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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 09.11.2005
Aktenzeichen: 8 Sa 329/05
Rechtsgebiete: BGB, TV Übergangsversorgung FB der DLH


Vorschriften:

BGB § 611
TV Übergangsversorgung FB der DLH
Ab 01.07.2003 ist das Arbeitslosengeld auf die Übergangsversorgung nach dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für Flugbegleiter der Deutschen Lufthansa AG (TV ÜV-FB) in der Fassung vom 01.07.2003 anrechenbar, wenn das Arbeitslosengeld nicht vorher beantragt war.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 23. Nov. 2004 - 18/15 Ca 3329/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte Arbeitslosengeld auf die tarifvertragliche Übergangsversorgung der Klägerin anrechnen darf.

Die am 12. Juni 1948 geborene Klägerin trat 1986 als Flugbegleiterin in die Dienste der Beklagten aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 13. Januar 1986 (Bl. 14 ff. d.A.). Dort heißt es u.a.:

"4. Die Rechte und Pflichten des Mitarbeiters ergeben sich aus den jeweils gültigen Tarifverträgen für das Bordpersonal sowie Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften der ."

In § 19 des für das Arbeitsverhältnis der Parteien einschlägigen MTV I Kabine vom 27. April 1995 heißt es, soweit hier von Interesse:

"§ 19 Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens der Altersgrenze

(1) Das Arbeitsverhältnis endet - ohne dass es einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des Monats, in dem das 55. Lebensjahr vollendet wird.

(2) Das Arbeitsverhältnis des/r Kabinenmitarbeiters/in kann bei körperlicher und beruflicher Eignung in beiderseitigem Einvernehmen über das 55. Lebensjahr hinaus verlängert werden."

Bei der Beklagten gilt weiterhin ein Tarifvertrag Übergangsversorgung für Flugbegleiter. Dieser regelt Leistungen, insbesondere eine Firmenrente bei Ausscheiden wegen Erreichens der tarifvertraglichen Altersgrenze mit dem 55. oder ggf. einem späteren Lebensjahr aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis.

Die Beklagte bot der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über die Vollendung des 55. Lebensjahres im Rahmen der tarifvertraglichen Bestimmungen an. Die Klägerin entschied sich dagegen.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2003 übersandte die Beklagte der Klägerin Unterlagen und Informationen zu ihrer Übergangsversorgung. Die Höhe der Firmenrente gem. § 2 TV ÜV-FB wurde mit € 3.206,29 mitgeteilt. Weiter wird in dem Schreiben auf Einkommensanrechnungen hingewiesen und auf die Verpflichtung, der Beklagten den Bezug von Versorgungsleistungen mitzuteilen.

Nach längeren Verhandlungen der für die Beklagte zuständigen Tarifvertragsparteien, die jedenfalls seit 2002 auch den TV ÜV-FB betrafen, schlossen die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e.V. (AVH), der die Beklagte angehört, und andererseits die Gewerkschaften Unabhängige Flugbegleiterorganisation e.V. (UFO) bzw. Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) am 20. Mai 2003 einen Tarifvertrag hinsichtlich der Versorgung Kabine. Darin war u.a. hinsichtlich der Übergangsversorgungs-Firmenrente vorgesehen:

"Etwaige Leistungen aus BfA/VBL/BG und der BA werden auf die Firmenrente angerechnet."

Eine solche Anrechnung war in den bisherigen Tarifverträgen zur Übergangsversorgung nicht vorgesehen.

Diese Regelung sollte zum 01.07.2003 in Kraft treten, wobei eine Erklärungsfrist zum 27. Mai 2003 vorgesehen war (vgl. Anlage K 8 zur Klageschrift). Die später bekannt gegebene Neufassung des TV ÜV-FB vom 01.07.2003 enthält folgende, hier interessierende Regelung:

"§ 3 Anrechnung

(1) ...

(2) ...

Bezieht der Empfänger einer Firmenrente Arbeitslosengeld, ist dieses - soweit das Arbeitsverhältnis nicht gem. § 20 MTV Kabine geendet hat - mit dem jeweiligen Zahlungsbetrag auf die Firmenrente anzurechnen.

..."

Die Protokollnotiz IV dazu lautet:

"Berufsgenossenschaftsrenten und Arbeitslosengeld sind auf die Firmenrente nicht anzurechnen, wenn der Antrag auf diese Leistung vor Inkrafttreten der Neufassung dieses Tarifvertrages am 01.07.2003 gestellt worden ist."

