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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 12.11.2002
Aktenzeichen: 1 W 462/01
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 168
HGB § 12 Abs. 2
HGB § 162 Abs. 1
HGB § 162 Abs. 3
Bei der Anmeldung des Ausscheidens des verstorbenen Kommanditisten und des Eintritts seiner Erben in die Gesellschaft ist die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis einer auf privatschriftlichem Testament beruhenden Erbfolge auch dann regelmäßig erforderlich, wenn die Anmeldung durch einen Bevollmächtigten des verstorbenen Kommanditisten aufgrund einer über den Tod hinaus erteilten Generalvollmacht erfolgt.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 462/01

in der Handelsregistersache

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hat im Verfahren der weiteren Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss der Kammer für Handelssachen 98 des Landgerichts Berlin vom 4. Juli 2001 in der Sitzung vom 12. November 2002 beschlossen:

Tenor:

Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt.

Die an die Entscheidung des Landgerichts geknüpfte Gerichtskostenfolge bleibt bestehen.

Gründe:

1. Das Verfahren über die auf urkundlichen Nachweis der Erbfolge nach der verstorbenen Kommanditistin gemäß § 12 Abs.2 Satz 2 HGB gerichteten Zwischenverfügungen des Amtsgerichts hat sich nach Einlegung der weiteren Beschwerde dadurch in der Hauptsache erledigt, dass ein Erbschein vorgelegt und daraufhin das Ausscheiden der Kommanditistin und die Rechtsnachfolge in ihren Kommanditanteil am 23.September 2002 im Handelsregister eingetragen worden sind. Eine Erledigung der Hauptsache liegt vor, wenn der Verfahrensgegenstand durch eine nach Einleitung des Verfahrens eingetretene Änderung der Sach- und Rechtslage fortgefallen ist und die Fortsetzung des Verfahrens in der Hauptsache sinnlos geworden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Eintragung vorgenommen worden ist, nachdem die Beteiligten der Zwischenverfügung nachgekommen sind (vgl. Keidel/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 19 Rdn.87 Stichwort "Prozessuale Überholung" m.w.N.). Die Hauptsachenerledigung ist klarstellend auszusprechen.

Die Beteiligten haben der Hauptsachenerledigung in zulässiger Weise Rechnung getragen, indem sie die ursprünglich gemäß §§ 27, 29 FGG in der Hauptsache zulässige weitere Beschwerde auf den Kostenpunkt beschränkt haben. Die im Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 21.Oktober 2002 enthaltene Erklärung, dass sie nicht mit gerichtlichen Verfahrenskosten belastet werden dürften, weil der weitere Beschwerde hätte stattgegeben werden müssen, lässt hinreichend deutlich erkennen, dass es den Beteiligten darum geht, von den Gerichtskosten dieses Verfahrens freigestellt zu werden. Die weitere Beschwerde ist mit dieser Beschränkung auf den Kostenpunkt ohne Rücksicht auf den Beschwerdewert des § 20a Abs.2 FGG zulässig geblieben, so dass der Senat über die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens zu befinden hat (vgl. zu Vorstehendem BGHZ 86, 393/395; Senat OLGZ 1972, 113; Rpfleger 1978, 315 und 1988, 359; BayObLGZ 1993, 137; Keidel/Kahl a.a.O. § 19 Rdn.85 und 94; § 27 Rdn.52 und 55, jew. m.w.N.).

Vorliegend sind Gerichtskosten nur für das Erstbeschwerdeverfahren vor dem Landgericht entstanden (§ 131 Abs.1 Satz 1 Nr.1 KostO). Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei, da ein Gebührentatbestand bei Hauptsachenerledigung nach Einlegung der weiteren Beschwerde nicht gegeben ist (§ 131 Abs.1 Satz 2 KostO). Der Senat hat daher nur zu prüfen, ob die an die landgerichtliche Entscheidung kraft Gesetzes geknüpfte Gerichtskostenfolge aufzuheben ist. Insoweit kommt es darauf an, ob die weitere Beschwerde begründet gewesen wäre, wenn sich die Hauptsache nicht erledigt hätte (vgl. BGH; Senat und BayObLG a.a.O.).

2. Die an die Entscheidung des Landgerichts geknüpfte Gerichtskostenfolge ist vorliegend nicht aufzuheben, was ebenfalls klarstellend auszusprechen ist. Die weitere Beschwerde hätte in der Sache keinen Erfolg gehabt, wenn sich die Hauptsache nicht erledigt hätte. Die Zurückweisung der Erstbeschwerde lässt keinen Rechtsfehler erkennen, auf den die weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs.1 FGG in Verbindung mit §§ 546f. ZPO n.F.).

Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Erbfolge nach der verstorbenen Kommanditistin vorliegend gemäß § 12 Abs.2 Satz 2 HGB durch Vorlage eines Erbscheins nachzuweisen ist und die Vorlage eines Erbscheins nicht deshalb entbehrlich ist, weil die Beteiligten nicht nur Testamentsvollstrecker über den Nachlass der Erblasserin sind, sondern auch durch die ihnen erteilte notarielle Generalvollmacht vom 11.Februar 1993 zu ihrer Vertretung über ihren Tod hinaus bevollmächtigt worden sind.

a) Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 30. Mai 2000 - 1 W 931/99 - (veröff. FGPrax 2000, 249 u.a.) dargelegt hat, ist gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 HGB bei Anmeldungen, die der Rechtsnachfolger eines im Handelsregister eingetragenen Beteiligten vornimmt, die Rechtsnachfolge regelmäßig durch öffentliche Urkunden (vgl. § 415 ZPO) nachzuweisen. Es ist nicht Aufgabe des Registergerichts, die Rechtsnachfolge zu prüfen und darüber zu entscheiden, sondern Sache des Anmeldenden, diese nachzuweisen. Ebensowenig ist es befugt, die Eintragung einer Rechtsnachfolge allein aufgrund der Angaben in der Anmeldung vorzunehmen. Soweit die Erbfolge auf gesetzlichem Erbrecht oder auf einer privatschriftlichen Verfügung von Todes wegen beruht, ist sie daher regelmäßig durch Erbschein (§ 2353 BGB) nachzuweisen. Letzteres ist vorliegend der Fall; die Erblasserin hat ihre Erben durch das privatschriftliche Testament vom 5.August 1998 bestimmt, während die eingereichten notariellen Erbverträge lediglich die Aussetzung von Vermächtnissen betrafen.

b) Weiter zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass ein Erbnachweis auch nicht im Hinblick auf die angeordnete Testamentsvollstreckung entbehrlich ist. Denn das von den Beteiligten eingereichte Testamentsvollstreckerzeugnis vom 22.September 1999 bezeugt gemäß §§ 2368 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 2353 BGB nur ihre Rechtsstellung als Testamentsvollstrecker, nämlich ihre wirksame Ernennung sowie den Umfang ihrer Befugnisse über den Nachlass, die entsprechend der Anordnung der Erblasserin im Testament vom 5.August 1998 auf die Auseinandersetzung des Nachlasses beschränkt sind (s.a. zum Umfang der Anmeldebefugnis des bloßen Abwicklungsvollstreckers Senat OLGZ 1991, 261/265 m.w.N.). Es bezeugt jedoch nicht die Personen der Erben, die Gesamtrechtsnachfolger in den Kommanditanteil der Erblasserin geworden und als solche im Handelsregister einzutragen sind (vgl. Senat FGPrax 2000, 249/250 m.w.N.). Gemäß § 12 Abs.2 Satz 2 HGB bedarf es daher weiterhin der Vorlage eines Erbscheins.

Dies entspricht im Übrigen der Rechtslage im Grundbuchberichtigungsverfahren, auf die sich die Beteiligten in anderem Zusammenhang berufen. Auch soweit der Testamentsvollstrecker die Eintragung der Erben selbst im Grundbuch beantragt, hat er gemäß § 35 Abs.1 GBO nach ganz einhelliger Auffassung regelmäßig einen Erbschein vorzulegen. Denn er ist kraft seines Amtes nicht dazu ermächtigt, aufgrund eigener verantwortlicher Prüfung die Erbfolge selbst verbindlich festzustellen. Diese Prüfung obliegt vielmehr dem Grundbuchamt. Eine Ausnahme gilt lediglich für den grundbuchmäßigen Vollzug von Verfügungen des Testamentsvollstreckers über ein Nachlassgrundstück, bei denen es gemäß § 40 GBO keiner Voreintragung der Erben (anstelle des Erblassers) bedarf (vgl. zu Vorstehendem KG JW 1938, 122; OLG Köln Rpfleger 1992, 342; Demharter, GBO, 24.Aufl., § 35 Rdn.4 und 9). Eine vergleichbare Ausnahme besteht für die Übertragung eines Kommanditanteils durch die Erben des Kommanditisten nicht, sondern es bedarf zunächst deren Eintragung als Gesamtrechtsnachfolger.

c) Schließlich hat das Landgericht frei von Rechtsfehlern die Vorlage eines Erbscheins auch nicht im Hinblick auf die den Beteiligten seitens der verstorbenen Kommanditistin erteilte Generalvollmacht vom 11.Februar 1993 als entbehrlich angesehen, durch die sie zu ihrer Vertretung in allen ihren Angelegenheiten, bezogen auf alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, die von ihr vorgenommen werden können, soweit Vertretung gesetzlich zulässig ist, bevollmächtigt worden sind, und die durch ihren Tod nicht erlöschen sollte.

Es ist allgemein anerkannt, dass eine über den Tod des Vollmachtgebers hinaus erteilte Vollmacht für und gegen die Erben wirkt und der Bevollmächtigte im Rahmen der ihm erteilten Vertretungsmacht mit Wirkung für sie - jedoch nur bezogen auf den Nachlass - alle Geschäfte vornehmen kann, zu denen der Erblasser in der Lage war. Bei entsprechendem Umfang der Vollmacht kann er daher auch Anmeldungen zum Handelsregister vornehmen, wobei er das Bestehen der Vollmacht in der Form des § 12 Abs.2 Satz 1 HGB nachzuweisen hat (vgl. Soergel/Leptien, BGB, 13.Aufl., § 168 Rdn.31-34 m.w.N.).

Allerdings erscheint bereits zweifelhaft, ob eine Generalvollmacht über den Tod hinaus auch zur Anmeldung des Ausscheidens des Vollmacht gebenden Kommanditisten durch Tod und des Eintritts seiner Erben als Gesamtrechtsnachfolger zum Handelsregister ermächtigt (so aber OLG Hamburg MDR 1974, 1022). Denn naturgemäß handelt es sich hierbei um eine Anmeldung, die der Vollmachtgeber nicht selbst hätte vornehmen können. Auch liegen der Anmeldung keinerlei rechtsgeschäftliche Vorgänge zugrunde, auf die sich eine Vollmacht nur beziehen kann. Generell ist schließlich zu berücksichtigen, dass sich für den Erben aus der Gesellschafterstellung des Erblassers zahlreiche Anmeldungen ergeben können, von denen nicht nur der Nachlass, sondern auch sein Eigenvermögen betroffen ist. Da sich die Vollmacht auf den Nachlass beschränkt, wird der Bevollmächtigte in diesen Fällen weder materiell für den Erben handeln noch Registeranmeldungen für ihn vornehmen können (vgl. Gustavus, GmbHR 1978, 219/222f.). Vorliegend kann diese Frage jedoch dahingestellt bleiben, da Gegenstand dieses Verfahrens lediglich die auf Vorlage eines Erbscheins gerichtete Zwischenverfügung des Registergerichts ist.

Die Notwendigkeit des Nachweises der Erbfolge trotz Bestehens einer Vollmacht über den Tod hinaus ergibt sich wiederum aus dem Umstand, dass die Erben der ausgeschiedenen Kommanditistin zunächst als Gesamtrechtsnachfolger im Handelsregister einzutragen sind und das Registergericht sich insoweit nicht mit der Erklärung des Bevollmächtigten über den Eintritt der Rechtsnachfolge begnügen darf, sondern diese nachzuprüfen hat.

