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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 30.06.2008
Aktenzeichen: (4) 1 Ss 249/08 (126/08)
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 45
StPO § 299
StPO § 341 Abs. 1
Ein Gefangener darf nicht darauf vertrauen, dass in der Haftanstalt an jedem Tag ein Urkundsbeamter zur Verfügung steht, um rechtzeitig ein Rechtsmittel einlegen zu können. Gibt er erst am Tag vor Fristablauf einen Vormelder zur Vorführung zu dem Urkundsbeamten ab, hat er es zu vertreten, wenn die Frist versäumt wird.
KAMMERGERICHT Beschluss

Geschäftsnummer: (4) 1 Ss 249/08 (126/08)

In der Strafsache gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.

hat der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 30. Juni 2008 beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 3. Dezember 2007 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 3. Dezember 2007 wird als unzulässig verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und wegen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit dem in Anwesenheit des Angeklagten verkündeten Urteil vom 3. Dezember 2007 hat das Landgericht seine auf das Strafmaß beschränkte Berufung verworfen. Seine hiergegen am 13. Dezember 2007 eingelegte Revision und sein zugleich gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision sind unzulässig.

1. Ein zulässiger Wiedereinsetzungsantrag setzt voraus, dass der Antragsteller einen Sachverhalt vorträgt, der ein eigenes der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden ausschließt (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Senat, Beschluss vom 26. April 2006 - 4 Ws 65/06 -; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl., § 45 Rdn. 5 m.w.N.) und dies glaubhaft macht (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO). Das ist hier nicht der Fall.

Der Angeklagte begründet die Fristversäumung damit, dass er am 10. Dezember 2007, dem Tag des Ablaufs der Frist zur Einlegung der Revision, in der Haftanstalt den Antrag gestellt habe, dem Urkundsbeamten vorgeführt zu werden, dies aber ohne sein Verschulden nicht erfolgt sei.

Bei diesem Vorbringen ist nicht erkennbar, dass der Angeklagte die Frist von einer Woche zur Einlegung der Revision ohne eigenes Verschulden versäumt hat. Der Angeklagte ist ausweislich der Sitzungsniederschrift nach Erlass des Urteils belehrt worden, dass er das Rechtsmittel entweder zu Protokoll des Urkundsbeamten oder in einfacher Form schriftlich innerhalb einer Woche einlegen kann. Es wäre ihm daher - jedenfalls trägt er nichts anderes vor - ohne weiteres möglich gewesen, das Rechtsmittel rechtzeitig schriftlich einzulegen. Dass er stattdessen von der zeitaufwändigeren und letztlich das Fristversäumnis verursachenden Möglichkeit des § 299 StPO Gebrauch gemacht hat, stellt ein eigenes Verschulden des Angeklagten dar, denn § 299 StPO lässt die Befugnis des Gefangenen, seine Erklärung anders als auf dem Weg des § 299 StPO abzugeben, unberührt (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Februar 2000 - (4) 1 Ss 26/00 (20/00) - in juris). Darüber hinaus darf ein Gefangener in Anbetracht des damit verbundenen organisatorischen Aufwandes bei der Justizvollzugsanstalt nicht darauf vertrauen, dass ihm zu jeder Zeit und innerhalb kürzester Frist die Erklärung eines Rechtsmittels zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk er untergebracht worden ist, ermöglicht werden kann (vgl. Thüringer OLG, Beschluss vom 29. Oktober 2007 - 1 Ws 356/07 - bei juris). Unabhängig davon, dass zudem die nach § 45 StPO erforderliche Glaubhaftmachung der von dem Angeklagten behaupteten unverschuldeten Fristversäumnis fehlt, hat er es daher auch zu vertreten, dass sein Rechtsmittel nicht rechtzeitig eingelegt worden ist.

2. Die Revision wahrt nicht die Frist gemäß § 341 Abs. 1 StPO und war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 349 Abs. 1 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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