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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 08.04.2003
Aktenzeichen: 1 W 401/02
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 883
GBO § 13 Abs. 1 S. 2
GBO § 19
GBO § 71
Soll eine inhaltliche Änderung des Wohnungseigentumsrechts im Grundbuch eingetragen werden, ist der Berechtigte einer Auflassungsvormerkung nach § 883 BGB nicht antrags- und beschwerdeberechtigt (§§ 13 Abs. 1 S.2, 71 GBO), weil er nur mittelbar betroffen ist und die Eintragung nicht zu seinen Gunsten erfolgen soll. Der nur mittelbar Betroffene ist auch dann nicht antragsberechtigt, wenn die Eintragung gemäß § 19 GBO nicht ohne seine Bewilligung erfolgen darf. Die Frage, zu wessen Gunsten eine Eintragung erfolgen soll, ist abstrakt nach dem Inhalt der beantragten Eintragung zu beantworten; mittelbare Vorteile oder das Interesse an der Erfüllung schuldrechtlicher Ansprüche sind nicht zu berücksichtigen.
Kammergericht

1 W 401/02

Beschluss

in der Grundbuchsache

betreffend die im Grundbuch des Amtsgerichts verzeichneten Wohnungs- und Teileigentumsrechte

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hat auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2), eingelegt durch den Notar E Str. 1, Berlin, gegen den Beschluss der Zivilkammer 86 des Landgerichts Berlin vom 2. September 2002 in der Sitzung vom 8. April 2003 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird nach einem Wert von 3.000 Euro als unzulässig verworfen.

Gründe:

Die ausdrücklich im Namen der Beteiligten zu 1) und 2) eingelegte weitere Beschwerde ist nicht zulässig. Bei der weiteren Beschwerde nach § 78 GBO bestimmt sich die Beschwerdeberechtigung zunächst nach den für die Erstbeschwerde geltenden Grundsätzen. Danach ist in dem hier gegebenen Antragsverfahren auf Vornahme einer Eintragung derjenige beschwerdeberechtigt, der gemäß § 13 Abs.1 S.2 GBO antragsberechtigt ist (BGH NJW 1994, 1158; Senat, QLGZ 1979, 139, 140; Demharter, GBO, 24. Aufl., § 71 Rn. 63, § 78 Rn. 2; Meikel/Streck, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 71 Rn. 118 jew. m.w.N.); § 20 Abs.2 FGG ist im Grundbuchverfahren nicht anwendbar. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind aber nicht berechtigt, die in der notariellen Verhandlung vom 23. Januar 2002 bewilligte Eintragung zu beantragen. Gemäß § 13 Abs. 1 S.2 GBO ist antragsberechtigt nur der unmittelbar Beteiligte, dessen dingliche Rechtsstellung durch die Eintragung einen Verlust erleidet oder einen Gewinn erfährt (KGJ 31, A 346, 349; Demharter, a.a.O., § 13 Rn. 42; Meikel/Böttcher, a.a.O., § 13 Rn. 35; Meikel/Streck, a.a.O., § 71 Rn. 118 jew. m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen für die Beteiligten zu 1) und 2) nicht vor. Sie sind im Grundbuch Blatt 7191 weiterhin nur als Berechtigte einer Auflassungsvormerkung eingetragen; in Abt. I ist noch die eingetragene Eigentümerin zu 1) gebucht.

Die Vormerkung wird durch die beantragte Eintragung nicht unmittelbar betroffen. Das gilt auch, soweit eine Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum zu Lasten des Wohnungseigentumsrechts Blatt 7191 erfolgen soll. Hierdurch wird die Rechtsstellung der Beteiligten zu 1) und 2) als Vormerkungsberechtigte nicht unmittelbar verschlechtert. Denn die Vormerkung bleibt inhaltsgleich bestehen. Die Änderung des Belastungsgegenstands wirkt auf sie nur mittelbar. Auf ein mögliches Anwartschaftsrecht (vgl. dazu Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 925 Rn. 23 ff.) kommt es nicht an (Meikel/Böttcher, a.a.O., § 13 Rn. 44; a.A. Suppliet Rpfleger 1995, 15); das betroffene Recht muss eintragungsfähig sein. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind auch nicht deshalb betroffen i.S.v. § 13 Abs. 1 S.2 GBO, weil für die Eintragung gemäß § 19 GBO ihre Bewilligung erforderlich ist (vgl. dazu BayObLGZ 1974, 217, 219; 1993, 259, 262; 1998, 255, 260; Demharter, a.a.O., Anh. § 3 Rn. 80). Dies beruht darauf, dass eine inhaltliche Änderung der Teilungserklärung, zu deren Vornahme materiell-rechtlich die eingetragenen Wohnungseigentümer weiterhin befugt bleiben, auch der Zustimmung der nur mittelbar betroffenen Vormerkungsberechtigten bedarf, um die erforderliche Einheitlichkeit der Teilungserklärung zu gewährleisten (vgl. dazu BayObLGZ 1974, 217, 219; 1993, 259, 262; 1998, 255, 260; Demharter, a.a.O., Anh. § 3 Rn. 80).

