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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 23.08.2006
Aktenzeichen: 8 Sa 1744/05
Rechtsgebiete: BGB, InsO, Richtlinie 2001/23/EG


Vorschriften:

BGB § 55 Abs. 1
BGB § 613 a
InsO § 108 Abs. 2
Richtlinie 2001/23/EG Art. 5 Abs. 2 a
1. Die Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern, die sich in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitverhältnisses befinden, gehen gemäß § 613 a BGB auf einen Betriebserwerber über - dies gilt auch dann, wenn über den Betriebsveräußerer ein Insolvenzverfahren eröffnet ist.

2. Auch solche Ansprüche auf Altersteilzeitvergütung die auf Arbeitsleistungen vor Insolvenzeröffnung beruhen, sind von einem Erwerber, der einen Betrieb vom Insolvenzverwalter erwirbt, zu erfüllen, soweit sie nach dem Betriebsübergang fällig werden (Abweichung von BAG v. 19.10.04 9 AZR 645/03).

3. Gegenüber dem Insolvenzverwalter können solche Ansprüche nur als Insolvenzforderung geltend gemacht werden.


Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16.06.2005 - 4 Ca 69/05 - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, über den 01.01.2005 hinaus bis zum 31.07.2006 (Ende der Freistellungsphase der Klägerin) ihre Zahlungsverpflichtungen aus dem Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 12.07.2000, verlängert durch Vereinbarung vom 12.06./24.07.2001 und nochmals verlängert durch Vereinbarung vom 12.12.2002 in voller Höhe zu erfüllen.

2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 3.740,25 EUR (in Worten: Dreitausendsiebenhundertvierzig und 25/100 Euro) brutto abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener 885,30 EUR (in Worten: Achthundertfünfundachtzig und 30/100 Euro) netto zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 31.01.2005.

3. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 3.740,25 EUR (in Worten: Dreitausendsiebenhundertvierzig und 25/100 Euro) brutto abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener 885,30 EUR (in Worten: Achthundertfünfundachtzig und 30/100 Euro) netto zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 28.02.2005.

4. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 3.740,25 EUR (in Worten: Dreitausendsiebenhundertvierzig und 25/100 Euro) brutto abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener 885,30 EUR (in Worten: Achthundertfünfundachtzig und 30/100 Euro) netto zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 31.03.2005.

5. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 3.740,25 EUR (in Worten: Dreitausendsiebenhundertvierzig und 25/100 Euro) brutto abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener 885,30 EUR (in Worten: Achthundertfünfundachtzig und 30/100 Euro) netto zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 30.04.2005.

6. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 3.740,25 EUR (in Worten: Dreitausendsiebenhundertvierzig und 25/100 Euro) brutto abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener 885,30 EUR (in Worten: Achthundertfünfundachtzig und 30/100 Euro) netto zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 31.05.2005.

7. Hinsichtlich der weitergehenden Zinsforderung wird die Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen.

8. Die Klage gegen den Beklagten zu 2) wird abgewiesen.

9. Erstinstanzlichen Kosten: Die Beklagte zu 1) hat 79 % der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. 21 % der Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2), hat die Klägerin zu tragen. Im übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

10. Kosten der Berufung: Die Klägerin trägt 51 % und die Beklagte zu 1) 49 % der Gerichtskosten. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) und 51 % der eigenen außergerichtlichen Kosten, die Beklagte zu 1) trägt die eigenen außergerichtlichen Kosten und 49 % derjenigen der Klägerin.

11. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten der Klägerin während der Freistellungsphase der Altersteilzeit weiterhin die Vergütung zu zahlen haben.

