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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 27.06.2007
Aktenzeichen: 8 Sa 234/06
Rechtsgebiete: BetrAVG, VVG


Vorschriften:

BetrAVG § 1
VVG § 16
VVG § 17
1) Der Rücktritt der von einer Unterstützungskasse eingeschalteten Rückdeckungsversicherung berührt grundsätzlich nicht die Ansprüche des Arbeitnehmers gegen die Unterstützungskasse.

2) Zum Rücktritt nach §§ 16, 17 VVG.

3) Der behandelnde Arzt kann als sachverständiger Zeuge zur Berufsunfähigkeit vernommen werden. Darüber hinaus ein medizinisches Gutachten einzuholen ist nicht zwingend.


Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Marburg vom 14.12.2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte an den Kläger eine Berufsunfähigkeitsversorgung zu zahlen hat.

Der Beklagte ist als rechtlich selbstständige Unterstützungskasse mit der Abwicklung betrieblicher Altersversorgung betraut. Die Arbeitgeberin des Klägers, die A GmbH ist ihm als eines der Trägerunternehmen angeschlossen und gehört zum Fachverband der B Unterstützungskassen für Kunden e.V.

Nach dem Leistungsplan des Beklagten gewährt dieser u. a. Berufsunfähigkeitsversorgung bei Berufsunfähigkeit im Sinne der "Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" von B Leben. Dort ist in § 2 (2) bestimmt:

"Ist die versicherte Person ununterbrochen wenigstens 6 Monate infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls mindestens zu 50% außer Stande gewesen, ihrem zuletzt bei Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübten Berufs - so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgestaltet war - nachzugehen, so gilt dieser Zustand von Beginn an als Berufsunfähigkeit."

Zur Finanzierung der Versorgungsleistungen schloss der Beklagte bei der B Lebensversicherungs AG eine Rückdeckungsversicherung ab. Dieser lag ein Antrag des Beklagten vom 21. September 2001 zugrunde, in dem auch Erklärungen des Klägers als versicherter Person enthalten sind. Die Frage "Bestehen Gesundheitsstörungen, körperliche oder geistige Schäden, chronische Leiden oder Unfallfolgen?" verneinte der Kläger. Untersuchungen bei seinem Hausarzt Dr. C sind mit dem Vermerk "Routine ohne Befund" angegeben. In dem Antrag ist weiter als besondere Vereinbarung aufgeführt, dass die für den Kläger bei eben dieser Lebensversicherung seit dem 02.11.1998 bestehende kapitalbildende Lebensversicherungen mit Berufsunfähigkeitsversicherung, die vom gleichen Vermittler wie die Rückdeckungsversicherung vermittelt worden war, beitragsfrei gestellt wurde.

Der am 26. Dezember 1964 geborene Kläger ist Arbeitnehmer der A GmbH CNC-Dreh- und Frästechnik. Nach Ausbildung zum Maschinenbauer arbeitete er seit 1986 als CNC-Fachkraft bei der A GmbH bzw. deren Rechtsvorgängerin bis zum 30. September 2003. Ab da wurde dem Kläger von seinem Arzt Dr. C Arbeitsunfähigkeit bescheinigt.

Mit Antrag vom 31. März 2004 meldete der Kläger bei der Beklagte Ansprüche auf Berufsunfähigkeitsleistungen an. Die B Lebensversicherungs AG erklärte mit Schreiben vom 22. Februar 2005 gegenüber dem Beklagten, dass sie von der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zurücktrete. Sie begründete dies damit, dass Gesundheitsstörungen bzw. ärztliche Behandlungen verschwiegen worden seien, die bereits bei Antragstellung für die Versicherung bestanden bzw. stattgefunden hätten. Der Beklagte verweigerte darauf Leistungen der Berufsunfähigkeitsversorgung.

