ist.

1.

Im Rahmen der Eingruppierung von übergeleiteten Ärztinnen und Ärzten sind folgende Bestimmungen des Tarifvertrags zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an den hessischen Universitätskliniken in den TV-Ärzte/Hessen vom 30. November 2006 zu beachten:

"§ 3

Überleitung in den TV-Ärzte Hessen

Ärztinnen und Ärzte werden am 01. Januar 2007 gemäß den nachfolgenden Regelungen in den TV-Ärzte Hessen übergeleitet.

§ 4

Entgeltgruppenzuordnung (Eingruppierung)

Für die Überleitung der Ärztinnen und Ärzte gilt die Entgeltordnung gemäß § 10 Absatz 1 TV-Ärzte Hessen. Ärztinnen und Ärzte werden in die Entgeltgruppe eingruppiert, die sie erreicht hätten, wenn diese Entgeltordnung bereits seit Beginn ihres Arbeitsverhältnisses zum Land gegolten hätte. Für die Berücksichtigung von Vorzeiten ärztlicher/fachärztlicher Tätigkeit bei der Entgeltgruppenzuordnung gilt § 10 Absatz 7 TV-Ärzte Hessen.

..."

Die einschlägigen Regelungen zur Eingruppierung lauten:

"§ 10

Eingruppierung

(1) Die Eingruppierung der Ärztinnen und Ärzte richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der folgenden Entgeltordnung:

...

Entgeltgruppe Ä 4

a) Fachärztin oder Facharzt mit fakultativer Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung in ihrem oder seinem Fachgebiet und anschließender zweijähriger entsprechender Tätigkeit

b) Fachärztin oder Facharzt mit entsprechender Tätigkeit in ihrem oder seinem Fachgebiet, für das in der Weiterbildungsordnung eine fakultative Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung entweder nicht vorgesehen ist oder zwar vorgesehen, aber für die auszuübende Tätigkeit nicht erforderlich ist, nach vierjähriger fachärztlicher Tätigkeit

c) Fachärztin oder Facharzt mit entsprechender Tätigkeit in ihrem oder seinem Fachgebiet nach siebenjähriger fachärztlicher Tätigkeit

d) Fachärztin oder Facharzt mit Habilitation in ihrem oder seinem Fachgebiet und entsprechender Tätigkeit

e) Fachärztin oder Facharzt mit entsprechender Tätigkeit, der oder dem durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers mindestens vier Ärztinnen und/oder Ärzte ständig unterstellt sind

Eingeltgruppe Ä 5

a) Fachärztin oder Facharzt mit fakultativer Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung in ihrem oder seinem Fachgebiet und mit entsprechender Tätigkeit, der oder dem durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers die Leitung eines entsprechenden Funktionsbereiches oder einer vergleichbaren sonstigen Organisationseinheit übertragen worden ist oder mindestens fünf Ärztinnen und/oder Ärzte ständig unterstellt sind

b) Fachärztin oder Facharzt mit entsprechender Tätigkeit in ihrem oder seinem Fachgebiet, für das in der Weiterbildungsordnung eine fakultative Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung entweder nicht vorgesehen ist oder zwar vorgesehen, aber für die auszuübende Tätigkeit nicht erforderlich ist, der oder dem durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers die Leitung einer größeren Organisationseinheit übertragen worden ist oder mindestens fünf Ärztinnen und/oder Ärzte ständig unterstellt sind

...

(2) Ärztinnen und Ärzte sind in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihnen nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden, sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen."

Nach diesen tariflichen Bestimmungen sind die Voraussetzungen für die Einreihung in die Entgeltgruppe Ä 5 gem. § 10 (1) TV-Ärzte/Hessen schon deshalb nicht erfüllt, weil dem Kläger die Leitung eines Funktionsbereichs nicht durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers übertragen worden ist. Der Kläger hätte die angestrebte Entgeltgruppe nicht erreicht, wenn die Entgeltordnung bereits seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zum Land gegolten hätte.

2.

Die Tarifnorm setzt zweierlei voraus: Der Arbeitgeber, also der Träger der Klinik, handelnd durch das jeweils zuständige Organ, muss die Entscheidung getroffen haben, den Funktionsbereich zu übertragen und in Ausführung dieser Entscheidung muss die Übertragung von dem Krankenhausträger ausdrücklich vorgenommen worden sein (vgl. Hess. LAG 08.10.2008 - 2 Sa 529/08 - S. 16, 17; LAG Düsseldorf 19.06.2008 - 11 Sa 275/08 - Rn 90, zitiert nach juris). Da tariflich Ausdrücklichkeit gefordert wird, ist ein lediglich konkludentes Verhalten des Arbeitgebers bzw. die faktische Herstellung entsprechender Organisationsformen in der Verwaltung nicht ausreichend (vgl. BAG 11.11.1987 - 4 AZR 336/87 - Rn 23, zitiert nach juris). Vielmehr muss der Rechtserfolg aus der Erklärung des Arbeitgebers mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehen. Dies ergibt eine Auslegung des Tarifvertrages.

