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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 22.09.2003
Aktenzeichen: 12 U 15/02
Rechtsgebiete: BGB, BRAGO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 266
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 389
BGB § 539 a.F.
BGB § 542 Abs. 2
BGB § 544 a.F.
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 118 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 156
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 15/02

Verkündet am: 22.09.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß sowie die Richter am Kammergericht Dr. Wimmer und Spiegel für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 22. November 2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 34 des Landgerichts Berlin - 34 O 382/01 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 74.492,70 EUR zuzüglich 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 62.192,87 EUR in der Zeit vom 17. Mai 2001 bis zum 10. Juni 2001, aus 77.029,87 EUR in der Zeit vom 11. Juni 2001 bis zum 10. Juli 2001, aus 89.429,58 EUR in der Zeit vom 11, Juli 2001 bis zum 6. Februar 2003 sowie aus 74.492,70 EUR seit dem 7. Februar 2003 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz haben der Kläger 81 % und die Beklagte 19% zu tragen.

Die Kosten der zweiten Instanz fallen dem Kläger zu 83% und der Beklagten zu 17% zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Berufung des Klägers und die unselbständige Anschlussberufung der Beklagten richten sich gegen das am 22. November 2001 verkündete Urteil des Landgerichts, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrag trägt der Kläger vor: Im Umfang seines Abänderungsantrages habe das Landgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen. Das Mietverhältnis bestehe fort, insbesondere sei es nicht durch die Kündigungen der Beklagten vom 16. und 28. Mai 2001 beendet worden. Die Kündigungen seien weder nach § 544 BGB a.F. noch nach § 542 BGB a.F. begründet. Das Landgericht habe das Verhältnis zwischen § 542 BGB und 544 BGB verkannt. Es sei verfehlt, den Brandschutz ohne nähere Prüfung als besonderes Interesse im Sinne von § 542 Absatz 2 BGB anzuerkennen. Auch fehle es an einer ordnungsgemäßen Fristsetzung. Eine Kündigung scheitere auch an der frühzeitigen Kenntnis der Beklagten. Ihr sei das von Herrn B in seinem Protokoll festgehaltene Ergebnis der Begehung am 10. Dezember 1999 bereits bei der Begehung bekannt geworden.

Soweit das Landgericht der Hilfsaufrechnung stattgegeben habe, sei die Beklagte zur Zahlung verpflichtet. Er, der Kläger, habe sich nicht in Verzug befunden. Die einzelnen Schadenspositionen seien nicht belegt und stünden nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem vom Landgericht für maßgeblich gehaltenen Kündigungsgrund.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils

a) festzustellen, das der zwischen der W & B GmbH und der Beklagten am 12./15. September 1994 geschlossene Mietvertrag in der geltenden Fassung des dritten Nachtrages vom 27. März 1997 nebst dem Schreiben der Beklagten vom 12. April 1999 über Lager und Bürofläche von Räumen in 12681 Berlin, W Straße nunmehr S zwischen der GmbH & Co. Immobilien KG und der Beklagten fortbesteht;

b) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 31.700 € nebst 5 % über dem Basiszinssatz nach dem Diskontüberleitungsgesetz aus 9,697,49 € vom 11.9.2000 bis 10.12.200, aus 19.394,85 € vom 11.12.2000 bis 10.1.2001, aus 29.092,48 € vom 11.1.2001 bis 10.2.2001, aus 38.789,98 vom 11.2.2001 bis 10.3.2001, aus 48.487,47 € vom 11.3.2001 bis 10.4.2001, aus 58.724,98 € vom 11,4.2001 bis 10.5.2001, aus 68,962,49 € vom 11.5.2001 bis 16.5.2001, aus 12.940,98 € vom 17.5.2001 bis 10.6.2001, aus 12.940,93 € vom 11.6.2001 bis zum 10.7.2001, aus 31.710,32 € vom 11.7.2001 bis zum 1.1.2002 sowie nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 31.710,32 € seit dem 1.1.2002.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der unselbständigen Anschlussberufung beantragt sie,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Zahlungsklage auch insoweit abzuweisen, als sie zur Zahlung von 162.838,93 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist.

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und rechnet mit einem Guthaben aus einer mit Schreiben vom 5. Februar 2003 (Anlage B 104) übersandten Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2001 in Höhe von 14.936,89 € hilfsweise auf.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Das Gericht hat gemäß den Beweisbeschlüssen vom 26. Juni 2003 und 21. August 2003 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B Dr. H S K und K. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21. August 2003 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A Berufung des Klägers

Die zulässige Berufung des Klägers hat lediglich in Bezug auf die vom Landgericht berücksichtigten Hilfsaufrechnungen der Beklagten zum Teil Erfolg.

I. Feststellungsklage

Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Kläger in seiner Eigenschaft als Verwalter aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung aktivlegitimiert. Dies wird von der Beklagten im zweiten Rechtszug auch nicht mehr in Frage gestellt.

Sie ist aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass das Mietverhältnis durch Kündigung von Seiten der Beklagten beendet wurde.