Der Kläger verlangt vom Beklagten monatliche Berufsunfähigkeitsrente in unstreitiger Höhe für die Zeit vom 01. Oktober 2003 bis Ende November 2005.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei seit 01. Oktober 2003 berufsunfähig. Seit dieser Zeit sei er mindestens zu 50% außer Stande, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als CNC-Fräser auszuüben. Er leide an massiven Myalgien (Muskelschmerzen), zunehmender Abgeschlagenheit und Müdigkeit, Brennen der Augen, Anschwellen der Augenlider und Tränensäcke, starken Schmerzen in den Gelenken, Gelenksteife und ekzematösen Hautveränderungen. Er geht davon aus, dass dies durch den beruflich bedingten ständigen Kontakt mit Bormilchsäure ausgelöst worden sei. Aufgrund dieser Krankheit sei er nicht mehr in der Lage gewesen, seinen Berufs als CNC-Fräser auszuüben. Dazu gehöre das Ein- und Ausspannen von Werkstücken. Dazu sei er nicht mehr in der Lage.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 11.853,44 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je € 450,00 (in Worten: Vierhundertfünfzig und 00/100 Euro) seit dem 01. November 2003 und 01. Dezember 2003, aus je € 454,50 (in Worten: Vierhundertvierundfünfzig und 50/100 Euro) seit dem 01. Januar, 01. Februar, 01. März, 01. April, 01. Mai, 01. Juni, 01. Juli, 01. August, 01. September, 01. Oktober, 01. November und 01. Dezember 2004 und aus je € 459,04 (in Worten: Vierhundertneunundfünfzig und 04/100 Euro) seit dem 01. Januar, 01. Februar, 01. März, 01. April, 01. Mai, 01. Juni, 01. Juli, 01. August, 01. September, 01. Oktober und 01. November 2005 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, er sei zur Leistung schon deshalb nicht verpflichtet, weil die B Lebensversicherungs AG wirksam von der Berufunfähigkeitszusatzversicherung zurückgetreten sei. Ihre Leistungsverpflichtung entfalle nach dem Leistungsplan, wenn keine Leistungspflicht der Rückdeckungsversicherung, d.h. der B Lebensversicherungs AG bestehe. Das ergebe sich aus dem Leistungsplan, wo es heißt:

"Werden aufgrund einer vom Versicherer verlangten Gesundheitsprüfung für die versicherten Leistungen Einschränkungen oder Kürzungen erforderlich, so werden die Versorgungsleistungen entsprechend gemindert."

Die B Lebensversicherungs AG sei auch zum Rücktritt berechtigt gewesen. Aus verschiedenen Arztberichten ergebe sich, dass beim Kläger erstmals im Jahr 2000 Schmerzen in den Handgelenken, Armen und Beinen sowie Hautveränderungen aufgetreten seien bzw., dass ab dem Jahr 2001 eine regelmäßige, auch in Ruhe festzustellende Bewegungseinschränkung mit Steifigkeit sämtlicher Fingergelenke beidseits, der Handgelenke bis zum Ellenbogengelenk sowie an den Fußgelenken bzw. den Sprunggelenken eingetreten sei. Diese Gesundheitsstörungen habe der Kläger im Versicherungsantrag des Beklagten vom 21.09.2001 verschwiegen. Hätte der Kläger dies nicht verschwiegen, wäre der Versicherungsvertrag nicht ohne Einschränkungen abgeschlossen worden.

Der Beklagte hat weiter bestritten, dass der Kläger berufsunfähig im Sinne der Versicherungsbestimmungen ist.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Rücktritt sei jedenfalls verfristet gewesen. Über die Schmerzen in Handgelenken und Fingergelenken habe er sich keine Gedanken gemacht und sie auf sportliche Betätigungen zurückgeführt. Die B Lebensversicherungs AG könne sich jedenfalls nicht auf Verletzung vorvertraglicher Anzeigenpflichten berufen, da die jetzige Regelung einer betrieblichen Altersversorgung mit Rückdeckungsversicherung auf Anraten des Versicherungsvertreters der B Lebensversicherungs AG erfolgt sei und faktisch die seit 1998 bestehende Kapital bildende Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgelöst habe. Wäre 2001 die Unterstützungskassenversorgung wegen Ablehnung der Rückdeckungsversicherung nicht zustande gekommen, wäre die ursprüngliche Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsversicherung weiter gelaufen und die B Lebensversicherungs AG wäre zur Zahlung verpflichtet geblieben.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben mit Urteil vom 14. Dezember 2005, auf das verwiesen wird. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten. Wegen der für die Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf das Protokoll vom 04. Oktober 2006 (Bl. 392 d. A.) verwiesen.