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete zum 30.06.2003 mit Erreichen der tariflichen Altersgrenze von 55 Jahren durch die Klägerin. Sie meldete sich am 01.07.2003 bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos und erhielt von dieser seit dem 01.07.2003 Arbeitslosengeld von € 1.955,74. Die Beklagte errechnete für die Klägerin auf der Basis einer Gesamtvergütung von € 4.998,90 monatlich für die Klägerin eine Firmenrente nach dem TV ÜV-FB von € 3.206,29. Auf diese rechnete sie das von der Klägerin bezogene Arbeitslosengeld an und errechnete daraus einen Zahlbetrag der Firmenrente von € 1.250,55 brutto.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie könne eine ungekürzte Übergangsversorgung von der Beklagten verlangen. Mit dem Schreiben vom 15. Mai 2003 habe die Beklagte der Klägerin angeboten, ihr eine monatliche Firmenrente von € 3.206,29 brutto zu zahlen, ohne dass eine Anrechnung von Arbeitslosengeldansprüchen vorgesehen gewesen sei. Dieses Angebot sei von der Klägerin angenommen worden. Jedenfalls schulde die Beklagte die Firmenrente ohne Anrechnung von Arbeitslosengeld unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes wegen Verletzung der Aufklärungs- und Informationspflicht. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Klägerin vor dem 01.07.2003 über die Neuregelung des TV ÜV-FB zu unterrichten. Hätte die Klägerin von der Anrechenbarkeit des Arbeitslosengeldes gewusst, hätte sie sich für die Verlängerung ihres Arbeitsverhältnisses entschieden. Die Protokollnotiz, mit der diejenigen, die nach dem 01.07.2003 Arbeitslosengeld beantragt haben, gegenüber denjenigen benachteilige, die davor einen solchen Antrag stellten oder gar keinen Antrag stellten, sei willkürlich und verstoße gegen den Gleichheitssatz. Die Klägerin hat Zahlung der angerechneten Beträge für die Zeit vom Juli 2003 bis Oktober 2004 verlangt und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab 01. November 2004 eine monatliche Übergangsversorgung Flugbegleiter-Firmenrente in Höhe von insgesamt € 3.206,29 brutto ohne Anrechnung des Arbeitslosengeldes hierauf zu zahlen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Bestimmung über die Anrechnung des Arbeitslosengeldes sei wirksam und auf die Klägerin anzuwenden. Die Stichtagsregelung der Protokollnotiz sei nicht zu beanstanden. Für sie habe auch keine Aufklärungs- und Informationspflicht bestanden. Sie hat behauptet, sie habe die Klägerin mit Schreiben vom 21. Mai 2003 persönlich auf den Tarifabschluss hingewiesen. Weiterhin sei mit einem Sonderrundschreiben über den Tarifabschluss informiert worden. Diese Informationen seien Anfang Juni in die Postfächer verteilt und EDV-mäßig verarbeitet worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen mit Urteil vom 23. November 2004, auf das verwiesen wird.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Wegen der für die Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf das Protokoll vom 09. November 2005 verwiesen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Aufgrund des Schreibens vom 15.05.2003 habe die Klägerin davon ausgehen können, dass die alte tarifliche Rechtslage für ihre Übergangsversorgung ab dem 01.07.2003 gelten werde. Es habe sich nicht lediglich um eine Mitteilung, sondern um eine eigenständige arbeitsrechtliche Verpflichtung gehandelt. Die Protokollnotiz IV könne dahin ausgelegt werden, dass es ausreicht, wenn der Antrag auf Arbeitslosengeld am 01.07.2003 erfolgt. Die Klägerin sei gleichheitswidrig schlechter gestellt als diejenigen, die vor dem 01.07.2003 einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt hätten, aber ebenfalls ab 01.07.2003 in Übergangsversorgung gegangen seien. Weiterhin hätte die Beklagte auch anrechnungsfreie Übergangsversorgung an Flugbegleiter gewährt, die nach dem 01.07.2003 in die Übergangsversorgung gegangen sind und sich auch erst nach diesem Zeitpunkt arbeitslos meldeten. Die Beklagte habe eine Aufklärungspflicht sowohl hinsichtlich der Anrechnung des Arbeitslosengeldes wie auch hinsichtlich der Stichtagsregelung der Protokollnotiz gehabt. Die von der Beklagten behaupteten Informationen hätten sie nicht erreicht.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23.11.2004, Az.: 18/15 Ca 3329/04 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 44.888,06 brutto abzüglich gezahlter € 13.116,87 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 3.206,29 brutto seit dem 01. Oktober 2003, aus € 3.206,29 brutto seit dem 01. November 2003, aus € 3.2096,29 brutto seit dem 01. Dezember 2003, aus € 3.206,29 seit dem 01. Januar 2004, aus € 3.206,29 seit dem 01. Februar 2004, aus € 3.206,29 seit dem 01. März 2004, aus € 3.206,29 seit dem 01. April 2004, aus € 3.206,29 seit dem 01. Mai 2004, aus € 3.206,29 seit dem 01. Juni 2004, aus € 3.206,29 seit dem 01. Juli 2004, aus € 3.206,29 seit dem 01. August 2004, aus € 3.206,29 seit dem 01. September 2004, aus € 3.206,29 seit dem 01. Oktober 2004 und aus € 3.206,29 seit dem 01. November 2004, abzüglich am 01.12.2003 für den Monat November gezahlter € 190,49 netto, am 01.01.2004 für Dezember 2003 gezahlter € 1.132,44 netto, am 01.02.2004 für Januar 2004 gezahlter € 1.132,44 netto, am 01.03.2004 für Februar 2004 gezahlter € 1.132,44 netto, am 01.04.2004 für März 2004 gezahlter € 1.001,40 netto, am 01.05.2004 für April 2004 gezahlter € 1.088,76 netto, am 01.06.2004 für Mai 2004 gezahlter € 1.127,93 netto, am 01.07.2004 für Juni 2004 gezahlter € 1.127,93 netto, am 01.08.2004 für Juli 2004 gezahlter € 1.127,93 netto, am 01.09.2004 für August 2004 gezahlter € 1.354,52 netto, am 01.10.2004 für September 2004 gezahlter € 1.374,56 netto und am 01.11.2004 für Oktober 2004 gezahlter € 1.326,03 netto zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 01.11.2004 eine monatliche Übergangsversorgung Flugbegleiter-Firmenrente in Höhe von insgesamt € 3.206,29 brutto ohne Anrechnung des Arbeitslosengeldes hierauf zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist erfolglos. Die Klage ist unbegründet. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt. Das Berufungsgericht folgt den Gründen des Arbeitsgerichts. Auf die Ausführungen der Berufung ist festzuhalten:

1.

Die Klägerin hat keinen vertraglichen Anspruch auf eine Firmenrente von € 3.206,29 monatlich ohne Anrechnung des ihr gewährten Arbeitslosengeldes. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 15.05.2003. In diesem wird die Klägerin lediglich über die Höhe der ihr ab 01.07.2003 nach dem TV ÜV-FB zustehenden Firmenrente informiert. Dafür, dass der Klägerin damit ein Vertragsangebot gemacht worden wäre, ist nichts ersichtlich. Das Schreiben verweist mehrfach ausdrücklich auf § 2 TV ÜV-FB und gibt damit zu erkennen, dass lediglich darüber informiert wird, was sich aus diesem Tarifvertrag für die Klägerin bei Erreichen der Altersgrenze ergibt. Es ist keinerlei Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass mit diesem Schreiben eine von der Geltung des jeweiligen TV ÜV-FB abweichende Rechtslage geschaffen werden sollte. Die Vereinbarung einer vom TV ÜV-FB unabhängigen Firmenrente in Höhe von € 3.206,29 würde nämlich auch bedeuten, dass die im TV ÜV-FB angelegte Dynamisierung nicht mehr gelten würde. Für ein derartiges am 15.05.2003 nur ungünstiges Angebot kann nicht angenommen werden, dass die Klägerin es stillschweigend angenommen hätte oder nach § 151 BGB von einer Annahme auszugehen wäre. Die Beklagte hat mit ihrem Schreiben vom 15.05.2003 nur - zutreffend - über die zu dieser Zeit geltende Rechtslage hinsichtlich der Übergangsversorgung und deren Höhe informiert. Eine auf die Änderung eines Rechtsverhältnisses zielende Erklärung kann darin nicht gesehen werden.

2.

Die Beklagte ist nach § 3 Abs. 2 TV ÜV-FB berechtigt, das der Kläger gewährte Arbeitslosengeld auf die Firmenrente anzurechnen.

a)

Diese Bestimmung über die Anrechenbarkeit ist durch den TV ÜV-FB vom 01.07.2003 mit Wirkung von diesem Tag eingeführt. Sie ist wirksam. Die Tarifvertragsparteien konnten den bisherigen TV ÜV-FB dahin ändern, dass die Firmenrente nicht neben Arbeitslosengeld gewährt wird, sondern dieses auf die Firmenrente angerechnet wird. Die Übergangsversorgung nach dem TV ÜV-FB ist keine Altersversorgung, sondern dient der Überbrückung der Zeit zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erreichen der tarifvertraglichen Altersgrenze und dem Eintritt der Altersversorgung (vgl. BAG vom 27.02.2002 - 9 AZR 38/01 zu II. 2. b) bb); HessLAG v. 21.08.2002 - 8 Sa 1588/01 zu II. d.). Sie dient als Ersatz für die bisher durch Arbeit erworbene Vergütung und damit dem gleichen Zweck wie das Arbeitslosengeld. Die Tarifvertragsparteien waren frei, diesen Ersatzbedarf festzulegen und haben dies mit etwa 2/3 der bisherigen Vergütung auf einem durchaus angemessenen Niveau getan. Eine Anrechnung des Arbeitslosengeldes auf die Firmenrente stößt damit auf keinerlei Bedenken. getan. Auf einem anderen Blatt steht, dass es verwunderlich ist, dass in der Vergangenheit nicht die Arbeitslosenversicherung solche Lohnersatzleistungen von Unternehmen auf das Arbeitslosengeld angerechnet hat.

Schließlich führt die Klägerin selbst aus, sie habe aufgrund des TV ÜV-FB vom 15.12.1985 darauf vertrauen können, dass sie mindestens 60% der vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuletzt bezogenen Gesamtvergütung als Übergangsversorgung erhalte. In diesem Vertrauen ist die Klägerin auch nicht enttäuscht worden. Sie erhält seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Altersgrenze tatsächlich Lohnersatzleistungen, die 60% ihrer Gesamtvergütung übersteigen - solange das Arbeitsamt zahlt bestehend aus Arbeitslosengeld und Firmenrente. Darauf, dass sie darüber hinaus noch Arbeitslosengeld erhält, konnte sie nicht vertrauen. b) Die Bestimmung des TV ÜV-FB in der Fassung vom 01.07.2003 über die Anrechnung des Arbeitslosengeldes gilt auch für die Klägerin. Nach ihrem Arbeitsvertrag richten sich ihre Ansprüche nach dem jeweils gültigen Tarifvertrag. Ab 01.07.2003 gilt der TV ÜV-FB in der Fassung vom 01.07.2003 und damit gilt ab diesem Zeitpunkt für die Übergangsversorgungsansprüche der Klägerin auch die Anrechnung des Arbeitslosengeldes. Gegen die Anwendung spricht auch nicht der Gesichtspunkt des Vertrauens- oder Besitzstandsschutzes. Niemand konnte auf eine Regelung vertrauen, die Flugbegleiter nach Ausscheiden wegen Erreichens der tariflichen Altersgrenze wirtschaftlich etwa gleich oder gar besser stellt als während des aktiven Dienstes oder der - von der Beklagten regelmäßig angebotenen - Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Im Fall der Klägerin wird diese Überversorgung deutlich. Die Klägerin konnte ein Arbeitslosengeld von monatlich € 1.956,00 beanspruchen. Rechnete man dazu eine Übergangsversorgung von € 3.206,29, ergäbe sich ein Gesamtbetrag von € 5.162,37. Zuvor hatte die Klägerin eine Gesamtvergütung aus Gehalt, Purserzulage und Schichtzulage von insgesamt € 4.998,90, das bis auf die Schichtzulage von € 700,00 der vollen Versteuerung und der Sozialversicherung unterlag. Der Nettobetrag aus Arbeitslosengeld und ungekürzter Firmenrente dürfte deutlich über diesen aktiven Bezügen liegen. Es lag auf der Hand, dass eine derartige Überversorgung derjenigen, die nicht mehr arbeiten, als anstößig empfunden und beseitigt werden würde - sei es durch die Arbeitslosenversicherung oder durch die Tarifvertragsparteien. Hinzu kommt, dass die Beklagte den Flugbegleitern regelmäßig das Angebot gemacht hat, über die Altersgrenze hinaus das Arbeitsverhältnis zu verlängern und jedenfalls seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 31.07.2002 (NZA 2002, S. 1155 = DB 2003, S. 158) höchstrichterlich festgestellt ist, dass die Altersgrenze von 55 Jahren für Kabinenpersonal unwirksam ist.

3.

