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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 01.07.2004
Aktenzeichen: 9/6 TaBV 9/04
Rechtsgebiete: MitbestG 1976


Vorschriften:

MitbestG 1976 § 20 Abs. 3
Ein Anspruch eines Wahlberechtigten, der ein Eilbeschlussverfahren im Zusammenhang mit einer Aufsichtsratswahl eingeleitet hat, auf Erstattung von Anwaltskosten ist nach § 20 Abs. 3 Satz 1 MitbestG gegeben, wenn die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten erforderlich war. Insoweit gelten die Auslegungsgrundsätze des § 20 Abs. 3 BetrVG entsprechend. Der Anspruch besteht danach nicht, wenn das Eilbeschlussverfahren, für das die Kostenerstattung verlangt wird, aussichtslos war.
Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes ! Beschluss

Aktenzeichen: 9/6 TaBV 9/04

Verkündet laut Protokoll am 01. Juli 2004

In dem Beschlussverfahren

hat das Hessische Landesarbeitsgericht, Kammer 9, in Frankfurt am Main auf die mündliche Anhörung vom 01. Juli 2004

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Bram als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter Lonnendonker und den ehrenamtlichen Richter Richardt als Beisitzer

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 03. Dezember 2003 - 9 BV 134/03 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit Aufsichtsratswahlen.

Der Beteiligte zu 1) ist Mitglied des im Betrieb der Beteiligte zu 2) gebildeten Betriebsrates. Er war auch Mitglied der Gewerkschaft "Verband Angestellter Akademiker und Leitender Angestellter der Chemischen Industrie e. V." (im folgenden: VAA). Wegen einer E-Mail-Aktion vom 7. Juni 2002 schloss der VAA den Beteiligten zu 1) am 10. Juli 2002 aus. Hiergegen wandte sich der Beteiligte zu 1) in einem am 14. August 2002 eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren beim Landgericht Köln, das dem Antrag durch Urteil vom 2. Oktober 2002 - 28 O 535/02 - stattgab. Auf den Inhalt der Urteilsgründe (Bl. 8 - 16 d. A. 11 BVGa 494/02) wird verwiesen.

Im Hinblick auf eine für 16. bis 19. Dezember 2002 anberaumte Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat (vorläufiger Terminplan Bl. 17 ff. d. A. des Verfahrens 11 BVGa 494/02) fand die konstituierende Sitzung des Werkgruppenvorstandes des VAA statt, in den der Beteiligte zu 1) am 18. Juni 2002 gewählt worden war. In dieser Sitzung sollte der Vorsitzende des Gremiums gewählt werden. Die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen für die Aufsichtsratswahl lief am 16. Oktober 2002 ab (Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen Bl. 62 d. A. 11 BVGa 494/02). Der Unternehmenswahlvorstand prüfte in seiner Sitzung vom 17. Oktober 2002 den Wahlvorschlag der IG BCE-VAA, auf welchem der Beteiligte zu 1) nicht als Kandidat genannt war, und ließ ihn zur Wahl zu (Protokoll der fünften Sitzung, insoweit Bl. 20 d. A. 11 BVGa 494/02).

Mit seinem am 24. Oktober 2002 bei Gericht eingegangenen Antrag hat sich der Beteiligte zu 1) im Verfahren 11 BVGa 494/02 gegen die Durchführung der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat gewandt. Er hat sich auf Art. 9 Abs. 3 GG berufen und beanstandet, dass der Wahlvorstand die Liste akzeptiert habe, obwohl der VAA ihm entgegen dem obsiegendem Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht die Möglichkeit zur Kandidatur gegeben habe. Nach seiner Auffassung habe es im Interesse aller Arbeitnehmer gelegen, dass eine demokratisch legitimierte Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat stattfände. Das Arbeitsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 04. November 2002, auf dessen Gründe verwiesen wird, zurückgewiesen.

Im vorliegenden Verfahren hat der Beteiligte zu 1), der im einstweiligen Verfügungsverfahren anwaltlich vertreten war, erstinstanzlich Freistellung von seiner Verpflichtung geltend gemacht, die der Höhe nach unstreitigen Rechtsanwaltskosten (Rechnung vom 19. Dezember 2002, Bl. 5 d. A.) zu tragen. Er hält das Beschlussverfahren für die richtige Verfahrensart, weil es sich beim Ausgangsverfahren um ein Beschlussverfahren gehandelt habe, und weil die Kosten einer Aufsichtsratswahl, die kollektivrechtlicher Natur seien, von der Arbeitgeberin zu tragen seien. Nach seiner Auffassung habe er sich in dem Verfahren 11 BVGa 494/02 anwaltlich vertreten lassen dürfen. Zum Einen seien schwierige verfassungsrechtliche Fragen zu behandeln gewesen, zum Anderen hätten auch - unstreitig - andere Verfahrensbeteiligte sich vertreten lassen.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,

die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, ihn von den anwaltlichen Gebühren in dem Verfahren 11 BVGa 494/02 in Höhe von € 591,60 freizustellen.

Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Nach Auffassung der Beteiligten zu 2) müsse der Beteiligte zu 1) seinen individualrechtlich zu bewertenden Aufwendungsersatz im Urteilsverfahren einklagen. Aufwendungsersatz nach § 670 BGB könne ein Kläger für ein Verfahren erster Instanz nicht verlangen. Die Kosten seien auch deswegen nicht ersetzungsfähig, weil der Beteiligte zu 1) nicht anfechtungsbefugt gemäß § 21 Abs. 2 MitbestG gewesen sei. § 20 Abs. 3 MitbestG verpflichte die Arbeitgeberin allenfalls zur Tragung der erforderlichen Kosten. Erforderlich seien die Rechtsanwaltskosten nicht gewesen, denn das Mitbestimmungsgesetz enthalte keine dem § 40 BetrVG entsprechende Regelung. Der Antrag sei zudem mutwillig gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf die Sachdarstellung des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag durch Beschluss vom 3. Dez. 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei im Beschlussverfahren zulässig. Gemäß § 2 a Abs. 1 Ziff. 3, 1. Alt. in Verbindung mit dem 2. Halbsatz ArbGG, § 2 a Abs. 2 ArbGG seien die Gerichte für Arbeitssachen zuständig für Entscheidungen über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat und finde in diesen Fällen das Beschlussverfahren statt. Das gelte auch für Verfahren über Wahlkosten.

Der Antrag sei aber unbegründet. Zwar habe der Arbeitgeber die Kosten für eine Anfechtung der Wahl zu tragen. Hierzu gehörten auch die Kosten, die durch die Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens entstanden seien, mit welchem ein Abbruch der Wahl angestrebt werde. Für die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat gälten die gleichen Grundsätze wie für die Betriebsratswahl. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers bestehe jedoch nur für die notwendigen erforderlichen Kosten, nicht jedoch, wenn die Rechtsverfolgung wie hier aussichtslos erscheine. Die angestrebte Kandidatur auf der Listenverbindung rechtfertigte unter keinem Gesichtspunkt einen Eingriff in ein Wahlverfahren. Das vom Beteiligten zu 1) beanspruchte Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG hätte er gegenüber der VAA/dem Werkgruppenvorstand geltend zu machen gehabt. Die Durchführung einer Wahl könne nicht davon abhängen, ob und wann eine Liste zur Zufriedenheit aller Mitglieder und Kandidaten zu Stande gekommen sei. im Gegenteil hätte der Wahlvorstand seine Pflichten verletzt, wenn er den ordnungsgemäßen Wahlvorschlag der IG BCE-VAA nicht zur Aufsichtsratswahl zugelassen hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Beschlussgründe verwiesen.

Gegen diesen ihm am 15. Dez. 2003 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1) am 15. Jan. 2004 per Telefax Beschwerde eingelegt und diese am 3. Febr. 2004 begründet. Er hat die Rechnung seines Prozessbevollmächtigten zwischenzeitlich beglichen und stellt seinen Antrag auf Zahlung um. Er ist der Auffassung, die Rechtsverfolgung im einstweiligen Verfügungsverfahren sei keineswegs aussichtslos gewesen. Es habe sich um eine äußerst schwierige Rechtsfrage gehandelt. Auch die übrigen Beteiligten hätten sich nicht selbst vertreten, sondern sich anderweitig vertreten lassen.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

die Beteiligte zu 2) unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 3. Dez. 2003 - 9 BV 134/03 - zu verpflichten, an ihn EUR 591,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2) ist der Auffassung, der Antrag im einstweiligen Verfügungsverfahren sei aussichtslos gewesen. Der Beteiligte zu 1) folgere aus dem unterlassenen Aufstellen zur Wahl rechtsirrig ein entsprechendes Regelungsinteresse aller Beschäftigten des Unternehmens im einstweiligen Verfügungsverfahren und unterstelle, dass es im Interesse aller wahlberechtigten Arbeitnehmer sein müsse, dass eine in seinem Sinne demokratisch legitimierte Wahl der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat stattfände. Nach dem Ausschluss aus der Gewerkschaft VAA hätte er noch ausreichend Zeit gehabt, innerhalb der Einreichungsfrist für Wahlvorschläge zur Aufsichtsratswahl bis zum 16. Okt. 2002 eine eigene Liste einzureichen. Es sei bezeichnend, wenn der Beteiligte zu 1) die von ihm so als vordringlich und als verfassungswidrig erachtete Vorgehensweise des Wahlvorstandes nicht in einem Hauptsacheverfahren gegen die Aufsichtsratswahlen verfolgt habe. Angesichts der Antragsumstellung auf einen individuellen Erstattungsanspruch ergäben sich Zweifel an der richtigen Verfahrensart. Der Beteiligte zu 1) mache keinen kollektiven Anspruch, sondern einen individuellen Auslagenersatz nach § 670 BGB geltend. Hierfür gebe es weder im Mitbestimmungsgesetz noch in analoger Anwendung des BetrVG eine Anspruchsgrundlage. Er übersehe, dass die §§ 20 i. V. m. 22 Abs. 2 MitbestG den Kreis der Anfechtungsberechtigten und damit die Kostenerstattung enumerativ begrenzten und ein einzelner Arbeitnehmer nicht zu dem gesetzlich genannten Kreis der Anfechtungsberechtigten gehöre. Es sei neben einer fehlenden Regelung wie der des § 40 BetrVG auch zu berücksichtigen, dass die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat im Gegensatz zum Betriebsrat ihr Amt nicht unentgeltlich ausübten und es ihnen zumutbar sei, aus den ihnen zugeflossenen Bezügen die kostenmäßigen Risiken der gerichtlichen Auseinandersetzung zu tragen. Für einen Wahlkandidaten könne nichts anderes gelten. Der Beteiligte zu 1) folgere zudem unrichtig, dass das vorgezogene gerichtliche Kontrollverfahren die einschränkenden Voraussetzungen der Anfechtungsberechtigung des § 22 Abs. 2 Ziff. 2 MitbestG nicht zur Anwendung kommen lasse, für das Vorgehen einzelner Wahlbewerber im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens als Kostenerstattungsgrund aber § 20 MitbestG heranzuziehen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 1. Juli. 2004 verwiesen. Die Akten des Verfahrens 11 BVGa 494/02 wurden beigezogen und zum Gegenstand der Anhörung gemacht.

II.

Die Beschwerde ist statthaft und zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Antragsänderung ist nach §§ 87 Abs. 2, 80 Abs. 2, 46 Abs. 2 ArbGG, 264 Nr. 3 ZPO zulässig.

Es besteht, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, kein Anspruch des Beteiligten zu 1) auf Zahlung von Anwaltskosten. Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 20 Abs. 3 Satz 1 des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. Mai 1976 (BGBl I, S. 1153) i. d. F. vom 23. März 2002 (BGBl I, S. 1130 - MitbestgG). Nach dieser Vorschrift trägt zwar das Unternehmen die Kosten der Wahl, nicht jedoch Anwaltskosten für aussichtslose Beschlussverfahren. Für die Auslegung der Vorschrift können die Grundsätze der weitgehend wortgleichen Vorschrift des § 20 Abs. 3 BetrVG herangezogen werden. Nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die Kosten der Betriebsratswahl. Es ist anerkannt, dass dazu alle Kosten gehören, die mit der Einleitung und Durchführung der Wahl sowie der gerichtlichen Überprüfung des Wahlergebnisses verbunden sind (vgl. BAG Beschluss vom 31. Mai 2000 - 7 ABR 8/99 - EzA § 20 BetrVG 1972 Nr. 19; BAG 7. Juli 1999 - 7 ABR 4/98 - AP BetrVG § 20 Nr. 19 = EzA BPersVG § 24 Nr. 1 zu einem Anspruch nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BPersVG). Zu erstatten sind die Kosten für die Vorbereitung und Durchführung der Wahl. Dies beruht darauf, dass für eine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Wahl keine gesonderte Vergütung gewährt wird, andererseits eigenes Vermögen der Arbeitnehmer dafür nicht aufzuwenden ist. Dass einem gewählten Aufsichtsratsmitglied nach § 113 Abs. 1 AktG eine Vergütung gewährt werden kann, ändert daran nichts. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 20 Abs. 3 Satz 1 MitbestG lässt sich nicht mit den Chancen oder Hoffnungen auf einen Vergütungsanspruch für den Fall der erfolgreichen Wahl verrechnen. Der Beschluss des Hess. LAG vom 23. Sept. 1980 - 4 TaBV 45/80 - (Bl. 25 ff. d. A.) ist nicht einschlägig, da er eine Sachlage nach den Vorschriften der §§ 76 ff. BetrVG 1952 betrifft und lediglich eine analoge Anwendung des § 20 Abs. 3 MitbestG 1976 oder des § 20 Abs. 3 BetrVG abgelehnt wird.

§ 20 Abs. 3 BetrVG normiert allerdings keine unbegrenzte Kostentragungspflicht des Arbeitgebers. Eine Zahlungspflicht besteht vielmehr nur hinsichtlich der erforderlichen Kosten einer Wahl (BAG Beschluss vom 31. Mai 2000 - 7 ABR 8/99 - EzA § 20 BetrVG 1972 Nr. 19; BAG 7. Juli 1999-7 ABR 4/98 - AP BetrVG 1972 § 20 Nr. 19 = EzA BPersVG § 24 Nr. 1, zu B 3 c der Gründe; Raiser, MitbestG 3. Aufl., § 20 Rz. 15). Auch in § 20 Abs. 3 MitbestG wird eine unbeschränkte Kostentragungspflicht des Arbeitgebers von Sinn und Zweck der Kostenregelung nicht gefordert. Zu berücksichtigen ist das Interesse des Arbeitgebers, nur für diejenigen tatsächlich entstandenen Kosten aufkommen zu müssen, die für die Wahl eines Aufsichtsrats erforderlich sind und ihn damit nicht unangemessen belasten. Zu den erforderlichen Kosten können auch die der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten zur Durchführung eines Beschlussverfahrens gehören. Diese Kosten hat der Arbeitgeber dann nicht zu tragen, wenn die Rechtsverfolgung aussichtslos erscheint oder die Hinzuziehung rechtsmissbräuchlich erfolgt und deshalb das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht missachtet wird (BAG Beschluss vom 31. Mai 2000 - 7 ABR 8/99 - EzA § 20 BetrVG 1972 Nr. 19; BAG 7. Juli 1999 a.a.O., zu B 3 c aa der Gründe).

Maßgebend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls, insbesondere die sich aus dem jeweiligen Sachverhalt ergebenden rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten wie auch der bisherige Verlauf des Wahlverfahrens.

Hier besteht kein Anspruch auf Zahlung von Anwaltskosten, weil das einstweilige Verfügungsverfahren vor dem ArbG Frankfurt am Main - 11 BVGa 494/02 - aussichtslos war. Verstöße gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren nach der Wahlordnung des MitbestG können zwar schon vor den Wahlen im einstweiligen Verfügungsverfahren im Beschlussverfahren angegriffen werden. Die für Betriebsratswahlen entwickelten Grundsätze gelten entsprechend (vgl. LAG Düsseldorf Beschluss vom 19. Dez. 1977 - 2 TaBV 37/77 - DB 1978, 255; Raiser MitbestG 3. Aufl., § 22 Rz. 25). Dabei kann antragsberechtigt auch ein einzelner Arbeitnehmer sein, wenn er durch die angegriffene Maßnahme des Wahlvorstands in seinem aktiven oder passiven Wahlrecht unmittelbar betroffen wird (LAG Nürnberg Beschluss vom 13. März 2002 - 2 TaBV 13/02 - Juris; Fitting/Wlotzke/Wißmann, MitbestG, § 22 Rz. 42; Raiser MitbestG 3. Aufl., § 22 Rz. 28).