Der Beklagte bestreitet weiterhin, dass der Kläger bedingungsgemäß berufsunfähig geworden sei. Dies habe nur unter Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens entschieden werden können. Es fehle bereits an einer konkreten Arbeitsbeschreibung des Klägers mit den regelmäßig anfallenden Tätigkeiten. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Beklagte die Tätigkeit des Klägers insgesamt und bezüglich jeder Einzelheit mit Nichtwissen bestritten habe. Die Erkrankung und Berufsunfähigkeit des Klägers könne auch nicht aus den vom Kläger zu den Akten gereichten ärztlichen Befunden und Stellungnahmen entnommen werden, da diese nichts weiter als qualifizierter Parteivortrag seien. Der Beklagte habe auch diesen Vortrag zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten.

Der Rücktritt der Rückdeckungsversicherung sei auch fristgerecht erfolgt, da dieser erst am 08. Februar 2005 sichere und zuverlässige Kunde von der Obliegenheitsverletzung des Klägers gehabt habe. Auch die erforderliche Kausalität zwischen Obliegenheitsverletzungen und Abschluss des Versicherungsvertrags bestehe.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Dr. C, D und E, die unvereidigt blieben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 27. Juni 2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger die eingeklagte Berufsunfähigkeitsrente zu zahlen. Der Beklagte ist dazu als Unterstützungskasse nach seinem Leistungsplan verpflichtet unbeschadet des Ausschlusses eines Rechtsanspruchs in seiner Satzung. Der Beklagte ist von seiner Leistungspflicht auch nicht durch den Rücktritt der Rückdeckungsversicherung frei geworden. Der Kläger ist berufsunfähig im Sinne der Satzung des Beklagten.

1.

Der Ausschluss des Rechtsanspruchs auf Leistungen in der Satzung des Beklagten hindert nicht, dass der Kläger von diesem Berufsunfähigkeitsversorgung verlangen kann. Dieser Ausschluss des Rechtsanspruchs (§ 1 b Abs. 4 Satz 1 BetrAVG) ist historisch und aufsichtsrechtlich bedingt. Dadurch wird lediglich die Aufsichtsbefugnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (früher Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen) ausgeschlossen. Der Arbeitnehmer eines Trägerunternehmens hat nach vom Bundesverfassungsgericht bestätigter Rechtsprechung des BAG gegen die Unterstützungskasse Anspruch auf die in ihrem Leistungsplan vorgesehene Versorgung (BAG vom 18.04.1989 - 3 AZR 299/87 - zu B. 1. d. Gr. - AP Nr. 23 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen; Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Kommentar, Rz 197; ErfK-Steinmeyer, § 1 b BetrAVG Rz 67, jeweils m. w. N.).

2.

Ein Anspruch des Klägers ist auch nicht durch den Rücktritt der Rückdeckungsversicherung ausgeschlossen.

a) Der Rücktritt der Rückdeckungsversicherung berührt das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten nicht. Genauso wenig wie der Kläger Ansprüche gegen den Rückdeckungsversicherer hat, berührt es seinen Anspruch gegen den Beklagten, wenn dieser vom Rückdeckungsversicherer keine Leistungen verlangen kann. Die Rechtsverhältnisse zwischen dem Beklagten und dem Kläger und dem Beklagten und der Rückdeckungsversicherung sind getrennt zu behandeln. Der Beklagte erfüllt als vom Arbeitgeber eingeschaltete Unterstützungskasse dessen Versorgungszusage. Die Rückdeckungsversicherung ist lediglich ein Instrument, die Erfüllung dieser Versorgungszusage zu finanzieren oder zu sichern (so auch LAG Hamm vom 06.09.2006 - 6 Sa 1430/05).

b) Selbst wenn ein Rücktritt des Rückversicherers auf die Verpflichtung der beklagten Unterstützungskasse durchschlagen könnte, fehlte es jedenfalls an einem wirksamen Rücktritt. Dabei kann zugunsten des Beklagten unterstellt werden, dass die Rücktrittserklärung in der Frist des § 20 VVG erfolgte.

