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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 06.12.2007
Aktenzeichen: 9 TaBV 153/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 20 Abs. 3
BetrVG § 37 Abs. 6
BetrVG § 80 Abs. 3
Ein Anspruch auf Freistellung von einer Vergütungsforderung für eine anwaltliche Rechtsberatung des Wahlvorstandes setzt eine vorherige Vereinbarung nach § 80 Abs. 3 BetrVG voraus.

Die Beauftragung für die Durchführung einer allgemeinen Schulung des Wahlvorstandes über das Wahlverfahren wird von einer Beschlussfassung, einen Anwalt mit der Beratung des Wahlvorstandes zu beauftragen, nicht gedeckt.


Tenor:

Es wird festgestellt, dass das Verfahren hinsichtlich des Widerantrages der Beteiligten zu 2) in Höhe eines Betrages von 2.730,84 EUR (in Worten: Zweitausendsiebenhundertdreißig und 84/100 Euro) in der Hauptsache erledigt ist.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. April 2007 - 9 BV 481/06 - wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Beteiligten zu 2) Zinsen nur bis zum 05. Dezember 2007 zugesprochen werden.

Im Hinblick auf die Zurückweisung der Beschwerde wegen des erstinstanzlich abgewiesenen Antrages auf Zahlung von 990,63 EUR (in Worten: Neunhundertneunzig und 63/100 Euro) nebst Zinsen wird die Rechtsbeschwerde für den Beteiligten zu 1) zugelassen, im Übrigen nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um Anwaltskosten, die im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl entstanden sind.

Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) ist Rechtsanwalt in einer auf Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei, die auch Schulungen in hauseigenen Räumen oder in Betrieben durchführt. Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) beschäftigt etwa 35 Arbeitnehmer. Der für die Betriebsratswahl 2006 gebildete, aus drei Personen bestehende Wahlvorstand teilte dem Beteiligten zu 1) durch Schreiben vom 16. Febr. 2006 mit, er habe in seiner Sitzung vom selben Tag beschlossen, ihn mit der Beratung und Vertretung seiner rechtlichen Interessen im Zusammenhang mit der anstehenden Betriebsratswahl zu beauftragen. Weiterhin sei beschlossen worden, die dadurch gegen den Arbeitgeber entstehenden Ansprüche auf Freistellung von den Kosten nach § 20 Abs. 3 BetrVG an die Rechtsanwälte A und B abzutreten.

Der Wahlvorstand beauftragte den Beteiligten zu 1) mit der Durchführung einer Schulung, die am 15. März 2006 über zweieinhalb Stunden stattfand. Den vom Beteiligten zu 1) dem Wahlvorstand übermittelten Fragenkatalog beantwortete dieser mit E-Mail vom 14. März 2006. Mit Schreiben vom 3. März 2006 informierte der Beteiligte zu 1) die Arbeitgeberin von seiner Beauftragung und schlug ihr eine Honorarvereinbarung vor. Die Beteiligte zu 2) äußerte sich hierauf nicht.

Der Beteiligte zu 1) übersandte der Arbeitgeberin am 2. Juni 2006 seine Honorarrechung über EUR 3.804,80 für die laufende Beratung des Wahlvorstandes bei den Betriebsratswahlen 2006 am 11., 13. und 15. März sowie am 4., 7. (richtig: 8.) und 12. April 2006 mit einer Zeitdauer von 787 Minuten und einem Stundenhonorar von EUR 250,-- zzgl. Mehrwertsteuer. Unter dem 19. Juni 2006 bot der Beteiligte zu 1) die Reduzierung der Rechnung auf EUR 2.730,84 an, wenn die Beteiligte zu 2) bis zum 29. Juni 2006 zahle. Darauf ging sie zunächst nicht ein, hat aber auf die Zustellung der Antragsschrift vom 4. Juli am 18. Juli 2006 EUR 2.730,84 an den Beteiligten zu 1) gezahlt. Diesen Betrag hat der Beteiligte zu 1) nach Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses am 29. Nov. 2007 an die Beteiligte zu 2) zurück überwiesen.

Der Beteiligte zu 1) hat vorgetragen, der Wahlvorstand habe seine Beauftragung in der Sitzung vom 16. Febr. 2006 beschlossen. Näheres könne er mangels Informationen seitens des Wahlvorstandes hierzu nicht darlegen. Der Wahlvorstand sei jedoch ohnehin am Verfahren zu beteiligen. Auf die Tätigkeitsaufstellung des Beteiligten zu 1) und die Darstellung seiner vergütungspflichtigen Leistungen wird Bezug genommen. Der Beteiligte zu 1) ist der Auffassung gewesen, hierfür könne der Wahlvorstand Freistellung bzw. er aus abgetretenem Recht gemäß § 20 Abs. 3 BetrVG Vergütung verlangen. Die Schulung und die laufende Beratung seien erforderlich gewesen. Der Rückforderungsanspruch der Beteiligten zu 2) sei nach § 814 BGB ausgeschlossen.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,

die Beteiligte zu 2) zu verurteilen, an ihn EUR 990,63 Anwaltsvergütung nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juli 2006 zu zahlen.

Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen

und im Wege des Widerantrags,

den Beteiligten zu 1) zu verurteilen, an sie EUR 2.730,84 nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Sept. 2006 zu zahlen.

Die Arbeitgeberin ist der Auffassung gewesen, der Beteiligte zu 1) sei nicht aktivlegitimiert, weil die Abtretung seitens des Wahlvorstandes an die Rechtsanwälte A und B gemeinsam erfolgt sei. Sie hat bestritten, dass ein Beschluss über die Beauftragung des Beteiligten zu 1) zur Durchführung einer Schulungsveranstaltung ordnungsgemäß gefasst worden sei. Die vom Beteiligten zu 1) vorgetragene Beschlussfassung sei zudem inhaltlich zu unbestimmt. Es fehle außerdem eine Vereinbarung nach § 80 Abs. 3 BetrVG für die Tätigkeit des Beteiligten zu 1) neben der Schulung. Es handele sich hierbei um Rechtsberatung. Die Arbeitgeberin hat schließlich den vom Beteiligten zu 1) behaupteten Zeitaufwand für seine Tätigkeit im Einzelnen bestritten. Letztendlich sei die Schulungsmaßnahme nicht verhältnismäßig gewesen, weil es günstigere Angebote bei gleicher Qualität gegeben habe. Den bereits gezahlten Betrag habe sie nicht in Kenntnis der Nichtschuld im Sinne des § 814 BGB geleistet.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag des Beteiligten zu 1) durch Beschluss vom 11. April 2007 - 9 BV 481/06 - zurückgewiesen und dem Widerantrag der Beteiligten zu 2) stattgegeben, weil vor Hinzuziehung des Beteiligten zu 1) für die Tätigkeiten außerhalb der Schulung und ihre Vorbereitung keine Vereinbarung im Sinne des § 80 Abs. 3 BetrVG getroffen worden sei. Hinsichtlich einer Beauftragung des Beteiligten zu 1) zur Durchführung einer Schulung könne eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Wahlvorstands nicht festgestellt werden. Das Arbeitsgericht hat den Widerantrag für begründet gehalten, weil die Rückforderung nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen sei.

Gegen den ihm am 26. Juni 2007 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1) am 24. Juli 2007 per Telefax Beschwerde eingelegt und diese am 24. Aug. 2007 ebenfalls per Telefax begründet.

Der Beteiligte zu 1) rügt, dass § 80 Abs. 3 BetrVG auf den Wahlvorstand nicht anwendbar sei. § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG bestimme umfassend, dass der Arbeitgeber die hinsichtlich der Wahl anfallenden Kosten zu tragen habe. Hinsichtlich der Beschlussfassung des Wahlvorstands zur Beauftragung des Beteiligten zu 1) habe das Arbeitsgericht außer acht gelassen, dass eine gesetzliche Vermutung dafür spreche, dass der Vorsitzende auf Grund und im Rahmen eines ordnungsgemäßen Beschlusses gehandelt habe. Das Bestreiten der Beteiligten zu 2) sei zudem rechtsmissbräuchlich. Das Arbeitsgericht hätte jedenfalls aber Beweis über die Beschlussfassung erheben müssen. Das Arbeitsgericht habe die Beteiligung des Wahlvorstandes § 83 Abs. 3 ArbGG zuwider unterlassen. Der Wahlvorstand habe die Beauftragung des Beteiligten zu 1) im Rahmen der Wahl für erforderlich und auch verhältnismäßig ansehen dürfen. Die Rücküberweisung des Betrages von EUR 2.730,84 sei zur Abwendung der von der Beteiligten zu 2) eingeleiteten Zwangsvollstreckung erfolgt.

Der Beteiligte zu 1) hat zunächst beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. April 2007 - 9 BV 481/06 - abzuändern und die Beteiligte zu 2) zu verurteilen, an ihn EUR 990,63 nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juli 2006 zu zahlen sowie den Widerantrag zurückzuweisen.