Die am 29. September 1944 geborene Klägerin trat 1985 in die Dienste der A GmbH, der Insolvenzschuldnerin. Mit dieser schloss die Klägerin am 11. Juli 2000 eine Altersteilzeitvereinbarung (Anlage K 6 zur Klageschrift) für die Zeit ab 01.08.2000. Die Parteien vereinbarten ein sog. Blockmodell. Danach betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die Hälfte der bisherigen. Die Arbeitszeit war so zu verteilen, dass sie in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet wird und die Klägerin anschließend entsprechend der erworbenen Zeitguthaben von der Arbeit ohne Arbeitsverpflichtung freigestellt wird (vgl. § 2 der Altersteilzeitvereinbarung, Bl. 74 d.A.). Die Klägerin sollte für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses das Entgelt für Altersteilzeit erhalten, wobei sich Entgeltänderungen auch während der Freistellungsphase auf das Arbeitsentgelt auswirken sollten. Weiter sollte die Klägern Aufstockungszahlungen erhalten, wodurch das Arbeitsentgelt auf mindestens 85% des Nettoarbeitsentgelts ohne Eintritt in die Altersteilzeit aufgestockt werden sollte. Nach mehreren Verlängerungen wurde das Ende des Altersteilzeitverhältnisses auf den 30.07.2006 festgelegt. Bis zum 30.07.2003 arbeitete die Klägerin mit voller Arbeitszeit und trat zum 01.08.2004 in die Freistellungsphase. Am 31.07.2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A GmbH eröffnet und der Beklagte zu 2. zum Insolvenzverwalter bestimmt. Dieser zahlte bis zum 31.12.2004 weiterhin die monatliche Altersteilzeitvergütung von € 3.740,29 brutto. Zum 01. Januar 2005 übernahm die Beklagte zu 1. den Betrieb der Insolvenzschuldnerin. Die Beklagte zu 1. lehnte es ab, der Klägerin Altersteilzeitvergütung zu zahlen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte zu 1. sei verpflichtet, ihr ab Januar 2005 bis zum Ende des Altersteilzeitverhältnisses Altersteilzeitvergütung zu zahlen. Als Betriebsübernehmerin sei die Beklagte zu 1. in die Verpflichtungen aus dem Altersteilzeitverhältnis eingetreten und habe diese zu erfüllen. Soweit das Bundesarbeitsgericht dies anders entschieden habe, verstoße diese Rechtsprechung gegen die den §§ 613 a BGB zugrunde liegenden EG-Richtlinien, zuletzt Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (Richtlinie 2001/23). Art. 5 Abs. 2 dieser Richtlinie erlaube nur, vor dem Übergang bzw. vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällige Verbindlichkeiten des Veräußerers vom Übergang auf diesen auszunehmen, wenn in einem Mitgliedsstaat die Vorschriften über den Betriebsübergang auch während eines Insolvenzverfahrens gegen den Veräußerer gelten. Die nach der Veräußerung an die Beklagte zu 1. fälligen Altersteilzeitvergütungen könnten demnach nicht von der Wirkung des § 613 a BGB ausgenommen werden.

Die Altersteilzeitvergütung sei als Masseforderung anzusehen, die jedenfalls bis Ende Dezember vom Beklagten zu 2. erfüllt wurden. Der Beklagte zu 2. hafte als Gesamtschuldner neben der Beklagten zu 1. Von beiden verlangt sie Zahlung der Altersteilzeitvergütung für die Zeit von Januar 2005 bis Mai 2005 abzüglich Arbeitslosengeldes.

Die Klägerin hat beantragt:

1. festzustellen, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, über den 01. Januar 2005 hinaus bis zum 31. Juli 2006 (Ende der Freistellungsphase der Klägerin) ihre Zahlungsverpflichtungen aus dem Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 12. Juli 2000, verlängert durch Vereinbarung vom 12. Juni/24. Juli 2001 und nochmals verlängert durch Vereinbarung vom 12. Dezember 2002 in voller Höhe zu erfüllen;

2. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin gesamtschuldnerisch € 3.740,25 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 31.01.2005, abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener € 885,30 netto zu zahlen;

3. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin gesamtschuldnerisch € 3.740,25 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 28.02.2005, abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener € 885,30 netto zu zahlen;

4. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin gesamtschuldnerisch € 3.740,25 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 31.03.2005, abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener € 885,30 netto zu zahlen;

5. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin gesamtschuldnerisch € 3.740,25 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 30.04.2005, abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener € 885,30 netto zu zahlen;

6. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin gesamtschuldnerisch € 3.740,25 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 31.05.2005, abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener € 885,30 netto zu zahlen.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ihre Haftung als Betriebsübernehmerin sei nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen eingeschränkt. Die Ansprüche auf die Altersteilzeitvergütung für die Freistellungsphase sei in den Diensten der Klägerin für die Insolvenzschuldnerin entstanden. Es handele sich dabei um Insolvenzforderungen und keine Masseverbindlichkeiten.

Der Beklagte zu 2. vertritt ebenfalls diese Rechtsauffassung. Da es sich um keine Masseverbindlichkeiten handele, könne er nicht zur Zahlung verurteilt werden. Die Zahlung von Altersteilzeitvergütung nach Insolvenzeröffnung sei letztlich rechtsgrundlos erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen mit Urteil vom 16. Juni 2005, auf das Bezug genommen wird.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Wegen der für die Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf das Protokoll der Sitzung vom 28. Juni 2006 (Bl. 296 d.A.) verwiesen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Nach Rücknahme zwischenzeitlicher Klageerweiterungen beantragt die Klägerin:

1. Festzustellen, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, über den 01. Januar 2005 hinaus bis zum 31. Juli 2006 (Ende der Freistellungsphase der Klägerin) ihre Zahlungsverpflichtungen aus dem Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 12. Juli 2000, verlängert durch Vereinbarung vom 12. Juni/24. Juli 2001 und nochmals verlängert durch Vereinbarung vom 12. Dezember 2002 in voller Höhe zu erfüllen;

2. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin gesamtschuldnerisch € 3.740,25 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 31.01.2005, abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener € 885,30 netto zu zahlen;

3. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin gesamtschuldnerisch € 3.740,25 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 28.02.2005, abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener € 885,30 netto zu zahlen;

4. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin gesamtschuldnerisch € 3.740,25 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 31.03.2005, abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener € 885,30 netto zu zahlen;

5. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin gesamtschuldnerisch € 3.740,25 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 30.04.2005, abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener € 885,30 netto zu zahlen;

6. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin gesamtschuldnerisch € 3.740,25 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus diesem Betrag, beginnend mit dem 31.05.2005, abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit erhaltener € 885,30 netto zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die Klage gegen die Beklagte zu 1. ist begründet, die Leistungsklage gegen den Beklagten zu 2. ist unzulässig.

I.

Die Beklagte zu 1. ist verpflichtet, der Klägerin ab Januar 2005 bis zum Ende des Altersteilzeitverhältnisses die Altersteilzeitvergütung gemäß dem Altersteilzeitvertrag vom 12. Juli 2000 zu leisten. Sie hat der Klägerin ab Januar 2005 bis einschließlich Mai 2005 monatlich € 3.740,25 brutto abzüglich der von der Bundesagentur für Arbeit gezahlten € 885,30 netto an die Klägerin zu zahlen.

1.

Die Beklagte ist zur Erfüllung des zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin im Jahr 2000 geschlossenen Altersteilzeitvertrags verpflichtet gem. § 613 a Abs. 1 BGB. Danach tritt der Übernehmer eines Betriebes in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die Beklagte zu 1. hat den Betrieb der Insolvenzschuldnerin aufgrund Vertrages mit dem Beklagten zu 2. zum 01.01.2005 übernommen. In diesem Betrieb war die Klägerin als Arbeitnehmerin beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete auch nicht mit Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Rechtsverhältnisse in Altersteilzeit sind Arbeitsverhältnisse, für die die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen gelten, soweit sich aus dem Recht der Altersteilzeit nichts anderes ergibt (BAG vom 19.10.2004 - 9 AZR 947/03 - BAGE 112, 214 - 222 = AP Nr. 5 zu § 55 InsO mit Anm. Hanau; vom 27.04.2004 - 9 AZR 18/03). Mit der Übernahme des Betriebes ist damit das Arbeitsverhältnis der Klägerin gem. § 613 a BGB mit allen bestehenden vertraglichen Rechten und Pflichten auf die Beklagte zu 1. übergegangen.

