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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 13.06.2003
Aktenzeichen: 4 TaBV 67/03
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG


Vorschriften:

BetrVG § 76 Abs. 2
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 6
BetrVG §§ 111f
ArbGG § 98
Die Einleitung des Verfahrens nach § 76 Abs. 2 BetrVG i.V. mit § 98 ArbGG zur Bildung einer Einigungsstelle ist nicht deshalb unbedingt unzulässig und hindert nicht jedenfalls von vornhinein eine Sachentscheidung, weil die verfahrenseinleitende Antragstellung beim Arbeitsgericht bereits erfolgt ist noch bevor sich die Gegenseite zum Vorschlag der antragstellenden Seite zur Besetzung der Einigungsstelle geäußert hat.

Ist das Scheitern des innerbetrieblichen Einigungsstellenversuchs zum Zeitpunkt der Antragstellung als gegeben anzunehmen, so ist es für die Möglichkeit einer Sachentscheidung (betr. Bildung der Einigungsstelle) ausreichend, wenn (spätestens) im Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht die Uneinigkeit über die Besetzung der Einigungsstelle (Person des Vorsitzenden und/oder Zahl der Beisitzer) zutage tritt und feststeht.


Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes ! Beschluss

Aktenzeichen: 4 TaBV 67/03

Verkündet laut Protokoll am 13. Juni 2003

In dem Beschlussverfahren

hat das Hessische Landesarbeitsgericht Kammer 4 in Frankfurt am Main auf die mündliche Anhörung vom 10. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Rossmanith als Vorsitzenden

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 08.04.2003 - 3 BV 187/03 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten auch zweitinstanzlich in dem vom Arbeitgeber (Beteiligten zu 1./Antragsteller) eingeleiteten Verfahren nach § 76 Abs. 2 BetrVG i.V.m. § 98 Abs. 1 ArbGG um die Bildung einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand Versuch eines Interessenausgleichs und Aufstellung eines Sozialplans hinsichtlich Betriebsänderung sowie Regelung der Einführung und Anwendung des IT-Systems "wohndata".

Im Hinblick auf die geplante Betriebsänderung hatten mindestens seit Februar 2003 innerbetriebliche Verhandlungen zwischen den Beteiligten stattgefunden. - Nach einer Verhandlung am 25.03.2003 erklärte der Arbeitgeber mit zwei Schreiben vom 26.03.2003 die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan bzw. über die Einführung und Anwendung des Systems "wohndata" für gescheitert, erklärte jeweils die Anrufung der Einigungsstelle und machte Vorschläge zur Person des Vorsitzenden der Einigungsstellen und zur Zahl der Beisitzer. Für die Übermittlung der Zustimmung zur Bildung der Einigungsstelle zur Person des Einigungsstellenvorsitzenden und der Zahl der Beisitzer setzte der Arbeitgeber eine Frist bis zum 28.03.2003. - Mit Antragsschrift vom 26.03.2003 - am 28.03.2003 beim Arbeitsgericht eingegangen, am 03.04.2003 dem Betriebsrat zugestellt - stellte der Arbeitgeber die zur Bildung der Einigungsstellen erforderlichen Anträge. - Mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats vom 27.03.2003 brachte der Betriebsrat zum Ausdruck, die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan seien nicht gescheitert und widersprach einer Bestimmung der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Person zum Einigungsstellenvorsitzenden.

Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts im Übrigen, des Vorbringens der Beteiligten und ihrer Anträge in erster Instanz wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.04.2003 (aufgrund mündlicher Anhörung vom 08.04.2003) den Anträgen des Arbeitgebers - weitgehend, abgesehen von der Person des Einigungsstellenvorsitzenden (statt wie beantragt, Herr B Herr L entsprochen.

Gegen diesen Beschluss, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird, richtet sich die Beschwerde des Betriebsrats, mit der er die Zurückweisung der Anträge des Arbeitgebers weiterverfolgt. - Wegen der für die Zulässigkeit der Beschwerde erheblichen Daten wird auf die Feststellungen zur Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 10.06.2003 Bezug genommen.