Nach Rückzahlung eines Betrages in Höhe von EUR 2.730,84 an die Beteiligte zu 2) beantragt er nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Beteiligte zu 2) zu verurteilen, an ihn EUR 3.707,16 nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juli 2006 zu zahlen und den Widerantrag zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2) erklärte das Verfahren im Hinblick auf die zurückerhaltene Hauptforderung in Höhe von EUR 2.730,84 für erledigt, nicht jedoch wegen der geltend gemachten Zinsen für die Zeit vom 4. Sept. 2006 bis zum 5. Dez. 2007. Insoweit beantragt sie die Zurückweisung der Beschwerde.

Der Beteiligte zu 1) stimmte der Teilerledigung nicht zu, weil die Rückzahlung in Höhe von EUR 2.730,84 zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt sei.

Die Beteiligte zu 2) verteidigt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen den Beschluss des Arbeitsgerichts und ist der Auffassung, hinsichtlich der Beschlussfassung des Wahlvorstandes obliege es nicht dem Arbeitsgericht, Sachaufklärung zu betreiben, wenn ein Beteiligter aus eigener Kenntnis keinen Sachvortrag erbringen könne. Abgesehen davon sei die Schulung weder erforderlich noch verhältnismäßig gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 6. Dez. 2007 verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG, und zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG.

Der Wahlvorstand ist nicht zu beteiligen, da er in einer betriebsverfassungsrechtlichen Position nicht betroffen ist. Er hat bestehende Ansprüche gegen den Arbeitgeber wirksam an die Rechtsanwälte A und B abgetreten. Aufgrund der Abtretung hat sich der Freistellungsanspruch des Wahlvorstandes in einen Zahlungsanspruch des Beteiligten zu 1) gegen die Beteiligte zu 2) umgewandelt (vgl. BAG Beschluss vom 17. Aug. 2005 - 7 ABR 56/04 - EzA § 40 BetrVG 2001 Nr. 10; BAG Beschluss vom 25. Aug. 2004 - 7 ABR 60/03 - NZA 2005, 168). Das vorliegende Verfahren betrifft den Wahlvorstand mithin nicht mehr.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der hinsichtlich ihres Widerantrages infolge einseitiger Erledigungserklärung der Beteiligten zu 2) gemäß § 263 ZPO zulässigerweise geänderte, auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache gerichtete Antrag ist begründet. Bei einer lediglich einseitigen Erledigungserklärung hat das Rechtsmittelgericht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu prüfen, ob das Verfahren tatsächlich erledigt ist. Ist das der Fall, so ist das Verfahren ebenso einzustellen, wie wenn die Beteiligten es übereinstimmend für erledigt erklärt hätten. Voraussetzung für eine Einstellung nach einseitiger Erledigungserklärung ist im Beschlussverfahren anders als im Urteilsverfahren mithin nicht, dass der Sachantrag ursprünglich zulässig und begründet war. Allein ein tatsächlich erledigendes Ereignis und die einseitige Erledigungserklärung durch den Antragsteller führen zur Einstellung des Verfahrens nach § 83 a ArbGG (BAG Beschluss vom 27. Aug. 1996 - 3 ABR 21/95 - EzA § 83a ArbGG 1979; BAG Beschluss vom 23. Juni 1993 - 2 ABR 58/92 - EzA § 103 BetrVG 1972 Nr. 34; BAG Beschluss vom 26.04.1990 - 1 ABR 79/89 - EzA § 83a ArbGG 1979 Nr. 1).

Das Verfahren ist hinsichtlich des Widerantrages der Beteiligten zu 2) in Höhe eines Betrages von EUR 2.730,84 erledigt und wird entsprechend §§ 90 Abs. 2, 83 a Abs. 2 ArbGG eingestellt, weil insoweit Erfüllungswirkung eingetreten ist. Zahlungen, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem nur vorläufig vollstreckbaren Urteil geleistet werden, bewirken zwar grundsätzlich keine Erfüllung (BGH Urteil vom 22.05.1990 - IX ZR 229/89 - NJW 1990, 2756; BGH Urteil vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 104/80 - NJW 1981, 2244). Sie stehen unter dem Vorbehalt, dass das Bestehen der Schuld rechtskräftig festgestellt wird. Dieser Vorbehalt lässt die Schuldtilgung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Schwebe. Der Beteiligte zu 1) kann jedoch den genannten Betrag unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zurückverlangen, weder nach § 717 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit §§ 812 ff. BGB, noch unmittelbar nach § 812 Abs. 1 BGB. Auch über den darüber hinaus gehenden Betrag in Höhe von EUR 990,63 hat die Beschwerde keinen Erfolg. Der Rückforderung seitens der Beteiligten zu 2) stand § 814 BGB nicht entgegen, denn es kann nicht festgestellt werden, dass diese in Kenntnis der Nichtschuld geleistet hat. Die hier vorausgesetzte positive Kenntnis der Rechtslage zum Zeitpunkt der Leistung kann nicht festgestellt werden. Die Beteiligte hat gezahlt, weil sie davon ausging, den gezahlten Betrag zu schulden, nicht jedoch, obwohl sie wusste, dass sie nichts schuldet.