2.

Daran ändert der Umstand nichts, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs sich bereits in der Freistellungsphase befand, sie im Betrieb nicht mehr arbeitete, weil sie aufgrund des Altersteilzeitvertrages von der Arbeit freigestellt war. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 09. Oktober 2004 - 9 AZR 645/03 - NZA 2005, S. 527 offen gelassen, ob ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf den Betriebsübernehmer übergeht, wenn der Arbeitnehmer sich zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits in der Freistellungsphase befand (ablehnend: Hanau, RdA 2003, S. 230, 231; Sieg/Waschmann, Unternehmensumstrukturierung aus arbeitsrechtlicher Sicht, 2005, Rn 111). Es besteht allerdings kein Grund, Arbeitsverhältnisse, bei denen die Arbeitspflicht aufgrund eines Altersteilzeitvertrages ruht, von der Anwendung des § 613 a BGB auszunehmen. Diese Vorschrift bezieht sich ohne Einschränkung auf die im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse. Es ist nicht Voraussetzung, dass bis zum Zeitpunkt des Übergangs eine Arbeitspflicht besteht oder der Arbeitnehmer einen bestimmten Arbeitsplatz im Betrieb hat. Hinsichtlich der Elternzeit hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 02.12.1999 (NZA 2000 S. 369) zutreffend festgestellt, dass trotz Ruhens der Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis dieses bei einem Betriebsinhaberwechsel übergeht. Für die sonstigen Fälle, in denen die Arbeitsverpflichtung ruht, ist nicht umstritten, dass § 613 a BGB anzuwenden ist. So gehen auch die Arbeitsverhältnisse über, bei denen die Arbeitsverpflichtung rückt sei es kurzzeitig wie bei Urlaub, Beschäftigungsverboten wegen Schwangerschaft, Kurzerkrankungen und sonstigen Freistellungen oder langfristig bei lang andauernden Erkrankungen, der Freistellung von Betriebsratsmitgliedern, langfristigen Freistellungen, unbezahlter Urlaub. Es ist auch kein sachlicher Grund erkennbar, wieso dies anders sein sollte. Die Richtlinie 77/187/EWG vom 14. Februar 1977, auf der § 613 a BGB beruht, benennt ganz allgemein als Zweck seiner Bestimmungen die Arbeitnehmer bei einem Inhaberwechsel zu schützen und insbesondere die Wahrung ihrer Ansprüche zu gewährleisten. Im Hinblick darauf ergibt sich kein Unterschied, ob die Arbeitsverpflichtungen des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt des Übergangs kurzfristig, langfristig oder auf Dauer ruht. Das Altersteilzeitverhältnis der Klägerin und die Verpflichtungen daraus sind somit gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB zum 01. Januar 2005 auf die Beklagte übergegangen.

3.

Die Ansprüche auf die in der Altersteilzeitvereinbarung geregelten Leistungen scheitert auch nicht an insolvenzrechtlichen Einschränkungen der Haftung, weil der Betrieb in der Insolvenz erworben wurde.

a)

Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 19. Oktober 2004 (9 AZR 645/0 a.a.O.) entschieden, dass sich aus den Verteilungsgrundsätzen des Insolvenzrechts ergäbe, dass die Ansprüche auf Altersteilzeitvergütung während der Freistellungsphase Insolvenzforderungen seien, soweit sie auf Arbeitsleistungen vor Insolvenzeröffnung beruhen und diese nicht auf den Betriebserwerber übergingen.

b)

Einer derartigen Einschränkung der Haftung nach § 613 a Abs. 1 BGB steht jedoch Art. 5 Abs. 2 a der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 entgegen.

