Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 12.05.2004
Aktenzeichen: (5) 1 Ss 508/03 (3/04)
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 244 Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
(5) 1 Ss 508/03 (3/04)

In der Strafsache

wegen Betruges

hat der 5. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin in der Sitzung vom 12. Mai 2004, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Kammergericht Weißbrodt als Vorsitzender,

Richter am Kammergericht Klemt, Richter am Kammergericht Prof. Dr. Marxen als beisitzende Richter,

Oberstaatsanwalt Bäckert als Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft Berlin,

Rechtsanwalt Unger als Verteidiger,

Justizangestellte Alliger als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. September 2003 wird verworfen.

Die Landeskasse Berlin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe:

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten wegen Betruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf seine Berufung hat ihn das Landgericht Berlin freigesprochen. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung des sachlichen Rechts und beanstandet die Ablehnung eines Beweisantrags als Verstoß gegen das Verfahrensrecht.

Die Revision ist unbegründet. Die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts greift nicht durch. Auch hat die Strafkammer den Beweisantrag zu Recht abgelehnt.

I.

Das Landgericht hat zum Tatgeschehen im Wesentlichen Folgendes festgestellt:

Der Angeklagte leitete von August 1995 bis Februar 1999 die Brennstoffabteilung der Berliner Betriebe (B ), die als Anstalt des öffentlichen Rechts alle senatseigenen Betriebe mit Brennstoffen versorgten und daneben in der Form des Großhandels Brennstoffe erwarben und an Zwischenhändler verkauften, um Gewinne zu erzielen. Für beide Bereiche - für die Versorgung der senatseigenen Betriebe und für den Großhandel - bezogen die B Braunkohleprodukte von der R GmbH, einer Tochterfirma zweier Unternehmen, die den Braunkohleabbau in Ostdeutschland betrieben. Je nach Verwendungszweck berechnete die R den B unterschiedliche Preise. Soweit die Braunkohle weiterverkauft werden sollte, verlangte sie den sogenannten Hausbrand-Listenpreis, den auch andere Großhändler zu bezahlen hatten. Für Lieferungen, die allein der Versorgung der senatseigenen Betriebe dienten, wurde ein geringerer Preis angesetzt, der teils als Wettbewerbsanpassungspreis und tteils als Industrieverbraucherpreis ausgewiesen wurde. Am 23. März 1996, 12. Mai 1997 und 28. Januar 1998 schloß der Angeklagte für die B Verträge mit der R, welche die Belieferung mit Braunkohle zur Deckung des Gesamtbedarfs der senatseigenen Betriebe für das jeweilige Jahr zum Gegenstand hatten. Vereinbart wurde ein Wettbewerbsanpassungs- oder Industrieverbraucherpreis. In den Verträgen sicherten die B zu, daß die Ware ausschließlich für die Versorgung der senatseigenen Betriebe verwendet werde. Ein Weiterverkauf wurde vertraglich für unzulässig erklärt. Für den Fall schuldhafter Zuwiderhandlung wurde der R das Recht eingeräumt, die Differenz zwischen dem Wettbewerbsanpassungs- oder Industrieverbraucherpreis und dem Hausbrand-Listenpreis "nachzuberechnen". Der jeweils vertraglich festgelegte Lieferungsumfang beruhte auf unzutreffend hohen Angaben des Angeklagten über den Bedarf der senatseigenen Betriebe. Entsprechend seiner schon bei Vertragsschluß bestehenden Absicht veräußerte er den Überschuß mit Gewinn für die B an Kohlehändler weiter. Von den vertragswidrigen Verkäufen erhielt die R Ende 1998 Kenntnis. Es kam zu Vergleichsverhandlungen mit den B, die zum Ergebnis hatten, daß diese 75.000,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer an die R zahlten. Eine Strafanzeige wurde seitens der R nicht erstattetet.

Das Landgericht hat ferner ermittelt, welche Mehreinnahmen die R erzielt hätte, falls die B die Braunkohlemenge, die den Bedarf der senatseigenen Betriebe überstieg und vom Angeklagten für den Großhandel vorgesehen war, zum jeweils bei Vertragsschluß geltenden Hausbrand-Listenpreis der R erworben hätten. Danach hätte die R im Jahr 1996 259.151,81 DM, im Jahr 1997 201.859,15 DM und im Jahr 1998 187.686,07 DM zusätzlich eingenommen.

