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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 03.04.2007
Aktenzeichen: 1 W 305/06
Rechtsgebiete: PartGG, HGB


Vorschriften:

PartGG § 2 Abs. 2
PartGG § 9 Abs. 1
HGB § 31 Abs. 2
HGB § 143 Abs. 2
Scheidet einer von zwei verbliebenen Partnern aus einer Partnerschaftsgesellschaft aus, geht das Vermögen und gehen die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auf den letzten Partner im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über. Die Gesellschaft erlischt. Eine allein auf das Ausscheiden des vorletzten Partners und nicht auch auf das Erlöschen der Gesellschaft gerichtete Anmeldung ist nicht eintragungsfähig, sondern zurückzuweisen.
Kammergericht

Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 305/06

In der Partnerschaftsregistersache

hat der 1. Zivilsenat auf die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 4. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking und die Richter am Kammergericht Müller und Dr. Müther in der Sitzung am 3. April 2007 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird nach einem Wert von 3.000 EUR zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Die Gesellschaft ist seit dem 11. Juni 1999 unter der Nr. 122 in das Partnerschaftsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Zuletzt bestand die Gesellschaft aus den beiden Beteiligten als Partnern. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 29. März 2005 meldeten die Beteiligten das Ausscheiden des Beteiligten zu 2) als Partner aus der Gesellschaft an. Auf die Aufforderung des Amtsgerichts hin, dass die Gesellschaft wegen des Ausscheidens des Beteiligten zu 2) erloschen sei und die Anmeldung dementsprechend notariell beglaubigt zu ergänzen sei, teilte der Notar mit, dass nach seiner Auffassung kein Erlöschen eingetreten sei, weil auch mit nur einem Gesellschafter von einer Gesellschaft auszugehen sei. Die Anmeldung ist daraufhin mit Beschluss vom 2. September 2005 zurückgewiesen worden. Hiergegen ist mit Schreiben vom 5. Oktober 2005 Beschwerde eingelegt worden, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat. Die Beschwerde ist mit Beschluss des Landgerichts vom 4. Juli 2006 zurückgewiesen worden. Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit dem am 7. August 2006 eingelegten Rechtsmittel.

B.

I. Das Rechtsmittel ist als weitere Beschwerde zulässig. Die Beschwer der Beteiligten ergibt sich aus der Zurückweisung ihrer Beschwerde durch den Beschluss des Landgerichts vom 4. Juli 2006. Der Einhaltung einer besonderen Frist bedurfte es, wie das Landgericht bereits zur Beschwerde ausgeführt hat, nicht. Für das Eintragungsverfahren in Partnerschaftsregistersachen gelten, soweit in § 160b FGG nichts anderes festgelegt ist, die allgemeinen Vorschriften der §§ 1-34 FGG (Jansen/Ries, FGG, 3. Aufl., § 160b Rn. 19). Dies schließt als Rechtsmittel gegen einen eine Anmeldung zurückweisenden Beschluss die einfache Beschwerde und gegen die Entscheidung über die Beschwerde die einfache weitere Beschwerde ein.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, auf die die weitere Beschwerde allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG in Verbindung mit §§ 546f. ZPO).

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Das Ausscheiden eines von nur zwei Gesellschaftern führe zur Auflösung der Gesellschaft. Die Gesellschaft bestehe dann nicht mehr. Werde das Ausscheiden eines Gesellschafters angemeldet, habe das Registergericht auch diese Frage zu prüfen, weil das Bestehen der Gesellschaft rechtliche Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Änderung im Gesellschafterbestand sei. Verbleibe nur noch ein Gesellschafter, weil der andere ausscheide, könne das Ausscheiden nicht mehr eingetragen werden.

2. Dies hält im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand. Das Amtsgericht hat den Vollzug der Anmeldung vom 29. März 2005 zu Recht abgelehnt.

a) Das Landgericht ist allerdings zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Gesellschaft aufgelöst sei. Durch das Ausscheiden eines von zwei Gesellschaftern tritt gerade keine Auflösung ein. Eine Auflösung bedeutet nämlich das Weiterbestehen der Gesellschaft zur Abwicklung (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., Vorb v § 723 Rn. 2; Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 131 Rn. 2). Durch das Ausscheiden eines von zwei Gesellschaftern erlischt die Gesellschaft vielmehr, ohne dass es einer Abwicklung bedürfte, weil eine Gesellschaft - auch eine Partnerschaftsgesellschaft - regelmäßig nur dann besteht, wenn mindestens zwei Gesellschafter vorhanden sind (vgl. im Einzelnen unten b)).

Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich aber als richtig, weil die Anmeldung vom 29. März 2005 wegen des Fehlens des Hinweises auf das Erlöschen der Gesellschaft, das durch das Ausscheiden des Beteiligten zu 2) aus der Gesellschaft eingetreten ist, unvollständig und damit nicht eintragungsfähig gewesen ist (vgl. dazu unten c)).

b) Die Gesellschaft ist durch das durch Kündigung eingetretene Ausscheiden des Beteiligten zu 2) wegen der ohne Liquidation eingetretenen Vollbeendigung erloschen (vgl. BGHZ 113, 132, 133 = NJW 1991, 844; NJW 1993, 1917, 1918, jeweils mit weiteren Nachweisen). Entgegen der Auffassung der Beteiligten besteht die Gesellschaft nicht als Einpersonengesellschaft weiter.

aa) Ob eine Einpersonengesellschaft anzuerkennen ist, wenn einer von zwei Gesellschaftern ausscheidet, ist umstritten. Teilweise wird dies ohne Einschränkung bejaht (Weimar ZIP 1997, 1769ff.; Baumann BB 1998, 225ff.), teilweise nur für den Fall bejaht, dass der auf den verbliebenen Gesellschafter übergehende Gesellschaftsanteil belastet ist, was etwa dann angenommen wird, wenn der verbliebene Gesellschafter in die Gesellschafterstellung des anderen als dessen Vorerbe eintritt (vgl. dazu BGHZ 98, 48, 57 = NJW 1986, 2431), die Gesellschafterstellung von der Anordnung einer Testamentsvollstreckung betroffen ist (vgl. BGH NJW 1996, 1284) oder eine Belastung durch Nießbrauch oder Verpfändung vorliegt (vgl. Münchener Kommentar/Karsten Schmidt, HGB, 2. Aufl., § 105 Rn 35; Münchener Kommentar/Ulmer, BGB, 4. Aufl., § 705 Rn. 63). Jedenfalls für den Fall des einseitigen, nach § 738 BGB zur Anwachsung führenden Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters wird demgegenüber die Möglichkeit einer Einpersonengesellschaft verneint (BGHZ 24, 106, 108 = NJW 1957, 1026; 47, 293, 296 = NJW 1967, 1961; 58, 316, 318 = NJW 1972, 1755; 66, 98, 101 = NJW 1976, 848; 91, 132, 137 = NJW 1984, 2104; 101, 123, 129 = NJW 1987, 3184; Münchener Kommentar/Ulmer, BGB, 4. Aufl., § 705 Rn. 62; Fett/Brand, NZG 1999, 45, 54f.).

bb) Dem ist zuzustimmen. Anders als juristische Personen entstehen Personengesellschaften entsprechend § 705 BGB durch den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages (OLG Schleswig OLGR 2006, 271 = FGPrax 2006, 54 = DB 2006, 274). Ein derartiges schuldrechtliches Rechtsverhältnis setzt aber das Vorhandensein mehrerer Vertragspartner voraus, weil anderenfalls die entstandenen Rechte und Pflichten durch Zusammenfallen der Gläubiger- und Schuldnerstellung untergehen. Dem steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass bei den Personengesellschaften in Bezug auf das Bestehen eines Gesamthandsverhältnisses - in neuerer Zeit immer weitergehend - von der Existenz eines rechtsfähigen und damit von einem normalen Schuldverhältnis zu unterscheidenden Gebilde ausgegangen wird. Auch diese Rechtsfähigkeit setzt nämlich das Entstehen und das Bestehen eines Rechtsverhältnisses, nämlich des Gesamthandsverhältnisses voraus, das aber nur bei der Beteiligung einer Mehrheit von Personen besteht (vgl. Fett/Brand NZG 1999, 45, 47). Von diesem Erfordernis einer Mehrheit von Gesellschaftern geht erkennbar auch der Gesetzgeber aus (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf zum Handelsrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 13/8444, S. 67). Es kommt in verschiedenen Vorschriften zum Ausdruck. So ist gerade die Partnerschaft nach § 2 Abs. 1 Satz 1 PartGG zu einem Hinweis im Namen verpflichtet, der auf eine Mehrheit von Gesellschaftern hindeutet. Entsprechendes gilt für die Personenhandelsgesellschaften. Aus der Regelung des § 140 Abs. 1 Satz 2 HGB, die an die Stelle der früheren Sonderregelung für Zweipersonengesellschaften in § 142 Abs. 1, Abs. 3 HGB getreten ist, ist nicht zu folgern, dass eine Einpersonengesellschaft nunmehr gesetzlich vorgesehen ist. Nach dieser Vorschrift scheitert der Ausschluss eines Gesellschafters nicht daran, dass nach dem Ausschluss nur noch ein Gesellschafter verbleiben würde. Eine derartige Regelung wäre aber überflüssig, wenn ein Ausschluss im Rahmen eines Zweipersonengesellschaftsverhältnisses am Fortbestehen eines Gesellschaftsverhältnisses nichts änderte. Auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, die gegen eine Zerschlagung der Gesellschaft sprechen könnte, zwingt nicht zur Annahme der Zulässigkeit einer Einpersonengesellschaft. Soweit ein Fortbestand der Gesellschaft notwendig wäre, steht es den Beteiligten frei andere Gesellschafter aufzunehmen; diese können die Gesellschafterstellung auch nur treuhänderisch halten. Die Regelung in § 20 Abs. 2 des Referentenentwurfs zum PartGG, in der die Gesellschaft nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters für eine Übergangszeit erhalten bleiben sollte, ist gerade nicht Gesetz geworden. Auch die Haftungsregelungen erfordern keine andere Sichtweise, weil die Haftungsfolgen identisch sind.