Der Betriebsrat hält daran fest, die internen Verhandlungsmöglichkeiten zwischen den Beteiligten seien noch nicht ausgeschöpft, die innerbetrieblichen Verhandlungen seien tatsächlich nicht gescheitert und die Beteiligten befänden sich noch inmitten der Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan. Den Vorwurf einer Verzögerung der innerbetrieblichen Verhandlungen weist der Betriebsrat zurück. Insbesondere habe noch ein berechtigtes Informationsbedürfnis bestanden, dem der Arbeitgeber nicht Rechnung getragen habe. Wegen nicht gegebenen Bedarfs für die Bildung der Einigungsstellen hätten diese nicht durch gerichtliche Entscheidung gebildet werden dürfen. - Die Einführung des Systems "wohndata" sei bis 26.03.2003 nicht Verhandlungsgegenstand gewesen. - Die Erwirkung eines "Vorratsbeschlusses", worauf die Vorgehensweise des Arbeitgebers hinauslaufe, sei jedenfalls angesichts der Weiterführung der Verhandlungen nicht zulässig und auch nicht im Betriebsverfassungsgesetz angelegt. - Zudem sei beachtlich, dass zur Zeit der Antragstellung dem Arbeitgeber eine Äußerung zur Person des vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden noch nicht vorgelegen habe. - Für das zweitinstanzliche Vorbringen im Übrigen und wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung des Betriebsrats mit Schriftsatz vom 07.05.2003 sowie den weiteren Schriftsatz vom 04.06.2003 (jeweils nebst Anlagen) verwiesen.

Der Arbeitgeber bittet um Zurückweisung der Beschwerde. Er bringt vor, bereits seit November 2002 hätten die Beteiligten über die geplante Betriebsänderung gesprochen und über den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans sowie über die Einführung von "wohndata" beraten und verhandelt, ohne dass ein Ergebnis erzielt worden sei. Nach dem 25.03.2003 seien vom Betriebsrat vereinbarte Verhandlungstermine grundlos abgesagt und keine alternativen Verhandlungstermine genannt worden, obgleich von seiner, des Arbeitgebers, Seite jederzeit weitere Verhandlungsbereitschaft erklärt worden sei. Die "Fronten" seien völlig verhärtet. Zu Recht habe er, der Arbeitgeber, deshalb das Scheitern der innerbetrieblichen Verhandlungen annehmen dürfen. - Einer gerichtlichen Entscheidung über die Bildung der Einigungsstelle stehe nicht entgegen, dass bereits mit der Antragsschrift vom 26.03.2003 das Verfahren eingeleitet worden ist, obgleich erst am 27.03.2003 die Ablehnung der Errichtung der Einigungsstelle und der Bestellung von Herrn B als Einigungsstellen-Vorsitzender vorgelegen habe. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Antragsschrift an den Betriebsrat und jedenfalls zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht habe jedenfalls festgestanden, dass eine Einigung über die Person des Einigungsstellenvorsitzenden nicht gegeben sei. Bereits vor diesen Zeitpunkten bzw. auch schon am 26.03.2003 sei erkennbar gewesen bzw. hätten Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass sich die Beteiligten auf die Person des Einigungsstellenvorsitzenden nicht einigen konnten bzw. nicht einigen würden. Schließlich stehe die Bereitschaft zu weiteren Verhandlungen trotz Scheiterns der Verhandlungen der Bildung einer Einigungsstelle einer gerichtlichen Entscheidung nicht entgegen. - Für das zweitinstanzliche Vorbringen des Arbeitgebers wird im Übrigen und wegen der Einzelheiten auf seine Beschwerdebeantwortung mit Schriftsatz vom 16.05.2003 und den weiteren Schriftsatz vom 12.06.2003 (jeweils nebst Anlagen) verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats hat keinen Erfolg.

1.

Die Bildung der Einigungsstelle - durch Bestellung eines Vorsitzenden und Festlegung der Zahl der Beisitzer - durch gerichtliche Entscheidung gem. § 76 Abs. 2 Satz 2, 3 BetrVG ist nicht bereits deshalb abzulehnen, weil eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle anzunehmen wäre (§ 98 Abs. 1 ArbGG). Der Betriebsrat stellt das Bestehen von Mitbestimmungsrechten - hier gem. § 111 f. und § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG - nicht in Abrede.

a) Einer Bildung der Einigungsstelle - was Interessenausgleich und Sozialplan angeht - steht nicht entgegen, dass ein Bedarf (siehe § 76 Abs. 1 BetrVG) hierfür nicht bestanden hätte, weil kein oder kein ausreichender Einigungsversuch durch innerbetriebliche Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat stattgefunden hätte und die innerbetrieblichen Verhandlungen (noch) nicht gescheitert gewesen seien.