1) Dies folgt allerdings nicht aus der mit Schreiben vom 28. Februar 2001 (Anlage K 18) in Bezug auf die Büroräume ausgesprochene Kündigung. Diese Kündigung kann das Mietverhältnis schon deshalb nicht (teilweise) beenden, weil eine auf einen Teil der Mietsache beschränkte Kündigung nach ganz überwiegender Ansicht (vgl. Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, IV Rdnr 12 m. w. N), der der Senat sich anschließt, grundsätzlich ausgeschlossen ist. Das folgt aus der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses und dem darin zum Ausdruck gekommenen Parteiwillen und gilt auch dann, wenn zu den Mieträumen später weitere wirtschaftlich dazugehörige hinzugemietet werden, Letzteres jedenfalls dann, wenn für sämtliche Teile des Mietobjekts identische vertragliche Regelungen vereinbart werden und dem Wortlaut der "Nachträge zum Mietvertrag" eindeutig zu entnehmen ist, dass die Parteien mit diesen Nachträgen nicht neue Mietverhältnisse begründen sondern den bestehenden Mietvertrag unter Erweiterung die Mietfläche als einheitlichen Vertrag fortsetzen wollten. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da die Parteien in den Einleitungen der drei Nachträgen vom 2. April 1995; 30. November 1996 und 27. März 1997 jeweils vereinbart haben, dass die Erweiterung der Mietfläche "in Abänderung zum Mietvertrag vom 12. September 1994" erfolgt und sie am Ende des jeweiligen Nachtrages vereinbart haben, dass "die übrigen Bestimmungen des Mietvertrages vom 12. September 1994 unverändert gelten".

2) Das Mietverhältnis wurde aber durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 16. Mai 2001 (Anlage K20) ausgesprochene außerordentliche unbefristete Kündigung gemäß § 544 BGB a. F. beendet.

Nach dieser Vorschrift kann ein Mieter u. a. ein Mietverhältnis über zum Aufenthalt von Menschen bestimmte Räume ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn die Mieträume so beschaffen sind, dass ihre Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

a) Bei den streitgegenständlichen Mieträumen handelt es sich um Räume, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Hierfür ist ausreichend, dass sich bei vertragsgemäßem Gebrauch der Mieträume Menschen zumindest vorübergehend in den Räumen aufhalten. Der Aufenthalt von Menschen braucht nicht der einzige und nicht einmal der vorherrschende Zweck zu sein. Ob die Räume tatsächlich zum Aufenthalt genutzt werden, ist nicht entscheidend (Sternel, Mietrecht, 3. Auflage, IV Rdnr. 477). Gewerberäume wie Ladenräume, Büros, Werkstätten, Fabrikhallen und Gastwirtschaften werden deshalb von § 544 BGB a. F. erfasst (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, IV, Rdnr. 155). Vertraglich geregelter Vertragszweck war vorliegend der Betrieb eines Möbellagers. Die angemieteten Räume wurden in dem Mietvertrag vom 12./15. September 1994 und in den Nachträgen als "Lagerfläche", "Büroraumfläche" bzw. "Lagerfläche inklusive Nebenräumen" bezeichnet. Es kann deshalb keinem Zweifel unterliegen, dass sich Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden der Beklagten auch bei vertragsgemäßem Gebrauch zumindest vorübergehend in den Räumen aufgehalten haben. Auf die Frage, ob die Beklagte daneben berechtigt war, in den Räumen eine Tischlerei sowie einen Verkauf an Endkunden zu betreiben, kommt es deshalb hier nicht an.

b) Die Mieträume waren entgegen der Ansicht des Klägers im Mai 2001 auch so beschaffen, dass ihre Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden war.

aa) Wann eine Gesundheitsgefährdung vorliegt, ist objektiven Maßstäben zu entnehmen. Es kommt auf den gegenwärtigen Stand der Erkenntnis an, auch wenn dieser Kenntnisstand bei Vertragsschluss noch nicht bestanden haben sollte. Maßgeblich ist, ob von den Räumen in ihrem gegenwärtigen Zustand eine Gesundheitsgefahr ausgeht. Eine Gesundheitsgefährdung muss konkret drohen, und diese Gesundheitsgefährdung muss erheblich sein, d.h. es muss die Gefahr einer deutlichen und nachhaltigen Gesundheitsschädigung bestehen (vgl. Bub/Treier, a.a.O., IV, Rdnr. 155). Eine Gesundheitsschädigung muss noch nicht eingetreten, aber zu befürchten sein (Palandt/Weidenkaff, BGB, 60. Auflage, § 544 BGB, Rdnr. 3). Ursache hierfür können u.a. Mängel im Zusammenhang mit dem baulichen Zustand der Räume sein wie Feuchtigkeit, überhöhte Schadstoffkonzentration, aber auch Baufälligkeit und Einsturzgefahr (OLG Koblenz, NJW-RR 1992, 1228), verkehrsunsichere Fußböden und Treppen. Gesundheitsgefährdende Umstände liegen im Zweifel bei Verstößen gegen solche baupolizeilichen Vorschriften vor, die über die Sicherheit des Gebäudes hinaus dem gesundheitlichen Schutz von Menschen dienen sollen (Sternel, a.a.O., Rdnr 478). Eine erhebliche Gesundheitsgefährdung setzt grundsätzlich voraus, dass die drohende Schädigung nahe liegt. Eine fristlose Kündigung ist aber bei einer geringen Wahrscheinlichkeit der Gefahrverwirklichung jedenfalls dann begründet, wenn die zu erwartenden Gesundheitsbeeinträchtigungen im Falle der Gefahrverwirklichung erheblicher Art sind (so auch AG Saarlouis, WM 1990, 389). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

