Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 21.04.2009
Aktenzeichen: 1 W 382/06
Rechtsgebiete: KostO, ZVG


Vorschriften:

KostO § 18 Abs. 3
KostO § 19
KostO § 60
ZVG § 51 Abs. 2
ZVG § 74a Abs. 5
1. Der Geschäftswert für die Eintragung des Erstehens als Eigentümer im Grundbuch bemisst sich nach dem Meistgebot, wenn dieses höher als der nach § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzte Verkehrswert ist.

2. Der nach § 51 Abs. 2 ZVG festgesetzte Ersatzwert für ein bestehen bleibendes Erbbaurecht ist dem Meistgebot nicht hinzuzurechnen, da der Wert des nicht ablösbaren Erbbaurechts den Verkehrswert des Grundstücks nicht erhöht.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 382/06

21.04.2009

In dem Kostenstreit

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin vom 23. Oktober 2006 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 29. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking, die Richterin am Kammergericht Dr. Rieger sowie dem Richter am Kammergericht Hinze am 21. April 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschlüsse des Amtsgerichts Schöneberg vom 5. Oktober 2001 sowie des Landgerichts vom 29. September 2006 werden aufgehoben. Die in dem Kostenansatz der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Schöneberg vom 6. März 2001 festgesetzten Gebühren werden auf 500 DM (255,65 EUR) herabgesetzt.

Im Übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin erwarb durch Zuschlag am 23. August 2000 auf ihr Bargebot von 246,000 DM das im Eingang bezeichnete Grundstück. Der Verkehrswert des mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebauten Grundstücks war im Zwangsversteigerungsverfahren aufgrund eines Gutachtens des Sachverständigen Dr.-Ing. K zum Bewertungszeitraum Oktober 1999 auf 75.000 DM festgesetzt worden. In seinem Gutachten hatte der Sachverständige ein bis zum 31. Dezember 2059 eingetragenes Erbbaurecht, welches bei der Zwangsversteigerung bestehen blieb, wertmindernd berücksichtigt. Den Wert des Erbbaurechts hatte der Sachverständige mit 5,1 Millionen DM geschätzt. Darüber hinaus blieb ein in Abt. II Nr. 10 des Grundbuchs eingetragenes befristetes Vorkaufsrecht bestehen. Für die Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch wurden der Beschwerdeführerin Gebühren in Rechnung gestellt, die sich nach einem Verkehrswert von 5.351.000 DM richteten. Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Schöneberg hat das Bargebot von 246.000 DM um die Ersatzwerte in Höhe von 5,1 Millionen DM sowie 5000 DM für die bestehenbleibenden Rechte erhöht. Hiergegen legte die Beschwerdeführerin Erinnerung ein und machte geltend, aus dem Inhalt des Geschäfts ergebe sich ein Wert von maximal 246.000 DM. Da jedoch einer der Ersteigerer Inhaber der Forderung gewesen sei, wegen derer die Versteigerung durchgeführt wurde, sei wirtschaftlich ein deutlich niedrigerer Wert anzusetzen. Das Amtsgericht Schöneberg hat die Erinnerung mit Beschluss vom 5. Oktober 2001 zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht am 29. September 2000 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer zugelassenen weiteren Beschwerde.

II.

1. Die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin ist Kraft Zulassung durch das Landgericht statthaft (§14 Abs. 5 Satz 1 KostO) und auch sonst zulässig.

2. In der Sache hat die weitere Beschwerde im wesentlichen Erfolg.

Der für die Grundbucheintragung des Erstehers eines zwangsversteigerten Grundstücks maßgebliche Geschäftswert ist nach den Vorschriften der § 18, 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KostO zu bestimmen (BayObLG Rechtspfleger 2002 382 ff. m.w.N.; Senat, KGR Berlin 2006 783ff). Nach diesen Vorschriften sind alle ausreichenden Anhaltspunkte für einen den Einheitswert übersteigenden Wert heranzuziehen, um den Verkehrswert des versteigerten Grundstücks zum Zeitpunkt der Grundbucheintragung zu ermitteln. Der Verkehrswert des Grundstücks, der den gemeinen Wert im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 KostO darstellt, läßt sich nicht mathematisch exakt errechnen, sondern nur schätzen (BayObLG a.a.O., Senat a.a.O.). Das Rechtsbeschwerdegericht kann diese Ermessensentscheidung nur auf ihre Gesetzmäßigkeit überprüfen, dass heißt darauf, ob der Richter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend und ohne Gesetzesverletzung erforscht hat, ob die Ermessensausübung auf fehlerhaften Erwägungen beruht, ob Rechtsvorschriften, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Tatumstände außer Acht gelassen worden sind. Die Angemessenheit und Zweckmäßigkeit unterliegt dem gegenüber nicht der Nachprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts (BayObLG a.a.O. m. w. N.; Senat a.a.O.).

a) Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht nicht von dem gemäß § 74 a Abs. 5 ZVG festgesetzten Verkehrswert in Höhe von 75.000 DM ausgegangen ist, sondern das höhere Mindestgebot von 246.000 DM zugrunde gelegt hat. Es entspricht, soweit ersichtlich, der allgemeinen Meinung, ein Verkehrswertgutachten nach § 74 a Abs. 5 ZVG nur dann zugrunde zu legen, wenn es über dem Meistgebot liegt (Senat a.a.O.; OLG Zweibrücken, Jur-Büro 1988, 1045). Liegt das Meistgebot aber über dem vom Sachverständigen geschätzten Wert, so ist dieser höhere Betrag zugrunde zu legen (BayObLG JurBüro 1989, 1710; Rechtspfleger 1996, 129; Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl. § 19 Rdn. 35). Wenn die Beschwerdeführerin dem gegenüber geltend macht, das Meistgebot, das vom Inhaber der angemeldeten Forderung abgegeben worden sei, könne nicht zur Annahme eines höheren Verkehrswertes führen, so ist dem nicht zu folgen. Den Akten kann nicht entnommen werden, aus welchen Gründen das höchste Gebot eines Bieters, der selbst Forderungsinhaber ist, den festgesetzten Verkehrswert übersteigt.

b) Zu Recht beanstandet die Beschwerdeführerin aber, dass die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Schöneberg und ihr folgend das Landgericht die Ersatzwerte der stehengebliebenen Rechte, nämlich des Erbbaurechts und des Vorkaufsrechts zum Betrag des Meistgebots hinzugerechnet hat. Anders als für die Zuschlagsgebühr im Zwangsversteigerungsverfahren (GKG KV a.F. Nr. 5130) gilt für den Wertansatz hier nicht § 29 Abs. 2 GKG a.F., jetzt § 54 Abs. 2 GKG, wonach dem Meistgebot die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte nach ihrem Ersatzwert gem. §§ 50, 51 ZVG hinzuzurechnen sind. Es kann daher offen bleiben, ob der im Versteigerungstermin vom 23. August 2000 festgesetzte Ersatzwert für das bestehenbleibende Erbbaurecht in Höhe von 5,1 Millionen DM bei der dort erhobenen Gebühr zu berücksichtigen war, oder ob dem § 25 ErbbRVO entgegen steht, der als Ausnahme zu § 52 Abs. 1 ZVG vorsieht, dass das Erbbaurecht auch dann bestehen bleibt, wenn es bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt ist. Jedenfalls ist hier § 18 Abs. 3 Satz 1 KostO anzuwenden. Danach sind Verbindlichkeiten, die auf dem Gegenstand lasten, bei der Ermittlung des Geschäftswerts nicht abzuziehen, sofern nicht Sondervorschriften eingreifen wie etwa § 107 Abs.2 KostO. Zu den nicht abzugsfähigen Verbindlichkeiten gehören neben auf dem Gegenstand lastenden schuldrechtlichen Verbindlichkeiten jeder Art auch dingliche Lasten (Senat, KGR Berlin 1996, 121 m. w. N.). Das gilt grundsätzlich auch für auf den Gegenstand lastende lang dauernde Nutzungsrechte. Abzugsfähig sind demgegenüber solche Rechte, die nach der Verkehrsanschauung den Wert des Gegenstandes selbst mindern, weil sie vom Eigentümer nicht einseitig abgelöst werden können. Hierzu zählen nach allgemeiner Ansicht auch Erbbaurechte (Senat, KGR Berlin 1996, 121; BayObLGZ 76, 239/242; JurBüro 1981, 411/412 Hartmann a.a.O. § 18 KostO Rdn. 10 a.E.; Korintenberg/Schwarz, KostO 17. Auflage, § 18 Rdn. 9; Filzek KostO 4. Auflage, § 18 Rdn. 14; Rohs/Wedewer/Rohs, KostO 3. Aufl., § 18 Rdn. 7; Wilsch RPflStud 2007, 101/102 zu B. V, 108 zu E. II). Denn es liegt auf der Hand, dass der Wert eines Grundstücks durch die Belastung mit einem Erbbaurecht verringert wird (BayObLG a.a.O., Wilsch a.a.O.). Allerdings ist auf der anderen Seite ein vereinbarter Erbbauzins zu berücksichtigen (Wilsch a.a. O. S. 108). Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass der Erbbauzins mit einem einmaligen Entgelt in Höhe von 1.725000 DM festgesetzt wurde und ein laufender Erbbauzins, der dem Grundstückserwerber zugute käme, nicht gezahlt wird, wie der Sachverständige auch auf Seite 25 seines Gutachtens ausgeführt hat. Mithin bleibt maßgeblich für den Verkehrswert das Meistgebot in Höhe von 246.000 DM, der Ersatzwert des Erbbaurechts in Höhe von 5,1 Millionen DM ist nicht hinzuzurechnen. Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für das dingliche Vorkaufsrecht, welches ebenfalls nicht vom Eigentümer einseitig abgelöst werden kann und daher dem Meistgebot nicht hinzuzurechnen ist.

c) Ausgehend von einem Verkehrswert in Höhe von 246.000 DM errechnet sich nach der zum Zeitpunkt der Eintragung am 6. März 2001 geltenden Fassung des § 32 KostO eine Eintragungsgebühr in Höhe von 500 DM, entsprechend 225, 65 Euro.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 14 Abs. 9 KostO.

Ende der Entscheidung

Zurück