Wenn fest steht und den Beteiligten (Betriebsrat und Arbeitgeber) wenigstens in Umrissen bekannt ist, welche mitbestimmungspflichtige Maßnahme in Frage steht, wenn insbesondere hierüber ernsthafte Verhandlungen stattgefunden haben und nach deren Verlauf eine (innerbetriebliche) Einigung - auch nicht insbesondere: zügig und in angemessener Zeit - nicht zu erwarten ist, zu befinden, ab, so steht es jedem Beteiligten frei, zu welchem Zeitpunkt er die innerbetriebliche Beilegung der Meinungsverschiedenheit (regelmäßig im Wege der Einigung) - zügig und in angemessener Zeit - nicht mehr für erreichbar hält.

Dann kann jeder Beteiligte von einem Scheitern der Verhandlungen ausgehen, den Bedarf für die Bildung einer Einigungsstelle für gegeben halten und die Bildung der Einigungsstelle betreiben Weitere Verhandlungswunsche der Gegenseite wie auch das Verlangen nach weiteren Informationen, wenn schon wesentliche sachbezogene Unterrichtung erfolgt ist, stehen dann nicht mehr entgegen Es bietet ja auch die Einigungsstelle einen Rahmen zu weiteren Verhandlungen und im Rahmen dieser Verhandlungen können ja auch noch weitere Informationen verlangt und erteilt werden. Sache der Einigungsstelle wird es dann sein, darüber zu befinden, ob weitere Informationen für angemessene Sachverhandlungen tatsächlich erforderlich sind und evtl. in Abhängigkeit hiervon den Gang des Verfahrens bei ihr gestalten. - Gerade bei Verhandlungen über einen Interessenausgleich wegen Betriebsänderung - und auch über einen Sozialplan, wenn einer der Beteiligten die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan in eine Abhängigkeit voneinander bringt - spielt das Zeitmoment eine besondere Rolle - sei es im Hinblick auf die Folgen gem. § 113. Abs. 3 BetrVG bei nicht ausreichend versuchtem Interessenausgleich, sei es im Hinblick auf die (gerade auch von der erkennenden Kammer für zulässig gehaltene) Möglichkeit, im Wege einstweiliger Verfügung Kündigungen zeitweilig zwecks Durchführung und Beendigung von Interessenausgleichsverhandlungen (bis in die Einigungsstelle) zu untersagen (LAG Frankfurt, DB 85, 178). Auf diesem Hintergrund kann es der Seite, die - wie gerade im Falle des Versuchs eines Interessenausgleichs der Arbeitgeber - auf die Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens angewiesen ist, nicht zugemutet werden, dass die Einigungsstelle in Abhängigkeit von der letztlich unsicheren Abgrenzung von tatsächlich noch erforderlichen weiteren Informationen einerseits und von bloßer Verzögerungstaktik andererseits gebildet wird (so die erkennende Kammer in ständiger Rechtsprechung; vgl. LAG Frankfurt, Au R 92, 250 - NZA 92, 853; Hess. LAG, LAGE § 76 BetrVG 1972 Nr. 43). - Der Bildung einer Einigungsstelle wegen Scheiterns der innerbetrieblichen Verhandlungen begegnen auch dann keinen Bedenken, wenn nach dem von einer Seite angenommenen Zeitpunkt des Scheiterns der innerbetrieblichen Verhandlungen weitere Verhandlungen zwischen den Betriebspartnern in der umstrittenen Angelegenheit stattgefunden haben oder stattfinden sollen. Denn weder derartige Wünsche noch selbst die Wiederaufnahme oder Weiterführung von Verhandlungen ändern grundsätzlich etwas an der bereits eingetretenen Lage, die die Annahme des Scheiterns der Verhandlungen zu tragen geeignet ist. Wenn auch einer innerbetrieblichen Konfliktlösung (ohne Inanspruchnahme einer Einigungsstelle) grundsätzlich der Vorzug zu geben ist, darf doch nicht das Interesse der Seite außer Acht gelassen werden, die eine zügige und in angemessener Zeit zu erreichende Regelung anstrebt und der regelmäßig gerade deshalb nach dem bisherigen - ergebnislosen - Verlauf der innerbetrieblichen Verhandlungen zuzubilligen ist, die Bildung einer Einigungsstelle zu betreiben. Denn dann würde der die Bildung der Einigungsstelle betreibenden Seite es aus der Hand genommen, möglichst bald eine Einigungsstelle zur Verfügung zu haben, bzw. eine gebildete Einigungsstelle sogleich aktivieren zu können, um bei weiterhin erfolglosen innerbetrieblichen Verhandlungen eine zügige Konfliktlösung im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens zu erreichen. Der Seite, die die Bildung der Einigungsstelle erstrebt (hat) steht es frei, wenn sie den Verlauf der wieder aufgenommenen Verhandlungen als Erfolg versprechend ansieht, das Verfahren zur Bildung der Einigungsstelle nicht einzuleiten, nicht weiter zu betreiben oder die schon durch das Gericht gebildete Einigungsstelle nicht zu aktivieren, sondern allein auf den Erfolg versprechenden Verlauf der wieder aufgenommenen Verhandlungen zu vertrauen. Ein Anspruch hierauf besteht für die jeweilige Gegenseite aus den vorstehend angeführten Erwägungen jedoch nicht. Denn auch dann muss durchschlagen, dass die objektive Lage des Scheiterns der Verhandlungen bereits eingetreten war (so Hess. LAG mit Beschluss vom 11.07.1995 - 4 TaBV 94/95 - n.v.).