Auch dies entspricht der vergleichbaren Rechtslage im Grundbuchberichtigungsverfahren. Nach allgemeiner Meinung hat auch der über den Tod hinaus Bevollmächtigte - ebenso wie der Testamentsvollstrecker - in der Regel einen Erbschein vorzulegen, wenn er die Eintragung der Erben selbst im Grundbuch gemäß § 35 Abs.1 GBO beantragt. Auch das Grundbuchamt kann sich nicht mit bloßen Erklärungen des Bevollmächtigten begnügen, sondern ist verpflichtet, von Amts wegen gemäß §§ 51, 52 GBO für die Eintragung des Bestehens einer Nacherbfolge oder Testamentsvollstreckung Sorge zu tragen, und hat daher die Erbfolge nachzuprüfen (vgl. zu Vorstehendem LG Heidelberg NJW 1973, 1088; Meikel/Roth, Grundbuchrecht, 8.Aufl., § 35 Rdn.27; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12.Aufl., Rdn.3571 m.Fn.10). Anderes gilt wiederum nur dann, wenn der Bevollmächtigte über ein Nachlassgrundstück verfügt. Da die Vollmacht ihn mit Wirkung gegenüber den Erben ermächtigt, alle Geschäfte vorzunehmen, zu denen der Erblasser in der Lage war, wozu auch Verfügungen über Nachlassgrundstücke gehören, genügt die Vorlage der Vollmacht zum Nachweis seiner Verfügungsbefugnis, soweit es nicht der Voreintragung der Erben bedarf (vgl. KG DNotZ 1935, 600 = JW 1935, 2153 = JFG 12, 274; Demharter a.a.O. § 35 Rdn.9). Ein vergleichbarer Fall ist - wie dargelegt - hier nicht gegeben.

Die hier vertretene Auffassung steht auch nicht im Widerspruch zu der von den Beteiligten angezogenen Entscheidung des OLG Hamburg (DNotZ 1967, 30; die bereits zitierte Entscheidung MDR 1974, 1022 äußert sich zur Frage des Nachweises der Erbfolge nicht). Denn sie betraf eine durch einen über den Tod hinaus Bevollmächtigten vorgenommene Anmeldung des Wechsels des Inhabers einer Firma, dem die Übertragung einer dem Erblasser gehörenden Firma auf eine KG zugrunde lag. Aus dem Umstand, dass eine Eintragung der Erben des Inhabers als solche im Handelsregister nicht erfolgt, sondern aufgrund der Anmeldung der bisherige Inhaber zu löschen und der neue einzutragen ist, folgert das Gericht, dass es eines Nachweises der Erbfolge nicht bedürfe. Denn der Bevollmächtigte, der nach dem Tode des Inhabers die Übertragung der ihm gehörenden Firma vornimmt und den Inhaberwechsel anmeldet, handele aufgrund der Vollmacht des Erblassers und sei damit zum Nachweis der Erbfolge nicht verpflichtet (ähnlich Schlegelberger/Hildebrandt/Steckhahn, HGB, 5.Aufl., § 12 Rdn.19: Der über den Tod hinaus Bevollmächtigte könne die Anmeldung noch im Namen des Rechtsvorgängers vornehmen und müsse dann keinen Erbnachweis vornehmen).

Es kann dahinstehen, ob der Ansicht des OLG Hamburg zu folgen ist. Denn die die Entscheidung tragende Erwägung, dass es der Eintragung der Erben des verstorbenen Inhabers nicht bedürfe, trifft - wie dargelegt - im Fall der Anmeldung des Ausscheidens eines Kommanditisten durch Tod, des Eintritts der Erben an dessen Stelle und der anschließenden Übertragung des Kommanditanteils auf einen Dritten nicht zu. Vielmehr bedarf es gerade zunächst der Eintragung der Erben als Gesamtrechtsnachfolger des ausgeschiedenen Kommanditisten im Handelsregister, so dass ein Nachweis der Erbfolge gemäß § 12 Abs.2 Satz 2 HGB nicht entbehrlich ist. Eine Anmeldung des Bevollmächtigten im Namen des Rechtsvorgängers liegt in diesem Fall naturgemäß nicht vor, so dass auf einen Erbnachweis aus diesem Grunde nicht verzichtet werden kann.

Die weitere Beschwerde wäre nach alledem ohne Erfolg geblieben. Es hat daher bei der landgerichtlichen Gerichtskostenfolge zu bleiben.

Ende der Entscheidung

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