Das Eilbeschlussverfahren 11 BVGa 494/02 war hinsichtlich des Antrages, die Aufsichtsratswahl so lange zu unterbrechen, bis der Beteiligten zu 1) die Möglichkeit gehabt hatte, für die Vorschlagsliste IGBCE-VAA zu kandidieren, und hinsichtlich des Hilfsantrages, den Unternehmenswahlvorstand zu verpflichten, diesen Wahlvorschlag nicht zuzulassen, offensichtlich aussichtslos. Dies hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main durch Beschluss vom 4. Nov. 2002 zutreffend erkannt. Das Arbeitsgericht hat richtig ausgeführt, dass dem Unternehmenswahlvorstand bei der Zulassung der Wahlvorschläge keine Verfahrensfehler unterlaufen sind, die eine Unterbrechung der Aufsichtsratswahl hätten rechtfertigen können. Der Unternehmenswahlvorstand hat die Vorschlagslisten auf Einhaltung der Voraussetzungen der Wahlordnung zu prüfen. Dies ist nach den Protokollen der Sitzungen vom 17. und 23. Okt. 2002 (Bl. 20, 21 d. A., 70 ff. d. A. 11 BVGa 494/02) geschehen. Dass der Beteiligte zu 1) durch am 2. Okt. 2002 verkündetes Urteil des LG Köln (Bl. 8 ff. d. A. 11 BVGa 494/02) vom VAA bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit des Ausschlusses als ordentliches Mitglied behandelt und ihm insbesondere Zugang zu Sitzungen der Werksgruppe und des Werksgruppenvorstandes gestattet werden musste, konnte für den Wahlvorstand keine Veranlassung sein, den Wahlvorschlag IGBCE-VAA zu beanstanden, auch wenn er durch E-Mail des Beteiligten zu 1) vom 13. Okt. 2002 Kenntnis vom Ausgang des beim LG Köln anhängigen Verfahrens hatte. Der VAA hatte über die Auswahl der Kandidaten bereits am 25. Sept. 2002 beschlossen. Das Urteil des LG Köln enthält keine Verpflichtung des VAA, den Beteiligten zu 1) als Wahlbewerber auf die Vorschlagsliste zu setzen. Es handelte sich um einen gemeinsamen Wahlvorschlag der IGBCE und des VAA (Bl. 65 d. A. 11 BVGa 494/02). Bei sechs Kandidaten fielen nur die Plätze Nr. 3 und 6 auf den VAA, die übrigen auf die IGBCE. Es kann dahinstehen, wie der Fall zu beurteilen gewesen wäre, wenn ein Wahlkandidat von einer Gewerkschaft rechtswidrig von einer Vorschlagliste gestrichen worden wäre. In Fällen wie dem vorliegenden hat der Unternehmenswahlvorstand weder die Berechtigung noch die Verpflichtung, wegen gewerkschaftsinterner Streitigkeiten über die Kandidatenaufstellung eine Vorschlagsliste zu beanstanden.

Auch der weitere Hilfsantrag des Beteiligten zu 1), ihm eine Frist von drei Tagen seit Verkündung der Entscheidung des Gerichts einzuräumen, um eine Vorschlagliste einreichen zu können, war offensichtlich aussichtslos. Seit Verkündung des Urteils des LG Köln am 2. Okt. 2002 bis zum Ablauf der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen am 16. Okt. 2002 hatte er noch zwei Wochen, seit Zustellung des Urteils am 10. Okt. 2002 noch knapp eine Woche Zeit, eine etwaige Kandidatur mit dem VAA zu klären und ggf. einen eigenen Wahlvorschlag einzureichen. Das eingeleitete Beschlussverfahren änderte nach Ablehnung einer nachträglichen Kandidatur des Beteiligten zu 1) durch den VAA an der Situation, ob der Beteiligte zu 1) eine Konkurrenzliste einreichte, nichts. Eine arbeitsgerichtliche Klärung des Haupt- und ersten Hilfsantrages nahm ihm den Konflikt zwischen individueller Koalitionsfreiheit als Gewerkschaftsmitglied und satzungsmäßiger Solidaritätspflicht gegenüber dem VAA (vgl. BVerfGE 100, 214) nicht ab. Dass er die Einreichungsfrist mithin wegen seiner Untätigkeit versäumt hat, rechtfertigte keinen Eingriff in die Wahl.

Eine Kostenentscheidung ergeht nach § 12 Abs. 5 ArbGG nicht.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist gesetzlich veranlasst, §§ 92 Abs. 1, 72 ArbGG, weil die Frage des Umfanges der Kostentragungspflicht nach § 20 Abs. 3 MitbestG höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.

Ende der Entscheidung

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