Vorliegend durfte der Arbeitgeber am 26.03.2003 das Scheitern der Verhandlungen annehmen. Bereits am 24.01.2003 war es zu ersten Verhandlungen zwischen den Beteiligten gekommen, in denen insbesondere - wenn auch kurz gefasst - Grundlagen für Interessenausgleich und Sozialplan festgelegt wurden sowie weitere Verhandlungsthemen behandelt wurden. Am 03.02.2003, 17.03.2003 und 25.032003 fanden dann weitere Gespräche und Verhandlungen statt. Am 03.02.2003 war dem Betriebsrat ein Entwurf des Arbeitgebers für einen Interessenausgleich und einen Sozialplan übergeben worden. Auf den Gegenentwurf des Betriebsrats hin überarbeitete der Arbeitgeber seine Entwürfe und ließ diese dem Betriebsrat zukommen. Wenn auf diesem Hintergrund der Arbeitgeber nach der Verhandlung vom 25.03.2003 die Möglichkeit einer innerbetrieblichen Beilegung der Meinungsverschiedenheiten - und dies in absehbarer Zeit - nicht mehr für gegeben hält, so ist seine Annahme eines Scheiterns der Verhandlungen - und die entsprechende Erklärung gegenüber dem Betriebsrat - nicht ohne jeglichen Anlass erfolgt.

Auf die Berechtigung des Verlangens weiterer Auskünfte vom Arbeitgeber kommt es dann auch nicht mehr an, weil diesem Verlangen ja im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens ggf. Rechnung getragen werden kann. Das muss jedenfalls hier gelten, nachdem dem Betriebsrat offensichtlich die Umrisse der fraglichen Betriebsänderung bekannt waren und die Beteiligten sogar schon Entwürfe für Interessenausgleich und Sozialplan ausgetauscht hatten. - Die vom Arbeitgeber erklärte weitere Verhandlungsbereitschaft ebenso wie der Umstand, dass weitere Verhandlungen auch nach Antragstellung beim Gericht stattgefunden haben (sollen), ist nach den oben aufgezeigten Gesichtspunkten unerheblich.

b) Das Scheitern eines innerbetrieblichen Einigungsversuchs ist auch hinsichtlich der Regelung über die Einführung und Anwendung des IT-Systems "wohndata" anzunehmen.

Ersichtlich stand die Einführung und Anwendung dieses Systems in einem Zusammenhang mit der Eingliederung des Betriebs des Arbeitgebers in den Finanzverbund der U A M Holding AG durch Zusammenlegung des Bereichs Bestandsverwaltung mit der bei der D I.

F AG (DIFA) bestehenden Bestandsverwaltung und Betreuung durch die Gebietsleitung der D sowie der Integration des Bereichs Administration (Rechnungswesen, Personalabteilung, allgemeine Verwaltung, IT-Fonds Administration) in die U I Gruppe - eben den Vorgängen, die Gegenstand der Interessenausgleichverhandlungen sein sollen und was die sozialplanpflichtige Betriebsänderung ausmacht. Hierauf lässt der Entwurf vom 21.02.2003 des Arbeitgebers für eine Regelung der Umstellung der IT-Systeme schließen: es ist dort die einheitliche Bearbeitung bestimmter Prozesse durch das System "wohndata" im Rahmen der o.g. Eingliederung angesprochen. Die Fassung des - nicht unterschriebenen - Interessenausgleichs, über deren Wortlaut nach Vortrag des Arbeitgebers die Beteiligten am 15.04.2003 Einvernehmen erzielt haben sollen, bestätigt diese Sicht (siehe Ziffer 7 dieser Fassung). Angesichts dieses engen sachlichen Zusammenhangs mit der hier fraglichen Betriebsänderung durfte der Arbeitgeber ebenso wie für den Interessenausgleich (und die Aufstellung eines Sozialplans) berechtigterweise von einer nicht zügig zu erreichenden Einigung auch für die Einführung und Anwendung des Systems "wohndata" ausgehen.