Dort ist bestimmt:

"Artikel 5

1. Sofern die Mitgliedstaaten nichts anderes vorsehen, gelten Artikel 3 und 4 nicht für Übergänge von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen, bei denen gegen den Veräußerer unter der Aufsicht einer zuständigen öffentlichen Stelle (worunter auch ein von einer zuständigen Behörde ermächtigter Insolvenzverwalter verstanden werden kann) ein Konkursverfahren oder ein entsprechendes Verfahren mit dem Ziel der Auflösung des Vermögens des Veräußerers eröffnet wurde.

2. Wenn die Artikel 3 und 4 für einen Übergang während eines Insolvenzverfahren gegen den Veräußerer (...) gelten und dieses Verfahren unter der Aufsicht einer zuständigen öffentlichen Stelle (... auch Insolvenzverwalter) steht, kann ein Mitgliedstaat vorsehen, dass:

a) ungeachtet des Artikels 3 Abs. 1 die vor dem Übergang bzw. vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fälligen Verbindlichkeiten des Ver€äußerers aufgrund von Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen nicht auf den Erwerber übergehen, sofern dieses Verfahren nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaates einen Schutz gewährt, der dem von der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20.10.1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vorgesehenen Schutz zumindest gleichwertig ist, und/oder

b) ..."

Die Richtlinie bestimmt somit in Artikel 5 Abs. 1, dass die Vorschriften über die Wahrung der Ansprüche und Rechte der Arbeitnehmer in Art. 3 Abs. 1 grundsätzlich nicht für Betriebsübergänge im Insolvenzverfahren gelten, sofern die Mitgliedstaaten nichts anderes vorsehen. In Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie ist geregelt, dass die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis aufgrund des Übergangs auf den Erwerber übergehen. In der Bundesrepublik Deutschland gilt die den Art. 3 und 4 entsprechende Vorschrift des § 613 a BGB auch beim Betriebsübergang in der Insolvenz (vgl. BAG, a.a.O., ständige Rechtsprechung seit BAG vom 17. Januar 1980 - 3 AZR 160/79 - AP Nr. 18 zu § 613 a BGB). Gemäß Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie kann in diesem Fall ein Mitgliedsstaat vorsehen, dass ungeachtet des Art. 3 Abs. 1 die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fälligen Verbindlichkeiten des Veräußerers nicht auf den Erwerber übergehen. Die Richtlinie gestattet mithin nur, vor Eröffnung des Insolvenzverfahren oder des Betriebsübergangs fällige Verbindlichkeiten vom Übergang auf den Erwerber auszunehmen. Die Ausnahmen von den Art. 3 und 4 der Richtlinie, die den Mitgliedstaaten gestattet sind, zählt Art. 5 Abs. 2 a) und b) einzeln auf. Danach können Verbindlichkeiten des Veräußerers die vor dem Übergang entstanden nicht vom Übergang ausgenommen werden. Nur für früher fällige Ansprüche ist dies gestattet. Die Richtlinie nennt ausdrücklich nur fällige Verbindlichkeiten. Sie zählt die Ausnahmen einzeln auf. Ansprüche auf Altersteilzeitvergütung während der Freistellungsphase werden - unabhängig davon, dass sie in der Arbeitsphase entstanden sein mögen - monatlich während der Freistellungsphase fällig. Soweit sie nach dem Betriebsübergang fällig werden, erlaubt Art. 5 Abs. 2 a) der Richtlinie nicht, sie vom Übergang auszunehmen.

c)