bb) Dahinstehen kann, ob - wie die Beklagte meint - die erhebliche Gesundheitsgefährdung bereits daraus folgt, dass die Mietsache weder den im Zeitpunkt der Anmietung (1994) noch den im Zeitpunkt der Kündigung (2001) geltenden öffentlich-rechtlichen Brandschutzbestimmungen entsprach. Offen bleiben kann auch die Antwort auf die von den Parteien diskutierte Frage, ob der Vermieter dafür sorgen muss, dass der Zustand der Mietsache den in den Jahren 1994 bzw. 2001 allgemein geltenden Sicherheitsvorschriften entspricht oder ob er nur dafür einzustehen hat, dass diese dem Stand der Technik zur Zeit der Errichtung des Gebäudes oder eventuell seiner Sanierung entspricht (vgl. hierzu Bub/Treier, III B, 1338; BGH ZMR 1977, 305).

cc) Das Bestehen einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit ergibt sich - unabhängig von den unter bb) dargestellten Argumenten - vorliegend bereits daraus, dass wichtige Teile der in den Mieträumen bei Anmietung im Jahre 1994 vorhandenen, aus DDR-Zeiten stammenden Brandschutzeinrichtungen auch im Mai 2001 noch nicht (wieder) funktionsfähig waren.

Wie aus der Aktennotiz des Zeugen B vom 10. Dezember 1999 (Anlage K 47) folgt und von dem Kläger auch nicht in Zweifel gezogen wird, waren die Mieträume im Dezember 1999 mit erheblichen brandschutz- und sicherheitstechnischen Mängeln behaftet. U. A. war die gesamte Brandmelde- und Entrauchungsanlage nicht funktionsfähig. Die Entrauchungsöffnungen im Dach waren dauerhaft verschlossen. In der Brandwand zwischen ehemaligem Verkauf von Siemens und Lager war ein Durchgang vorhanden. Wie sich aus der Zeugenaussage des für Brandschutz zuständigen Mitarbeiters des Bezirksamtes M, des Zeugen Dr. H, ergibt, wären nur noch Fragmente der Auslösung der Rauch- und Wärmeabzugsanlage vorhanden. Die beiden Brandmelder waren außer Funktion, die Rauchmelder waren funktionslos, weil sie weder mit den Rauch- und Wärmeabzugsklappen noch mit der Sprinkler- und den Wassernebelanlagen verbunden waren. Wie sich aus der Aussage des bei der seinerzeitigen Besichtigung anwesenden Mitarbeiters der Berliner Feuerwehr, des Zeugen K, ergibt, waren die "Wasserschleier" an den Durchgängen in der Brandwand ganz offensichtlich außer Funktion. Die Mängel waren nach Ansicht des Zeugen Dr. H insgesamt so schwerwiegend, dass auch eine sofortige Schließung des Betriebs durch ihn in Betracht gekommen wäre.

Zwar hat der Kläger ab November 2000 mehrere notwendige Maßnahmen umgesetzt oder eingeleitet. Doch waren von Vermieterseite unstreitig diejenigen Maßnahmen nicht umgesetzt, die in der Besichtigung vom 18. Juni 2001 (vgl. Anlage B 17) als erforderlich angesehen worden sind, also die Vorhaltung eines Hausalarms, die vollständige Schließung der Brandwand und die funktionstüchtige Herstellung der Entrauchungsanlage.

Hieraus folgt, dass in den Mieträumen ein wirksamer Brandschutz nicht gewährleistet war. Es bestand die konkrete und naheliegende Gefahr, dass - zumal es sich um ein Möbellager handelte - bereits ein kleiner Brand binnen kürzester Frist erheblicher Gesundheitsschäden verursachen könnte. Im Falle eines Brandes hätten sich, die Rauchabzugsklappen nicht automatisch geöffnet, der Rauch wäre nicht entwichen, er hätte sich in der Halle ausgebreitet. Das Erstickungs- und Vergiftungsrisiko für die in der Halle anwesenden Personen wäre hierdurch erheblich erhöht gewesen. Es hätte deshalb die Gefahr bestanden, dass diesen Personen eine rechtzeitige Flucht nicht gelungen wäre. Auch wäre infolge der Rauchentwicklung im Gebäude das Eingreifen der Feuerwehr erheblich erschwert und verzögert worden.