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend herangezogen werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (vgl. BAG 24.09.2008 - 10 AZR 669/07 - Rn 17, zitiert nach juris, m.w.N.). Auszugehen ist zunächst vom allgemeinen Sprachgebrauch. Dabei ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages abzustellen. Der allgemeine Sprachgebrauch wird lediglich dann verdrängt, wenn die Tarifvertragsparteien den verwandten Rechtsbegriffen eine eigenständige Definition geben oder aber einen feststehenden Rechtsbegriff verwenden (vgl. BAG 18.11.2004 - 8 AZR 540/03 - Rn 21, zitiert nach juris).

b) Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der Begriff des Arbeitgebers in seinem allgemeinen arbeitsrechtlichen Sinn verwendet wird, welcher sich auch im allgemeinen Sprachgebrauch wieder findet. Arbeitgeber ist danach derjenige, der die Leistung von Arbeit von einem Arbeitnehmer kraft Arbeitsvertrag verlangen kann und zugleich Schuldner des Vergütungsanspruchs ist (vgl. ErfK-Preis § 611 Rn 209, m.w.N.; Wahrig, Deutsches Wörterbuch). Der Träger eines Krankenhauses als juristische Person ist mithin Arbeitgeber, der durch seine vertretungsberechtigten Organe handelt. Er allein ist für die Übertragung des Funktionsbereichs zuständig. Eine rechtsgeschäftliche Vertretung im Sinne der §§ 164 ff. BGB scheidet dabei allerdings aus. Zwar stellt die Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit eine Arbeitsvertragsänderung dar, die grundsätzlich durch rechtsgeschäftliche Vertreter erfolgen kann. Nach dem Wortlaut der Tarifnorm des TV-Ärzte/Hessen muss es sich aber um eine Anordnung "des Arbeitgebers" handeln, d.h. er allein hat den rechtsgeschäftlichen Willen zu bilden (auch Hess. LAG 08.10.2008 - 2 Sa 529/08 - S. 17; LAG Düsseldorf 19.06.2008 - 11 Sa 275/08 - Rn 88, zitiert nach juris). Da nach dem geltenden Repräsentationsprinzip der Wille vom rechtsgeschäftlichen Vertreter stellvertretend für den Vertretenen gebildet wird, während nur die Rechtsfolgen in der Person des Vertretenen eintreten, lässt sich die Rechtsansicht des Klägers mit dem Tarifwortlaut nicht in Einklang bringen. Die Tarifvertragsparteien haben nach dem Wortlaut der Tarifnorm ein unter dem Gesichtspunkt der Tarifautonomie unbedenklich zulässiges rechtsgeschäftliches Vertretungsverbot des Krankenhausträgers vereinbart (dazu Prütting/Wegen/Weinreich-Frensch, BGB-Kommentar, § 164 Rn 26).

Eine Bestätigung der wortlautgetreuen Auslegung ergibt sich, wenn man auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abstellt. Hätten die Tarifvertragsparteien kein rechtsgeschäftliches Vertretungsverbot normieren wollen, hätte es der zitierten Regelung nicht bedurft. Die im öffentlichen Dienst üblichen Eingruppierungsvoraussetzungen enthält bereits § 10 (2) TV-Ärzte/Hessen. Danach richtet sich die Eingruppierung nicht nach der tatsächlich ausgeübten, sondern nach der vom Arbeitnehmer - nicht nur vorübergehend - auszuübenden Tätigkeit. Schon nach dieser Vorschrift kann der Arbeitnehmer seine Gesamttätigkeit als für seine Eingruppierung maßgebliche Bewertungsgrundlage nicht einseitig ändern, indem er Tätigkeiten ausführt, die der Arbeitgeber ihm weder im Arbeitsvertrag noch in den vertraglich gezogenen Grenzen seines Direktionsrechts übertragen hat (vgl. dazu BAG 08.03.2006 - 10 AZR 129/05 - Rn 18, zitiert nach juris). Eine bestimmte Form für die Zuweisung der nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit ist in § 10 (2) TV-Ärzte/Hessen nicht vorgeschrieben und einer Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Vertretung und Bevollmächtigung von Personen zur Ausübung von Arbeitgeberfunktionen gem. §§ 164 ff. BGB steht die Tarifnorm ebenfalls nicht entgegen. Das Tarifmerkmal in § 10 (1) Ä 5 TV-Ärzte/Hessen erweist sich vor diesem Hintergrund als eine einschränkende Regelung, die von den Tarifvertragsparteien ganz bewusst getroffen wurde. Dies zeigt sich daran, dass in anderen tariflichen Bestimmungen von einer "Übertragung" ohne jeden Zusatz die Rede ist. So ist z. B. bei den Regelungen über die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit, der Führung auf Probe und der Führung auf Zeit gem. § 12 TV-Ärzte/Hessen weder die Übertragung durch den Arbeitgeber noch eine bestimmte Form vorgesehen. In den jeweiligen Absätzen wird einschränkungslos nur eine "Übertragung" vorausgesetzt.