Das deutsche Insolvenzrecht ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass bei einem Betriebsübergang in der Insolvenz nur bis dahin fällige, nicht aber alle vor Insolvenzeröffnung entstandene Verbindlichkeiten aus Arbeitsleistung vom Übergang auszunehmen sind. Das Bundesarbeitsgericht hat Ansprüche auf Altersteilzeitvergütung während der Freistellungsphase vom Übergang bei einer Betriebsveräußerung im Konkurs ausgenommen, soweit die Arbeit dafür vor Konkurseröffnung geleistet worden war. Es hat dies mit den Verteilungsgrundsätzen des Insolvenzverfahrens begründet, auf die sich die zugrunde liegende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17.01.1980 (3 AZR 160/79 - BAGE 32, 326) hinsichtlich betrieblicher Altersversorgung bezog. Es kann dahinstehen, ob dem zu folgen ist. Jedenfalls lassen sich diese Verteilungsgrundsätze und die Vorschriften der Insolvenzordnung auch dahin auslegen, dass nach Betriebsübergang fällige Altersteilzeitvergütung in der Freistellungsphase auf den Betriebserwerber übergehen. Es besteht keine gesetzliche Vorschrift des deutschen Rechts, die das ausdrücklich ausschlösse. Vielmehr beruht dieser Ausschluss auf der Auslegung der gesetzlichen Vorschriften durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Vorinstanzen waren hinsichtlich der den Urteilen des BAG vom 19. Oktober 2004 zugrunde liegenden Sachverhalte zu anderen, mit der Richtlinie zu vereinbarenden Ergebnissen gekommen. Es erscheint durchaus mit dem deutschen Insolvenzrecht als vereinbar, die Pflichten aus Altersteilzeitverhältnissen auf einen Betriebserwerber übergehen zu lassen. Dies mag zwar zu einer Erlösschmälerung hinsichtlich des zu veräußernden Betriebes führen. Dies gilt aber nur dann, wenn entgegen den gesetzlichen Vorgaben eine Sicherung der Verpflichtungen für die Freistellungsphase durch die Insolvenzschuldnerin zuvor unterblieben war. Besteht nämlich eine solche Sicherung, muss der Übernehmer keine Kosten für freigestellte Arbeitnehmer in der Altersteilzeitphase befürchten oder er kann davon freigestellt werden. Ist eine solche Sicherung aber unterblieben, sind die entsprechenden Mittel dem Vermögen der Insolvenzschuldnerin verblieben und können insoweit auch den anderen Insolvenzgläubigern zugute kommen. Dass ein Übernehmer auch in der Insolvenz Arbeitnehmer übernehmen muss, die aufgrund von Freistellungen oder Krankheit nicht arbeiten ist unumstritten. Auch dies erschwert die Übertragung von Betrieben. Schließlich besteht ein entscheidender Unterschied zur Problematik aufgrund deren der 3. Senat mit seiner Entscheidung vom 17.01.1980 (BAGE 32, S. 326 ff.) die insolvenzrechtliche Einschränkung des Übergangs von Anwartschaften auf Betriebsrente im Konkurs begründete. Hinsichtlich dieser Anwartschaften sind die Arbeitnehmer gesetzlich geschützt nach § 7 BetrAVG durch die Haftung des Pensionssicherungsvereins. Zum anderen betreffen die Richtlinien zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen nicht die Rechte der Arbeitnehmer auf Leistungen bei Alter, bei Invalidität oder für Hinterbliebene aus betrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen (Art. 4 a) der Richtlinie vom 12. März 2001, Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie von 1977).

d)

Da das deutsche Recht jedenfalls eine Auslegung zulässt, die nicht im Widerspruch steht zu Art. 5 Abs. 2 a) der Richtlinie, ist dieser der Vorzug zu geben. Das hat der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung begründet (EuGH, Urteil vom 13.11.1990 - Rs. C-106/89, Slg. 1990, I-4135-Marleasing) und ist in der deutschen Rechtsprechung anerkannt (vgl. nur BAG vom 02.04.1996 - 1 ABR 47/95 - BAGE 82, 349, 361; Kerber, Das europäische Gemeinschaftsrecht und die Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte, 2003, § 5).

§ 613 a Abs. 1 BGB ist somit dahin auszulegen, dass die nach einem Betriebsübergang fälligen Ansprüche auch aus einem Altersteilzeitverhältnis in der Ruhensphase vom Betriebsübernehmer zu erfüllen sind.

4.