Dies reicht für die Annahme einer mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbundenen Raumbeschaffenheit i.S.d. § 544 BGB a. F. aus. Wie es für eine Kündigung nach dieser Vorschrift ausreichend ist, dass der Einsturz einer Halle bei ungünstigen Witterungsverhältnissen nicht auszuschließen ist (vgl. OLG Koblenz, a.a.O.), so genügt vorliegend, dass die konkrete Gefahr besteht, dass aus jedem kleinen Brand (z. B. infolge einer weggeworfenen Zigarettenkippe) wegen der funktionsunfähigen Brandschutzeinrichtungen ein. Großbrand entstehen kann. Entgegen der Ansicht des Klägers ist nicht erforderlich, dass die Beschaffenheit der Räume die Gefahr des Ausbruchs eines Brandes erhöht. Angesichts der schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen, mit denen im Falle eines Großbrandes zu rechnen ist, reicht es aus, wenn die Beschaffenheit der Räume die Gefahr der unkontrollierten Ausweitung eines eigentlich beherrschbaren Kleinbrandes konkret und in ganz erheblichem Umfang vergrößert. Besteht - wie bei Bränden grundsätzlich - Lebensgefahr, dann genügt für eine erhebliche Gesundheitsgefährdung i.S.d. § 544 BGB, dass die Gefahr nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Das menschliche Leben ist ein so wertvolles Rechtsgut, dass es von der Rechtsordnung selbst gegen entfernte Gefahren geschützt werden muss (OLG Koblenz, a.a.O m.w.N.). So reicht es nach der Rechtsprechung des Kammergerichts (KG JW 1930, 2975) aus, wenn konstruktive Mängel des Hängewerks einer Decke im Fall eines Brandunglücks zu einer Gefahrenquelle für die darunter wohnenden Menschen werden).

c) Die Kündigung gemäß § 544 BGB bedurfte auch keiner vorherigen Fristsetzung mit der Aufforderung zur Mängelbeseitigung. Zwar wird eine erhebliche Gesundheitsgefährdung dann verneint, wenn der Umstand, von dem die Gefahr ausgeht, ohne weiteres leicht behebbar ist und der Vermieter zur sofortigen Abhilfe bereit ist (Staudinger-Emmerich, § 544 Rdnr. 12). Eine solche Ausnahmesituation liegt im Streitfall aber nicht vor. Aufgrund des von dem Kläger selbst vorgetragenen Umfangs der Arbeiten an der Entrauchungsanlage war eine sofortige Abhilfe schon aus tatsächlichen Gründen nicht möglich.

d) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, wann Mitarbeiter der Beklagten Kenntnis von dem oben dargestellten gesundheitsgefährdenden Zustand der Räume erlangt haben. § 539 BGB a.F. schließt eine Kündigung gemäß § 544 a.F. nicht aus, vielmehr kann ein Mieter nach dem Wortlaut dieser Vorschrift selbst dann kündigen, wenn er die gefahrbringende Beschaffenheit bei Vertragsschluss gekannt oder er auf die ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte verzichtet hat. Die Vorschrift dient nämlich öffentlichen gesundheitspolitischen Interessen (BGHZ 29, 289, 294).

e) Entgegen der Ansicht des Klägers verstieß die Beklagte mit dem Ausspruch der Kündigung auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Vermieterseite in der Zeit bis zum 16. Mai 2001 erhebliche Kosten aufgewandt hat, um z. B. durch den Einbau von Feuerschutztüren brandschutz-technische Defizite zu beheben. Dies ändert aber nichts an der Funktionsunfähigkeit der Entrauchungsanlage und den sich daraus ergebenden erheblichen Gesundheitsrisiken. Wegen dieser Risiken war die Beklagte weder verpflichtet, sich dem zögerlichen Verhalten des Bezirksamtes anzupassen noch musste sie dem Kläger eine noch längere Frist zur Beseitigung dieser Risiken gewähren. Auch aus dem Umstand, dass die Beklagte aufgrund einer von ihr für berechtigt gehaltenen Minderung der Miete im Zeitpunkt der Kündigung mit 56.215,51 € in Rückstand war, ergibt sich eine Unwirksamkeit der Kündigung nicht. Wie sich aus der in § 544 BGB a. F. geregelten Unwirksamkeit eines Verzichts auf die Geltendmachung der Kündigung ergibt, soll die Möglichkeit der Kündigung im öffentlichen Interesse unabhängig von dem Verhalten des Mieters bestehen bleiben.

f) Die Kündigung der Beklagten scheitert auch nicht daran, dass die Beklagte ihrerseits den betrieblichen Brandschutz vernachlässigt hat. Dieses eigene Fehlverhalten der Beklagten schließt, da § 544 BGB a.F. öffentlichen gesundheitspolitischen Interessen dient, entgegen der Ansicht des Klägers eine Kündigung der Beklagten nicht aus. Eine Mindermeinung geht sogar davon aus, dass eine Kündigung gemäß § 544 BGB a. F. selbst dann nicht ausgeschlossen ist, wenn der Mieter den gesundheitsgefährdenden Zustand der Mieträume selbst verschuldet hat (vgl. hierzu Bub/Treier, a.a.O., Rdnr. 156).

g) Die Beklagte hat ihr Kündigungsrecht auch nicht durch Zeitablauf verwirkt. Das Kündigungsrecht kann, solange der gesundheitsgefährdende Zustand besteht, selbst durch eine längere Nichtausübung nicht verwirkt werden (Bub/Treier, a.a.O., IV, Rdnr. 158; LG Paderborn, WuM 1998, 21). Auch dies folgt aus dem öffentlichen Interesse an der Vertragsbeendigung, das der Regelung des § 544 BGB a. F. zugrunde liegt.

h) Auf die Behauptung des Klägers, das zu DDR-Zeiten errichtete und ohne brandschutztechnische Beanstandungen als Lagerhalle eines Textil-Kombinats genutzte Objekt genieße Bestandsschutz, kommt es vorliegend schon deshalb nicht an, weil die zu DDR-Zeiten vorhandenen Brandschutzeinrichtungen in ganz erheblichem Umfang nicht mehr funktionsfähig waren.