Der Beteiligte zu 1) ist aktivlegitimiert. Der Wahlvorstand hat bestehende Freistellungsansprüche wirksam an die Rechtsanwälte A und B abgetreten und Rechtsanwalt A seine Forderung nach der Abtretungserklärung vom 22. Dez. 2006 (Bl. 97 d. A.) wirksam an den Beteiligten zu 1). Durch diese weitere Abtretungsvereinbarung ist der Anspruch gemäß § 398 Satz 1 und 2 BGB auf den Beteiligten zu 1) übergegangen.

Ein Anspruch auf Zahlung von Vergütung für die vom Beteiligten zu 1) durchgeführte Schulung des Wahlvorstands gemäß §§ 20 Abs. 3, 37 Abs. 6 BetrVG (vgl. BAG Beschluss vom 7. Juni 1984 - 6 AZR 3782 - EzA § 20 BetrVG 1972 Nr. 13; Hess. LAG Beschluss vom 11. Juni 1985 - 14/5 TaBV 91/84 - Juris; ArbGG Frankfurt am Main Beschluss vom 3. März 1999 - 14 BV 210/98 - AiB 1999, 401 = Juris) besteht jedoch nicht. Ein Anspruch des Beteiligten zu 1) aus abgetretenem Recht gegen die Beteiligte zu 2) auf Zahlung der Vergütung nach § 20 Abs. 3 BetrVG für die Durchführung der Schulungsveranstaltung gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG, setzt einen Beschluss des Wahlvorstands zur Teilnahme an der durchgeführten Veranstaltung voraus (BAG Beschluss vom 8. März 2000 - 7 ABR 11/98 - NZA 2000, 838). Über die Durchführung einer Schulungsveranstaltung wurde jedoch kein Beschluss gefasst. Die vom Beteiligten zu 1) vorgelegte Bestätigung des Vorsitzenden des Wahlvorstandes vom 16. Febr. 2006 (Bl. 9 d. A.) ist, eine entsprechende Beschlussfassung unterstellt, keine ausreichende Grundlage für die Durchführung einer Schulungsveranstaltung. Danach hat der Wahlvorstand beschlossen, die Rechtsanwälte A und B mit seiner Beratung und der Vertretung seiner rechtlichen Interessen im Zusammenhang mit der anstehenden Betriebsratswahl zu beauftragen und die hierdurch gegen den Arbeitgeber entstehenden Ansprüche auf Freistellung von den Kosten nach § 20 Abs. 3 BetrVG an die Rechtsanwälte A und B abzutreten. Genau diese Beauftragung teilte der Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 3. März 2006 sodann der Beteiligten zu 2) mit und legte sie auch seiner Rechnung vom 2. Juni 2006 (Bl. 12 bis 14 d. A.) zu Grunde. Die Schulungsveranstaltung am 15. März 2006 und die Tätigkeiten für ihre Vorbereitung am 11. und 13. sowie am 15. März und ihre Nachbereitung betreffen weder eine Vertretung der rechtlichen Interessen des Wahlvorstandes noch eine Beratung. Eine Beratung grenzt sich von einer Schulung dadurch ab, dass die Schulung - wie die Gliederung des Beteiligten zu 1) (Bl. 85 d. A.) auch belegt - einen allgemeinen Überblick über das Thema gibt, während eine Beratung sich auf ein bestimmtes Ziel oder eine gewünschte Lösung eines Rechtsproblems bezieht.