Weiterhin hat das Landgericht Feststellungen zur damaligen Marktsituation im Berliner Braunkohlehandel im Zusammenhang mit der Frage getroffen, ob im Tatzeitraum eine gesicherte Aussicht für die R bestand, die Überschußmenge an andere Abnehmer zum Hausbrand-Listenpreis oder jedenfalls zu einem höheren als dem von den B bezahlten Wettbewerbsanpassungs- oder Industrieverbraucherpreis verkaufen zu können. Danach war die R wachsender Konkurrenz durch ein großes westdeutsches Unternehmen sowie insbesondere durch ausländische Anbieter ausgesetzt, von denen letztere mit billigen Importen auf den Markt drängten. Zugleich nahm der Braunkohlebedarf rapide ab, weil nach der Wiedervereinigung Deutschlands die Energieversorgung im Ostteil Berlins und in den neuen Bundesländern, die bis dahin fast ausschließlich auf der Verwertung von Braunkohle beruhte, auf andere Energieträger umgestellt wurde. Die jährliche Umsatzeinbuße betrug für die R in den neunziger Jahren teilweise bis zu 40 %. Während der Jahresumsatz 1989 noch bei 30 Millionen t lag, setzte die R 2001, als sie liquidiert wurde, nur noch ca. 620.0001 jährlich um. Das Zusammentreffen allseitiger Umsatzverluste mit dem Anwachsen des Wettbewerbsdrucks führte zu einem Einbrechen des Marktes. Die R war daher häufig gezwungen, Ware zu Sonderpreisen abzugeben. Dementsprechend hat der Zeuge B, der seinerzeit als Prokurist der R für den Verkauf verantwortlich war und die Verträge mit dem Angeklagten abgeschlossen hat, es "eher für unwahrscheinlich" gehalten, daß die R die Braunkohlemenge, die sie an die B über den senatseigenen Bedarf hinaus geliefert hatte, anderweitig zu einem höheren als dem von den B gezahlten Preis hätte verkaufen können.

II.

1. Auf dieser Grundlage hat das Landgericht den Angeklagten zu Recht vom Vorwurf des Betruges mit der Begründung freigesprochen, daß die R keinen Vermögensschaden erlitten hat. Dabei hat es sich auf den vom Senat geteilten Rechtsstandpunkt des Bundesgerichtshofs gestützt, demzufolge in Fällen der Rabattgewährung auf Grund einer Täuschung über den Verwendungszweck der Ware nicht etwa die Differenz zwischen dem vollen und dem geminderten Preis, sondern allein eine für den Verkäufer nachteilige Differenz zwischen der Zahlungsverpflichtung und dem Wert der Ware einen Schaden zu begründen vermag (grundlegend BGH NStZ 1991, 488 f.; vgl. ferner BGHSt 16, 220, 223 ff.; BGH bei Holtz MDR 1981, 100; BGH [Z] NJW 1993, 2992, 2993; so auch schon RGSt 64, 181, 182; zustimmend: Tiedemann in LK, StGB 11. Aufl., § 263 Rdnr. 163; Kindhäuser in NK, StGB, § 263 Rdnr. 308). Ob und in welchem Umfang eine solche Wertdifferenz besteht, hängt davon ab, welcher Preis auf der betreffenden Umsatzstufe am Markt normalerweise zu erzielen ist.

Gewinnaussichten, welche die erschlichene günstige Zahlungsverpflichtung übertreffen, dürfen in diesem Zusammenhang nur dann berücksichtigt werden, wenn sie bei anderweitigem Verkauf der Ware wahrscheinlich zu realisieren gewesen wären. Eine solchermaßen konkrete Gewinnerwartung hat eine "starre" Marktlage zur Voraussetzung (vgl. BGH bei Holtz MDR 1981, 100; Kindhäuser, a. a. O., § 263 Rdnr. 298; Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl. 2003, § 263 Rdnr. 57; Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen, 1994, S. 251 f.). Sie ist durch einen nahezu konstanten Bedarf für das Produkt und ein festes Preisgefüge gekennzeichnet.

Geradezu das Gegenteil einer starren Marktlage hat das Landgericht für den Berliner Braunkohlemarkt im Tatzeitraum festgestellt. Auf Grund des Konkurrenzdrucks und des Umsatzrückgangs war der Markt eingebrochen. Die Preissituation war instabil. Vielfach wurden Sonderpreise gewährt. Somit fehlt es an wesentlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Aussicht auf einen höheren Gewinn als wertbestimmenden Faktor der Ware. Zutreffend hat das Landgericht daraus den Schluß gezogen, daß nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit für die vom Angeklagten unter falschen Angaben erworbene Braunkohlemenge angenommen werden kann, daß sie zu einem höheren Preis als dem Wettbewerbsanpassungs- oder Industrieverbraucherpreis absetzbar gewesen wäre. Ein Vermögensschaden der RBV war daher, wie das Landgericht richtig erkannt hat, zu verneinen.