II Zahlungsklage

Mit seinem im zweiten Rechtszug gestellten Zahlungsantrag verfolgt der Kläger seine Mietzinsansprüche für die Monate September 2000 (18.966,65 DM), Dezember 2000 (6.343,70 DM) und Juli 2001 (36.709,65 DM) weiter. Entgegen der von der Beklagten auf S. 103 ihres Schriftsatzes vom 15. Juli 2002 geäußerten Ansicht handelt es sich insoweit nicht um eine Klageerweiterung. Die Abweisung der Klage beruht bezüglich der Monate September und Dezember 2000 auf Hilfsaufrechnungen der Beklagten, die das Landgericht zum Teil hat durchgreifen lassen. Die Frage der Berechtigung einer Mietminderung und die Frage des Durchgreifens der vom Landgericht nicht berücksichtigten Aufrechnungen ist deshalb insoweit nicht im Rahmen der Berufung des Klägers zu prüfen. Auf die Ausführungen zur Anschlussberufung wird deshalb verwiesen.

Bezüglich der vom Landgericht im Rahmen der Hilfsaufrechnung berücksichtigten Schadenspositionen gilt das Folgende:

Im Ergebnis zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass der Kläger der Beklagten den dieser entstandenen Kündigungsschaden zu ersetzen hat. Der Anspruch ergibt sich aus den Grundsätzen der Positiven Vertragsverletzung i.V.m. § 544 BGB a.F. (vgl. Bub/Treier, a.a.O. IV Rdnr. 142; LG Saarbrücken WuM 1991, 91). Das Verschulden der Vermieterseite folgt aus ihrer Untätigkeit. Ihr war der Zustand der Mieträume und insbesondere die Funktionsunfähigkeit der Entrauchungsanlage spätestens aufgrund der Aktennotiz des Zeugen B vom 10. Dezember 1999 bekannt. Gleichwohl bestanden die Mängel an der Entrauchungsanlage unstreitig am 16. Mai 2001 unverändert.

Zu den einzelnen Positionen:

1. September 2000

a) Kosten der Sachverständigen E in Höhe von netto 960,00 DM. Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht. der Beklagten insoweit ein Schadensersatzanspruch nicht zu. Die Teilnahme der Sachverständigen E an dem Ortstermin am 7. Mai 2001 war weder zur Vorbereitung der Kündigung noch zur Beseitigung des Kündigungsgrundes erforderlich. Der Kläger hat die Teilnahme der Sachverständigen an dem Ortstermin auch nicht durch seine Schreiben vom 10. und 18. April 2001 veranlasst. Vielmehr hat der Beklagte in seinem Schreiben vom 18. April 2001 wörtlich zugesagt, "nach Vorliegen des brandschutztechnischen Gutachtens die Arbeiten in Auftrag (zu) geben, die entsprechend dem Grandschutzgutachten durchzuführen sind." Das vorgenannte, von der Sachverständigen E nach Besichtigung der Mietsache erstellte Gutachten wurde der Beklagten mit Schreiben vom 20. April 2001 übersandt. Warum gleichwohl die Teilnahme der Sachverständigen E an der weiteren Besichtigung am 7. Mai 2001 erforderlich gewesen sein soll und warum der Kläger für die hierdurch entstandenen Kosten einstehen soll, hat die Beklagte in beiden Instanzen nicht dargelegt. Der Umfang der brandschutztechnischen Mängel ergab sich in der erforderlichen Klarheit aus dem bereits vorliegenden Gutachten der Sachverständigen. Eine weitere Erläuterung durch die Sachverständige am 7. Mai 2001 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 9. Mai 2001 waren nicht erforderlich.

b) Anwaltskosten in Höhe von 9.002,60 DM netto. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Beklagten insoweit ein von dem Kläger zu ersetzender Schaden nicht entstanden. Die zur Begründung der Besprechungsgebühr behauptete Teilnahme des Prozessbevollmächtigten der Beklagten an einer Besichtigung der Lagerhalle und die anlässlich dieser Besichtigung geführten Gespräche war zur sachgerechten Rechtsverfolgung nicht erforderlich, da sich der gesamte Sachverhalt aus den zahlreichen schriftlichen Unterlagen mit der erforderlichen Deutlichkeit ergab. Es kann deshalb dahinstehen, ob diese Gebühr überhaupt entstanden ist, jedenfalls ist im der Beklagten in Höhe dieser Gebühr kein adäquat kausaler Schaden entstanden, den der Kläger zu ersetzen hätte. Die Geschäftsgebühr ist auf die im vorliegenden Verfahren nach §31 Absatz 1 Nr. 1 BRAGO in der ersten Instanz entstandene Gebühr gemäß § 118 Absatz 2 Satz 1 BRAGO 1 anzurechnen. Nach der Darstellung der Beklagten wurde diese Gebühr durch den Ausspruch der Kündigungen ausgelöst. Diese Kündigungen und ihre Wirksamkeit sind aber im Rahmen der Feststellungsklage Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die von der Beklagten auf Seite 120 ihres Schriftsatzes vom 18. Juli 2002 zitierten Entscheidungen sind nicht einschlägig, da es in jenen Entscheidungen um die Frage der Anrechnung auf die in einem Räumungsprozess entstandenen Gebühren ging.

c) Umzugskosten in Höhe von anteilig netto (11.343,22 DM - 2.339,17 DM =) 9.004,05 DM Wegen dieser Position hat das Landgericht die Hilfsaufrechnung zu Recht berücksichtigt. Die Beklagte hat durch Vorlage von Belegen nachgewiesen, das ihr durch den Umzug ein Schaden in Höhe von 11.343,22 DM netto entstanden ist. Diesen Schaden hat der Kläger zu ersetzen.

Von der für September 2000 eingeklagten Restmiete in Höhe von 18.966,65 DM steht dem Kläger unter Berücksichtigung der anteiligen Hilfsaufrechnung in Höhe von 9.004,05 DM mithin ein Betrag von 9.962,60 DM zu.

2. Dezember 2000

a) Restliche Umzugskosten in Höhe von anteilig netto (11.343,22 DM - 9.004,05 DM =) 2.339,17 DM

Es gilt das zuvor gesagte.

b) Reise- und Übernachtungskosten in Höhe von 4.004,53 DM

Der vom Landgericht berücksichtigte Betrag von 4.004,53 DM setzt sich wie folgt zusammen:

aa) Aufenthalts- und Fahrtkosten des kaufm. Leiters (201,00 DM + 720,00 DM =) 921,00 DM

Wegen dieses Betrages steht der Beklagten ein anrechenbarer Schadensersatzanspruch nicht zu. Entgegen der Ansicht des Landgerichts können diese Kosten schon deshalb nicht kündigungsbedingt sein, weil sie vor Ausspruch der Kündigung entstanden sind. Auch hat die Beklagte nicht dargelegt, warum die Teilnahme ihres kaufmännischen Leiters an der Besprechung am 7. Mai 2001 erforderlich war und aus welchem Grund der Kläger für diese Kosten einstehen sollte.

bb) Flugkosten Geschäftsführer (733,82 DM + 842,88 DM + 623,82 DM =) 2.200,52 DM. Die Flugkosten sind bei der Suche nach Ersatzräumen entstanden. Es handelt sich um Kündigungsfolgeschäden, die der Kläger der Beklagten in Höhe der Nettobeträge von (632,60 DM + 726,62 DM + 537,77 DM =) 1.896,99 DM zu ersetzen hat.

cc) Flugkosten des kaufm. Leiters in Höhe von 883,01 DM

Warum die Teilnahme ihres kaufmännischen Leiters an der Besprechung am 18. Juni 2001 erforderlich war und aus welchem Grund der Kläger für diese Kosten einstehen sollte, hat die Beklagte nicht dargelegt.

Von der für Dezember 2000 geforderten Restmiete von 18.966,65 DM steht dem Kläger unter Berücksichtigung der Hilfsaufrechnung in Höhe von (2.339,17 DM + 1.896,99 DM =) 4.236,16 DM ein Betrag von 14.730,49 DM zu.

3. Juli 2001

Bezüglich des Monats Juli 2001 beruht die Abweisung der Klage darauf, dass das Landgericht Nutzungsentschädigung nur bis zum Tag der endgültigen Räumung, dem 17. Juli 2001, zugesprochen hat. Wegen dieser Position hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen. Da die Beklagte, wie oben dargestellt, das Mietverhältnis mit Schreiben vom 16. Mai 2001 zu Recht gekündigt und die Mieträume am 16. Juli 2001 unstreitig vollständig geräumt an den Kläger zurückgegeben hat, schuldet sie für den Monat Juli 2001 lediglich 16/31 der vereinbarten! Miete von 75.866,61 DM. Abzüglich der unstreitig von der Beklagten geleisteten 14.905,23 DM verbleibt der vom Landgericht zugesprochene Betrag von 24.251,73 DM.

B Anschlussberufung der Beklagten

Mit seiner zulässigen unselbständigen Anschlussberufung hat die Beklagte lediglich in Bezug auf die erstmalig in zweiter Instanz erklärte Hilfsaufrechnung in Höhe von 14.936,89 € Erfolg.

Die Beklagte ist durch die angefochtene Entscheidung nicht nur insoweit beschwert, als sie zur Zahlung von 162.838,93 DM verurteilt wurde. Ein Unterliegen der Beklagten ist auch darin zu sehen, dass die Klageabweisung durch das Landgericht z. T. lediglich auf der Hilfsaufrechnung der Beklagten beruht. Dass die Beklagte das Urteil des Landgerichts auch insoweit angreifen will, ergibt sich aus den Ausführungen auf den Seiten 103 ff des Schriftsatzes vom 15. Juli 2002.

Das Landgericht hat die Beklagte - lässt man die im zweiten Rechtszug erstmalig erklärte Aufrechnung außer Betracht - zu Recht zur Zahlung von 162.838,93 DM verurteilt.

1) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass der Kläger hinsichtlich der einzelnen geltend gemachten Mietforderungen aktivlegitimiert ist. Auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 12 der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

2) Entgegen der auf Seite 102 ihres Schriftsatzes vom 18. Juli 2002 geäußerten Ansicht der Beklagten macht der Kläger vorliegend keine Bruttomieten geltend. Streitgegenstand sind lediglich die im Wege der Minderung einbehaltenen Teile der Nettomiete. Für sämtliche streitgegenständlichen, auf Seite 15 der Klageschrift aufgeführten Monate hat die Beklagte Teilleistungen erbracht, die zunächst auf die Nebenkosten und erst danach auf die geschuldete Miete zu verrechnen waren (OLG Rostock, OLGR 2001, 440; LG Berlin, GE 2000, 205; vgl. auch OLG Düsseldorf, NZM 2001, 1125; AG Görlitz, NZM 2001, 336) und von dem Kläger auch so verrechnet worden sind, wie seine Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 27. September 2001 zeigt.

3) Entgegen der von der Beklagten auf Seite 117 ihres Schriftsatzes von 15. Juli 2002 geäußerten Rechtsansicht verringert sich die von ihr zu zahlende Nutzungsentschädigung nicht infolge der früheren Rückgabe von Teilflächen. Eine Teilrückgabe ist wegen § 266 BGB ausgeschlossen.

4) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass der Mietzins im streitgegenständlichen Zeitraum nicht gemindert ist.

a) Die Beklagte hat auch in zweiter Instanz nicht dargelegt, dass ihr Geschäftsbetrieb durch den Wasserschaden am 19. August 2000 merkbar beeinträchtigt wurde. Bei der Bestimmung der Höhe einer Minderungsquote kommt es aber bei Gewerberäumen primär auf den Grad der Betriebsbeeinträchtigung an (Bub/Treier, a.a.O., III.B, Rdnr. 1366; OLG Düsseldorf, BB 1989, 1934). Der Umstand, das Mitarbeiter der Beklagten einmalig einige Möbel umlagern mussten, reicht hierfür jedenfalls nicht aus.

b) Auch die oben im Rahmen der Berufung dargestellten Mängel an den Brandschutzeinrichtungen führen nicht zu einer Mietminderung des Mietzinses in dem streitgegenständlichen Monaten. Der Umstand, dass im Falle eines in Zukunft eintretenden Brandes das Gesundheitsrisiko für die Mitarbeiter der Beklagten wegen fehlender Brandschutzeinrichtungen ganz erheblich erhöht war, berechtigte die Beklagte zwar zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses. Ausschlaggebend hierfür ist aber der Regelungszweck des § 544 BGB a. F., der dem öffentlichen Interesse der Volksgesundheit dient. Hieraus folgt aber nicht, dass sich die von der Beklagten bis zu ihrem Auszug aus dem Mietobjekt geschuldete Miete/Nutzungsentschädigung gemindert hat. denn hier kommt es bei der Bestimmung der Höhe einer Minderungsquote primär auf den Grad der tatsächlichen Betriebsbeeinträchtigung in der Gegenwart an. Der Zustand der Brandschutzeinrichtungen hat aber den Mietgebrauch durch die Beklagte - jedenfalls soweit er vertraglich zulässig war - nicht beeinträchtigt. Eine Nutzungsbeschränkung seitens des Bezirksamtes wurde nicht ausgesprochen. Dies gilt auch für das Fehlen eines zweiten Rettungswegs für die Büroräume. Die Beklagte konnte das Mietobjekt deshalb in vollem Umfang nutzen. Wie sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 4. Dezember 2000 ergibt, hat sie die Minderung selbst nicht mit einer Beeinträchtigung ihres Geschäftsbetriebs sondern mit der "erheblichen Gefährdung" ihrer Mitarbeiter begründet. Im Rahmen der Prüfung einer möglichen Minderung kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte ihrerseits die Erfordernisse eines betrieblichen Brandschutzes wissentlich in ganz erheblichem Maße außer Acht gelassen hat. Hieraus schließt der Senat, dass die Beklagte ihren Betrieb seit Beginn des Mietverhältnisses so organisiert hatte, dass Betriebsabläufe durch das Fehlen von Brandschutzeinrichtungen konkret nicht beeinträchtigt worden sind. Eine Minderung scheidet auch aus diesem Grund aus.

c) Aus der Aufgabe der Tischlerei durch die Beklagte kann sich eine Mietminderung schon deshalb nicht ergeben, weile eine solche Nutzung außerhalb des in den Vertragsurkunden genannten Vertragszwecks (Betrieb eines Möbellagers, Lagerfläche, Büroraumfläche) lag.

d) Auch aus der Anordnung des Bezirksamtes vom 15. Februar 2001 und der Begehung vom 22. Februar 2001 ergibt sich eine Mietminderung nicht. Auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 15 der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

e) Aus der mit Schreiben vom 18. Juni 2001 ergangenen Anordnung, die Lichtbänder ständig offen zu halten, kann sich eine Minderung schon deshalb nicht ergeben, weil Umstände, die nach Beendigung eines Mietverhältnisses auftreten, nicht mehr zur Herabsetzung der dann geschuldeten Nutzungsentschädigung führen (Bub/Treier, a.a.O., V.A, Rdnr. 98).

f) Auch aus den behaupteten Mängeln an der elektrischen Anlage ergibt sich eine Minderung nicht. Die Beklagte hat nicht einmal im Ansatz dargelegt, warum und in welchem Umfang ihr Gewerbebetrieb durch diese Mängel beeinträchtigt gewesen sein soll.