Der nur mittelbar Betroffene ist auch in dem Fall nicht antragsberechtigt, in dem die Eintragung gemäß § 19 GBO nicht ohne seine Bewilligung erfolgen darf (Demharter, a.a.O., Anh. § 13 Rn. 44, Meikel/Böttcher, a.a.O.; Bauer/v.Oefele, GBO, § 13 Rn. 34; Böttcher, Rpfleger 1982, 52, 54; widersprüchlich Herrmann in K/E/H/E, Grundbuchrecht, 5. Aufl., § 13 Rn. 58; a.A. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rn. 88). Von dem Zustimmungserfordernis kann nicht auf die Antragsberechtigung geschlossen werden. § 19 und § 13 Abs.1 S.2 GBO dienen unterschiedlichen Zwecken. § 19 GBO schließt den nur mittelbar Benachteiligten ein, um durch den formellen Konsens zu gewährleisten, dass seine nach dem Sachenrecht gebotene Zustimmung vorliegt. Die Antragsberechtigung ist Ausfluss der materiellrechtlichen Verfügungsberechtigung des Betroffenen und der Anwartschaft des unmittelbar Begünstigten (Meikel/Böttcher, a.a.O., § 13 Rn. 36). Der nur mittelbar Betroffene kann die Rechtsänderung durch ein Versagen seiner Zustimmung nur verhindern und nicht herbeiführen. Die Ausdehnung der Antragsberechtigung auf mittelbar Beteiligte würde es diesen ermöglichen, eine Eintragung im Grundbuch herbeizuführen, welche die unmittelbar Beteiligten, denen nach dem materiellen Recht die Herrschaft über ihre Rechtsbeziehungen zusteht, nicht (mehr) wollen. So könnte z.B. ein nach §§ 876, 877 BGB Zustimmungspflichtiger Grundpfandrechtsgläubiger mit seinem Antrag die Eintragung einer inhaltlichen Änderung der Teilungserklärung bewirken, obwohl die unmittelbar betroffenen Eigentümer ihren Antrag beim Grundbuchamt zurückgenommen haben. Eine solche Divergenz zwischen verfahrensrechtlicher und sachlich-rechtlicher Macht ist als systemwidrig abzulehnen.