cc) Da hier keiner der oben genannten Sonderfälle ersichtlich ist, ist die Gesellschaft aufgrund des kündigungsbedingten Ausscheidens des Beteiligten zu 2) als Gesellschafter erloschen. Das Gesellschaftsvermögen und deren Verbindlichkeiten sind im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Beteiligten zu 1) übergegangen.

c) Das Amtsgericht war auch berechtigt, die Anmeldung zurückzuweisen.

aa) Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Anmeldung der weitere Umstand der Vollbeendigung nicht zu entnehmen ist.

Allerdings ist das Registergericht in Bezug auf die Eintragung nicht an den Wortlaut der Anmeldung gebunden. Wäre der Anmeldung vom 29. März 2005 daher durch eine auch in Bezug auf eine Anmeldung mögliche Auslegung (vgl. Ebenroth/Schaub, § 12 Rn. 38) zu entnehmen gewesen, dass zugleich die Vollbeendigung der Gesellschaft hätte eingetragen werden sollen, hätte die Anmeldung nicht zurückgewiesen werden dürfen. Eine derartige Auslegung kam aber nicht in Betracht. Denn der Notar hat auf den wegen der Unklarheiten bezüglich des Inhalts der Anmeldung zutreffenden Hinweis des Amtsgerichts auf die Folgen des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters aus einer Personengesellschaft hin ausdrücklich erklärt, dass diese Rechtsauffassung nicht geteilt werde, sondern davon ausgegangen werde, dass auch bei einer Personengesellschaft, wie bei einer juristischen Person, die Möglichkeit bestehe, dass diese nur einen Gesellschafter hat. Dann aber war dem Registergericht eine dieser Auffassung entgegen stehende Auslegung der Anmeldung verwehrt.

bb) Allerdings kann eine vollzugsfähige Anmeldung nicht deshalb beanstandet werden, weil weitere Umstände in das Handelsregister einzutragen sind. Zur Durchsetzung anmeldepflichtiger Umstände ist nach § 14 HGB das Zwangsgeldverfahren nach den §§ 132ff. FGG durchzuführen. Dementsprechend kann die Anmeldung des Ausscheidens von Gesellschaftern nicht deshalb abgelehnt werden, weil die durch das Ausscheiden fehlerhaft gewordene Firma nicht geändert wird (vgl. BGH NJW 1977, 1879 = Rpfleger 1977, 359 = MDR 1977, 999; Senat, OLGR 1965, 124 = NJW 1965, 254; OLG Hamm OLGZ 1994, 159 = DB 1993, 1816). So liegt der Fall hier aber nicht. Denn das Ausscheiden hat unmittelbar das Erlöschen der Gesellschaft zur Folge. Die Eintragung des Ausscheidens des Gesellschafters und des Erlöschens der Gesellschaft sind untrennbar verbunden, denn das Ausscheiden des Gesellschafters ist der Grund des Erlöschens der Gesellschaft.

III. Eine Vorlage des Verfahrens an den Bundesgerichtshof nach § 28 FGG ist nicht erforderlich. Es ist zwar umstritten, welche genaue Fassung die Eintragung des durch Ausscheiden eines Gesellschafters eingetretenen Erlöschens der Gesellschaft haben muss (vgl. näher Münchener Kommentar/Karsten Schmidt, HGB, 2. Aufl., § 143 Rn. 4). Insoweit wird einerseits die Auffassung vertreten, dass allein das Erlöschen einzutragen sei (vgl. etwa OLG Köln DNotZ 1970, 747). Nach anderer Auffassung, der auch der Senat zuneigt, ist neben dem Erlöschen der Gesellschaft oder in der Anwendung der §§ 2 Abs. 2 PartGG, 31 Abs. 2 Satz 1 HGB des Namens der Gesellschaft auch das Ausscheiden des Gesellschafters einzutragen (vgl. etwa Karsten Schmidt, aaO; s. a. ROHGE 21, 192, 193). Auf diese Fragen kommt es aber nicht an, weil die konkrete Fassung der Eintragung nicht Gegenstand des Verfahrens ist.

IV. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, die Beteiligten sind nicht mit gegenteiligen Anträgen aufgetreten. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.



Ende der Entscheidung

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