2. Die dagegen erhobenen Einwände der Revision greifen nicht durch.

a) Soweit sie unter Berufung auf reichsgerichtliche Rechtsprechung (RGSt 66, 337, 338; RGSt 77, 348, 349) die Auffassung vertritt, daß die RBV im Umfang des erschlichenen Preisnachlasses geschädigt worden sei, nimmt sie einen Rechtsstandpunkt ein, dem der Bundesgerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung zum Betrugsschaden in Fällen der Rabatterschleichung (BGH NStZ 1991, 488 f.) mit der überzeugenden Begründung entgegengetreten ist, daß der für einen Eingehungsbetrug geltende Prüfungsansatz einen Vergleich von Leistung und Gegenleistung verlangt und daß der Vermögensschaden nach objektiven Wertkriterien zu ermitteln ist.

Danach hat der Bundesgerichtshof den mit der Marktwirtschaft nicht zu vereinbarenden - jenen Entscheidungen zugrunde liegenden - Gedanken verworfen, daß es der Verkäufer in der Hand habe, durch eine gebührenähnliche Festlegung von Preisen den Wert der Ware einseitig zu bestimmen.

b) Ferner macht die Revisionsführerin ohne Erfolg geltend, daß das Landgericht in Verkennung der Reichweite dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs die Beweise unzulänglich gewürdigt und den Grundsatz "in dubio pro reo" rechtsfehlerhaft angewendet habe.

Die näheren Ausführungen dazu werden der maßgeblichen Begründung der landgerichtlichen Entscheidung nicht gerecht, die darin besteht, daß wegen der instabilen Marktlage eine konkrete Aussicht auf einen höheren Verkaufserlös nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden konnte. Diese Entscheidungsbegründung bleibt unberührt von Einwänden, die lediglich mögliche Gewinnaussichten der R betreffen. Unbeachtlich ist daher, daß die B durch den Erwerb der Überschußmenge den Absatz der R im Großhandelsbereich gemindert und ihr damit die Möglichkeit genommen haben, diese Menge zum Hausbrand-Listenpreis zu veräußern, und daß der gewinnbringende Weiterverkauf der Überschußmenge durch die B einen entsprechenden Marktbedarf belegt und darauf schließen läßt, daß auch der R ein solche Veräußerung möglich gewesen wäre. Schließlich ist auch ein etwaiger "Denkfehler" der Strafkammer irrelevant, der nach Ansicht der Revisionsführerin darin besteht, daß sie bei der Prüfung der Gewinnaussicht allein den Verkauf zum Hausbrand-Listenpreis in Betracht gezogen hat, ohne zu bedenken, daß sich auch ein niedrigerer Preis zur Schadensbegründung eignet, sofern er nur den Wettbewerbsanpassungs- oder Industrieverbraucherpreis übertrifft. Die von der Kammer festgestellte Instabilität der Marktlage hindert generell an der Annahme einer hinreichend konkreten Aussicht auf einen Gewinn, in welcher Höhe auch immer. Im Übrigen lassen die Urteilsgründe den gerügten Fehler nicht erkennen. Denn die Strafkammer hat bei der Prüfung eines Vermögensschadens nicht ausschließlich auf den Hausbrand-Listenpreis als Verkaufserlös abgestellt. So heißt es bei der Wiedergabe der Aussage des Zeugen B, dieser habe nicht sagen können, daß die R zu Gunsten der mit den B getätigten Verkäufe "auf andere - lukrativere - Geschäfte" verzichtet habe, so daß ihr ein "höherer Gewinn" entgangen sei.