Die Klägerin kann auch nichts aus der Protokollnotiz IV für sich herleiten.

a) Nach dieser Protokollnotiz erfolgt eine Anrechnung des Arbeitslosengeldes nicht, wenn der Antrag auf diese Leistung "vor Inkrafttreten der Neufassung dieses Tarifvertrages am 01.07.2003 gestellt worden ist". Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt eine Auslegung dieser Bestimmung dahingehend, dass es darauf ankommt, dass der Antrag am 01.07.2003 gestellt wurde oder eine Stellung des Antrags an diesem Tag noch genügt, nicht in Betracht. Das Datum "am 01.07.2003" bezieht sich offensichtlich und eindeutig auf das Inkrafttreten der Neufassung des Tarifvertrages. Bezöge man das Datum, wie die Klägerin es will, auf den Antrag, hätte diese Bestimmung keinen vernünftigen Sinn und kaum praktische Auswirkungen. Die Anrechnung entfiele dann nur für die Gruppe, die genau am 01.07.2003 den Antrag stellten - das wäre eine abstruse und jeglichen vernünftigen Sinnes entbehrende Regelung.

b) Die Vorschrift, wonach diejenigen, die schon vor dem Inkrafttreten der Neuregelung am 01.07.2003 einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt hatten, von der Anrechnung verschont bleiben, ist weder willkürlich noch gleichheitswidrig. Die Neuregelung über die Anrechnung gilt grundsätzlich für alle gegenwärtigen und zukünftigen Bezieher von Übergangsversorgung. Das bedeutete, dass eine Anrechnung auch für diejenigen hätte erfolgen müssen, die bereits seit Langem Übergangsversorgung bezogen oder bereits vor der Neuregelung Arbeitslosengeld beantragt hatten. Für diese kam eine Besitzstandswahrung jedenfalls in Betracht. Die Tarifvertragsparteien haben diesen Personenkreis - wenn auch möglicherweise ohne rechtliche Notwendigkeit - von der Neuregelung ausgenommen. Das ist im Hinblick darauf, dass dieser Personenkreis sich auf die alte Regelung bereits eingerichtet hatte, sachlich gerechtfertigt. Es mag fraglich sein, ob für diesen Personenkreis tatsächlich ein Bestandsschutz gegeben war, insbesondere für diejenigen, die noch keine anrechnungsfreie Firmenrente bezogen hatten, sondern lediglich einen Antrag gestellt hatten. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, ergibt sich daraus nichts für die Klägerin. Dann wäre die Neuregelung auch ohne die in der Protokollnotiz geregelte Ausnahme wirksam.

4.

Die Beklagte hat auch keine sie treffenden Aufklärungspflichten verletzt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen. Zu bekräftigen ist:

Die Grundsätze, die unter besonderen Umständen den Arbeitgeber bei Aufhebungsverträgen zu Hinweisen und Aufklärung verpflichten, kann die Klägerin nicht für sich in Anspruch nehmen. Ihr Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer tarifvertraglichen Altersgrenze und aufgrund ihrer eigenen Entscheidung, die Möglichkeit das Arbeitsverhältnis fortzusetzen nicht wahrzunehmen. Es war Sache der Klägerin sich über die Folgen dieses Schrittes zu informieren. Wie oben ausgeführt, konnte die Klägerin von vornherein nicht darauf vertrauen, dass die Regelung über die Nichtanrechenbarkeit von Arbeitslosengeld auf Dauer Bestand haben würde. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstands, dass über den TV ÜV-FB schon seit längerer Zeit verhandelt wurde. Es war Sache der Klägerin sich darüber zu informieren, was dabei herauskommt.

Die Beklagte konnte insbesondere nicht verpflichtet sein, die Klägerin über die Protokollnotiz vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu informieren. Hier kommt hinzu, dass diese Protokollnotiz vor diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht existierte, sondern diese erst in die endgültige Neufassung des TV ÜV-FB vom 01.07.2003 zu einem Zeitpunkt jedenfalls nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingefügt wurde.

Im Übrigen geht die Kammer davon aus, dass die Beklagte ihre Arbeitnehmer bereits mit Schreiben vom 21. Mai 2003 und der PN-Info 01/03 informiert hat. Es kommt nicht darauf an, ob die Klägerin diese Informationen tatsächlich zur Kenntnis genommen hat. Sie hatte jedenfalls die Möglichkeit dazu. Die Kammer glaubt der Klägerin nicht, dass sie in der Zeit ab 21. Mai 2003 schlichtweg nichts davon gehört hätte, dass der TV ÜV-FB geändert wurde. Dann war es aber Sache der Klägerin sich genaue Informationen zu besorgen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sie erfolglos blieb.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund.

Ende der Entscheidung

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