Es fehlt an einem Rücktrittsgrund.

Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 VVG kann der Versicherer zurücktreten, wenn die Anzeige eines erheblichen Umstandes unterblieb oder - nach § 17 VVG - wenn über einen erheblichen Umstand eine unrichtige Anzeige gemacht wurde.

Zugunsten des Beklagten kann unterstellt werden, dass objektiv bereits im Jahr 2000 eine Erkrankung vorlag.

Es bestand aber keine Anzeigepflicht für die vom Kläger in den Anamnesen ab dem Jahr 2003 angegebenen gelegentlichen Schmerzen. Die Frage nach Gesundheitsstörungen erfasst nur solche Gesundheitsbeeinträchtigungen, die nicht offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen (BGH vom 02.03.1994 - IV ZR 99/93 - VersR 1994, 711). Gelegentlich auftretende Muskel- oder Gelenkschmerzen, wegen derer ein Arzt nicht aufgesucht und die keiner Behandlung unterzogen werden, sind offensichtlich belanglos. Wenige Menschen dürften sich so glücklich schätzen, im Laufe eines Jahres niemals Schmerzen gehabt zu haben (vgl. dazu näher LAG Hamm vom 06. September 2006). Wenn der Kläger gelegentlich auftretende Schmerzen, die er selbst auf sportliche Betätigungen zurückführte, im Nachhinein und Jahre später in Zusammenhang brachte mit einer nunmehr aufgetretenen ernsthaften Erkrankung, ändert das daran nichts. Entscheidender Zeitpunkt ist der September 2001, als der Kläger den Antrag ausfüllte. Damals lag lediglich eine belanglose Befindlichkeitsstörung vor.

Schließlich würde im vorliegenden Fall auch nicht die Erheblichkeitsvermutung des § 16 Abs. 1 Satz 3 VVG eingreifen. Diese greift schon dann nicht ein, wenn es sich um das erstmalige Auftreten von Beschwerden handelt, die nach kurzer ärztlicher Behandlung weitere ärztliche Maßnahmen nicht veranlasst haben (BGH vom 07.07.1993 - IV ZR 119/92 - RuS 1993, 393).

Die Rückdeckungsversicherung hat nicht dargetan, dass sie nach ihren Risikoprüfungsgrundsätzen allein bei der Angabe gelegentlicher Muskel- und Gelenkschmerzen ohne ärztliche Behandlung den Vertragsschluss abgelehnt oder den Vertrag zumindest zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte.

Schließlich fehlte es an einem Verschulden des Klägers. Der Kläger konnte gelegentlich auftretende Schmerzen und Abgeschlagenheit für unerheblich halten (vgl. auch Brandenburgisches Oberlandesgericht vom 07.09.2006). Befindlichkeitsstörungen wie gelegentliche Muskel- und Gelenkschmerzen und Abgeschlagenheit konnte der Kläger für völlig unerheblich halten, insbesondere als er wegen dieser niemals krankgeschrieben war und sich niemals in ärztlicher Behandlung befunden hatte.

3.

Der Kläger ist auch berufsunfähig im Sinne der "Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" der Rückdeckungsversicherung Gerling-Leben, auf die der Leistungsplan des Beklagten verweist. Danach liegt Berufsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person ununterbrochen wenigstens 6 Monate infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls mindestens zu 50% außer Stande gewesen ist, ihrem zuletzt bei Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübten Beruf - so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgestaltet war - nachzugehen. In diesem Fall gilt dieser Zustand von Beginn an als Berufsunfähigkeit.

Das Gericht ist unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger seit dem 30. September 2003 ununterbrochen seit wenigstens 6 Monaten und noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung infolge Krankheit außer Stande gewesen ist, sein zuletzt bei Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübten Beruf als CNC-Fräser nachzugehen. Das Gericht ist von der Wahrheit der auch in der letzten mündlichen Verhandlung wiederholten Behauptung des Klägers überzeugt, dass er krankheitsbedingt seiner Arbeit als CNC-Fräser nicht mehr nachgehen kann. Dies wird bestätigt durch die Beweisaufnahme und die von der Beklagten selbst vorgelegten ärztlichen Befunde, nämlich des Dr. F vom 05. November 2003, des Priv. Doz. Dr. G von der Philipps-Universität Marburg vom 23.12.2003, des endgültigen Arztbriefes desselben vom 19. Januar 2004, des Schreibens des Dr. C vom 02. April 2004, des Sozialmedizinischen Gutachtens der MDK in Hessen vom 14.04.2004, des Wissenschaftlichen fachärztlichen Gutachtens des Priv. Doz. Dr. H vom 26.10.2004.

Die Vernehmung der Zeugen D und E haben ergeben, dass der Kläger seit Jahren und bis 2003 als CNC-Fräser gearbeitet hat und hierbei immer wieder mit Bormilch in Kontakt kam und bei seiner Tätigkeit mit nicht unbeträchtlichen Kraftaufwand sowohl Werkzeuge wie Werkstücke in Maschinen einspannen musste und zu Letzterem Ende September 2003 vielfach nicht mehr in der Lage war und ihm geholfen werden musste. Beide Zeugen haben weiter bekundet, dass das Einspannen den allergrößten Teil der Tätigkeit ausmachte. Zu Zweifeln an der Glaubhaftigkeit und der Glaubwürdigkeit dieser Aussagen besteht kein Anlass, auch wenn es sich bei dem Zeugen D um einen Verwandten des Klägers handelt. Angesichts der von dem Beklagten selbst zunächst vorgelegten Unterlagen, den Angaben des Klägers in seinem Leistungsantrag und der Stellungnahme der Süddeutschen Metallberufsgenossenschaft vom 18.06.2004, in dem jeweils der Beruf des Klägers als CNC-Fräser angegeben wird sowie seine Ausbildung dazu geschildert wird, hat es eher merkwürdig angemutet, dass der Beklagte im Laufe des Prozesses selbst den Beruf des Klägers mit Nichtwissen bestritten hat.

Der Zeuge Dr. C, der Arzt, der den Kläger behandelte, hat bekundet, dass der Kläger, seitdem er ihn im Herbst 2003 krankgeschrieben hatte, aufgrund dieser Krankheit nicht mehr in der Lage ist seinen Beruf als CNC-Fräser auszuüben. Diese Aussage hat der Zeuge Dr. C gemacht nachdem er die Schilderung der Tätigkeit des Klägers durch die beiden anderen Zeugen gehört hat. Der Zeuge Dr. C hat im Einzelnen bekundet, aufgrund welcher Feststellungen er zu dem Ergebnis kam, dass der Kläger aufgrund einer multifaktoriellen Erkrankung seit dem 30. September 2003 nicht mehr arbeitsfähig ist. Anlass zu zweifeln an der Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen nicht.

Auch aufgrund dieser Aussagen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger als CNC-Fräser beschäftigt war, in diesem Beruf mit einigem Kraftaufwand Werkzeuge und Werkstücke ein- und ausspannen musste, dabei mit Bormilch in Berührung kam und aufgrund einer Erkrankung seit dem 30.09.2003 nicht mehr in der Lage ist, diesen Beruf auszuüben.

Die Aussage des Zeugen Dr. C hinsichtlich der Erkrankung des Klägers wird durch die weiteren von dem Beklagten vorgelegten und oben angeführten Arztberichte und Gutachten bestätigt. Dr. F schildert in seinem Bericht vom 05. November 2003 von einem entzündlich rheumatischen Geschehen beim Kläger und schildert, dass beide Ellenbogengelenke und die ventrale Oberschenkelmuskulatur im oberen Abschnitt druckdolent sind und an den Händen beidseits deutliche Volarflexionsschmerzen vorhanden sind und bei Streckung in beiden Ellenbogengelenken vorhanden sind. Auch dies bestätigt, dass der Kläger eine körperliche Tätigkeit, bei der es auf Kraftausübung mit den Händen zum sicheren Einspannen von Werkzeugen und Werkstücken ankam, nicht mehr ausführen konnte.