Einen im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung begangenen Rechtsfehler zeigt die Revision auch nicht auf, wenn sie der Kammer als Versäumnis anlastet, nicht darauf eingegangen zu sein, daß die Verträge für den Fall des unzulässigen Weiterverkaufs eine Nachberechnung der Preisdifferenz vorgesehen hätten, was für eine starke Marktposition der R spreche, und daß die B nach Aufdeckung der Vertragsverstöße einen "Schadensersatz" von 75.000,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer gezahlt hätten. Das Vorbringen, das darauf zielt, die Beweiswürdigung als lückenhaft und widersprüchlich zu rügen, stellt unzutreffend einen Zusammenhang her zwischen der vertraglichen Nachberechnungsklausel und der auf ihrer Grundlage vorgenommenen Zahlung sowie einem eventuellen Betrugsschaden. Die Bezeichnung der Zahlung als "Schadensersatz" ist zumindest mißverständlich. Die Rechtsgrundlage bildete ein unmittelbarer vertraglicher Anspruch aus der Nachberechnungsklausel. Daraus kann nicht auf das Vorliegen eines Vermögensschadens im Sinne des Betrugstatbestandes geschlossen werden, der nach objektiven Wertkriterien zu bestimmen ist. Daher verstieß die Kammer nicht gegen das Gebot lückenloser Beweiswürdigung, als sie die Zahlung bei der Prüfung eines Vermögensschadens unberücksichtigt ließ. Zum anderen wird übersehen, daß die dargelegten Umstände auch als Indizien verwertbar sind, die die Beweiswürdigung der Kammer stützen. Daß die R eine Zahlung weit unter dem Betrag, der im Falle vertragsgemäßer Nachberechnung zu leisten gewesen wäre, akzeptiert hat, läßt ihre Marktposition schwach erscheinen und spricht für die Annahme, daß auch aus der Sicht der Verantwortlichen der R keine konkrete Aussicht auf Erzielung eines Erlöses auf dem Niveau des Hausbrand-Listenpreises durch anderweitigen Verkauf bestanden hat. Dafür läßt sich im Übrigen noch anführen, daß keine Strafanzeige erstattet wurde. Die Kammer mußte sich also nicht zwingend mit diesen Umständen auseinandersetzen, um die Widerspruchsfreiheit ihrer Beweiswürdigung zu gewährleisten.

Soweit die Revision im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung eine fehlerhafte Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" rügt, beruht ihr Vorbringen auf einer unzutreffenden Interpretation einer Formulierung im vorletzten Absatz des Urteils, wo es heißt, daß der Kammer eine konkrete Gewinnaussicht der R "sehr zweifelhaft" erscheint. Der Urteilszusammenhang läßt erkennen, daß damit nicht der prozeßrechtliche Zweifelsgrundsatz zur Grundlage der Entscheidung gemacht werden sollte. Vielmehr bezieht sich die Formulierung darauf, daß zuvor in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Berücksichtigungsfähigkeit einer Gewinnaussicht von der Wahrscheinlichkeit der Absetzbarkeit zu einem höheren Preis abhängig gemacht wurde. Mit dem Hinweis auf starke Zweifel sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß die zweifelsfrei getroffenen Feststellungen nicht den Schluß auf eine gewinnträchtige Verkaufsaussicht zulassen, die in der von der Möglichkeit bis zur Gewißheit reichenden Bewertungsskala den Grad der Wahrscheinlichkeit erreicht. Das bestätigt der unmittelbar anschließende Satz, in dem es zutreffend heißt, daß die "bloße Möglichkeit" der R, die über den senatseigenen Bedarf hinausgehende Kohlemenge zum Hausbrand-Listenpreis zu verkaufen, kein Umstand sei, der sich als wertbestimmender Faktor für eine Schadensbegründung eigne. Dieser Begründungszusammenhang bleibt unberücksichtigt, wenn die Revision einen fehlerhaften Gebrauch des Zweifelssatzes rügt und der Kammer vorhält, daß sie es versäumt habe, ihre Zweifel durch Erwägung naheliegender Möglichkeiten zu überwinden.

Zudem setzt die Revisionsführerin die von der Kammer geäußerten Zweifel unzutreffend gleich mit den Zweifeln, die den Bundesgerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung zum Vermögensschaden bei Rabattgeschäften (BGH NStZ 1991, 488 f.) veranlaßt haben, die Sache für weitere tatsächliche Ermittlungen zurückzuverweisen. In seiner Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof an dem landgerichtlichen Urteil, das zur Bejahung einer Betrugsstrafbarkeit gelangt war, das Fehlen von Feststellungen zu konkreten Gewinnaussichten beanstandet und auf Grund der getroffenen Urteilsfeststellungen Zweifel an einer anderweitigen Verkaufsmöglichkeit geäußert. Eine Zurückverweisung zum Zweck weiterer Aufklärung war hier schon deswegen erforderlich, weil in der bisherigen tatrichterlichen Sachverhaltsermittlung der vom Bundesgerichtshof entwickelte Entscheidungsmaßstab-Wahrscheinlichkeit einer anderweitigen gewinnträchtigen Absetzbarkeit als wertbildender Faktor- noch keine Berücksichtigung gefunden hatte. Dagegen hat die Strafkammer im vorliegenden Fall diesen Maßstab ihrer Sachverhaltsaufklärung zugrundegelegt und ist dabei zu abschließenden Feststellungen gelangt. Die Äußerung starker Zweifel stellt, wie dargelegt, lediglich eine sprachliche Variante der gut begründeten Annahme der Kammer dar, daß nach diesen Feststellungen ein anderweitiger günstigerer Verkauf der Ware nicht wahrscheinlich war.