Die Eintragung soll auch nicht i.S.v. § 13 Abs.1 S.2 GBO zu Gunsten der Beteiligten zu 1) und 2) erfolgen. Sie bezweckt nicht die unmittelbare Begünstigung der Vormerkungsberechtigten, auch wenn das Blatt 7191 gebuchte Wohnungseigentumsrecht durch die Eintragung gewinnt. Die Frage, zu wessen Gunsten eine Eintragung erfolgen soll, ist abstrakt nach dem Inhalt der beantragten Eintragung zu beantworten (OLG Frankfurt, FGPrax 1996, 208, 209; Meikel/Böttcher, a.a.O., § 13 Rn. 40; Herrmann in K/E/H/E, a.a.O., § 13 Rn. 56; Böttcher, a.a.O., S. 55). Mittelbare Vorteile oder das Interesse an der Erfüllung schuldrechtlicher Ansprüche sind nicht zu berücksichtigen (OLG Frankfurt, a.a.O.; BayObLGZ 1998, a.a.O., S. 259; OLG Hamm Rpfleger 1996, 504; Demharter, a.a.O., § 13 Rn. 43; Meikel/Böttcher, a.a.O., § 13 Rn. 40; KGJ 52, 162 zu einer Verpflichtung; a.A. KGJ 31, a.a.O., S. 351 zu einem Anspruch). Das folgt aus der Notwendigkeit, die Antragsberechtigung klar abzugrenzen, sowie aus der geschilderten Übereinstimmung zwischen Antragsberechtigung und materieller Rechtsherrschaft. Nach dem Inhalt der beantragten Eintragung sollen allein die eingetragenen Eigentümer begünstigt werden. Der Zweck der Eintragung einer Änderung der Teilungserklärung besteht nur darin, den Inhalt der Wohnungseigentumsrechte zu ändern. Die Rechtsstellung der Vormerkungsberechtigten beeinflusst sie nur mittelbar, insoweit als diesen ein schuldrechtlicher Anspruch auf Einräumung der Wohnungseigentumsrechte zusteht.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensstandschaft antragsberechtigt. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Grundsätze über die gewillkürte Prozessstandschaft bei der Antragstellung im Grundbuchverfahren Anwendung finden (bejahend Demharter FGPrax 1997, 8, 9 m.w.N.; verneinend OLG Frankfurt, a.a.O.; offen lassend BayObLGZ 1998, a.a.O., S. 259 f.). Den Erklärungen der Beteiligten zu 1) und 2) ist jedenfalls nicht zu entnehmen, dass sie ein fremdes Recht geltend machen und insoweit eine Ermächtigung durch die eingetragene Eigentümerin zu 1) gegeben ist.

Schließlich sind die Beteiligten zu 1) und 2) auch nicht deshalb beschwerdeberechtigt, weil sie mit der Erstbeschwerde erfolglos geblieben wären (vgl. dazu Demharter, GBO, a.a.O., § 78 Rn. 2). Die Beschwerde vom 8. Juli 2002 ist nach der zutreffenden Auslegung des Landgerichts allein im Namen der eingetragenen Eigentümer eingelegt worden. Hiergegen erheben die Beteiligten zu 1) und 2) keine Einwendungen.

Wegweisend und ohne Bindungswirkung wird für mögliche weitere Verfahren darauf hingewiesen, dass die beantragte Eintragung hinsichtlich des Sondereigentums an der Außenhülle aus den rechtsfehlerfreien Erwägungen des Landgerichts inhaltlich unzulässig i.S.v. § 53 Abs.1 S.2 GBO sein dürfte. Die für den Bestand der Remise erforderlichen Gebäudeteile sind gemäß § 5 Abs.2 WEG nicht sondereigentumsfähig. Die Grenzen des § 5 Abs.2 WEG gelten auch für aus mehreren Häusern zusammengesetzte Wohnungseigentumsanlagen, bei denen ein Sondereigentum an allen Räumen eines Gebäudes begründet wird. Insoweit wird auf die Entscheidung BGHZ 50, 56 verwiesen, der der Senat folgt (ebenso BGH NJW-RR 2001, 800). Die gesellschaftlichen Verhältnisse geben auch weiterhin keinen Anlass zu einer abweichenden Bewertung. Im Übrigen rechtfertigen allein sozialpolitische Erwägungen eine Durchbrechung der sachenrechtlichen Zuordnungsnormen nicht. Die geltende Rechtsordnung hält auch weiterhin an dem Grundsatz des § 94 Abs.1 S.1 BGB fest, nach dem das Gebäude als Ganzes nicht Gegenstand anderer als am Grundstück bestehender Rechte sein kann. Aus Art. 231 § 5 Abs.1 S.1 EGBGB ergibt sich nichts Anderes. Die Übergangsvorschrift ist allein durch das dem BGB weiterhin fremde Gebäudeeigentum des ZGB/DDR bedingt, das mit den Mitteln des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes aufgehoben werden soll (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Art. 231 § 5 EGBGB Rn. 1).

Danach kommt es nicht darauf an, dass auch die Einigung aller Wohnungseigentümer und Zustimmung sämtlicher dinglich Berechtigter nicht gegeben ist, die für die Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum erforderlich ist (vgl. Demharter, a.a.O., Anh. § 3 Rn. 91).

Für eine Kostenerstattungsanordnung nach der an sich zwingenden Vorschrift des § 13a Abs.1 S.2 FGG besteht kein Anlass. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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