Priv. Doz. Dr. G kommt im Bericht vom 23.12.2003 des Klinikums der Philipps-Universität Marburg zur Diagnose: "Muskelschmerz unklarer Ätiologie" sowie im endgültigen Arztbrief vom 19.01.2004 zu den Diagnosen: "Myalgien unklarer Ätiologie" (Muskelschmerzen unklarer Herkunft) sowie "Dermatitis". In seiner ärztlichen Bescheinigung vom 02. April 2004 führt Dr. C als Diagnose aus ein unklares Schmerzsyndrom mit Muskel-, Gelenk- und Hautbeteiligung und Arbeitsunfähigkeit seit Herbst 2003 mit massiven Schmerzen des Bewegungsapparates. Im Sozialen medizinischen Gutachten vom 14.04.2004 wird als Diagnose angeführt: Myalgien unklarer Ätiologie und Leistungsdefizit mit Belastungsminderung und Kraftminderung beider Hände. Weiter wird in diesem Gutachten aufgrund der erhobenen körperlichen Untersuchungsbefunde der Kläger als weiterhin arbeitsunfähig angesehen und dies aufgrund eines festgestellten Anforderungsprofils als CNC-Fräser mit überwiegend stehender Tätigkeit. Als Diagnose gibt das Wissenschaftliche fachärztliche Gutachten des Priv. Doz. Dr. H vom 26.10.2004 aufgrund der anamnestischen Daten und der selbst erhobenen Befunde an: "Bis zum heutigen Tage ungeklärte Myalgien und Arthralgien der peripheren Gelenke der oberen und unteren Extremität". Weiter führt der Gutachter aus, dass körperlich leichte Tätigkeit vom Kläger sicher verrichtet werden könne. Aus all dem ergibt sich, dass der Kläger aufgrund einer auf ungeklärten Ursachen beruhenden Erkrankung seit Ende September 2003 nicht mehr in der Lage war seinen Beruf als CNC-Fräser auszuüben. Allein die Muskel- und Gelenkschmerzen mussten den Kläger daran hindern, eine Tätigkeit auszuüben, bei der mit teilweise ganz erheblichem Kraftaufwand Werkzeuge und Werkstücke, die fest und sicher sitzen mussten, einzuspannen.

Eines weiteren Sachverständigengutachtens bedurfte es dazu nicht. Das Gericht ist auch selbst dazu in der Lage, zu beurteilen, dass man Werkzeuge und Werkstücke nicht mit der erforderlichen Sicherheit einspannen kann, wenn man Muskel- und Gelenkschmerzen hat und die Faust nur unter Schmerzen schließen kann. Dies ergibt sich aber auch aus dem Wissenschaftlich fachärztlichen Gutachten von Dr. H. Dieses hat die Beklagte selbst vorgelegt. Dessen Verwertung für die Überzeugungsbildung des Gerichts steht nichts entgegen. Dieses Gutachten wurde insbesondere nicht im Auftrag des Klägers sondern in dem der Süddeutschen Metallberufsgenossenschaft erstellt und kam zudem noch zu einem im Hinblick auf die Annahme einer Berufskrankheit für den Kläger negativen Ergebnis. Auch die weiteren von dem Beklagten vorgelegten Befundberichte konnte das Gericht für seine Überzeugungsbildung verwerten. Unstreitig stammen diese Berichte von den jeweils als Verfasser angegebenen Ärzte und nicht vom Kläger.

Schließlich hat der Zeuge, der als Arzt sachverständig ist ebenfalls bekundet, dass der Kläger seine Tätigkeit als CNC-Fräser nicht mehr ausüben konnte. Der Verwertung dieser Aussage steht nichts entgegen. Dass der Zeuge der behandelnde Arzt des Klägers ist, kann allein bei der Beweiswürdigung eine Rolle spielen, begründet aber kein Beweisverwertungsverbot. Die Kammer hat auch keinen Grund zu Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Zeugen gesehen. Der Zeuge hat in keiner Weise den Eindruck erweckt, er wolle mit seiner Aussage dem Kläger in seinem Prozess helfen. Die Aussage des Zeugen wurde auch eindrucksvoll durch die Aussagen der anderen Zeugen und die späteren Diagnosen sämtlicher Ärzte, die mit dem Kläger zu tun hatten, bestätigt.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sie erfolglos blieb.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund.

Ende der Entscheidung

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