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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 06.11.2008
Aktenzeichen: 9 Sa 1068/08
Rechtsgebiete: MTV Hess. Einzelhandel


Vorschriften:

MTV Hess. Einzelhandel § 2
MTV Hess. Einzelhandel § 2a
MTV Hess. Einzelhandel § 3
MTV Hess. Einzelhandel § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. April 2008 - 8 Ca 1562/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Vergütungszuschläge.

Die Beklagte, die in A ein Warenhaus betreibt, ist Mitglied des B e.V., der Tarifvertragspartei des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer/innen im Hessischen Einzelhandel, gültig ab 1. Jan. 2006 (MTV) ist. Die Beklagte wendet diesen Tarifvertrag auf das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis an. Die Klägerin ist bei der Beklagten als Substitutin beschäftigt. Ihr monatliches Stundenvolumen belief sich auf 163, ab Mai 2007 auf 81,5. Das regelmäßige monatliche Entgelt belief sich bis April 2007 auf EUR 2.462,40, ab Mai 2007 auf EUR 1.231,20. Die Klägerin hat für das Jahr 2007 Zuschläge für Nachtarbeit nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrages in Höhe von 55 % für die Zeit ab 19.30 Uhr geltend gemacht. Der MTV lautet auszugsweise:

§ 2 Ziff. 7

Dringende Vor- und Abschlussarbeiten, Zu-Ende-Bedienen der Kundschaft, Aufräumungsarbeiten und dergleichen sind von dem hierfür erforderlichen Personal als Ausnahme über die in Ziff. 1 festgelegte Arbeitszeit hinaus zu leisten und zu vergüten. Die hierfür erforderliche Zeit darf 10 Minuten am Tag nicht überschreiten. Ein Mehrarbeitszuschlag ist für diese Zeit zu zahlen.

§ 2 a Spätöffnungs- und Samstagsarbeit

1. Spätöffnungsarbeit ist Arbeit in Verkaufsstellen, die in der Zeit von 18.30 Uhr bis 20.00 Uhr, an Samstagen in der Zeit von 14.00 Uhr bis 20.00 Uhr geleistet wird.

...

§ 4 Zuschläge

1. Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit kann zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat vereinbart werden,... Sie wird je Stunde mit 1/163 des Monatsentgeltes zuzüglich der nachstehenden Zuschläge bezahlt:

Nachtarbeit von 19.30 Uhr bis 6.00 Uhr 55 %

(ausgenommen regelmäßige Nachtschichtarbeit und Arbeit während der Spätöffnungszeiten sowie spätöffnungsbedingte Arbeit gemäß § 2 Ziff. 7 nach 19.30 Uhr)

...

2. Spätöffnungsarbeit

Arbeitnehmer/innen erhalten für spätöffnungsbedingt geleistete Arbeitszeit

von Montag-Freitag ab 18.30 Uhr und Samstags ab 14.30 Uhr einen Zuschlag von 20 %

Arbeit gemäß § 2 Ziff. 7 nach 20.00 Uhr (montags - samstags) 40 %

...

Die Zuschläge sind grundsätzlich in Freizeit zu gewähren. Die Freizeit ist zusammenzufassen und in Arbeitszeitsysteme einzugliedern... Auf Wunsch der Beschäftigten kann der Zuschlag im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber abgegolten werden.

3. Treffen mehrere der in §§ 3 und 4 genannten Voraussetzungen zu, so ist nur der höhere Zuschlag zu zahlen.

Nach § 18 Ziff. 1 b) MTV sind nicht erfüllte Ansprüche auf Zuschläge aller Art innerhalb von drei Monaten, gerechnet vom Gehalts- bzw. Zahltag, an welchem dem Arbeitnehmer die Abrechung für den betreffenden Abrechnungszeitraum ausgehändigt wurde, schriftlich geltend zu machen, anderenfalls erlöschen sie nach § 18 Ziff. 2 MTV.

Die Beklagte gewährte der Klägerin den Nachtzuschlag bei einer Arbeitszeit bis 21.00 Uhr oder 22.00 Uhr erst für die Zeit ab 20.00 Uhr. Für die Zeit von 19.30 Uhr bis 20.00 Uhr gewährte sie einen Zuschlag von 20 % wegen spätöffnungsbedingt geleisteter Arbeitszeit. Die Beklagte behauptet zweitinstanzlich unwidersprochen, bei Arbeitszeitende um 21.00 Uhr oder 22.00 Uhr sei für die Zeit nach 20.00 Uhr keine spätöffnungsbedingte Arbeit nach § 2 Ziff. 7 MTV mit einem Zuschlag von 40 % angefallen, sondern allenfalls ab 21.00 Uhr bzw. 22 Uhr. Die Klägerin erhielt für das Jahr 2007 monatlich ihre reguläre Vergütung ohne Zuschläge abgerechnet. Die Beklagte führt ein laufendes Arbeitszeitkonto, in welchem die geleistete Arbeit und zu berechnende Zuschläge fortlaufend saldiert sind. Die Zeitnachweise schließen jeweils mit einem als "AZ-Saldo" gekennzeichneten monatlich aktualisierten Arbeitszeitsaldo. Auf die Zeitnachweise für Januar bis Dezember 2007 wird Bezug genommen (Bl. 83 ff. d. A.).

Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, die einschlägigen Vorschriften des MTV seien dahingehend auszulegen, dass ihr auch für die Zeit ab 19.30 Uhr ein Zuschlag in Höhe von 55 % für geleistete Nachtarbeit zustehe. Spätöffnungsarbeit sei nur die Arbeit in Verkaufsstellen in der Zeit von 18.30 Uhr bis 20.00 Uhr. Arbeit, die von vornherein über den Zeitkorridor von 19.30 Uhr bis 20.00 Uhr hinausreiche, sei nicht mehr als Spätöffnungszeit, sondern in vollem Umfang als Nachtarbeit im Sinne von § 4 Nr. 1 Unterabs. 2 MTV zu werten. Zu ihren Gunsten ergebe sich eine Zeitdifferenz von 540 Minuten oder umgerechnet EUR 135,- brutto. Auf die von der Klägerin zur Akte gereichte Tabelle (Bl. 20, 21 d. A.) wird insoweit verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr über die für das Jahr 2007 auf ihrem bei der Beklagten geführten Arbeitszeitkonto aufgezeichneten Arbeitszeitguthaben hinaus weitere neun Stunden (Differenz zwischen Spätöffnungs- und Nachtarbeitszuschlag gemäß §§ 2 a Ziff. 1 und 4, Ziff. 2 MTV für den Hessischen Einzelhandel) gutzuschreiben,

hilfsweise,

an sie EUR 135,-- brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, die Forderungen der Klägerin seien gemäß § 18 MTV ausgeschlossen. Ein Anspruch bestünde aber auch dem Grunde nach nicht. Für die Spätöffnungsarbeit von 18.30 Uhr bis 20.00 sei gemäß §§ 2 a Nr. 1, 4 Nr. 2 MTV ein Zuschlag von 20 % und - bei Arbeit gemäß § 2 Ziff. 7 MTV für die Zeit bis 20.10 Uhr - ein Zuschlag gemäß § 4 Ziff. 2 MTV in Höhe von 40 % zu gewähren. Erst für die darüber hinausgehende Arbeitszeit sei ein Zuschlag für Nachtarbeit zu zahlen. Die Ausnahme vom Anspruch auf Zahlung von Nachtarbeitszuschlägen sei explizit durch den Klammerzusatz in § 4 Ziff. 1 MTV hervorgehoben. Es läge auch kein Zusammentreffen mehrerer Ansprüche im Sinne des § 4 Ziff. 3 MTV vor.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch Urteil vom 25. April 2008 - 8 Ca 1562/08 - abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei Spätöffnungsarbeit sei ein Nachtzuschlag erst ab 20.00 Uhr zu zahlen, dies bringe der Klammerzusatz in § 4 Ziff. 1 MTV deutlich zum Ausdruck. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen das ihr am 12. Juni 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am Montag, den 14. Juli 2008 per Telefax Berufung eingelegt und diese am 12. Aug. 2008 begründet.

Die Klägerin rügt, das Arbeitsgericht habe § 4 MTV unzutreffend ausgelegt. Für den Zeitkorridor zwischen 19.30 Uhr und 20.10. Uhr bestehe eine Teilidentität des Regelungsbereichs der Zuschlagsregelungen über Nacht- und Spätöffnungsarbeit. Durch den Klammerzusatz in § 4 Ziff. 1 Unterabs. 2 MTV sei nur die Phase zwischen 19.30 Uhr und 19.40 Uhr aus dem Begriff der Nachtarbeiten ausgenommen. Handele es sich um planbare Arbeit nach 19.30 Uhr, beginne damit auch die zuschlagspflichtige Nachtarbeit.

Die Klägerin beantragt, in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. April 2008 - 8 Ca 1562/08 - die Beklagte zu verurteilen,

ihr über die für das Jahr 2007 auf ihrem bei der Beklagten geführten Arbeitszeitkonto aufgezeichneten Arbeitszeitguthaben hinaus weitere neun Stunden (Differenz zwischen Spätöffnungs- und Nachtarbeitszuschlag gemäß §§ 2 a Ziff. 1 und 4, Ziff. 2 MTV für den Hessischen Einzelhandel) gutzuschreiben,

hilfsweise,

an sie EUR 135,-- brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das Urteil des Arbeitsgerichts und ist weiterhin der Auffassung, der Nachtarbeitszuschlag müsse nur dann gezahlt werden, wenn keine Ausnahme nach § 4 Ziff. 1 Unterabs. 2 MTV greife. Durch das Exklusivitätsverhältnis des Klammerzusatzes ergäbe sich keine Zuschlagskumulation im Sinne des § 4 Ziff. 3 MTV. Die Zeitnachweise seien Berechnungsgrundlage für die Zuschläge und somit als Abrechnungen im Sinne von § 18 Ziff. 1 a) MTV anzusehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 6. Nov. 2008 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft, §§ 8 Abs.2 ArbGG, 511 ZPO, 64 Abs. 1 ArbGG und begegnet wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes keinen Bedenken, § 64 Abs. 2 b ArbGG. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden, §§ 66 Abs.1 ArbGG, 519, 520 ZPO, und damit insgesamt zulässig.

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des begehrten Zuschlages für Nachtarbeit nach § 4 Ziff. 1 MTV. Die Beklagte, die tarifgebunden ist, wendet den Manteltarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin an, die zu einer Gewerkschaftszugehörigkeit nichts vorträgt, aber Ansprüche hieraus geltend macht, so dass die fraglichen Bestimmungen des MTV jedenfalls kraft einvernehmlicher arbeitsvertraglicher Einbeziehung in das Arbeitsverhältnis gelten.

Ansprüche der Klägerin sind nicht schon nach § 18 Ziff. 2 MTV erloschen. Die dreimonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung begann nicht zu laufen, weil die Klägerin keine Abrechnungen über die Nachtarbeitszuschläge erhielt. Denn eine Abrechnung der Zuschläge ist vorliegend gerade nicht erfolgt. Vielmehr sind die Zuschläge durch das Zeiterfassungssystem der Beklagten kontinuierlich aufsaldiert worden und auf den Folgemonat übertragen worden. Werden Zeitzuschläge nicht abgerechnet, weil sie permanent aufsaldiert werden, greift schon nach dem Wortlaut der Ausschlussklausel die Ausschlussfrist des § 18 Ziff. 2 in Verb. mit Ziff. 1 a) MTV nicht (ebenso LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 28. Jan. 2002 - 7 Sa 1155/01 - Juris). Die monatlichen Ausweisungen ergeben kein endgültiges Ergebnis wieder. Ob sich aus der Kontoführung Ansprüche des Arbeitnehmers ergeben, kann regelmäßig erst mit Beendigung des Ausgleichszeitraumes beurteilt werden (BAG Urteil vom 5. Sept. 2002 - 9 AZR 244/01 - EzA § 1 BurlG Nr. 24 = NZA 2003, 726). Bedingt durch die permanente Aufsaldierung ist der Anspruch auf Zuschläge nach § 18 Ziff. 1 b) binnen zwei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Zuschlagsdifferenz von 15 % für die Zeit von 20.00 bis 20.10 Uhr. Die Beklagte hat bei Arbeitsende um 21.00 Uhr oder 22.00 Uhr in der Zeit von 20.00 Uhr bis 20.10 Uhr keine Arbeiten gemäß § 2 Ziff. 7 MTV mit einem Zuschlag von 40 % berechnet, sondern ab 20.00 Uhr Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 55 %. Dies ergibt sich aus ihrer Darstellung im Schreiben vom 30. Juli 2007 (Bl. 10 d. A.) sowie aus den Abrechnungen, die die Kammer in der Berufungsverhandlung stichprobenartig überprüft hat. Die Klägerin wollte dazu keine Stellungnahme abgeben, so dass der Abrechnungsmodus als unstreitig anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO). Die Spalten 6 bis 8 in den Tabellen der Klägerin zur Klageschrift sind damit gegenstandslos.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung von Zuschlägen für Nachtarbeit für die Zeit von 19.30 Uhr bis 20.00 Uhr. Dass die Beklagte Nachtarbeitszuschläge nach § 4 Ziff. 1 MTV erst ab 20.00 Uhr gewährt hat, entspricht der tarifvertraglichen Regelung. Dies ergibt die Auslegung von §§ 2, 3 und 4 MTV. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z.B. BAG Urteil vom 20. Febr. 2008 - 10 AZR 597/06 - Juris; BAG Urteil vom 19. Januar 2000 - 4 AZR 814/98 - BAGE 93, 229, zu 3 a der Gründe) den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.