2.

Eine Sachentscheidung durch Einigungsstellenbildung scheitert auch nicht von vornherein daran, dass das Verfahren durch Einreichung der Antragsschrift vom 26.03.2003 seitens des Arbeitgebers beim Arbeitsgericht bereits eingeleitet wurde, als der Betriebsrat sich zu dem Vorschlag für die Person des Einigungsstellenvorsitzenden noch nicht geäußert hatte, also die in § 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG für die Bestellung des Einigungsstellenvorsitzenden durch das Gericht vorausgesetzte fehlende Einigung über die Person des Einigungsstellenvorsitzenden (noch) nicht vorlag.

a) Dies ist nicht grundsätzlich schädlich.

Denn nach einem allgemein anerkannten Grundsatz des Prozessrechts genügt es an sich, wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Verfahrens am Schluss der mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz vorliegen. Entsprechendes gilt auch für die Begründetheit einer Klage oder eines Antrags betreffend entscheidungserheblicher Tatsachen. - Vorliegend war zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht (08.04.2003) die Uneinigkeit der Beteiligten über die Person des Einigungsstellenvorsitzenden zu Tage getreten: der Betriebsrat hatte mit Schreiben vom 27.03.2003 der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Person widersprochen und seinerseits eine andere Person vorgeschlagen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitsgerichts lag also die in § 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG vorausgesetzte Uneinigkeit schon längst vor.

b) Es bestehen auch keine unbedingt durchgreifenden Bedenken diesen o.g. Grundsatz hier zum Tragen zu bringen und das Vorhandensein der fraglichen Uneinigkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitsgerichts als ausreichend für die Sachentscheidung - Einigungsstellenbildung - anzuerkennen.

Weder der Zweck des Regelungskomplexes zur Bildung von Einigungsstellen (§ 76 Abs. 1, 2 BetrVG, § 98 ArbGG) noch (etwa) der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) noch Interessen der Rechtspflege (vgl. zu diesen Gesichtspunkten: BAG vom 07.05.1986, AP Nr. 18 zu § 103 BetrVG 1972) gebieten, schon die Einleitung des Verfahrens nach § 76 Abs. 2 BetrVG i.V.m. § 98 Abs. 1 ArbGG nur dann für zulässig zu halten, wenn die fragliche Uneinigkeit bereits zu Tage getreten ist und unausgeräumt besteht.

(1) Das gerichtliche Verfahren zur Bildung von Einigungsstellen bezweckt, bei Erfolglosigkeit des innerbetrieblichen Einigungsversuchs, bei dessen Scheitern (siehe dazu schon weiter oben) und bei Uneinigkeit über die Besetzung der Einigungsstelle eine (außerbetriebliche) Konfliktlösungsstelle zur Verfügung zu stellen, damit dort unter Leitung eines neutralen Dritten, des Einigungsstellenvorsitzenden, weiterverhandelt wird und - erforderlichenfalls durch Entscheidung/Spruch der Einigungsstelle - für die hier fragliche Angelegenheit eine Regelung getroffen (oder auch abgelehnt) wird, sie jedenfalls abschließend erledigt wird. Dass dies, die Bildung der Einigungsstelle, schnellstmöglich erfolgen soll, zeigt die auf Beschleunigung angelegte Ausgestaltung dieses Verfahrens durch § 98 ArbGG. Dies wiederum findet seine Erklärung darin, dass der Gesetzgeber offensichtlich von der regelmäßigen Notwendigkeit einer zügigen Behandlung und Erledigung der je fraglichen Angelegenheit ausgeht, deshalb die Verhandlung schnell wieder in Gang gesetzt sehen will, jede weitere Verzögerung der Erledigung ersichtlich zu vermeiden sucht (vgl. LAG Niedersachsen vom 07.12.1998 - 1 TaBV 74/98 -). Dem würde es nicht entsprechen, auch -außer dem fehlenden Scheitern des innerbetrieblichen Einigungsversuchs - schon für die Verfahrenseinleitung selbst ein unbehebbares Hindernis immer darin zu sehen, dass bei Verfahrenseinleitung die Uneinigkeit über die Besetzung der Einigungsstelle (noch) nicht zu Tage getreten ist, diese Uneinigkeit nicht feststeht. Insbesondere erscheint im System der Mitbestimmung, deren Ausübung im Rahmen von zunächst innerbetrieblichen Verhandlungen und dann der Behandlung in der Konfliktlösungsstelle Einigungsstelle auch nicht angelegt, dass die jeweils eine Regelung erstrebende (oder gar auf sie angewiesene) und nach berechtigter Annahme des Scheiterns der innerbetrieblichen Verhandlungen die Einigungsstellenbildung betreibende Seite, bevor sie das Verfahren zur Bildung der Einigungsstelle einleitet, die Stellungnahme der Gegenseite zu ihrem Besetzungsvorschlag abwarten und derart eine weitere Verzögerung in der Erledigung der streitigen Angelegenheit in Kauf nehmen müsste. Insoweit ist auch kein nachvollziehbares, sachliches (Schutz-)Interesse der Gegenseite dahin zu sehen, dass es erst verzögert zur Einleitung des Verfahrens und zur gerichtlichen Bildung der Einigungsstelle kommt.