5) Zu Recht und mit zutreffender, hier in Bezug genommener Begründung hat das Landgericht die von der Beklagten in erster Instanz erklärten Hilfsaufrechnungen über 1.614,14 DM brutto (Gutachterkosten Elektroanlage) und 4.096,54 DM brutto (Architektenkosten) nicht berücksichtigt, wobei die Beklagte die Architektenkosten in zweiter Instanz nur noch in Höhe von 2.767,50 DM netto zur Aufrechnung stellt (vgl. Seite 123 des Schriftsatzes vom 15. Juli 2001).

a) Die Beklagte hat auch in zweiter Instanz nicht dargelegt, warum die Begutachtung der Elektroanlage nach Beendigung des Mietverhältnisses und während des sukzessiven Räumung seitens der Beklagten erforderlich gewesen sein sollte.

b) Sie hat im zweiten Rechtszug auch nicht dargelegt, warum die Anreise eines Architekten aus Oldenburg erforderlich gewesen sein sollte. Auch in Berlin sind Architekten mit praktischer Berufserfahrung bei der Konzeption des Brandschutzes von gewerblichen Bauvorhaben ansässig. Eine im Falle der Beauftragung eines in Berlin ansässigen Architekten möglicherweise erforderliche Besprechung hätte durchaus telefonisch erfolgen können.

6) Insgesamt schuldet die Beklagte nach den obigen Ausführungen und unter Berücksichtigung des im Rahmen der Berufung gefundenen Ergebnisses die folgenden Miete/Nutzungsentschädigung:

 MieteHilfsaufrechnungen Rest
Sep 0018.966,65 DEM9.004,05 DEM 9.962,60 DEM
Dez 0018.966,65 DEM2.339,17 DEM1.896,99 DEM14.730,49 DEM
Jan 0118.966,65 DEM  18.966,65 DEM
Feb 0118.966,65 DEM  18.966,65 DEM
Mrz 0118.966,65 DEM  18.966,65 DEM
Apr 0120.022,83 DEM  20.022,83 DEM
Mai 0120.022,83 DEM  20.022,83 DEM
Jun 0129.018,64 DEM  29.018,64 DEM
Jul 0124.251,73 DEM  24.251,73 DEM

Hiergegen aufzurechnen ist das der Beklagten zustehende, von ihr im zweiten Rechtszug eingeführte Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung 2001 in Höhe von 14.936,89 € (29.214,02 DM), wobei die Aufrechnung gemäß § 389 BGB auf den 6. Februar 2003 zurückwirkt. Mithin ergibt sich die folgende Berechnung der dem Kläger zustehenden Zahlungsansprüche ergibt:

 MietrestHilfsaufrechnungen Betriebskosten 
Sep 0018.966,65 DEM9.004,05 DEM 9.962,60 DEM0,00 DEM
Dez 0018.966,65 DEM2.339,17 DEM1.869,99 DEM14.730,49 DEM0,00 DEM
Jan 0118.966,65 DEM  4.520,93 DEM14.445,72 DEM
Feb 0118.966,65 DEM   18.966,65 DEM
Mrz 0118.966,65 DEM   18.966,65 DEM
Apr 0120.022,83 DEM   20.022,83 DEM
Mai 0120.022,83 DEM   20.022,83 DEM
Jun 0129.018,64 DEM   29.018,64 DEM
Jul 0124.251,73 DEM   24.251,73 DEM
   Summe29.214,02 DEM145.695,05 DEM
    14.936,89 €74.492,70 €

7) Wie das Landgericht zutreffend ausführt, steht der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich des Mietzinses nicht mehr zu, weil sie nach Beendigung des Mietverhältnisses keinen Ansprüche mehr hat, der Erfüllung sie mit einer Leistungsverweigerung erzwingen könnte.

8) Zinsen stehen dem Kläger aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung erst ab 17. Mai 2001 zu. Die Höhe des Zinssatzes folgt aus § 288 Absatz 1 BGB. Einen Anspruch auf einen Zinssatz von 8% über dem Basiszinssatz hat der Kläger nicht dargelegt.

C Das Gericht hat den nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen, nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 3. September 2003 nicht berücksichtigt. Für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO hat der Senat keinen Anlass gesehen.

Auch unter dem Gesichtspunkt der "überraschenden Entscheidung" war eine erneute Verhandlung nicht erforderlich. Zwar hat der Senat in den mündlichen Verhandlungen den Feststellungsantrag vorrangig unter dem Gesichtspunkt des § 542 BGB a. F. erörtert, die Parteien haben aber in beiden Instanzen umfassend auch zu § 544 BGB a. F. vorgetragen und zu den sich in diesem Zusammenhang ergebenden Rechtsfragen ausführlich Stellung genommen.

Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2 ZPO n. F.)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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