Der Antrag des Beteiligten zu 1) ist auch, was die Tätigkeiten vom 4., 8. und 12. April betrifft, nicht begründet. Es handelt sich hierbei zwar jeweils um eine Beratung entsprechend der Beauftragung, es ist jedoch streitig, ob der Wahlvorstand überhaupt einen ordnungsgemäßen Beschluss zur Beauftragung des Beteiligten zu 1) gefasst hat. Der Freistellungs- bzw. Vergütungsanspruch des Beteiligten zu 1) knüpft an seine Beauftragung durch einen Beschluss des Wahlvorstandes an. Er setzt eine wirksame Beschlussfassung voraus ( vgl. BAG Beschluss vom 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - EzA § 76a BetrVG 1972 Nr. 10; BAG Beschluss vom 19. August 1992 - 7 ABR 58/91 - EzA § 76a BetrVG 1972 Nr. 7). Dieser Beschluss muss den allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen genügen. Bestreitet der Arbeitgeber eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Wahlvorstandes, hat dieser die Tatsachen zum Zustandekommen seines Beschlusses vorzutragen (vgl. BAG Beschluss vom 16. Nov. 2005 - 7 ABR 12/05 - Juris). Hier hat die Arbeitgeberin die Beschlussfassung erst- und zweitinstanzlich gerügt, eine Beweisaufnahme nach § 83 Abs. 2 ArbGG durch Vernehmung der Mitglieder des Wahlvorstandes (Seite 2 der Antragsschrift) ist jedoch nicht durchzuführen.

Es besteht schon deshalb kein Vergütungsanspruch für die Beratung, weil der Beteiligte zu 1) hierüber mit der Beteiligten zu 2) keine Vereinbarung nach § 80 Abs. 3 BetrVG getroffen hat. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird insoweit Bezug genommen. Die Beschwerde rechtfertigt keine andere Beurteilung. Ein Anspruch ergibt sich nicht bereits aus § 20 Abs. 3 BetrVG. Nach dieser Vorschrift trägt der Arbeitgeber die Kosten der Wahl. Hierzu können die Aufwendungen für eine erforderliche Schulungsveranstaltung gehören oder die Vergütung für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts bei Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl (BAG Beschluss vom 16. April 2003 - 7 ABR 29/02 - EzA § 20 BetrVG 2001 Nr. 1; Löwisch/Thüsing, BetrVG, § 20 Rz. 37; Fitting, BetrVG § 20 Rz. 38; DKK-Schneider, § 20 BetrVG Rz. 30). Unter § 20 Abs. 3 BetrVG fallen alle Kosten, die mit der Einleitung und der Durchführung der Betriebsratswahl sowie der Überprüfung des Wahlergebnisses verbunden sind. § 80 Abs. 3 BetrVG ist durch diese Vorschrift jedoch nicht aufgehoben. Ein Rechtsanwalt, der vom Wahlvorstand zur Beratung über Wahlfragen hinzugezogen wird, wird als Sachverständiger im Sinne des § 80 Abs. 3 BetrVG tätig. Die dabei entstehenden Kosten sind nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 BetrVG erstattungsfähig (BAG Beschluss vom 15. Nov. 2000 - 7 ABR 24/00 - EzA § 40 BetrVG 1972 Nr. 92; BAG Beschluss vom 26. Febr. 1992 - 7 ABR 51/90 - EzA § 80 BetrVG 1972 Nr. 40). Insbesondere ist eine nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber über den Gegenstand der gutachterlichen Tätigkeit, über die Person des Sachverständigen und über dessen Vergütung notwendig oder die Ersetzung der Willenserklärung des Arbeitgebers durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung (BAG a.a.O.). § 20 Abs. 3 BetrVG deckt nicht ohne weitere Voraussetzungen alle Wahlkosten ab. So muss eine Schulung nach § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlich sein, müssen Sachmittel entsprechend § 40 Abs. 2 BetrVG erforderlich sein und bedarf die Hinzuziehung eines (Rechts)Sachverständigen der vorherigen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. § 20 Abs. 3 BetrVG enthält keinen Hinweis darauf, dass § 80 Abs. 3 BetrVG hier nicht gilt und der Wahlvorstand zunächst ohne Konkretisierung durch eine Vereinbarung eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen kann. Vielmehr bedarf es auch insoweit einer vorherigen Festlegung, die im Verweigerungsfall auch durch ein (Eil)Beschlussverfahren erzielt werden kann.

Soweit der Widerantrag - wegen der zugesprochenen Zinsen - nicht für erledigt erklärt worden ist, ist die Beschwerde ebenfalls nicht begründet. Der Beteiligte zu 1) schuldet die Zinsen als Prozesszinsen für die Zeit bis zur Rückzahlung des Betrages in Höhe von EUR 2.730,84.

Eine Kostenentscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG nicht.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich der Zurückweisung der Beschwerde mit den sich aus dem Tenor ergebenden Einschränkungen wegen grundsätzlicher Bedeutung gesetzlich veranlasst, da die entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob die Geltendmachung von Beratungskosten im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl einer vorherigen Vereinbarung nach § 80 Abs. 3 BetrVG bedarf oder diese Vorschrift im Rahmen des § 20 Abs. 3 BetrVG nicht heranzuziehen ist, von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch zu klären ist, §§ 92 Abs. 1, 72 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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