Die Auslegung führt auch zu einer zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung. Das Merkmal dient der Schaffung klarer Verhältnisse bei der Übertragung der höher zu bewertenden Tätigkeit des Arztes. Grundsätzlich muss sich der Arbeitnehmer darauf verlassen können, dass die Tätigkeit, die ihm vom Vorgesetzten zugewiesen wird, die auszuübende Tätigkeit im tariflichen Sinne ist und tarifgerecht vergütet werden muss. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Unzuständigkeit für die Zuweisung der Tätigkeit dem Arbeitnehmer bekannt oder doch offensichtlich ist. Letzteres wird durch das Merkmal "Anordnung des Arbeitgebers" bewerkstelligt. Der Arbeitnehmer hat nicht mehr die Möglichkeit, sich unter Hinweis auf Treu und Glauben darauf zu berufen, die Tätigkeit sei ihm rechtswirksam von einem direkten Vorgesetzten übertragen worden. Wurde entgegen der Klarstellung gleichwohl von einem Unbefugten eine höherwertige Tätigkeit zugewiesen, so ist der Angestellte nicht entsprechend eingruppiert, da es für die Eingruppierung auf die auszuübende und nicht auf die ausgeübte Tätigkeit ankommt (vgl. BAG 26.03.1997 - 4 AZR 489/95 - Rn 35, zitiert nach juris).

Vor diesem Hintergrund ist auch die tariflich geforderte Ausdrücklichkeit zu sehen. Durch sie wird das Ziel, klare Verhältnisse bei der Übertragung der Tätigkeit zu schaffen, unterstrichen. Ein lediglich konkludentes Verhalten des Arbeitgebers bzw. die faktische Herstellung entsprechender Organisationsformen in der Verwaltung sind nicht ausreichend (vgl. BAG 11.11.1987 - 4 AZR 336/87 - Rn 23, zitiert nach juris). Vielmehr muss der Rechtserfolg aus der Erklärung des Arbeitgebers mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehen. Dies kann durch eine entsprechende schriftliche oder mündliche Erklärung aber auch in Dienstanweisungen, Verwaltungsverfügungen und Geschäftsverteilungsplänen geschehen, die dem Angestellten allerdings nach § 130 BGB zugehen müssen (vgl. BAG 11.11.1987 - 4 AZR 336/87 - Rn 23, 24, zitiert nach juris).

3.

Nach diesen Maßstäben sind die tariflichen Voraussetzungen für eine Höhergruppierung nicht erfüllt. Ein ausdrücklicher Beschluss des Vorstands (vgl. § 8 Abs. 1 Ziffer 1 UniklinikG i.V.m. § 6 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums Frankfurt am Main) existiert nicht. Soweit der Kläger aus den Umständen eine Übertragung des Arbeitgebers meint herleiten zu können, liegt allenfalls ein unzureichendes konkludentes Verhalten der Beklagten vor. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt es auch keine Rolle, dass es bei ihm nicht um eine Ersteingruppierung geht. Dies folgt unmissverständlich aus § 4 des Überleitungstarifvertrages. In ihm haben die Tarifvertragsparteien gerade vorgesehen, dass der Arzt in die Entgeltgruppe eingruppiert ist, die er erreicht hätte, wenn die Entgeltordnung bereits seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zum Land gegolten hätte. Damit sind zweifellos Überleitungsfälle und nicht Ersteingruppierungen angesprochen. Eine Differenzierung wie sie dem Kläger vorschwebt, haben die Tarifvertragsparteien nicht vorgesehen.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, da die Berufung des Klägers ohne Erfolg geblieben ist.

D.

Die Revision für den Kläger ist wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

Zurück