c) Eine fehlerhafte Rechtsanwendung liegt auch nicht in den Ausführungen der Kammer zum Vermögensschaden, die darauf abstellen, daß die Unternehmen, deren Erzeugnisse die RBV vertrieb, "noch über einen für einige Jahrzehnte ausreichenden Kohlevorrat verfügen und damit jeden anderen Lieferungsauftrag problemlos hätten erfüllen können". Zwar macht die Revision zutreffend geltend, daß es angesichts der Feststellungen der Kammer zu den Umsatzeinbrüchen auf dem Braunkohlemarkt keinen Anlaß gab, auf die Frage einzugehen, ob und in welchem Umfang der R noch Ware für weitere Geschäfte zur Verfügung stand. Immerhin besteht aber ein allgemeiner Sachzusammenhang in der Weise, daß ein Unternehmen einen Vermögensschaden erleiden kann, wenn es seine Geschäfte mangels Ware reduzieren oder einstellen muß. Im Übrigen ergibt sich aus dem Urteilszusammenhang, daß für die Ablehnung eines Vermögensschadens nicht diese Erwägung, sondern die Beurteilung der spezifischen Marktlage von maßgeblicher Bedeutung gewesen ist.

d) Unberechtigt ist schließlich der Einwand der Revision, daß der Angeklagte zumindest wegen Betrugsversuchs in drei Fällen hätte verurteilt werden müssen. Eine solche Verurteilung hätte zur Voraussetzung gehabt, daß der Angeklagte sich irrtümlich Tatumstände vorgestellt hat, die einen Vermögensschaden der R begründeten. Es gibt jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der Angeklagte auf Grund einer von der Wirklichkeit abweichenden Marktbeurteilung angenommen hat, die von ihm getätigten Geschäfte würden der R konkrete Aussichten auf einen anderweitigen Gewinn entziehen.

3. Die Sachrüge gilt zur Hauptsache der Beweiswürdigung. Der Revisionsführerin ist insoweit zuzugeben, daß dem Landgericht eine in jeder Hinsicht zufriedenstellende Sachaufklärung nicht gelungen ist. Es ist nicht der Frage nachgegangen, wie sich die Diskrepanz erklärt zwischen der Aussage des Zeugen B, daß ein Verkauf der Überschußmenge durch die R zu einem höheren als dem von den B gezahlten Preis "eher unwahrscheinlich" gewesen sei, und dem Umstand, daß der Angeklagte drei Jahre nacheinander solche Verkäufe tätigen konnte. Für eine vollständige Erfassung des gesamten Lebenssachverhalts hätte es einer Klärung dieser Frage bedurft. Hingegen machten es die für die Entscheidung maßgeblichen rechtlichen Leitlinien nicht unbedingt erforderlich, Feststellungen dazu zu treffen. Vielmehr konnte das Landgericht danach seine Sachermittlung auf eine Analyse der Marktsituation beschränken und sich damit begnügen, festzustellen, daß nach gesicherten objektiven Daten, mit denen die Aussage des Zeugen B übereinstimmte, für die R eine anderweitige gewinnträchtige und wahrscheinlich realisierbare Verkaufsaussicht nicht gegeben war. Warum dem Angeklagten derartige Verkäufe gelungen waren, was auf speziellen Geschäftsbeziehungen, einem besonderen Maß an Geschäftstüchtigkeit oder sonstigen für ihn günstigen Umständen beruht haben mag, mußte nicht geklärt werden.

4. Die Verfahrensrüge dringt nicht durch, weil das Landgericht den Beweisantrag der Staatsanwaltschaft zutreffend gemäß § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO mit der Begründung fehlender Entscheidungsrelevanz der zu beweisenden Tatsache abgelehnt hat. Die mit dem Antrag auf Vernehmung des Zeugen K aufgestellte Behauptung, daß die Muttergesellschaften der R im Tatzeitraum durch die ihren Abnehmern, so auch den B, gewährten Sonderpreise Verluste erwirtschaftet hätten, ist ohne Bedeutung für die Entscheidung, weil eine entsprechende Tatsachenfeststellung unergiebig wäre für Frage des Vermögensschadens. Maßgeblich dafür ist, wie dargelegt, allein das Vorhandensein konkreter Gewinnaussichten im Hinblick auf den Gegenstand des jeweiligen Geschäfts. Erkenntnisse über die Konsequenzen der Preisentwicklung für die allgemeine wirtschaftliche Lage beteiligter Unternehmen vermögen insoweit nichts zur Klärung beizutragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück