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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 16.01.2007
Aktenzeichen: 4 TaBV 119/06
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 99
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über eine personelle Maßnahme gemäß § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG so zu unterrichten, dass dieser das Vorliegen eines Widerspruchsgrundes gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG prüfen und sachgerecht Stellung nehmen kann.
Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 30. März 2006 - 10 BV 9/05 - zum Teil abgeändert.

Die Anträge werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des zu 2) beteiligten Betriebsrats zu einer Versetzung seines Vorsitzenden.

Die antragstellende Arbeitgeberin ist ein Unternehmen des Speditionsgewerbes. Sie beschäftigt in ihrem Betrieb regelmäßig mehr als zwanzig und weniger als zweihundert Arbeitnehmer, die durch den Betriebsrat repräsentiert werden. Der Betriebsratsvorsitzende, der Arbeitnehmer A, wurde zum 01. April 1993 zum Gruppenleiter der Abteilung Ablaufüberwachung befördert und in die Gehaltsgruppe K 5 des Gehaltstarifvertrages für die Angestellten und Meister des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes Hessen eingruppiert. Mit Schreiben vom 10. April 1996 erklärte Herrn A, es sei ihm "aus persönlichen Gründen" nicht mehr möglich, weiter die Funktion des Gruppenleiters auszuüben. Deshalb bat er die Arbeitgeberin, ihn hiervon zu entbinden. Auf diesen Wunsch wurde er vorübergehend als kaufmännischer Mitarbeiter in der Abteilung Ablaufkontrolle eingesetzt und in die Gehaltsgruppe K 4 herabgruppiert. Seit seiner Wahl zum Betriebsratsvorsitzenden Mitte 1996 war Herr A für seine Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender und als Mitglied und zeitweiliger Vorsitzender des Gesamtbetriebsrat der Arbeitgeberin faktisch freigestellt. Jedenfalls seit dem Jahr 2005 nahm die neue Geschäftsführung der Arbeitgeberin hieran Anstoß. Sie warf Herrn A vor, über den gesetzlichen Anspruch hinaus Freistellungen in Anspruch zu nehmen. Am 19. Mai 2005 schrieb die Arbeitgeberin betriebsintern eine Stelle als "Kfm. Mitarbeiter/in" für das Verschlusslager zum 01. Juli 2005 aus. In dieser heißt es:

"Montag bis Freitag

38 Stunden/Woche (Gleitzeit)

Kernzeit: 06.00 - 12.00 Uhr / Bandbreite 04.00 - 14.00 Uhr

Eine/n Mitarbeiter/in für folgende Aufgaben:

- Vereinnahmung, Bearbeitung und Dokumentation der Retouren, Kundentermine und NN-Sendungen

- Bearbeitung und Dokumentation der Abholsendungen und Abfertigung der Selbstabholer

- Adressüberprüfungen und Klärung von Annahmeverweigerungen

- Avisierung und Dokumentation von Sendungen bei Empfängerkunden

- Beareitung und Dokumentation von Bruchsendungen und unklaren Packstücken national und international

- Bearbeitung und Überprüfung der Irrläufer und Irrlabel

- Kontrolle und Führung der Mehrwegkonten

- gute Kenntnisse der internen Abläufe

- Erfahrung im Lagerbereich

- sicheres und freundliches Auftreten im Umgang mit Gesprächspartnern

- gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift

- gute PC-Kenntnisse (Excel und Word)

- Zuverlässigkeit, Flexibilität, Belastbarkeit und Teamgeist"

Die Ausschreibung wurde Herrn A am selben Tag ohne ein weiteres Anschreiben auf dessen dienstlichen E-Mail-Account übersandt. Mit einem dem Betriebsrat am 06. Juni 2005 zugegangenen Schreiben vom selben Tag unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat darüber, dass sie beabsichtige, Herrn A bei gleichbleibender Eingruppierung in die Gehaltsgruppe K 4 zum 01. Juli 2005 als kaufmännischen Mitarbeiter in die Gruppe Verschlusslager zu versetzen. Zur Begründung führte sie Folgendes aus:

"Seit vielen Jahren hat sich Hr. A für seine Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Einen Anspruch auf Freistellung hat er indes nicht, da ein Freistellungsanspruch für Betriebsratsmitglieder bekanntlich nur in Betrieben mit mindestens 200 Arbeitnehmern besteht.

Des Weiteren ist die Versetzung aus sachlich dringenden Gründen erforderlich, da ein Mitarbeiter vom Verschlusslager in Rente geht und hier ein Ersatz benötigt wird.

Die frei werdende Stelle hatten wir intern ausgeschrieben, jedoch keine Bewerbungen hierauf erhalten.

Hr. A soll wieder arbeitsvertragsgemäß beschäftigt werden. Die freiwillige Freistellungspraxis endet somit mit Wirkung zum 30.06.05. Ab 01.07.2005 soll Hr. A in der Gruppe Verschlusslager beschäftigt werden. Die Arbeitszeit richtet sich nach der BV Gleitzeit für das Verschlusslager mit einer KZ von 06.00 - 12.00 Uhr und BB 04.00 - 14.00 Uhr."

Bei dem angesprochenen, in Rente gehenden Arbeitnehmer handelte es sich um den Arbeitnehmer B, der jedenfalls zum Teil einfache Lagertätigkeiten ausgeführt hatte und in die Gehaltsgruppe K 3 eingruppiert war. Dieser ging mit Ablauf des 31. August 2005 in Rente. Der Betriebsrat widersprach der Versetzung mit Schreiben vom 13. Juni 2005 mit folgender Begründung:

"Dem Betriebsrat ist bekannt, dass Herr A seit Jahren weder an Abteilungssitzungen, Mitarbeiterbesprechungen oder an Weiterbildungsmaßnahmen im Arbeitsablauf und an den EDV-Programmen beteiligt wurde. Einen Einarbeitungsplan für die zu besetzende Stelle haben Sie dem BR nicht vorgelegt, der Betriebsrat widerspricht der geplanten Maßnahme daher gemäß § 99/II/4 BetrVG, da Sie mit der Umsetzung der Maßnahme gegen § 38 Abs. 4 BetrVG verstoßen würden.

Der Betriebsrat widerspricht Ihrem o.g. Antrag gemäß § 99/II/1 BetrVG, da ihm nicht alle relevanten Unterlagen zur Maßnahme vorgelegt wurden. Wie dem Betriebsrat, u.a. durch Ihr Mail vom 08.06.05, bekannt wurde, liegen Ihnen Bewerbungsunterlagen zur ausgeschriebenen Stelle vor, die dem Betriebsrat bisher nicht vorgelegt wurden.

Der Betriebsrat muss außerdem befürchten, dass der Mitarbeiter A durch die Umsetzung der Maßnahme benachteiligt wird, da die zu besetzende Stelle von ihrer Qualifizierung, gemäß gültigem Tarifvertrag, der Gehaltsgruppe K 3 entspricht. Der Mitarbeiter C, der die Stelle bisher inne hatte, ist, trotz seiner 26-jährigen Betriebszugehörigkeit und seinem Lebensalter von 65 Jahren, lt. Ihrer aktueller Bruttogehaltsliste v. April 2005, in die Gehaltsgruppe K 3 eingruppiert. Die Qualifizierung von Herrn A entspricht mindestens einer Stelle der Gehaltsgruppe K 4. Die derzeitige Stelle von Herrn A in der Ablaufkontrolle entspricht von ihrer Qualifikation der Gehaltsgruppe K 4. Der Betriebsrat widerspricht der o.g. Maßnahme gemäß § 99/II/3 BetrVG.

Unter Berücksichtigung der langen Freistellungszeit von Herrn A zu Betriebsratstätigkeiten, stünde Herrn A, nach Auffassung des Betriebsrats, inzwischen eine Stelle im Qualifikationsbereich der Gehaltsgruppe K 5 zu. Herr A hatte vor seiner Zeit als freigestelltes BR-Mitglied die Stelle des Gruppenleiters inne und war in die Gehaltsgruppe K 5 eingruppiert. Dies entspricht der Eingruppierung der derzeitigen Gruppenleiterin Frau D. Der Betriebsrat widerspricht der geplanten Eingruppierung gemäß § 99/II/4 BetrVG. Mit der geplanten Eingruppierung würden Sie nach Auffassung des Betriebsrats gegen § 37/IV BetrVG verstoßen."

Die Arbeitgeberin teilte mit Schreiben vom 15. Juni 2005 mit, das sie die Maßnahme gemäß § 100 BetrVG vorläufig durchführen werde, und wies zur Begründung darauf hin, dass wegen des Ausscheidens des "bisherigen Stelleninhabers" die Versetzung zum 01. Juli 2005 durchgeführt werden müsse, damit Herr A noch von diesem eingearbeitet werden könne. Nachdem der Betriebsrat die Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung der Maßnahme bestritten hatte, leitete die Arbeitgeberin das vorliegende, erstinstanzlich auf die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und auf die Feststellung der dringenden Erforderlichkeit von deren vorläufiger Durchführung gerichtete Verfahren ein. Herr A war bis zum Schluss der Anhörung nicht auf der neuen Stelle tätig.

Die Arbeitgeberin hat behauptet, die Stelle im Verschlusslager sei neu geschaffen worden und umfasse die früheren Aufgaben von Herrn B und alle weiteren in der Stellenbeschreibung aufgeführten. Sie entspreche der Gehaltsgruppe K 4. Die Übersendung der Stellenbeschreibung an Herrn A sei dem Betriebsrat zuzurechnen. Die zweimonatige Einarbeitung von Herrn A durch Herrn B ab 01. Juli 2005 sei dringend erforderlich gewesen. Der Betriebsrat habe alle relevanten Unterlagen erhalten. Zwei weitere interne Bewerbungen seien nicht vorzulegen gewesen, da diese erst nach dem Ende der Ausschreibungsfrist eingereicht worden seien. Die Arbeitgeberin hat weiter einen ordnungsgemäßen Beschluss des Betriebsrats über die Zustimmungsverweigerung bestritten.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und wegen der dort gestellten Anträge wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 99 - 102 d.A.) sowie auf die mit diesem in Bezug genommenen Schriftstücke verwiesen. Das Arbeitsgericht hat die Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung ersetzt und den Antrag gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG zurückgewiesen. Wegen der Gründe wird auf die Ausführungen unter II. des angefochtenen Beschlusses (Bl. 102 - 106 d.A.) Bezug genommen.

Der Betriebsrat hat gegen den am 13. Juni 2006 zugestellten Beschluss am 06. Juli 2006 Beschwerde eingelegt und diese am 07. August 2006 begründet. Er hält an seiner Auffassung fest, dass die Tätigkeit im Verschlusslager entgegen § 37 Abs. 4, Abs. 5 BetrVG nicht gleichwertig sei, sondern durch Tätigkeiten der Gehaltsgruppe K 3 geprägt werde. Es handele sich im Wesentlichen um Lagertätigkeit. Aus der früheren Funktion von Herrn A als Gruppenleiter folge ein Anspruch auf eine Beschäftigung gemäß der Gehaltsgruppe K 5. Herr A sei aus betriebspolitischen Gründen in Hinblick auf seine bevorstehende Aufgabe als Betriebsratsvorsitzender von der Gruppenleiterposition zurückgetreten. Der Betriebsrat ist der Ansicht, seinem Widerspruch liege ein wirksamer Beschluss zugrunde. Wegen der dieser Würdigung zugrunde liegenden Tatsachenbehauptungen wird auf die Schriftsätze vom 16. November 2006 (Bl. 185 - 187 d.A.) und vom 09. Januar 2007 (Bl. 226 - 228 d.A.) verwiesen.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags des Betriebsrats wird auf die Schriftsätze vom 07. August und 12. Dezember 2006 Bezug genommen.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 30. März 2006 - 10 BV 9/05 - zum Teil abzuändern und die Anträge insgesamt zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hält zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags an ihrer Behauptung fest, der neue Arbeitsplatz entspreche der Gehaltsgruppe K 4. Er werde von typisch kaufmännischen Tätigkeiten geprägt und sei daher gleichwertig mit dem letzten Arbeitsplatz von Herrn A in der Abteilung Ablaufkontrolle. Es fehle schon deshalb eine Vergleichbarkeit mit dem Tätigkeitsfeld von Herrn B, weil die Anforderungen an die kaufmännischen Tätigkeiten im Verschlusslager extrem gestiegen seien. Herr A habe von Herrn B nicht Lagertätigkeiten, sondern Teilbereiche der in der Stellenbeschreibung aufgezählten kaufmännischen Tätigkeiten übernehmen sollen. Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, sie habe den Betriebsrat durch die Übermittlung der Stellenbeschreibung an Herrn A ausreichend über die neue Tätigkeit unterrichtet. Sie bestreitet eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats über den Widerspruch wie auf den Seiten 1 bis 3 des Schriftsatzes vom 22. Dezember 2006 (Bl. 208 - 210 d.A.) und im Schriftsatz vom 15. Januar 2007 (Bl. 231, 232 d.A.) ersichtlich.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags der Arbeitgeberin wird auf die Schriftsätze vom 18. Oktober und 22. Dezember 2006 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist begründet.

Die Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung von Herrn A ist bereits deshalb nicht gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen, weil die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht ausreichend nach § 99 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BetrVG über diese Maßnahme unterrichtet hat. Die Zustimmung eines Betriebsrats zu einer personellen Maßnahme kann unabhängig davon, aus welchen Gründen der Betriebsrat widersprochen hat, nur ersetzt werden, wenn die Stellungnahmefrist von § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Gang gesetzt wurde. Dies setzt eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Unterrichtung des Betriebsrats voraus (BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 - BAGE 113/109, zu B II 2 a; 28. Juni 2005 - 1 ABR 26/04 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 49, zu B II 2 a).

Gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Versetzung über die Maßnahme zu unterrichten. Dazu gehört nach § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG insbesondere der in Aussicht genommene Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung. Hier fehlen ausreichende Angaben der Arbeitgeberin über den vorgesehenen Arbeitsplatz. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dient die Unterrichtungspflicht dazu, dem Betriebsrat eine Grundlage für eine sachgerechte Stellungnahme zu geben. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat so unterrichten, dass dieser in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob ein Verweigerungsgrund im Sinne von § 99 Abs. 2 BetrVG vorliegt (BAG 14. Dezember 2004 a.a.O., zu B II 2 b bb (2); 28. Juni 2005 a.a.O., zu B II 2 b aa (1)). Dazu gehören auch Informationen über die fachlichen Voraussetzungen des Arbeitsplatzes (BAG 28. Juni 2005 a.a.O., zu B II 2 b bb (1)). An hinreichenden Angaben zu diesen Voraussetzungen fehlt es. Selbst der Prozessvortrag der Arbeitgeberin im vorliegenden Verfahren schafft auch nach dem Hinweis der Beschwerdekammer vom 23. Oktober 2006 keine ausreichende Grundlage zur Beurteilung des vorgesehenen Arbeitsplatzes und dessen fachlicher Voraussetzungen.

Der Arbeitgeberin ist zuzugeben, dass häufig keine besonders eingehenden Informationen des Betriebsrats über den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz erforderlich sein werden. Dies setzt allerdings voraus, dass der Arbeitsplatz dem Betriebsrat bereits bekannt ist, insbesondere wenn es sich um eine langjährig bestehende Stelle handelt. Hier macht die Arbeitgeberin aber geltend, es handele sich um einen neu eingerichteten und bisher in dieser Form nicht existierenden Arbeitsplatz. Dessen fachliche Voraussetzungen konnten dem Betriebsrat daher nicht bekannt sein. Hinzu kommt, dass der Arbeitsplatz auch nach der Darstellung der Arbeitgeberin jedenfalls teilweise Funktionen umfasst, die bisher zu der geringer bewerteten Stelle von Herrn B gehörten. Bereits in Hinblick darauf drängte sich die Problematik der Vereinbarkeit der Übertragung dieses Arbeitsplatzes mit § 37 Abs. 4, Abs. 5 BetrVG und damit ggf. das Vorliegen der Widerspruchsgründe von § 99 Abs. 2 Nr. 1, 4 BetrVG auf. Soweit die Arbeitgeberin demgegenüber darauf verweist, dass die erkennende Kammer mit Beschluss vom 06. Mai 2003 (- 4 TaBV 101/02 - Juris, zu II 2 a) angenommen hat, individuelle Beschäftigungsansprüche einzelner Arbeitnehmer seien zur Rechtfertigung eines Widerspruchs nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nicht geeignet, berücksichtigt sie nicht, dass das Bundesarbeitsgericht sich in der Rechtsbeschwerdeentscheidung in diesem Verfahren von dieser Rechtsauffassung deutlich distanziert hat (BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 45/03 - BAGE 112/251, zu B I 3 a) und dass der im vorliegenden Verfahren in Frage stehende Beschäftigungsanspruch nach § 37 Abs. 4, Abs. 5 BetrVG auch einen den Betriebsrat als kollektives Organ schützenden Zweck hat. Vor diesem Hintergrund setzte eine ausreichende Unterrichtung über die fachlichen Voraussetzungen der Stelle eine eingehende Erläuterung der einzelnen Aufgaben voraus. Daran fehlt es.

Zugunsten der Arbeitgeberin kann unterstellt werden, dass die Zusendung der Stellenbeschreibung an Herrn A eine Unterrichtung des Betriebsrats gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bewirkte. Dies allein wäre gleichwohl keine hinreichende Unterrichtung des Betriebsrats über die fachlichen Voraussetzungen der Stelle. In der Stellenbeschreibung sind die Aufgaben des Stelleninhabers nur stichwortartig und ohne Bezeichnung ihrer zeitlichen Anteile an der Gesamttätigkeit aufgeführt. Auch wird nicht deutlich, welche Aufgaben von Herrn B übernommen wurden und welche neu hinzutraten.

Das Unterrichtungsschreiben vom 06. Juni 2005 brachte demgegenüber keine tauglichen neuen Informationen. Durch den Hinweis, dass Herr A als "Ersatz" für Herrn B beschäftigt werden sollte, war es im Gegenteil eher so zu verstehen, dass Herr A die gesamten Funktionen von Herrn B und damit auch dessen Lagertätigkeiten übernehmen sollte. Irgendeine Differenzierung hinsichtlich der einzelnen Aufgaben von Herrn B lässt das Anhörungsschreiben nicht erkennen. In eine ähnliche Richtung deutet die Begründung der Mitteilung über die vorläufige Durchführung der personellen Maßnahme vom 15. Juni 2005 und die erstinstanzliche Argumentation der Arbeitgeberin zur Begründung ihres Antrags gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Wenn es gemäß dieser Argumentation tatsächlich dringend erforderlich war, dass Herrn B Herrn A über die volle Dauer von zwei Monaten einarbeitet, muss davon ausgegangen werden, dass ein Großteil der neuen Stelle von Herrn A die alten Funktionen von Herrn B umfassen sollte. Andernfalls wäre eine Einweisungszeit von zwei Monaten nicht plausibel zu erklären.

Damit besteht hinsichtlich der Frage, ob die neue Stelle tatsächlich der Gehaltsgruppe K 4 entspricht, ein erheblicher Erklärungsbedarf. In diese Gehaltsgruppe sind gemäß Ziffer I. der Anlage 1 zum Gehaltstarifvertrag für die Angestellten und Meister des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes in Hessen Angestellte mit hoher Einzelverantwortung eingruppiert. Regelbeispiele hierfür sind Lohn- und Finanzbuchhalter, geprüfte Sekretärinnen und Sekretäre und Disponentinnen und Disponenten. Die Arbeitgeberin hat auch zweitinstanzlich die mit der Stelle verbundenen Aufgaben nicht so konkret erläutert, dass überprüft werden könnte, ob die Stelle den Anforderungen der Gehaltsgruppe K 4 entspricht oder ob es sich nicht lediglich etwa um eine Stelle für Angestellte mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung im Sinne der Gehaltsgruppe K 3 Nr. 1, 2 handelt. Sie hat auch auf den Hinweis der erkennenden Kammer vom 23. Oktober 2006 letztlich nur die pauschalen Angaben in der Stellenausschreibung wiederholt. Diese lassen eine Beurteilung der fachlichen Anforderungen der Stelle nicht ausreichend zu. Dasselbe gilt für den Hinweis, die neue Tätigkeit werde durch kaufmännische Tätigkeiten geprägt. Kaufmännische Tätigkeiten erfordern bereits die Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe K 3 Nr. 1, 2. Da damit die Frist von § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auch durch den Prozessvortrag der Arbeitgeberin nicht in Gang gesetzt wurde, kann dem Zustimmungsersetzungsantrag nicht stattgegeben werden. Damit kommt es nicht darauf an, ob dem Widerspruch des Betriebsrat ein wirksamer Beschluss zugrunde lag und ob der Widerspruch in der Sache begründet war.

Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne der §§ 72 Abs. 2, 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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