(2) Aus dem allgemeinen Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit folgt grundsätzlich nichts anderes (vgl. auch Weiss in SAE 87, 62 - Anm. zu BAG vom 07.05.1986). Wegen der vorstehend dargestellten Erwägungen kann aus diesem Gebot jedenfalls nicht ein unbedingtes Hindernis abgeleitet werden, zugleich und unter Umständen eben auch schon vor Stellungnahme der Gegenseite zu einem Besetzungsvorschlag für die zu bildende Einigungsstelle die Einleitung des Verfahrens zur gerichtlichen Bildung der Einigungsstelle vorzunehmen, wenn - wie hier anzunehmen (s.o.) - die innerbetrieblichen Verhandlungen gescheitert sind. Sind die innerbetrieblichen Verhandlungen (ohnehin) gescheitert, steht auch nicht mehr ein "Vorratsbeschluss" in Frage, wenn sogleich das gerichtliche Verfahren zur Bildung der Einigungsstelle eingeleitet wird. Einigen sich noch danach die Beteiligten ober die Besetzung der Einigungsstelle, ist das eingeleitete Verfahren obsolet; es kann für erledigt oder vom Antragsteller Antragsrücknahme erklärt werden. Erfolgt keine Einigung, so hat das Verfahren seinen Sinn und das Gericht wird über die Besetzung der Einigungsstelle zu befinden und sie derart zu bilden haben (wenn dem keine anderen Einwände entgegenstehen - wie etwa und insbesondere auch, dass der innerbetriebliche Einigungsversuch nicht oder noch nicht als gescheitert zu sehen ist).

Ebenso wenig stört und/oder belastet die Verfahrenseinleitung sogleich und die dadurch gegebene Möglichkeit, frühzeitigere Entscheidung über die Bildung der Einigungsstelle die - was für das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit beachtlich sein dürfte - innerbetrieblichen Verhandlungen zwischen den Beteiligten allein in unerträglicher Weise. Denn diese Verhandlungen sind ja bereits gescheitert. Diese objektive Lage schlägt auch hier durch und dies auch im Falle der Weiterführung innerbetrieblicher Verhandlungen (siehe dazu schon weiter oben).

(3) Was schließlich den Gesichtspunkt der Interessen der Rechtspflege angeht, so hält sich die Belastung der Gerichte, wenn sich die Beteiligten tatsächlich noch auf die Besetzung der Einigungsstelle einigen, in vernachlässigenswerten Grenzen (siehe Weiss, a.a.O.). Jedenfalls muss dieser Gesichtspunkt hinter dem Interesse zurücktreten, die sachlichen Meinungsverschiedenheiten bezüglich Regelung der je fraglichen Angelegenheit einer zügigen, endgültigen Erledigung - notfalls durch Entscheidung der Einigungsstelle - zuzuführen.

3.

Da im zweitinstanzlichen Verfahren von keiner Seite Bedenken weder gegen die vom Arbeitsgericht zum Einigungsstellenvorsitzenden bestellte Person noch gegen die vom Arbeitsgericht festgesetzte Zahl der Beisitzer der Einigungsstelle vorgebracht werden, hat es in vollem Umfang bei der Entscheidung des Arbeitsgerichts zu verbleiben.

Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt (§ 98 Abs. 2 Satz 4 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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