Der Tarifwortlaut des § 4 Ziff. 1 Unterabsätze 1 und 2 MTV ergibt als maßgeblichen Sinn der Tarifnorm, dass im Zeitraum ab 19.30 Uhr Nachtarbeit anfällt, für die ein Zuschlag in Höhe von 55 % zu gewähren ist, dass es hiervon jedoch Ausnahmen gibt. Dies ergibt sich aus dem Klammerzusatz "(ausgenommen...)". Der Begriff "ausgenommen" bedeutet eine Ausnahme von der vorstehenden Regel. Ausgenommen von der Nachtarbeit sind regelmäßige Nachtarbeit und Arbeit während der Spätöffnungszeiten sowie spätöffnungsbedingte Arbeit gemäß § 2 Ziff. 7 MTV nach 19.30 Uhr. Da die Beklagte wie ausgeführt bei Spätöffnungszeiten bis 21.00 Uhr oder 22.00 Uhr keine spätöffnungsbedingte Arbeit gemäß § 2 Ziff. 7 MTV mit 40 % bezuschlagt hat, sondern ab 20.00 Uhr Nachtarbeit mit 55 %, geht es hier allein um die Zeit zwischen 19.30 Uhr und 20.00 Uhr. Dies ist Spätöffnungsarbeit, die in § 2 a Ziff. 1 MTV definiert ist. Danach ist Spätöffnungsarbeit Arbeit in Verkaufsstellen, die in der Zeit von 18.30 Uhr bis 20.00 Uhr geleistet wird. Da diese in § 4 Ziff. 1 von der Nachtarbeit ausgenommen ist, kann bei Spätöffnungsarbeit bis 20.00 Uhr keine Nachtarbeit anfallen. Nach § 4 Ziff. 2 erhalten Arbeitnehmer für spätöffnungsbedingte Arbeit, die keine Arbeit gemäß § 2 Ziff. 7 MTV nach 20.00 Uhr ist, einen Zuschlag von 20 %. Darauf, ob die sich an die Spätöffnungsarbeit anschließende Nachtarbeit planbar ist, kommt es nicht an, denn nach § 4 Ziff. 1 MTV ist die Arbeit während der Spätöffnungszeiten, also bis 20.00 Uhr, einschränkungslos von der Nachtarbeit ausgenommen. Ein entgegenstehender Wille der Tarifvertragsparteien hat in den tariflichen Normen keinen Niederschlag gefunden. Der tarifliche Gesamtzusammenhang lässt nur den Sinn und der Zweck der Tarifnormen erkennen, Spätöffnungsarbeit für den Arbeitgeber gegenüber der Nachtarbeit billiger zu machen und in der Zeit von 19.30 Uhr bis 20.00 Uhr nicht mit dem Zuschlag für Nachtarbeit in Höhe von 55 % zu belasten. § 4 Ziff. 3 MTV kommt hier nicht zur Anwendung, da nicht mehrere der in §§ 3 und 4 MTV genannten Voraussetzungen zutreffen, sondern ein Zuschlag für Nachtarbeit während der Spätöffnungsarbeit von 19.30 Uhr bis 20.00 Uhr ausdrücklich ausgenommen ist, so dass ein Konkurrenzverhältnis nicht entstehen kann.

Die Kosten ihrer erfolglosen Berufung trägt die Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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