Die Beklagte zu 1., auf die das Altersteilzeitverhältnis der Klägerin durch den Betriebsübergang zum 01. Januar 2005 übergegangen ist, hat demnach die ab diesem Zeitpunkt fälligen Ansprüche der Klägerin zu erfüllen die sie mit ihrer Klage geltend gemacht hat und bleibt dazu bis zum 31. Juli 2006 verpflichtet.

II.

1.

Die Klage gegen den Beklagten zu 2. ist unzulässig. Der Beklagte zu 2. haftet zwar gem. § 613 a Abs. 2 Satz 1 BGB bis Ende 2005 noch neben der Beklagten zu 1. für Verpflichtungen aus dem Altersteilzeitvertrag. Gegenüber dem Beklagten zu 2. handelt es sich dabei aber um Insolvenzforderungen, die nur nach den Vorschriften der Insolvenzordnung, d.h. durch Anmeldung zur Tabelle und nicht durch Zahlungsklage geltend gemacht werden können (§ 87, 174 InsO). Die Ansprüche auf Altersteilzeitvergütung während der Freistellungsphase sind nämlich keine Masseforderungen, die in der Arbeitsphase vor Insolvenzeröffnung erarbeitet wurden. Das ergibt sich aus den §§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO, § 108 Abs. 2 InsO. Das hat das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden (vgl. BAG vom 23.02.2005 - 10 AZR 600/03 - AP Nr. 1 zu § 108 InsO; BAG vom 19.10.2004 - 9 AZR 647/03 - AP Nr. 5 zu § 55 InsO). Die Kammer folgt dieser Rechtsprechung. Die während der Freistellungsphase zu zahlende Altersteilzeitvergütung ist Entgelt für die über die verringerte Arbeitszeit hinausgehende Arbeit. Lediglich die Fälligkeit ist hinausgeschoben und die Berechnung in einer für Altersteilzeitverhältnisse typischen Weise modifiziert. Auch die Veränderungen in der Freistellungsphase, die sich daraus ergeben können, dass die Altersteilzeitvergütung an einen Tarifvertrag gebunden ist, können als Folge der aufgeschobenen Zahlung - gewissermaßen Verzinsung - angesehen werden. Die Altersteilzeitvergütung in der Freistellungsphase ist damit für die Zeit, in der gearbeitet wurde, geschuldet und wird nur später fällig. Damit ist sie insolvenzrechtlich als Insolvenzforderung und nicht als Masseverbindlichkeit anzusehen, soweit die Arbeitsleistung vor Insolvenzeröffnung erfolgte.

2.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Vorschriften über die Auswirkungen einer Betriebsübernahme auf die betroffenen Arbeitsverhältnisse. Sie besagen nichts darüber, wie Arbeitnehmeransprüche in der Insolvenz zu behandeln sind. Sie zwingen insbesondere nicht dazu, Forderungen, die nach dem Insolvenzrecht als Insolvenzforderungen zu betrachten sind, im Insolvenzverfahren deshalb anders zu behandeln, weil ein Betriebsübergang stattgefunden hat. Es bestehen auch keine Bedenken, den gleichen Anspruch, der gegen den Betriebsübernehmer ein Zahlungsanspruch ist im Insolvenzverfahren als Insolvenzforderung zu behandeln. Der Anspruch bzw. die Haftung für diese bleibt die gleiche. Das Insolvenzverfahren sieht lediglich eine besondere Form der Geltendmachung und der Befriedigung vor. So kann der Anspruch auf Altersteilzeitvergütung gegen den Betriebsübernehmer bei dessen Insolvenz wiederum als Insolvenzforderung geltend zu machen sein, während bei einer Quote von 100% der Anspruch aus einer Haftung nach § 613 a Abs. 2 BGB vom veräußernden Insolvenzverwalter vollständig zu erfüllen wäre.

III.

Die Kosten sind im Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens unter Berücksichtigung der Klagerücknahme verteilt.

Die Revision war schon wegen der aufgezeigten Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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